Liebe Elena,
bei allem Respekt vor dem Zusammenhalt, den Du ihm bieten wolltest, finde ich, dass man in jungen Jahren nicht so kämpen müssen sollte. Du schreibst ja selbst, dass Du nach einer Eurer Trennungen gute neue Erfahrungen gemacht hast, obwohl Du traurig warst.
Bestimmt ist es schlimm für ihn, wenn ein Traum geplatzt ist,, aber was ist denn eigentlich mit Deinen Träumen? Von denen lese ich hier nichts.
Mein letzter Freund hatte den gleichen Beruf, war aber natürlich schon viel weiter, da wir weitaus älter sind als Ihr. Doch angefangen hat er wie Dein Exfreund. Ich kann Dir sagen: es ist Blödsinn, dass man bei der Polizei lernt, seine Gefühle abzustellen und immer Recht zu haben. Sicher aber lernt man, die Gefühle in Dienst zu kontrollieren und souverän aufzutreten. Es mag sein, dass sich das auch auf das Privatleben auswirkt. Insbesondere hat dieser besondere Beruf die Eigenart, den Zusammenhalt unter den Kollegen ganz anders zu fördern, als es in anderen Berufen der Fall ist. Es gibt ein paar Berufe, in denen das ähnlich ist, aber nicht viele. Das ist für uns Außenstehende oft nicht richtig nachzuvollziehen und man braucht auch ein besonderes Gemüt, um sich in so einer Gesellschaft zurecht zu finden und sich wohl zu fühlen. Das ist nicht jedem gegeben.
Viele Polizisten sind froh, im Privatleben loslassen zu können und gefühlsbetont sein zu dürfen, aber für viele andere ist der ständige Transfer zwischen den Welten schwer und irgendwann nicht mehr vollziehbar.
Wie auch immer: ich denke, Du hast keinen Grund, Dir Schuldgefühle einreden zu lassen. Du hast ihm nichts getan, womit Du ihm seine Liebe hättest nehmen können. Das hat er schon ganz allein geschafft. Ich kann Dir nur raten, eine ewige On-/Off-Spirale nicht einzugehen. Ich hatte als sehr junge Frau auch einmal einen sehr bedürftigen Freund (und so sehe ich auch Deinen Ex), aber ich habe irgendwann erkannt, dass ich die Verantwortung für ihn nicht auch noch tragen kann. Denn Du bist doch in einem Alter, in dem Du dafür Sorge tragen musst, Dein eigenes Leben zu formieren und zu schauen, wohin es Dich führen kann, statt Dich so aufopferungsvoll um einen anderen Menschen zu kümmern und Dich dabei zu vergessen und blockieren zu lassen.
Nochmal: ER ist für sich verantworlich und Du bist für Dich verantwortlich. Wenn ihn das Ausscheiden aus dem Auswahlverfahren kurz vor Ende dauerhaft so niederdrückt, dann muss er sich fragen, ob er dem Druck dieses Berufes gewachsen ist. Denn die Möglichkeit, dass das passiert, hat ja immer bestanden. Rückschläge machen uns alle traurig, aber bei gesundem Selbstbewusstsein verkraften wir sie auch irgendwann. Wenn er das nicht kann, muss er sich Hilfe suchen.