In guten wie in schlechten Zeiten

Hallo Zusammen,

angehängt mein Brief an meinen (Ex)Mann von dem ich mich vergangenen Sommer trennte nachdem ich ihn betrog und keine Option mehr für uns sah. Ich wollte es mir nur von der Seele schreiben...

Danke fürs lesen




Lieber XY,

es gab so vieles, was ich Dir am Freitag gerne gesagt hätte. Vermutlich habe ich zu viel von Dir, von mir oder uns erwartet und wie sooft fehlte mir der Mut. Mut, das auszusprechen was ich wirklich denke und fühle und gleichzeitig die Angst vor Deiner Reaktion.

Ich weiß wie sehr ich Dich in den vergangenen Monaten verletzt habe und es gibt nichts, wofür ich mich mehr schäme als das was ich sagte, getan oder auch nur im Ansatz gedacht habe. So gerne ich es ungeschehen machen würde ist mir klar, dass diese Einsicht spät kommt – aber vielleicht nicht zu spät. Ich habe nicht nur Dich verletzt und uns verraten sondern auch gegen meine eigenen Grundsätze verstoßen, an das woran ich bisher glaubte: Ehrlichkeit und Echtheit.

Mir ist auch klar, dass es mehr als ein paar Zeilen braucht oder Worte oder Versprechungen um Dich davon zu überzeugen, dass ich noch nicht bereit bin uns vollständig aufzugeben und Dir zu zeigen, wie leid es mir tut.

In guten wie in schlechten Zeiten, viel zu oft habe ich nur die schlechten gesehen und den guten zu wenig Platz in meinen Gedanken und meinem Herzen gelassen. Und als es wirklich hätte gut werden können habe ich die guten Zeiten die wir schon hatten völlig verdrängt. Ich habe unser Leben als das was es hätte sein können nämlich „gemeinsam glücklich und zufrieden“ weggeschmissen. Glücklicher und zufriedener hat es mich nicht gemacht! Aber es hat dazu geführt, dass ich mich mit uns und speziell mit mir auseinander setzen musste. Das Leben alleine macht nicht glücklicher aber es ist machbar. Es hat mich gezwungen, meine Krankheit zu akzeptieren und als Teil von mir anzunehmen, wenn auch kein besonders schöner.

Ich bin auf einem guten Weg mit mir ins Reine zu kommen wenn da nicht diese Leere in meinem Herzen wäre.

Mich hat kürzlich jemand gefragt, in welchen Momenten ich am glücklichsten war. So banal und langweilig Dir dieser Moment vielleicht erscheinen mag lautete meine spontane Antwort: Am glücklichsten war ich sonntagmorgens beim Frühstück. Seit diesem Zeitpunkt wird jedes Frühstück sonntags für mich zum Spießrutenlauf, weil ich genau hier diese Leere am ehesten spüre und schmerzlich wird mir klar, dass Du diese Leere hinterlassen hast.

Ich bat Dich am Freitag darum Dir Gedanken zu machen ob Dir noch was an uns oder mir liegt und sagte Dir, dass ich Dich von nun an in Ruhe lasse. Wenn ich Dich in Ruhe lasse, fürchte ich wirst Du nicht glauben, dass es mir ernst ist. Wenn ich Dich nicht in Ruhe lasse fürchte ich Du fühlst Dich unter Druck gesetzt. So hoffe ich wenigstens diesmal die richtige Entscheidung zu treffen.

Wenn ich darüber nachdenke, hat mich in den letzten 7 Monaten nicht eine Person gefragt, ob ich Dich noch liebe. Anders als vor fast 15 Jahren, anders als vor 10 Jahren, vielleicht sogar anders als vor 5 Jahren, und in 5 Jahren vermutlich anders als heute aber die Antwort ist: JA und egal wohin unser Weg auch führt, das wird immer so sein.

Ich erwarte nichts, hoffe aber das Beste wenn nicht sogar das unmögliche, für Dich, für mich, für uns.

In Liebe, J.

Hallo Jule,

ich bin auch so ein Betroffener, meine Frau hat letzten Herbst eine Affäre angefangen , bin sehr schnell aber dahinter gekommen, sind 20 Jahre verheiratet und haben 2 Kinder....

Ich bin seit dem am Kämpfen, meine Frau hatte auch einen schwachen Moment und kann diesen nicht rückgängig machen ....., es fällt mir sicherlich nicht leicht die Grundsätze Ehrlichkeit und Einigkeit zu übersehen...
Die Affäre ist derzeit nicht mehr am Laufen , aber meine Frau ist ins wanken gekommen, liebt sie einen anderen und wie sehen die Gefühle zu mir aus.....

Ich konnte bisher den Zug anhalten, Bremsen, ob er je noch mal Rückwärts fährt ist offen...

Man kann es nicht rückgängig machen , aber ich kann es auch verstehen, wenn eine Beziehung nicht richtig läuft, muss man zwangsläufig nicht selbst gemerkt haben , aber dann wenn man oder sie schwach wird , dann weiss man es ...., besinne dich , schau zurück...

Jule,
dein Brief ist sehr ergreifend , es wird sicher noch einen anderen Grund geben warum du diesen von der Seele schreiben willst, diesen wirst nur du kennen.

Von der anderen Seite beschrieben, ich war seinerzeit sehr verletzt und enttäuscht, habe es oft gehört , gesehn und gelesen, aber nun war es bei uns passiert. Ich habe ganz tief in mein Inners herein gehört und festgestellt das ich sie immer noch liebe und nicht deswegen aufgeben möchte....
Du kannst diese Geschichte lesen in Ich bin verheiratet und liebe einen anderen

Dein Ex hatte diese Chance nicht bekommen, magst du ihn denn noch ? und wenn wie viel magst du noch an ihm ...
Durch dem Brief hast du ihm es genommen , sich dazu zu entfalten....
Dein Gewissen ist belastet und du suchst einen Weg um da irgendwie raus zu kommen, das kann man darin lesen...

An deiner Stelle würde ich eine Möglichkeit suchen um ins Reine zu kommen und denke auch das er das wollte, für ihn / euch ist das wie ein Buch geschrieben , aber nicht fertig geworden zu sein..

Suche einen Weg um es abzuschliessen, sonst werdet ihr beide daran sehr Leiden..

Ich hoffe du verstehst was ich meine ...

Liebe Grüße

Hallo Weltuntergang,

danke für Deine Antwort. Ja ich verstehe durchaus was Du meinst und es gut, den Blickwinkel aus Sicht eines Betrogenen zu sehen. Damit habe ich mich in den vergangenen Wochen intensiv beschäftigt. Ja ich liebe meinen Mann und er liebt mich.

Was aus meinen Zeilen nicht hervor ging und ich an dieser Stelle aber noch erwähnen sollte ist, dass wir eine gute Basis haben und wir am Freitag als wir essen waren vereinbart haben, dass wir uns jetzt noch Zeit genehmigen einige Wochen bis ca. Mitte März und dann nochmal zu unserer gemeinsamen Therapeutin gehen um entweder einen Neuanfang zu finden oder eben einen Abschluss für jeden von uns.

Deshalb auch das Thema mit in Ruhe lassen. Mir hat es auch heute Nacht keine Ruhe gelassen, daher habe ich den Brief nun abgeschrieben und in seinen Briefkasten geworfen. Ich habe quasi alles in die Waagschale gegeben denn ich habe nichts mehr zu verlieren...

Es ist genauso wie ich es schrieb: Ich hoffe das BESTE.

Danke jedenfalls für Deine Worte, hab ein guten Tag!

Grüße
Jule

Hallo Jule,

du ahnst ja nicht was Betrogene für eine Kraft entwickeln können....

Wenn mir früher das einer erzählt hätte , hätte ich gesagt die Grundlage ist entzogen , lass es ....

Aber mittlerweile weiss ich es besser, das ist kein Klammern, das ist Liebe , wenigstens von mir aus....
Man(n) will alles versucht haben um es nicht zu verlieren, wenn es dann schief geht ist aber das Buch zu Ende geschrieben.....und kannst / musst weiterleben.

Habe in einer kurzen Zeit schon viel Kraft auch auf diesen Seiten gefunden....

Lieben Gruss