Auf Wiedersehen

Heute haben wir zum ersten Mal wirklich darüber gesprochen und er hat gesagt, ihm fehlst du auch.

Heute war er einen Tag nicht da und ich habe nur Mist gemacht, irgendwie.
In meinem Tran bin ich aufgestanden, habe mal angefangen.
Und dabei fallen mir Sachen herunter, ich schrotte den Backofen...
Nur sowas. Ich könnte nur heulen.

Du warst die erste Person, die unsere Beziehung unterstützt hätte, du hättest ihn mindestens einmal die Woche angerufen, um zu fragen, was die Arbeit macht, wie er so klar kommt, ob alles ok ist.
Das hat er gemeint.

Ich weiß.
Für sowas, für den Zusammenhalt, warst du zuständig...

Ich musste nur weinen und natürlich kamen die Vorwürfe.
Zu nichts hast du Lust.
Wenn du nicht arbeitest, gammelst du nur herum.
Ich versuche, dich zu motivieren und du sagst immer nein.
Ich will dich ablenken und du blockierst alles, du versuchst es nicht mal.

Ich weiß, ich weiß, ich weiß.
Und es tut mir unendlich leid, für ihn und auch für mich selbst.
Und ich weiß nicht mehr, was von was kommt.
MS, weil es so warm ist? Fatigue?
Faulheit? Bequemlichkeit?
Depressionen?

Er sagt: ok, fangen wir klein an. Was genau stört dich denn?
Ich heule los und sage: Das Bild im Schlafzimmer. Das mit den Blumen. Das erinnert mich im Dunkeln an...
Er hängt es ab.

Heute hat er mir gesagt, er glaubt, ich solle mal zum Arzt gehen.
Ich gifte, dass es dafür keine Pillen gibt.

Und weiß dabei genau:
Sollte ich wohl.
Und sage das auch.
Aber was bringt es?
Er sagt: Reden. Dein schlechtes Gewissen ist nicht normal. Du hast sie doch nicht umgebracht.

Ich bin angefressen ob dieser Empathielosigkeit.
Und weiß doch, dass er mir helfen will.

Und in den Momenten finde ich mich noch kraftloser und handlungsunfähiger vor.
Denn du könntest irgendwas sinnvolles dazu sagen.
Ich selbst kann nichts sinnvolles in alledem finden.

Er hat gesagt: Meine Güte es ist doch schei*egal, was das kostet, aber du musst wirklich dahin gehen.

Und ich bin hilflos.
Kraftlos.
Ich kann dazu nicht mal mehr etwas sagen.
Lass mich bitte einfach schlafen.

Ich will das so nicht mehr, aber alle Versuche schlagen fehl, alles, was ich mache, endet im Nirgendwo.

Ich kämpfe weiter, klar.
Für deinen Mann, meinen Paps.

Und ich hätte alle Hilfen.
Und schlage sie aus.
Und weiß nicht, warum.
Selbst das Darüber-Nachdenken ist mir zu viel.

Und dabei weiß ich: Ich muss.
Denn du wirst mir nicht mehr helfen können.

Soso...
Warum hätte es auch anders laufen sollen?

Weißt du, ich weiß, warum ich so lange darauf bedacht war, einfach allein zu sein.
Das kann man niemandem zumuten.

Ich meine nicht mal nur mich selbst.
Das ist ja schon mies genug, haha, das weiß ich.
Jemand, der den Zunamen evil hat...
Evil bin ich aber nur gut gelaunt und überdreht. So lustig evil.
Jetzt bin ich eher depressive and ignore, was eigentlich gefährlicher ist, was man aber merken könnte, das muss ich zu meiner Verteidigung sagen.
Ich zwinge ja schließlich keinen, mich immer weiter mit Sche*ße zu provozieren, bis es mal knallt und man dann wirklich Angst vor mir bekommen kann.
Auf evil lache ich diese Leute nämlich nur kurz aus, tippe mir zweimal an die Stirn, gehe weiter und das Thema ist erledigt.
Aber langsam werde ich stinkig. Noch nicht, weil ungefragt mein Parkplatz über Monate okkupiert wurde.
Darüber streite ich nicht.
Aber wenn dann diese Antwort auf meine Nachfrage kommt, ob ich denn mal meine Sachen ausladen dürfte, da reicht es dann.
Und wenn man dann noch so bekloppt ist und allen Nachbarn mit Kreide aufmalt, wo sie in Zukunft zu stehen haben, weil ich mich doch tatsächlich einmal erdreistet habe, nach dem Urlaub meinen Kram auf MEINEM bezahlten Parkplatz ausladen zu dürfen, dann reicht es auch wirklich.

Ich weiß nicht, andere haben so bekloppte Leute in ihrem Umfeld nicht.
Andere haben auch nicht, dass das andere Elternteil innerhalb von eineinhalb Jahren auch Krebs bekommt.
Andere bekommen auch nicht so seltsame Krankheiten, wie ich.
Die kriegen halt Grippe oder Erkältung.
Andere grillen mit ihren Nachbarn und haben eine coole Zeit.
Hatte ich auch mal.
Naja, habe ich mit anderen Nachbarn noch.
Aber muss die eine schlimme Alte unbedingt MEINE direkte Nachbarin sein?

Und bei mir war es immer so.
Immer, immer, immer!
Alles kac*e. Alles zusammen.
Und danach ziemlich viel ziemlich cool.
Ich kenne keinen, der immer so viel Pech hat. Und dann auch wieder so ein Schweineglück.
Das hat er mal gesagt.

Ich auch nicht.

Vorgestern hat er mich noch angeblafft.
Blabla, Blabla, das ist so schlimm mit dir, du bekommst die unmöglichsten Dinge einfach so hin, was ICH nicht mal schaffe und IRGENDWAS passiert und dann schmeißt du alles hin und trittst es vor Wut dann noch in tausend Scherben.

Ja.
Und ich finde dann sogar noch, ich habe ein Recht dazu. So!
Weil das nämlich meine eigenen Angelegenheiten sind.

Und wenn ich es dann herunter schlucke und nichts sage, ist es auch wieder falsch.
Warum hast du mir nicht gesagt, dass dein Vater im Krankenhaus ist?
Ha, warum weiß er ja noch gar nicht, diese tolle Botschaft kann ich heute noch überbringen!
Ich gucke dann nur böse und sage: Wozu denn?
Weil ich sonst nämlich heule.
Wenn ich nicht sauer werden kann, dann heule ich einfach los, bestimmt bin ich deshalb evil geworden.
Sonst müsste ich nur heulend durch die Welt rennen.
Da ist sauer und wütend sein doch besser.
Was ändert das denn auch alles noch?
Wem ich was erzähle oder warum ich gereizt bin oder warum dies oder das oder jenes so ist, wie es ist?

Ich mache meinen Mist, ich bin brav, erledige meine Pflicht, koche, putze, gehe arbeiten, schlafe. Reicht doch.
Und heule dann eben abends heimlich.
Da kann ich ja wohl erwarten, dass man mich einfach in Ruhe lässt und mir nicht noch zusätzlich auf die Nerven geht!


Und weißt du, Mam in genau solchen Situationen kommst du ins Spiel.
Da habe ich mein Schweineglück.
Da kommt einfach so eine Freundin von früher zurück in mein Leben, die ich sechs Jahre nicht gesehen habe, die so lange Zeit im Ausland war und die noch aussieht und noch genauso ist wie früher.
Hast du mir geschickt, hm?
Als den sechser im Lotto, um den ich dich gebeten hatte, oder...?