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Das Strohfeuer

S
Ich sitze hier und schaue auf das kleine Häufchen Asche, welches vom Strohfeuer dieses Sommers übriggeblieben ist.
Der Wind der Zeit zieht vorüber und nimmt die Asche mit auf seine Reise.
Mit jedem Windhauch wird das Aschehäufchen etwas kleiner, verstreuter.
Es verteilt sich und legt sich über die Gegenwart, nur ein bisschen, mal hier mal da. Ein wenig davon trägt der Wind auch in die Zukunft, ganz unbemerkt.
Irgendwann, wenn unser Aschehäufchen schon lange nicht mehr existiert, werde ich in einer kleinen Ecke des Hauses wieder ein Aschepartikel finden und werde mich an das Strohfeuer erinnern, welches wir entfacht haben.

Ich habe heute den Versuch aufgegeben, das Strohfeuer erneut zu entfachen und das Aschehäufchen zusammen zu halten. Ich lasse den Wind, es hinfort tragen und versuche nicht mehr vergebens, die leise davon sehenden Teilchen einzufangen.

Viel zu lange habe ich versucht das Strohfeuer wieder zum lodern zu bringen.
Habe, die Funken die ich in mir trage hinein gegeben und manches Mal gedacht, ein kleines Glühen wahr zunehmen.
Doch musste ich immer wieder feststellen, dass dieses Glühen nur meine Erinnerung daran war, als ich/wir vor diesem Strohfeuer saßen und uns an dessen Wärme und Farbenspiel erfreut waren.

Wir saßen da und blickten auf dieses Feuer und wussten selbst nicht recht, wie wir es so schnell ohne große Mühe - fast wie von Zauberhand - entfacht haben.
Wir waren verblüfft, wie schnell sich alles entzündet hatte und wie rasant sich das Feuer ausbreitete. Wir fütterten es, mit allem was wir zugeben hätten, warfen alles hinein, was wir fassen konnten.
Es sollte nie mehr erlischen, dieses Strohfeuer, welches unser beider Leben so sehr erhellte, selbst die dunkelsten Nächte zum Leuchten brachte und dessen Wärme wir bei uns trugen.
Nein, es sollte brennen, lichterloh. Es sollte wachsen, sich ausbreiten.
Doch irgendwann kam der Tag, an dem du unseren Strohfeuer keine Nahrung mehr geben konntest.
Das machte nichts - ich dachte, wenn ich es dafür nur noch mehr füttern würde, würde es schon weiter brennen. Also schürte ich das Feuer weiter, ich warf alles hinein, was ich zu geben hatte. Ich verbrannte mich, es tat weh aber das war OK. Das hat Feuer ja so an sich.
Dann zogen plötzlich diese Wolken auf, du hast sie aus einer längst vergangenen Zeit mit zu mir gebracht. Sie türmen sich immer weiter auf, wurden größer und bedrohlicher. Ich hatte Angst um unser Strohfeuer, und setze den Wolken Sonne entgegen und tatsächlich zogen diese Wolken davon und die Sonne erhellte den Himmel erneut unter dem, immer noch unser Strohfeuer brannte.
Aber ich musste erkennen, dass es nicht mehr so loderte, wie zu vor. Ich sah, dass es kämpfte und nicht mehr viel da war, von dem er zehren konnte.
Es wurde immer kleiner, schwächer und ich wusste nicht, was ich noch geben könnte, ich hatte bereits alles hinein geschmissen.
Es gab nur noch eine Sache, mit der ich das Feuer am Leben halten konnte - Mich selbst. Das Feuer verschlang mich mit Haut und Haar.
Plötzlich zogen wieder diese alt bekannten Wolken auf. Noch viel größer und bedrohlicher, als zuvor. Innerhalb von Sekunden entwickelte sich ein Gewitter und der Regen prasselte auf unser Feuer nieder.
Während du den Regen nieder prasseln ließt versuchte ich hektisch Unser Feuer zu schützen doch es war sinnlos.
Das Feuer war erloschen.
Ich saß da, noch lange nachdem sich das Gewitter verzogen hatte und schaute auf das, was es übrig gelassen hatte.
Dieses Aschehäufchen, durchtränkt von Regen.
Ich versuchte es erneut zu entfachen, überlegte, was ich noch nicht hineingegeben habe.
Bis ich heute erneut vor die Reste unseres Feuers trat und erkannte, dass ich alles was ich hatte hineingeben habe und jeglicher Versuch es wieder zu entfachen, vergebens ist, da meine Funken nicht ausreichen, ohne den Sauerstoff, den du unserem Feuer entzogen hast.
So lasse ich den Wind der Zeit dieses Aschehäufchen mit sich nehmen und sehe es, als das was es war. Ein Strohfeuer - kurz, intensiv, schön anzusehen und ebenso schnell erloschen, wie entfacht.
Und ich blicke in die Zukunft, mit den Narben, die dieses Feuer hinterlassen hat und weiß, dass irgendwann, irgendwo wieder ein Feuer entfachen wird.
Es wird mich an unser Feuer erinnern und daran, dass ich kein Strohfeuer möchte, sondern einen Flächenbrannt, der sich, ohne dass ich ihn schüren und am Leben halten muss ausbreitet und unser Feuerchen in den Schatten stellt.

In meiner Erinnerung, wird unser Strohfeuer immer brennen. Ich nehme es mit auf meine Reise und weiß, dass auch in dir, ein kleiner Funke weiter glühen wird.
Vielleicht erhellt er dir, den ein oder anderen Tag.

Dein Mäusel

16.10.2015 14:58 • x 9 #1


S
Es freut mich, dass mein Text den Ein oder Anderen berührt hat.
Ich glaube es ist wichtig zu erkennen, wann der Punkt gekommen ist, aufzugeben.

Strohfeuer aka Sinn-los

29.10.2015 03:45 • #2




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