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Besitzansprüche auf den Ex

Fräulein Rabe
Mein Ex-Lebensgefährte, mit dem ich 9 Jahre eine Beziehung geführt habe, ist auch heute noch, oder viel mehr wieder, der wichtigste Mensch in meinem Leben. Wir unternehmen viel gemeinsam, sehen uns jede Woche. Im Prinzip ist er mein bester Freund. Familie habe ich keine mehr.

Mein Ex hat mich vor 3 Jahren wegen einer anderen Frau verlassen, mit der er aber nicht mehr zusammen ist. Allerdings hat er häufiger einmal neue weibliche Bekanntschaften, er verknallt sich recht schnell. Das hält dann meistens ein paar Monate und dann ist die Begeisterung auch wieder dahin.

Ich selbst begehre ihn körperlich schon lange nicht mehr.
Trotzdem kann ich nicht damit leben, wenn er wiedermal eine neue Frau kennengelernt hat.
In mir regt sich dann die Eifersucht, ich fühle mich hinten angestellt und minderwertig. Dabei ist die Beziehung, die wir beide haben, ja viel wertvoller, als er sie zu einer neuen Bekanntschaft hat.
Ich bekomme dann Angst, dass es mit den beiden eine echte Beziehung werden könnte. Dabei könnte mir das doch egal sein, da ich selbst ihn als Partner gar nicht mehr haben will. Und trotzdem sind da diese Besitzansprüche.

Ich habe Angst, ihn als wichtigsten Menschen in meinem Leben zu verlieren. Was kann ich tun, dass ich unsere innige Freundschaft unabhängig von einer neuen Beziehung, die er haben könnte, betrachten kann?

Wie kann ich von dem sehr egoistischen Gedanken Ich selbst will ihn als Partner nicht mehr, aber ihn soll auch keine andere haben weg kommen? Ich will ja seinem Glück nicht im Wege stehen.
Hat da vielleicht jemand einen Rat für mich?

20.03.2016 10:17 • #1


P
Guten Morgen Fräulein Rabe,

Ich hatte mal sowas Ähnliches.
Es war zwar nicht mein Ex, aber mein bester Freund.

Wir haben uns damals kennengelernt und hatten sofort einen Draht zueinander, waren zu der Zeit aber beide Singles.
Es lief nie was zwischen uns, auch wenn wir im gleichen Bett geschlafen haben, etc.

Dann kam es wie es kommen musste und er verliebte sich in eine Kollegin von mir.
Hinzu kam, dass sie und ich uns nicht wirklich nah standen und ich ihr von Anfang an ein Dorn im Auge war, obwohl sie sich ja eigentlich über mich kannten.
Ich litt wahnsinnig darunter, dass er seine ganze Freizeit nur noch mit ihr verbrachte und zog mich immer mehr zurück, in der Hoffnung, dass er wiederkommt oder mir nach läuft und klar, war ich eifersüchtig, habe aber nie das Gespräch mit ihm gesucht.

Sie stellte ihn dann vor die Wahl, sie oder ich und kurzum: Ich hab verloren.
Das ist jetzt sechs Jahre her und ich bereue es immer noch, dass ich damals nicht um ihn gekämpft habe, als es gerade so anfing und ich da noch die Chance gehabt hätte, in Ruhe über meine Gefühle und Empfindungen hätte sprechen können.

Alles Gute
Piix

20.03.2016 11:09 • #2


A


Besitzansprüche auf den Ex

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Urmel_
Zitat:
Dabei ist die Beziehung, die wir beide haben, ja viel wertvoller, als er sie zu einer neuen Bekanntschaft hat.


Also die Art der Beziehung zwischen euch hört sich doch sehr gut an. Dein Problem ist nur, dass Du Dich selbst in Konkurrenz setzt. Aber niemand kann Deinen Platz einnehmen oder streitig machen, denn Du bist schließlich Du.

Ich glaube die Sache wäre entspannter, wenn Du in Deinem Leben weitere Dinge hast, die Dir gut tun. Was auf jeden Fall sehr schwer für die Freundschaft wird wäre, wenn Du diese Verlustängste in Dir nicht in den Griff bekommst. Da kann er nix dafür.

Ich denke es wäre eine lohnenswerte Investition in Dich, wenn Du versuchst zu ergründen, woher die Verlustängste kommen. Manchmal liegen die sehr weit in der Vergangenheit.

Ich finde, dass Du schon sehr überlegt an die Sache heran gehst. Ein sehr guter erster Schritt. Vertrau auf Dich!

20.03.2016 11:29 • x 1 #3


Fidelis
Liebe Fräulein Rabe,

ich lebe in einer ähnlichen Konstellation. Meine Frau hat mich vor Jahren verlassen, weil sie sich allgemein zu Frauen hingezogen fühlt. Ich betrachte sie aber nach wie vor als meine beste Freundin und Vertraute. Zurzeit ist es so, dass sie in einer Beziehung lebt, ich bin hoffnungsloser Single.
In mir regt sich dann die Eifersucht, ich fühle mich hinten angestellt und minderwertig beschreibt gut, was auch ich immer mal wieder empfinde.

Zitat:
Wie kann ich von dem sehr egoistischen Gedanken Ich selbst will ihn als Partner nicht mehr, aber ihn soll auch keine andere haben weg kommen?


Vielleicht indem du davon wegkommst, ihm auch heute noch die Rolle des wichtigsten Menschen in deinem Leben zuzuweisen? Er ist und soll ein wichtiger Mensch in deinem Leben bleiben, aber muss es der wichtigste sein?
Ich habe den Verdacht, dass er dir exklusiv(?) ganz viele Bedürfnisse erfüllt (z.B. Akzeptanz, Empathie, Gemeinschaft, Nähe, Respekt, Rücksicht, Unterstützung, Verständnis, Vertrauen, Wertschätzung, Zugehörigkeit) und du drohende Insuffizienz erwartest, wenn er seine Aufmerksamkeit auf eine andere Frau richtet. Analog ist das bei mir so und darum wage ich, das zu schreiben.

Die Aufgabe könnte also sein, die Chance auf Befriedigung essenzieller Bedürfnisse auf mehrere Schultern zu verteilen. Du schreibst, dass du keine Familie hast. Gibt es denn andere Freunde, die dir Akzeptanz, Empathie, Gemeinschaft, Nähe, Respekt, Rücksicht, Unterstützung, Verständnis, Vertrauen, Wertschätzung, Zugehörigkeit usw. schenken könnten?

20.03.2016 14:23 • x 1 #4


Fräulein Rabe
Ich danke Euch für Eure sehr interessanten Gedanken zum Thema!

Zitat von Fidelis:
Ich habe den Verdacht, dass er dir exklusiv(?) ganz viele Bedürfnisse erfüllt (z.B. Akzeptanz, Empathie, Gemeinschaft, Nähe, Respekt, Rücksicht, Unterstützung, Verständnis, Vertrauen, Wertschätzung, Zugehörigkeit) und du drohende Insuffizienz erwartest, wenn er seine Aufmerksamkeit auf eine andere Frau richtet. Analog ist das bei mir so und darum wage ich, das zu schreiben.

Die Aufgabe könnte also sein, die Chance auf Befriedigung essenzieller Bedürfnisse auf mehrere Schultern zu verteilen. Du schreibst, dass du keine Familie hast. Gibt es denn andere Freunde, die dir Akzeptanz, Empathie, Gemeinschaft, Nähe, Respekt, Rücksicht, Unterstützung, Verständnis, Vertrauen, Wertschätzung, Zugehörigkeit usw. schenken könnten?

Du hast damit genau ins Schwarze getroffen, lieber @Fidelis .
Aber ist es denn nicht normal, dass man den wichtigsten Freund im Leben - ob der nun männlich oder weiblich ist - nicht verlieren möchte, weil erben genau dieser Mensch es ist, der einem schon seit Jahren am nächsten steht? Ich persönlich glaube ja nicht, dass das etwas damit zu tun hat, dass man keine anderen Freunde hat oder keine Dinge, die einen erfüllen.

Zitat von Urmel_:
Ich glaube die Sache wäre entspannter, wenn Du in Deinem Leben weitere Dinge hast, die Dir gut tun. Was auf jeden Fall sehr schwer für die Freundschaft wird wäre, wenn Du diese Verlustängste in Dir nicht in den Griff bekommst. Da kann er nix dafür.

Auch Du, @Urmel_ , scheinst ja die Ansicht zu vertreten, dass die Tatsache, dass man an einem Menschen besonders hängt, weil er einem eben besonders nahe steht, bedeutet, dass das eigen Leben ansonsten sehr defizitär sein muss.

Ich kann das von meinem Leben aber eigentlich nicht behaupten.
Ich habe einen Job, der mich erfüllt, habe einige ausgewählte gute und langjährige Freundinnen, die ich regelmäßig sehe, ich habe ein Hobby, ein Haustier.

Trotz allem ist nun aber genau mein Ex-Freund mein Lieblingsmensch, um es mit dem berühmten Songtitel zu sagen.

Wahrscheinlich es der Gedanke, dass ich im Fall einer neuen Liebschaft dann nicht mehr sein Lieblingsmensch wäre, der in mir die Angst hervor ruft, ihn dann entweder ganz zu verlieren oder zumindest eben teilen zu müssen und nicht mehr so viel Zeit mit ihm verbringen zu können.

Zitat von Phoeniix:
Das ist jetzt sechs Jahre her und ich bereue es immer noch, dass ich damals nicht um ihn gekämpft habe, als es gerade so anfing und ich da noch die Chance gehabt hätte, in Ruhe über meine Gefühle und Empfindungen hätte sprechen können.

Tut mir sehr leid, dass Du den Menschen verloren hast, der Dir so viel bedeutet hat.
Was meinst Du mit in Ruhe über meine Gefühle und Empfindungen hätte sprechen können?
Hättest Du gerne eine Beziehung mit ihm haben wollen und hast ihm das nur nie vermittelt bzw. Dir selbst nicht eingestanden? Oder welche Gefühle waren es, über die Du nicht mit ihm gesprochen hast?

Mein Ex-Freund weiß jedenfalls, dass er für mich mein wichtigster Mensch ist. Ich hatte da keine Hemmungen, ihm das zu sagen und zu vermitteln.

Aber Freundschaft unter Ex-Partnern - geht das überhaupt? Oder geht das vielleicht nur, wenn beide in neuen Beziehungen sind?

21.03.2016 08:54 • #5


P
Zitat:
Hättest Du gerne eine Beziehung mit ihm haben wollen und hast ihm das nur nie vermittelt bzw. Dir selbst nicht eingestanden? Oder welche Gefühle waren es, über die Du nicht mit ihm gesprochen hast?


Nein, ich wollte keine Beziehung. Aber ich hätte ihm gern von der Angst, ihn zu verlieren berichtet...

Naja... man lernt draus...

21.03.2016 21:41 • #6


Blanca
Zitat von Fräulein Rabe:
Aber Freundschaft unter Ex-Partnern - geht das überhaupt?

Es gibt genug Leute, für die es funktioniert, ja.
Aber eben nicht für jeden, nein.

Meines Erachtens solltet Ihr beide miteinander klären, was Freundschaft für Euch bedeutet und wie erhaltenswert sie Euch erscheint, wenn jemand neues in sein oder Dein Leben treten und Euch womöglich vor die Wahl stellen sollte: Er oder ich, ich oder sie.

Für mich macht so eine Freundschaft nur Sinn, wenn man dann unumwunden alte Freunde gehen vor sagen kann - aber gleichzeitig natürlich auch bereit ist, den freundschaftlichen Kontakt zugunsten der Beziehung zu reduzieren. Auf welches Maß, würde ich situationsbedingt entscheiden - bitte nagel mich da jetzt nicht drauf fest.

Darüber hinaus kann ich mich nur dem Rat anschließen, der Dir in einem vorherigen Beitrag bereits ans Herz gelegt wurde: Fixier Dich bitte nicht nur auf ihn, sondern arbeite an einem Kontaktnetzwerk, das Dich auch dann ein Stück weit auffängt, wenn er gerade in einer Beziehung ist und nicht mehr so zur Verfügung steht wie als Single. Das kann nur in Euer beider Interesse sein.

Zitat:
Oder geht das vielleicht nur, wenn beide in neuen Beziehungen sind?

Meines Erachtens wäre es dann keine klassische Freundschaft. Oder bist Du mit weiblichen Freundinnen auch nur befreundet, wenn sie in einer Beziehung sind?

Entweder es ist eine rein platonische Freundschaft, dann behandelt einander auch selbstverständlich wie andere Freunde oder Freundinnen auch - oder es ist etwas dazwischen, dann ist der Bruch meines Erachtens vorprogrammiert, ja.

21.03.2016 22:51 • #7


Fidelis
Zitat:
Aber ist es denn nicht normal, dass man den wichtigsten Freund im Leben - ob der nun männlich oder weiblich ist - nicht verlieren möchte, weil erben genau dieser Mensch es ist, der einem schon seit Jahren am nächsten steht?


Das ist eine rhetorische Frage, nehme ich an. Aber ja, das ist normal. Nun haben wir ja beide die Erfahrung gemacht, dass unsere Lieblingsmenschen unsichere Kantonisten sind.
Was mich angeht, rührt daher auch die unterschwellige Sorge, dass meine Ex mir nicht nur die Partnerschaft, sondern eines Tages auch die Freundschaft kündigen könnte. Das scheint mir die Hypothek einer Freundschaft zur/zum Ex zu sein, weil Vertrauen schon einmal schwer enttäuscht wurde. Solche Gedanken mögen im konkreten Fall unbegründet sein, aber das Schmerzgedächtnis aus der Trennungsphase führt nach meiner Erfahrung ein Eigenleben. Mein Hirn hat vorwärtsvermeidend schon mal gedacht, dass ich die Freundschaft besser selbst kündigen sollte, um einem hypothetischen Schmerz zu entgehen. Solche Gedanken kommen, ich sehe mir diese an, und wenn es gut läuft, verabschiede ich sie mit einem Lächeln. Ich kenne mich doch.

Zitat:
Ich persönlich glaube ja nicht, dass das etwas damit zu tun hat, dass man keine anderen Freunde hat oder keine Dinge, die einen erfüllen.


Mir ist deine Haltung sehr sympathisch. Denn sie impliziert, dass die Freundschaft zu deinem Ex durch nichts und niemanden zu ersetzen ist. Aus meiner aktuellen Perspektive kann ich das teilen, aber ich fühle dabei Unbehagen, weil ich fürchte, dem Schicksal damit allzu enge Grenzen zu setzten. Und vielleicht überfordere ich auch das Konzept Freundschaft mit Besitzansprüchen und Eifersucht.

Zitat:
Aber Freundschaft unter Ex-Partnern - geht das überhaupt? Oder geht das vielleicht nur, wenn beide in neuen Beziehungen sind?


Du bist doch ein Beispiel, dass es geht. Ich vielleicht auch. Ich glaube aber, dass es in jedweder Konstellation (Single/Single, Single/Paar, Paar/Paar) immer mal wieder recht hohe Anforderungen an alle Beteiligten geben kann. Wie überall in Beziehungsdingen ist dann Kommunikation gefragt. Aber solange ich das Gefühl habe, dass ich daran wachsen kann und mich die Freundschaft bereichert, möchte ich daran festhalten.

21.03.2016 23:32 • #8