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Das alte Paar auf der Parkbank - Hand in Hand 2

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Hallo nochmal liebes Forum,

da ich mich selbst schützen und mich nicht mehr in diesem Forum anmelden möchte, hier noch einmal ein paar Antworten auf eure Anmerkungen im o.g. Thread.

Ja, das Forum hat mir damals und lange Zeit psychisch sehr zugesetzt. Dennoch habe ich mich der Diskussion hier immer wieder gestellt, um mit mir selbst und meiner Geschichte ins Reine zu kommen. Natürlich habe ich mir aufgrund der Affäre und auch wegen meines Rückgangs in die Ehe die schlimmsten Vorwürfe gemacht. In diesem Forum wurden sie dann quasi stellvertretend ausformuliert und damit die Wunden immer wieder aufgerissen. Heute kann ich sagen ist das meiste gut verheilt. Ich war damals während der Affärenzeit ein anderer Mensch.

Ich war zutiefst verwundet und depressiv und habe versucht, irgendwie zu heilen. Der AM war da das besagte Trostpflaster. Nicht mehr und nicht weniger. Er tat mir gut, als nichts anderes mehr zu mir durchdringen konnte. Dass seine Absichten natürlich nicht gerade die besten waren, wollte und konnte ich viel zu lange nicht sehen. Dennoch mache ich ihm und auch mir selbst keinen Vorwurf mehr. Auch der AM hatte eine schwierige Zeit damals und aufgrund seiner Herkunft auch ein bestimmtes Frauenbild, dass mir aber leider gar nicht gerecht wurde. Aber ich will das alles jetzt nicht nochmal durchkauen. Es war einfach ein blöder Zufall, dass genau wir damals aufeinander trafen und ich glaube nicht, dass das was dann passierte, so hätte ablaufen können, wäre nur einer von uns etwas stabiler gewesen.

Zu meinem Mann kann ich sagen, ja ich habe ihn die ganze Zeit über geliebt. Auch und sogar während der Affäre. Nur konnte ich diese Liebe damals nicht spüren und wusste auch eigentlich gar nicht so richtig, was Liebe überhaupt ist. Wie so viele Menschen -auch hier in diesem Forum- hatte ich ein falsches, disneyfiziertes Bild von Liebe. Ich wollte in der Beziehung stets die Prinzessin sein, die von ihrem natürlich gut aussehenden Prinzen auf einen Sockel gestellt und angehimmelt wird. Von Beziehung auf Augenhöhe wollte ich nichts wissen und so nagte der Alltag natürlich erheblich an mir und an meinem Wohlbefinden in der Ehe.

Hinzu kamen dann noch schwere Schicksalsschläge, das Zerwürfnis mit meiner Familie z.B., die meinen Mann leider von Anfang an abgelehnt hatten und die Geburt unseres Sohnes mit Handycap, was uns alle sehr belastete. Nicht nur die OPs waren eine Herausforderung, sondern auch die Sorge, dass er wohl niemals ein normales Leben leben wird. Einiges davon hat sich heute auflösen können. Unser Sohn steht Gott sei Dank auf eigenen Füßen und lebt sein Leben. Tatsächlich wird er nie ein ganz normales Leben leben können, aber sein Leben ist für ihn gut so, wie es ist und so ist es das endlich auch für mich.

Meine Familiengeschichte habe ich in mehreren Therapien aufgearbeitet und habe mich von den Menschen aus meiner Familie, die noch leben und die mir nicht gut tun, gelöst. Das alles war mühsame Arbeit, die ich damals nicht mal ansatzweise angefangen hatte. Wie einfach schien es da, den ganzen Mist wenigstens vorübergehend einfach zu weg zu schieben und sich der Affäre hinzugeben? Als die dann endete, fiel mir das ganze aber wieder vor die Füße. Noch dazu eben die Schuld und natürlich das Wissen, dass ich meinen Mann zutiefst und nachhaltig verletzt habe.

Dass er mich wieder aufnahm und mich einfach weiter liebte, so wie ich war, das ist wohl das größte Geschenk, das mir jemals ein Mensch gemacht hat. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis ich dieses Geschenk wertschätzen und annehmen konnte.

Ja, es stimmt, ich bin jetzt knapp über 60. Mein Mann ist aber um einiges älter und nun in seinen 70ern. Zudem ist er leider ernsthaft erkrankt. Wir leben inzwischen sehr zurück gezogen und auch deshalb fühle ich mich wohl älter, als ich tatsächlich bin. Trotzdem bin ich zufrieden und manchmal sogar richtig glücklich. Ich denke, das Leben als solches ist eine einzige Schule mit teilweise recht schwierigen Lernaufgaben. Und anders als in der Schule kann man durch Prüfungen, die das Leben einem stellt, nicht durchfallen. Man bekommt sie einfach immer wieder aufs Butterbrot geschmiert, so lange bis man die teilweise recht bitteren Erkenntnisse endlich schluckt. Erst dann nämlich, können sie ihre heilsame Wirkung entfalten.

Nun, mein Mann und ich mussten viele bittere Pillen schlucken. Ohne unsere Liebe zueinander und zu unseren Kindern hätten wir das wohl nicht geschafft. Die schwierigste Aufgabe steht uns aber noch bevor, nämlich das Loslassen. Bei unseren Kindern fiel uns das schon schwer, besonders bei unserem Sohn, der nun in einer betreuten WG lebt. Ich hätte nie gedacht, dass er dort zurecht kommt, seiner Arbeit nachgeht und für sich selbst sorgen kann. Dass er das mit soviel Leichtigkeit und Freude meistert, macht uns stolz und glücklich.

Jetzt haben wir noch ein paar gemeinsame Jahre vor uns, die wir genießen wollen. Zu zweit und gemeinsam! Wann wir einander loslassen müssen, wissen wir nicht. Aber auch das werden wir schaffen - im Wissen, dass wir auch über den Tod hinaus verbunden bleiben werden. Nicht nur in den Genen unserer Kinder sondern auch in unserer Liebe zueinander.

Ich weiß, das hört sich für die meisten hier viel zu pathetisch an. Aber genau so fühle ich jetzt und darüber bin ich sehr froh und dankbar. Jetzt will ich hier aber nun Schluss machen.

Ich wünsche Euch allen eine gesegnete Weihnachtszeit und alles Liebe für Euer weiteres Leben. Habt Vertrauen in dieses Leben, egal, wie schlecht es euch gerade gehen mag. Es geht irgendwie immer weiter und die Wut und der Hass sowie alle Zweifel und Selbstvorwürfe sind vergänglich. Was übrig bleibt ist dann die Liebe! Die bleibt egal, was kommt!

Shedia

Vor 10 Minuten • x 1 #1


Löwenzeh
Ich wünsche euch und vor allem dir alles Gute.
Danke für deinen ehrlichen Bericht, das finde ich sehr wertvoll.

Gerade eben • #2