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Brauche nur bitte tröstende Worte und Anteilnahm

Tiefes Meer
Liebe Jusilin,

Trennungen nagen heftig an unserem Selbstwert-Gefühl. Wir erleben uns als machtlos. Wir fragen uns, was wir falsch gemacht haben. Ob wir womöglich völlig falsch sind. Und klar, wenn wir uns solche Fragen stellen, dann rauben sie uns den Mut. Das Vertrauen auf unsere eigene Kraft. Doch diese Kraft ist da. Immer.

Dass Du sie gerade nicht spüren kannst, ist völlig normal in der Akutphase. Du wirst gerade von so vielen, so heftigen Gefühlen überrollt. Das alles schüttelt Dich durch. Um die eigene Kraft fühlen zu können, braucht es ein Minimum an innerer Ruhe. Die aber ist im Moment leider nicht zu haben. Dies alles ist extrem hart, aber dennoch völlig normal. Unnormal wäre, wenn es anders wäre. Du bist ein Mensch und keine Maschine.

Zitat:
Vielleicht bin ich auch so ein Psycho, der daran zerbricht?

Wenn ich das lese, würde ich den Gast, der Dir den Psycho untergejubelt hat, am liebsten schütteln. Es macht mich so wütend, dass jemand, dem es offenbar wieder besser geht, so herablassende Dinge über Menschen sagt, die leiden. Und das ausgerechnet Dir gegenüber, wo Du gerade am Boden bist. Öl ins Feuer von Ängsten. Mehr war das nicht und mehr ist da auch nicht dran. Der Spruch war total daneben und empathielos

Bitte weise diesen Mist innerlich ganz weit von Dir. Du bist völlig normal und Du wirst Dich wieder erholen. So wie wir alle. Manche schneller, manche langsamer. Jeder in seinem Tempo.

Erinnere Dich, was dazu schon gesagt wurde - wenn ein Liebeskummer sich länger hinzieht, ist das etwas ganz, ganz anderes als die Gefühle, die Du jetzt in der Akut-Phase durchmachst. Die ersten Tage und Wochen sind die härtesten. Alles, was danach kommt, ist damit verglichen ein Spaziergang. Du wirst sehen.

Auch von mir eine liebe Umarmung und eine Portion Kraft

11.10.2016 13:46 • x 5 #31


Maus-89
Liebe Jusilin!
Ich kann @tiefes Meer in ihrer Aussage nur bestätigen. Die erste Zeit wird durch
absolute Fassungslosigkeit bestimmt. Nichts mehr, was gut und richtig war, hat
mehr Geltung. Der gesamte Lebensplan wird auf einen Schlag zerstört. Es tut so
weh, das es kaum zu ertragen ist. Ich war wie paralysiert und habe versucht zu
funktionieren. Was mir oft nicht gelang. Irgendwie habe ich mich bewegt und
dann kam der totale Zusammenbruch. Und danach ein Klinikaufenthalt und eine
anschließende Reha. Das hat mich gerettet. Dort waren Menschen, die mich
verstanden und mir immer und immer wieder zugehört haben. Daraus entwickelte
sich mein neuer Lebensplan. Und der neue Weg ist richtig und gut für mich, auch
wenn es einige gibt, die meinen Weg nicht nachvollziehen können. Für mich
fühlt es sich gut an.
Vielleicht solltest du auch eine Reha in Anspruch nehmen. Du kommst aus der
häuslichen Situation heraus, brauchst dich nicht um alltägliche Dinge zu sorgen,
kannst dich voll auf dich konzentrieren und hast ein Umfeld, in dem du immer
aufgefangen wirst, wenn es dir dreckig geht. Denk noch mal darüber nach!

11.10.2016 15:20 • x 2 #32


A


Brauche nur bitte tröstende Worte und Anteilnahm

x 3


B
Hallo Jusilin,

sorry, da hast du einen Steuerberater als Mann? Mist.....da hilft bloß der Gang zum Finanzamt. Gehe zu deinem Sachbearbeiter, erkläre kurz du befindest dich in Trennung und sagst, dein Mann hätte dir immer mal was zum unterschreiben gegeben, aber du wüßtest nicht was. Du möchtest bitte eine Kopie der letzten gemeinsamen Steuererklärung. Du weist dich aus und musst ev. die Kopien bezahlen. Aber verweigern dürfen Sie es dir nicht und warum sollten sie auch. Warte nicht so lange, bis dein Mann und seine Angebetete eine Strategie entwickeln, wie du möglichst mit wenig abgespeist wirst.

Du brauchst Zahlen an die Hand, dann kann dir ein Anwalt oder eine Anwältin genau sagen, was dir zusteht. Das wird dir erstmal den Druck wegen dem Finanziellen nehmen.

Du musst dich jetzt auf dich konzentrieren. Und die Probleme der Kinder, sind auch die Probleme deines Mannes. Und den Hund würde ich ihm auch mal vor die Tür setzen. Er soll gefälligst sich nicht nur die Rosinen rauspicken.
Zeige dich stark und unabhängig. Wenn er zur Tür raus ist, kannst du weinen.

Und wenn du gar nicht mehr weiter weist.....komme hier her.....oder rufe eine Beratungsstelle an. Du bist in einem Ausnahmezustand und da darf man verzweifelt und hilflos sein.

Wünsche dir einen schönen Abend und das du schlafen kannst

Liebe Grüße
Bridget

11.10.2016 15:42 • x 2 #33


Jusilin
Ich bin schwer beeindruckt und Du wirkst so stark. Ich schaff das auch irgendwann. Aber nicht jetzt. Und als A... kann ich ihn immer noch nicht sehen. Nur als unvermögend und unfair.

Ich hab unsere Jugendamtsbetreuer angerufen und sie möchten mich in die Klinik stecken für eine Zeit. Ich denke das ist gut? Weiß es nicht. Vielleicht bin ich da auch total auf mich zurückgeworfen? Ich kann mir gerade nirgendwo ein Licht vorstellen.

@tiefes Meer
Danke vor allem für den letzten Absatz. Es fühlt sich so an als würde es jetzt immer so bleiben.

11.10.2016 16:27 • x 1 #34


Charlotte12
Dass jemand anderes - und dann noch vom Jugendamt - dich irgendwohin stecken will, finde ich nicht gut. Halte deine Würde hoch! Die Frage ist eher: Was tut dir jetzt in dieser Lage gut? Wenn für dich eine Klinik passt, zum Luftholen, zur Ruhe kommen, Klarsehen, dann ist das dein nächster Step.

Mir ging es auch so schlecht wie dir, in der Hochphase der Krise. Ich konnte bei einem ganz lieben Menschen unterkriechen (für 4 Monate). Wenn ich diese Chance nicht gehabt hätte, wäre ich auch in eine Klinik gegangen, weil bei mir nichts mehr ging.

11.10.2016 16:41 • #35


Maus-89
Versuche das mit der Klinik. Wie du sagst, dort wirst du ganz auf dich zurückgeworfen.
Das ist kein Zuckerschlecken. Es ist physisch und psychisch sehr anstrengend. Aber
für mich war es jede Anstrengung wert. Auch wenn es merkwürdig klingen mag, ich
habe mich dort zuhause gefühlt. Es war ein Ort, an dem ich so sein durfte, wie ich bin.
Wo ich mich wiedergefunden habe. Und ich habe Menschen (Mitpatienten) kennengelernt,
die mich verstanden und es hat sich sogar eine tiefe Freundschaft zu einer Mitpatientin
entwickelt. Wir treffen uns häufig und verstehen uns wortlos. Die Sportangebote haben
mir auch gut getan und seitdem mache ich regelmäßig Nordic walking. Folge der
Empfehlung und wenn es nicht das Richtige ist, kannst du jederzeit gehen.

11.10.2016 16:47 • #36


Tiefes Meer
Zitat von Jusilin:
Es fühlt sich so an als würde es jetzt immer so bleiben.

Es hat sich auch bei mir so angefühlt. Und doch ist es besser geworden. Sehr unmerklich. Sehr langsam. Doch eines Tages stellte ich fest, dass ich mich tatsächlich wieder fünf Minuten auf etwas anderes konzentrieren konnte als nur auf mein Elend. Das war der erste, kleine Durchbruch, das zu sehen. Es ist wichtig, sich auf die kleinen Schritte zu konzentrieren. Grade am Anfang.

In meiner Akutphase hatte ich,ähnlich wie Charlotte, das Glück bei einem lieben Menschen unterkriechen zu können. Will sagen - wenn Du keinen hast, der Dich ein bißchen auffangen kann und Dir alles zu sehr über den Kopf wächst, dann sehe auch ich es so wie meine Vorschreiber, dass es völlig ok ist und hilfreich sein, sich für eine Weile in eine Klinik zu begeben. Wenn die Idee sich für Dich gut anfühlt, dann tu es. Vielleicht aber reicht Dir auch die Idee, dass Du es tun könntest. So war es bei mir. Aber wie gesagt, ich hatte ja auch noch andere Hilfe.

Allgemein kann ich Dich nur ermuntern, alles mitzunehmen, was Du an Unterstützung kriegen kannst. Ich selber war mehrfach beim psychosozialen Dienst meiner Stadt. Der Vorteil war, dass ich dort sehr schnell Termine bekommen habe. Ich habe dort drei sehr lange Gespräche mit einem mitfühlenden, kompenteten Menschen geführt, an die ich mich noch immer gerne erinnere. Auch Hausärzte können ein wenig helfen. Manche verschreiben für die Akut-Phase auch ein leichtes Beruhigungsmittel, damit man wenigstens Nachts ein wenig Ruhe findet. Ich bin keine leichtfertige Freundin von Pillen, aber wenn es zu arg wird, dann ist es doch ein Segen, dass es sie gibt und ein kleines bißchen über das allergröbste hinweg helfen können.

Liebe Grüsse

11.10.2016 18:40 • #37


Jusilin
Die Klinik war Ok. Ich war nur 8 Tage dort wegen der Kinder. Aber hier zuhause ist dann alles wie immer.
In den Aufen meines Mannes ist die Anfangsphase, in der er und seine Neue sich um ihre getrennten Familien kümmern, vorbei. Das waren jetzt 4 Wochen. Ich stecke noch mitten drin! Bin immer noch am heulen und es fällt mir so schwer alleine zu sein. Es gibt echt nichts worauf ich mich freue und was Spaß macht. Das lässt sich kaum aushalten. Ich denke dass er und sie jetzt Pläne schmieden und sich ne Wohnung suchen. Auf der Arbeit wird er es auch öffentlich machen bis Weihnachten. Das tut alles so weh. Ihr Noch-Mann hat jetzt ne Neue und ist wieder glücklich. Ich möchte auch nicht alleine sein! Aber wenn man jetzt nicht an sich arbeitet dann wird das das nächste mal wieder so. Bestimmt. Ich glaube dass es wichtig ist, sich alleine auch genug zu sein.
Aber ich kann mir gar keine Zukunft vorstellen, die alleine Spaß macht.

Eine berufliche Umorientierung brauche ich auch. Ich komm kaum aus dem Bett oder vom Sofa hoch. Alles ist egal - bis auf die Kids. Das müsste doch mal besser werden, oder?

Mir fällt es auch total schwer für mich was zu planen. Jetzt haben er und unsere Freunde sich alle wieder zum Triathlon angemeldet. Da bin ich jetzt 6 Jahre immer mit ihm hingefahren und war immer so stolz auf meinen Mann. Sicher fährt nächsten Sommer die andere mit und ist stolz auf ihn und ich werde einfach ausgetauscht. Alle werden anfeuern und in das leckere Restaurant gehen, das ich ausgesucht habe - nur dass statt ich die andere Julia dabei ist. Alles geht weiter - nur ohne mich. Das fühlt sich so schlimm an. Alle Dinge, auf die ich mich immer gefreut habe, sind nun weg. Es tut mir so weh zu sehen wie glücklich er ist.

31.10.2016 15:25 • #38


Tiefes Meer
Zitat von Jusilin:
ich kann mir gar keine Zukunft vorstellen, die alleine Spaß macht.

Das liegt daran, dass Du mit Dir alleine im Moment nur die Erfahrung machst, dass es Dir schlecht geht. Die anderen, die guten Erfahrungen fehlen noch.

Ich bin in der Phase manchmal raus gegangen, um Geschenke zu suchen. Eine Feder, ein schöner Stein, ein Handvoll Herbstlaub. Irgendwas hatte das Leben immer für mich parat. Es hat diese Geschenke für jeden von uns.

An meinem ersten Geburtstag ohne ihn war es eine blühende Rose am einem Strauch mitten im Winter. In dem Jahr spielte das Wetter genauso verrückt wie meine Gefühle. Ich war total verzweifelt und hätte mir weiss Gott was ganz anderes zum Geburtstag gewünscht

Trotzdem habe ich mich selber dazu bewegt, diese Rose zu würdigen. Würdigen heisst nicht, dass es mir toll ging. Aber ich habe ihr für eine Weile meine Aufmerksamkeit gezollt. Sie in der kalten Sonne betrachtet und mich stumm bei ihr bedankt.

Mein Kopf ist darüber völlig ausgetickt und hat mir erklärt, dass es Mumpitz ist. was ich da mache und wertlos und ja wohl auch nichts bringt. Er wollte, dass ich mich mit den wichtigen Dingen beschäftige. Und das könne ja wohl nur mein Schmerz sein und so weiter und so fort.

Doch egal, was mein Kopf damals gesagt hat. Diese Rose wird meinem Herzen in Erinnerung bleiben. Ein poetischer Wegweiser auf einen Weg, auf dem es auch ohne Partner viele wundervolle Momente gibt


Lass Dich auf die kleinen Geschenke des Lebens ein. Sorge für Dich. Mach Dir einen heißen Tee. Zünde eine Kerze an. Gönn Dir ein Kuscheltier. Nicht alles auf einmal. Aber möglichst jeden Tag ein kleines bisschen. Wenn Du Freunde hast, frag sie, ob sie Dir etwas schenken können. Etwas kleines, was Dich begleitet oder Du in der Wohnung öfter ansehen kannst.

Zitat:
Eine berufliche Umorientierung brauche ich auch. Ich komm kaum aus dem Bett oder vom Sofa hoch. Alles ist egal - bis auf die Kids. Das müsste doch mal besser werden, oder?
. Es wird besser. Aber eben nur in kleinen, fast unmerklichen Schritten. Und im Moment hast Du eindeutig zu viel Kontakt mit Deinem Ex und bekommst zuviel mit, was Dich immer wieder neu aufwühlt und zurück wirft.

Eine berufliche Umorientierung hat jetzt erstmal Zeit. Wichtig ist erst mal, dass Du wieder etwas ruhiger wirst. Für Dich und Deine Kinder.

Zitat:
war immer so stolz auf meinen Mann.
Jetzt ist die Zeit gekommen zu lernen auf Dich selber stolz zu sein. Fühlt sich anfangs komisch an. Weil Du vermutlich im Moment noch gar nicht siehst, worauf denn nur Du stolz sein solltest.

Aber Fakt ist, Du darfst auf jeden einzelnen Schritt stolz sein, den Du ab hier gehst. Jeden Morgen an dem Du es schaffst aufzustehen. Jede Kleinigkeit, die Du trotz Deiner Schmerzen für Dich oder Deine Kinder tust. Denn das alles kostet im Moment enorm viel Kraft. Triathlon ist Pipifax dagegen.

Sei geduldig mit Dir.

31.10.2016 17:27 • x 3 #39


Jusilin
@tiefes Meer,

Danke für diese lieben Zeilen!

31.10.2016 18:52 • x 1 #40


Maus-89
Es tut verdammt weh, so weh, das man meint, es nicht mehr ertragen zu können. Ich dachte, es zerreißt mich. Aber ich bin auch daran gewachsen und das wirst du ganz bestimmt auch. Hol dir jede Hilfe, die du kriegen kannst.
Ich drück dich ganz fest und auch wenn du es jetzt (noch) nicht glaubst, irgendwann geht es dir wieder gut.

31.10.2016 19:40 • x 1 #41


Charlotte12
... und du, liebe Jusilin, hast schon so viel geschafft, in diesen ersten vier Wochen: Dein Leben ist aus den Angeln gehoben worden und in Schutt und Asche niedergegangen - aber du lebst, holst dir hier Rat und Kraft, stehst für deine Kinder auf, suchst dir eine Klinik und Anwalt, warst beim Jugendamt und und und.

Es ist so traurig, dass dein Leben zurzeit so ist. Aber das sind die grausamen Downs des Lebens. Nehme sie an und gestalte diese tiefe Phase! Du gehst wie eine starke Göttin daraus hervor, eines Tages. Dann wirst du dir den letzten Staub (von dem Schutt, siehe oben) aus dem Gewand klopfen und wieder oben sein.

31.10.2016 20:32 • x 1 #42


A


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