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20 Jahre - es tut weh, eure Alltagsstrategien

tulpenfrau
Hallo,

ich habe mich hier registriert weil ich doch noch immer einen großen Schmerz verspüre. Seit ca. 1 1/2 Jahren bin ich von meinem Ex getrennt, 1/2 Jahr geschieden. Wir wohnen getrennt, haben 2 gemeinsame Kinder, die bei mir wohnen.

Wir waren insgesamt 20 Jahre zusammen, davon 10 Jahre verheiratet. Ich habe mich getrennt, weil ich keinen Ausweg mehr wusste. Mein Ex hat einen sehr unterschiedlichen Zugang zu Geld als ich, mir war immer wichtig, dass wir zumindest ein wenig Erspartes haben, er wollte alles gleich ausgeben und hat teilweise unglückliche Investitionen getätigt. Lange Jahre hat er mir weißgemacht, dass ich zu dumm sei um das zu beurteilen, was richtig oder falsch wäre. Auch als er anfing mit immer wieder schlimm zu beschimpfen nahm ich das in Kauf, weil ich ihn wirklich sehr geliebt habe.

Als dann die Kinder kamen hatte ich immer mehr den Eindruck, er ist mit allem überfordert. Er rastete vollkommen aus, wenn die Kinder etwas auf den Boden schmissen oder ähnliches, was normal ist. Für mich. Er brach teilweise weinend zusammen, wenn ihm ein Glas auf den Boden fiel und zerbrach.
Er hatte eine sehr schwere Kindheit, und ich wünschte mir, dass er in eine Therapie ging, daraufhin wurde er immer sehr aggressiv zu mir. Auch eine Paartherapie wollte ich schon vor vielen Jahren, er wurde auch hier sehr wütend.
Ganz ehrlich hatte ich große Angst vor ihm.

Als er dann arbeitslos wurde artete alles in einem Maß aus, das nicht mehr zu tragen war. Er gab unser gesamtes Geld aus, mehr als das. Ich konnte nicht mehr. Abgesehen davon, dass er nichts für das Familienleben übrig hatte, was ich noch in Kauf genommen hätte, es liegt halt nicht jedem...aber das mit dem Geld und diese Demütigungen, ich konnte nicht mehr.

Ich wagte es die Trennung anzusprechen, daraufhin begann die eigentliche Hölle. Er versuchte jede Nacht auf mich einzuwirken, wenn die Kinder schliefen, dass ich ihn nicht verlassen solle. Abwechselnd beschimpfte er mich und bettelte, weinte nächtelang. Ich konnte nicht mehr arbeiten, ich konnte nur mehr funktionieren. Ich wusste, ich muss die Kinder da gut durchbringen, das war das einzige, was mich am Leben hielt. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, hätte ich keine Kinder. ich wäre davongelaufen, Flughaften Flieger weg...

Ich betete täglich, dass irgendwas hilft, irgendwas. Ging mit ihm zur Paartherapie um die Trennungsphase zu unterstützen, er ging mit, das war ein guter Schritt nach vorn. Die Therapie half sehr gut - dort traute ich mich offen alles aussprechen, und er schrie nicht. Weil die Therapeutin daneben war, und wenn er laut wurde, dann sagte sie ihm, er solle seine Stimme nicht gegen mich erheben, das fühlte sich sehr gut an.

In dieser Zeit stand mir ein Freund bei, der mir sehr nahe ist, hätte ich ihn nicht gehabt, dann weiß ich nicht wie es um mich ausgesehen hätte. Er hat mich teilweise daran erinnert, dass ich etwas esse, mich zur Arbeit gefahren usw. Die Kinder abgelenkt. Irgendwann knackte mein Ex meine IDs am PC und las alle SMS, Emails usw. Da fand er ein liebes aufmunterndes SMS meines Freundes, er riss mich aus meiner Lehrveranstaltung, die ich gerade abhielt und drohte mir mit dem Schlimmsten. Ich hatte sehr große Angst. Außerdem saßen 30 STudenten vor mir, während ich kreidebleich weitermachte, ich weiß bis heute nicht was mich getragen hat in diesen Stunden. Die Kinder waren zum Glück nicht bei ihm. Ich dachte jetzt ist es aus mit mir, wenn ich heimkomme. Wie man es immer hört lief mein Leben vor meinen Augen ab während ich nach Hause fuhr. Ich war mit mir im Reinen, die Kinder waren bei meiner Mutter in Sicherheit, ich dachte, wenn er mich jetzt umbringt, kriegt es kein Mensch mit und keiner ist traumatisiert. Ich wollte, dass es endlich aufhört, ich fühlte nichts mehr. Es war auch sehr schlimm, ich weiß nicht mehr viel davon, er hat mich nicht geschlagen, nur beschimpft und gestoßen und mir seinen Ehering mit einer Wucht auf den Kopf geschmissen, dann hat er mich bedroht, er nimmt mir die Kinder weg und so weiter. Ich hatte in diesem Moment keine Angst - ich fühlte nichts - ich wusste die Kinder in Sicherheit.

Wenn ich nur gewusste hätte, dass das bereits der Anfang von seinem neuen Leben war.
Er lernte gleich 3 Tage später auf Tinder seine große Liebe kennen, inzwischen hat er zwar wieder eine andere Frau aber seitdem Tinder-Erlebnis wollte er die Scheidung, den Auszug und was jetzt Normalität ist. Inzwischen ist unsere Beziehung auf sehr wenige Worte beschränkt, die nur die Kinder betreffen.

Was will ich nun hier...obwohl ich sehr hinter meiner Entscheidung stehe, dass die Trennung das beste für die Kinder und mich gewesen ist, obwohl es ein großer Schmerz für die Kinder war und ist und sein wird, führen wir ein sehr friedliches Leben, die Kinder können uns beide wieder als Eltern erleben und nicht als Schatten ihrer selbst, gefangen im Schmerz.

Manchmal überkommt mich ein Schmerz, ich muss weinen, meist nachts. So lange Zeit habe ich diesen Menschen geliebt, liebe ihn sicher noch. Es tut mir so unendlich leid, dass ich es nicht geschafft habe ihn weiterhin zu stabilisieren. Ich wünschte mir so sehr, dass er mich hört, und ich hatte das Gefühl, dass er das nach der Scheidung doch manchmal getan hat. Er hat inzwischen seit Juni keinen Ausraster mehr gehabt, wo er mich per sms aufs tiefste beschimpft. Meist macht er das, wenn etwas nicht gut läuft, finanziell oder sein Auto ist kaputt.

Ich möchte besser mit dem Schmerz umgehen, ich fühle mich in diesen Phasen sehr hilflos. Vergeht der Schmerz nach einer gewissen Zeit? Ich bereue die Ehe nicht, die Beziehung...es waren auch angenehme Zeiten dabei, ich bin ein Optimist, aber auch realistisch. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder bereit bin für einen Partner. Ich fühle eine tiefe Verletzung. Wenn es ganz schlimm wird hole ich mir Hilfe, ich bin gut vernetzt mit guten Therapeuten, allein durch meinen Beruf. Das hilft mir.

Was habt ihr für Strategien? Ablenkung? Schreiben? Ich freue ich über Tipps...

Liebe Grüße,
tulpenfrau

26.10.2016 00:36 • #1


Konrad
Du hast alles richtig gemacht, Trennung vielleicht etwas spät, aber Du wolltest Retten und alles gut werden lassen.
Das hat nicht funktioniert.
Sowohl Du als auch Er müssen jetzt zumindest ein Stück weit den eigenen Weg gehen. Es wird Dir und den Kindern
immer besser gehen.
Er muß lernen das Er auch ohne Mutti auf eigenen Beinen stehen kann und das scheinbar erst jetzt von unten an neu lernen.
Mach Dir keine Gedanken um Ihn, gib Ihm kein Geld. In Deutschland verhungert Niemand.
Er muß das jetzt endlich lernen, selbst wenn er ganz tief unten in der schei. steckt, nur dann kann das was werden.
Er muß die Behördengänge machen, und Bewerbungen nachweisen. lass Dich nicht Erpressen. Aus erzieherischen Gründen
keine Hilfe.
Vielleicht in einigen Jahren ergibt sich sowas wie Freundschaft und gegenseitige Hilfe, wenn Du bis dahin nicht mit einem
Netten anderen Mann zusammen bist.

26.10.2016 01:06 • x 1 #2


A


20 Jahre - es tut weh, eure Alltagsstrategien

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Konrad
Tulpenfrau, zur Ablenkung ist das lesen hier in den Threads nicht geeignet, aber um festzustellen das Du nicht die Einzige mit
solchen Erlebnissen und Dich austauschen kannst und selbst Anderen Ratschläge geben kannst lässt sich das eigene Erlebte
besser verdauen. Im grunde werden alle Wunden mit Hilfe der Zeit geheilt. Ansonsten muß Du das machen was für Dich in frage
kommt in Einklang mit Kinderverplichtungen. Freunde und Verwandte sind sicherlich schon zugetextet. Dann lies und schreib Dir h
hier den Kummer vom Leib, das machen hunderte. LG Konrad

26.10.2016 01:23 • x 2 #3


M
Guten Morgen Tulpenfrau,

Hut ab, Du hast es bis jetzt gewuppt und hinter dem ganzen Schmerz leuchtet Deine Stärke aus Deinen Zeilen.

Du willst Alltagsstrategien wissen. Also für mich war (auch nach 20 Jahre, bin Mitte 50, nach Warmwechsel) das Wichtigste, dass ich mir erlaubt habe, war mir die Zeit zu geben die ich brauche. Mir ging es erst nach 1,5 Jahren merkbar richtig besser obwohl ich bis dahin ganz viel geschafft und gemacht habe. Ich habe dadurch viele neue Begegnungen gehabt aber erst ab da war der Schalter umgelegt und der Dimmer ging an und es wurde heller im Leben. Also es braucht die Zeit die es braucht, das war meine wichtigste Lektiron.Was nicht heißt, dass es nicht auch noch nach mahr als 2 Jahren mal einen schlechten Tag gibt aber insgesamt geht es mir mittlerweile wieder gut.

Bei mir war wichtig den Kontakt abzubrechen (haben keine Kinder) und mir zu erlauben von der Idee Abschied zu nehmen, dass ich es hinkriegen müsste freundschaftlichen Kontakt nach den vielen gemeinsamen Jahren aufrecht zu erhalten. Ade Selbstmitleid und Opferrolle. Ich will nichts hören und sehen vom neuen tollen Leben und damit gehts mir gut und ich habe deswegen letztlich auch ein paar Kontakte zu gemeinsamen Bekannten auslaufen lassen. Ich habe viele Dinge ausprobiert die ich in der Beziehung nicht gemacht hätte, Yoga, Klavierspielen. Außerdem ich habe eine Koch- und eine Backgruppe mit Nachbarinnen ins Leben gerufen und gehe tanzen. Ich habe mich wieder daran erinnert, was ich früher gerne gemacht habe. Und ich konnte dann lanagsam wirklich spüren wie gut ich mein Leben alleine hinkriege Auto, PC sieh an ich krieg die Probleme gewuppt und ich werde stärker damit.

Vor kurzem habe ich eine Fortbildung angefangen, weil ich merkte dass ich mein Hirn beschäftigen muss und will. Schluss mit den letzten Grübeleien. Und wenn ich mal nostalgisch werde, erinnere ich mich an ein paar richtig üble Situationen vor und um die Trennung. Was ich noch nicht lange kann, ist bei diesen Gefühlen zu bleiben, das und damit mich ernst zu nehmen und nicht rumzudenken und es wieder schön zu denken. Nein war es nicht. Und so gesehen ist es wohl gut so wie es ist und damit finde ich meinen inneren Frieden und manchmal kann ich dafür schon dankbar sein.

Ob ich mir wieder eine Partnerschaft vorstellen kann? Im Moment nicht, dafür war das Ende zu schmerzhaft und die Zeit danach zu schlimm. Aber wer weiß, die Zeit ist eine starke Verbündete. Du hast so viel verändert, neues angefangen, lebst mit Deinen Kindern und zu Deinem Glück hat er eine Neue. Du bist aus seiner Schusslinie und die schlimmen Nächte werden seltener. Die fiesen Tage weniger.

Viele Grüße aus dem Norden

26.10.2016 06:17 • x 1 #4


Hesse75
Einfach mal ein großes Danke in die Runde, ihr seid klasse und das Forum hier eine große Hilfe.
Super wenn man seine Sorgen einfach mal niederschreiben kann und mit Leuten kommuniziert die einen verstehen und begleiten. Einfach KLASSE!

26.10.2016 07:38 • x 1 #5


tulpenfrau
danke, es tut gut sich alles von der Seele zu schreiben und ja, ich werde mir Zeit geben um alles zu verarbeiten, schließlich war es eine sehr lange Zeit

danke für euren Zuspruch!

26.10.2016 09:47 • #6




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