Brauche Rat: Unerkannte Depression führte zur Trennung

G
Ihr Lieben,

ich bin ganz neu im Forum und ich brauche ganz dringend euren Rat, da ich nicht mehr weiß, was ich tun soll.
Ich (w, 21) habe eine sehr große Liebe (m, 22) vor 5 Monaten verloren. Seit fast 3 Monaten haben wir keinen Kontakt mehr. Die Geschichte ist total kompliziert und verdreht, ich versuche sie so kurz wie möglich darzustellen.
Ende 2012, vor ca. 2 Jahren also, haben wir uns kennen gelernt. Wir haben uns sofort ineinander verliebt, ich hatte das Gefühl einen Seelenverwandten gefunden zu haben und ihm ging es genauso. Alles – aber auch wirklich alles hat gepasst - wir hatten die gleichen Interessen, die gleichen Träume, die gleichen Vorstellungen. Es hätte so schön sein können.. wäre da nicht ein großes Problem aufgetaucht:

Ich steckte damals noch in einer Beziehung mit meinem ersten Freund. Ich war ca. 2 Jahre mit ihm zusammen und habe ihm sofort alles gebeichtet und versucht mich von ihm zu trennen. Doch wie so oft im Leben kam alles ganz anders als geplant, was alles total kompliziert gemacht hat:

Es stellte sich heraus, dass mein damaliger Freund große Verlustängste hat. Er hat meine Einfühlsamkeit und auch meine Schuldgefühle gegenüber ihm total missbraucht, mir das Leben zur Hölle gemacht. Er hat mit Selbstmord gedroht, mir täglich erzählt, was für ein schlechter Mensch ich sei, wie ich ihm sowas antun könne, dass ich die schlimmste Person auf Erden wäre, dass er seine Klausuren nicht mehr schaffen würde, dass es seinem Vater sehr schlecht gehen würde und er mich brauche, dass ich ihm alles kaputt gemacht hätte und dass mir nur vergeben werden würde, wenn ich wieder zurückkomme etc. Gleichzeitig hat er mir erzählt, dass ich doch die tollste Frau auf Erden sei und er nichts mehr möchte, als dass ich zurückkomme.

Wir hatten auch den gleichen Freundeskreis, den er auf seine Seite gezogen hat, so dass sich meine Freunde auch noch gegen mich gestellt haben und ich hatte niemanden mehr zum Reden hatte. In der Folge wurde für mich alles ganz schlimm: Ich bekam rießige Schuldgefühle und wusste einfach nicht mehr weiter. Weil mein Ex-Freund es mir so oft eingeredet hat, habe ich mich tatsächlich wie der schlimmste Mensch der Welt gefühlt und angefangen mich innerlich selbst komplett abzulehnen. Mein Herz wollte unbedingt mit dem anderen Kerl zusammensein, aber ich konnte meinen Gefühlen nicht nachgeben, weil ich mich so schuldig und so schlecht gefühlt habe. Ich habe gedacht, ich darf nicht glücklich sein, weil ich meinem Ex-Freund so etwas angetan habe und habe mich dadurch selbst bestraft.

Vor zwei Monaten, als ich zu einem Therapeuten bin, hat sich herausgestellt, dass ich in der Zeit eine gravierende und starke Depression gepaart mit Selbsthass wegen der Schuldgefühle bekommen habe. Diese hat dazu geführt, dass ich unter anderem Angst vor der Zukunft bekam, Angst alles verlieren zu müssen, dass ich mich selbst abgewertet habe und das Gefühl hatte, nicht mehr zu genügen, dazu dass ich keine Entscheidungen mehr treffen konnte und das Gefühl für das, was richtig ist und was nicht, verloren habe. Menschen die eine Depression haben oder schon mal hatten können vielleicht nachvollziehen, wenn ich sage, dass ich mich gefühlt habe, als wäre ich nur noch durch das Leben geeiert, gefangen zwischen zwei Bahnen, abseits vom Weg und wenn ich versucht habe nach vorne zu blicken, habe ich nichts mehr gesehen.

Das ich so krank wurde, wusste ich damals alles nicht und konnte ich meiner großen Liebe daher auch nicht sagen. Was bei ihm ankam ist leider nur die bittere Auswirkung davon: Ich konnte keine Zeit mehr mit ihm verbringen, habe ihn immer versteckt, weil ich dachte, wir fliegen auf, war eifersüchtig, konnte ihm nichts mehr geben und habe viele Dinge getan, die eine liebevolle Freundin einfach nicht tun würde und die ich auch zuvor nie getan habe. Ich habe mich komplett von mir selbst entfremdet, war ständig krank, habe immer nur gejammert und nichts mehr alleine auf die Reihe bekommen. Und das schlimme ist ich hatte absolut keine Fähigkeit zur Selbstreflexion und keine Fähigkeit zu erkennen, was ich anrichte.

Jedenfalls hat sich das ganze ein Jahr gezogen und während des Jahres, hat er immer auf mich gewartet, doch nach ca. einem halben Jahr setzten wohl auch bei ihm die Depressionen ein und er distanzierte sich von mir, wurde auch ziemlich grob und abweisend (verständlich!). Ich habe das alles zwar gemerkt, konnte in meinem eigenen Leid jedoch nicht wahrnehmen, was die Ursache ist und habe alles nur als Kränkung aufgefasst und noch mehr empfunden, dass ich es nicht wert bin, geliebt zu werden. Nie konnten wir offen über unsere Gefühle miteinander sprechen.

Im Sommer ist er wegen einem Studienortwechsel in eine andere Stadt gezogen und ich habe vier Wochen im Ausland verbracht, wo ich zum ersten Mal aufgewacht bin, mich endlich jemand objektiven anvertrauen konnte und einen freien Kopf bekommen habe. Es wurde mir bewusst, dass ich nicht verantwortlich für meinen Ex-Freund bin und kein so schlimmer Mensch bin, nur weil ich mich in einen anderen Mann verliebt habe.

Als ich zurück kam nahm ich wieder Kontakt mit dem Mann, den ich liebe, auf. Jedoch war alles zu spät und kaputt. Er hatte nur noch böse und kalte Worte für mich übrig. Erklärte mir, ich wäre der egoistischste Mensch der Welt und er möchte nichts als das Trauma mit mir verarbeiten, ich wär die Enttäuschung seines Lebens und hätte seine Gutmütigkeit und Anhänglichkeit gnadenlos ausgenutzt etc. und hat mir jeglichen Kontaktversuch verboten.
Ich verstand die Welt nicht mehr – ich war in meinem Leben nie so verletzend und wollte nie so sein und als alle Bettel- und Kampfversuche und alle „ich wollte das nie“ nichts brachten und ich am Ende war, ging ich schließlich zu einem Therapeuten, der schnell feststellte, dass ich eine starke Depression habe und hatte, die mich handlungsunfähig gemacht hat. Seitdem tue ich alles aber auch wirklich alles, was in meiner Macht steht, um aus dem Loch wieder rauszukommen. Ich mache eine Therapie, werde in zwei Tagen begleitend mit Antidepressiva anfangen, werde wenn es nötig ist auch in eine psychosomatische Klinik gehen und lese ganz viele Ratgeber wie man alles in den Griff bekommen kann. Ich tue wirklich alles, alles was in meiner Macht steht damit so etwas nie mehr wieder passieren muss.

Doch was nützt mir das alles? Ich habe den Mann, den ich liebe unendlich verletzt und es zerbricht mir das Herz. Ich weiß, dass ich ihm, nach allem, was er für mich getan hat, einfach nur Glück wünschen kann und es respektieren sollte, dass er nicht möchte, dass ich ihm nochmal schreibe, mich nochmal bei ihm melde. Aber es zerreisst mir das Herz. Ich würde ihm so gern sagen, dass ich endlich die Ursache für das ganze Leid gefunden habe – die Depression. Und dass ich dagegen kämpfe mit allen Mitteln. Ich wollte nichts anderes, als ihn glücklich zu machen, nichts anderes als mit ihm zusammen sein, ich war so stolz auf ihm und habe ihm das Gegenteil gezeigt. Ich komme mir vor, als hätte ich ihm zwei Jahre seines Lebens geraubt. Hinzu kommt, dass ich seine erste große Liebe, seine erste Freundin war und er jetzt wahrscheinlich ewig daran zu knabbern hat. Das macht mich total fertig. Gleichzeitig vermisse ich ihn unendlich.

Meint ihr ich kann ihm in ein paar Wochen doch nochmal schreiben, was Sache ist, so dass es ihm wenigstens hilft, alles zu verstehen, und er es vielleicht auch verarbeiten kann (er ist leider der Typ Mensch, der einfach alles verdrängt) oder gibt es keine andere Möglichkeit, als den Scherbenhaufen so lassen wie er ist, und den armen in Ruhe lassen?

Ich weiß, es klingt so als wär ich ein schlimmer Mensch, einen andren so lange hinzuhalten. Dass das nichts mit Liebe zu tun hat. Und das hat es auch nicht. Ich fühle mich unwahrscheinlich schlecht deswegen. Ich wusste es einfach nicht besser. Ich habe noch nie eine Trennung durchgemacht, bevor ich ihn kennen gelernt habe und ich wollte einfach alles nur gut machen und nicht so kalt sein, dass ich einfach meinen Ex-Freund im Regen stehen lasse und was daraus geworden ist, ist einfach schrecklich.

Vielen Dank, für die Zeit, die ihr euch nehmt.

Liebe Grüße
glückspilz

11.01.2015 23:50 • #1


G
Nein, ich empfinde dich nicht als schlechten Menschen, ich empfinde dich als jemanden, der sehr sehr traurig ist.

Kein Wunder, auch du hast Zeit deines Lebens verloren, weil du krank geworden bist, ohne es zu wissen was mit dir passiert.

Ich möchte dir raten, konzentrier dich jetzt erst nur auf dich. Auf deine Gesundung, auf deine Aufarbeitung, auf deine Stärke. Eine Depression bekommt man nicht mal so eben weg, sondern man braucht seine Zeit um wieder gesund zu werden. Du brauchst jetzt alle Stärke für dich.

Wenn du in ein paar Monaten stärker bist, dann kannst du gern (mit Therapeut?) überlegen was du machen kannst bzgl. deines Ex-Freundes. Wo du dann gefühlsmässig stehst, ob du dir selbst mittlerweile verzeihen konntest usw.

Es ist ganz ganz wichtig das du jetzt gut für dich sorgst!

12.01.2015 12:49 • #2




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