Die Bindungsangst

U
Hallo!
In diesen Tagen reden die Leute viel von Bindungsangst!

Was ist das überhaupt?

Ich schreibe hier mal meine Meinung:

Ein Bindungsängstlicher ist eigentlich nicht wirklich frei für eine neue Beziehung. Das liegt daran, dass dieser Mensch in seiner Vergangenheit von einem anderen Menschen tief verletzt wurde. So tief, dass er unterbewusst (oder auch bewusst) beschlossen hat, nie wieder jemanden so nah an sich ran zu lassen. Das ist ein Mechanismus, der sich auch nicht einfach ändern lässt. Dafür gibt es viele Gründe. Es kann sein, dass dieser Mensch den anderen Menschen immer noch liebt und die Trennung nie verkraftet hat. Andererseits suchen wir aber trotzdem nach Nähe und nehmen dann oft auch das, was am einfachsten/bequemsten ist. Heißt, wenn da jemand ist, von dem ich merke, dass er mich liebt und Gefühle hat, kann ein solcher Bindungsängstlicher diese Gefühle nutzen um sich seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ohne Angst zu haben verletzt zu werden. Denn verliebt ist er ja nicht, er ist mit dem Menschen zusammen, wenn es ihm passt, und wenn es für ihn gut ist, tritt er wieder den Rückzug an. So hat der Bindungsängstliche gleichzeitig Nähe und die Gewissheit nicht verletzt zu werden.
Oft ist es genau das was ich hier in diesem Forum lese, denn die gleiche Botschaft kommt in vielen Posts zum Ausdruck: Wie kann ich wieder jemals lieben ohne verletzt zu werden.
Und ich glaube, genau dieses Verlangen führt am Ende dazu, dass Bindungsangst entsteht. Dieses Wort Bindungsangst ist eigentlich auch falsch gewählt, denn es beschreibt ja lediglich den Wunschzustand, glücklich zu sein ohne dass die Möglichkeit einer Verletzung besteht. Sie ist ein Produkt dieser Angst und gleichzeitig auch die ersehnte Notlösung, weil es andersrum keine Gewissheit gibt nicht mehr verletzt zu werden. Eine feste Partnerschaft birgt nun mal immer das Risiko verletzt zu werden, FALLS bei beiden Partner die Gefühle gleichermaßen stark sind.
Die On/Off-Beziehung drückt gewissermaßen den gelebten Wunsch aus geliebt zu werden ohne verletzt zu werden.

26.11.2015 13:16 • #1


B
Hallo USTD,

ich stimme dir in vielem zu...
Doch sollte man vielleicht eine Bindungsangst die durch eine vorige Beziehung verursacht wurde (und einen Menschen manchmal dazu bringt, die Beziehungsform, die Du beschreibst zu führen) und einer tiefgreifenden Bindungsstörung, die schon am Beginn des Lebens ensteht, unterschieden. Viele Zwischentöne mitgedacht....

Ich selbst habe eine Bindungsstörung und die hat nichts mit meinen Beziehungserfahrungen zu tun und auch nur bedingt mit der Angst, wieder verletzt zu werden.

Zitat:
Das liegt daran, dass dieser Mensch in seiner Vergangenheit von einem anderen Menschen tief verletzt wurde. So tief, dass er unterbewusst (oder auch bewusst) beschlossen hat, nie wieder jemanden so nah an sich ran zu lassen.


Manche Menschen wurden nicht einfach nur tief verletzt, sondern haben so etwas wie eine Bindung nie erfahren. Und natürlich kann man sagen, dass es auch eine tiefe Verletzung bedeutet, nie eine Bindung erlebt zu haben.
Es gibt jedoch Menschen, die bedingt durch ihre Geschichte gar nicht oder kaum Bindugen herstellen können. Wer mit so einem Menschen zu tun hatte, glaubt manchmal, dem Partner nur die Angst verletzt/verlassen zu werden nehmen zu müssen doch auch eine beziehungslosigkeit kann genau so tief verankert sein wie eine gesunde beziehungsfähigkeit.
Es ist in solchen Fällen nicht unbedingt eine Angst, die überwunden werden muss, sondern Beziehung, Bezogenheit, die erst erlernt werden muss bzw. kann.
Und das wohl auch nur bis zu einem gewissen Grad denn manchmal ist das Bedürfnis nach einer engen Bindung garnicht vorhanden.

26.11.2015 14:02 • #2