Lieber M.,
noch vor einem halben Jahr hätte ich dir gesagt wie es mir geht. Hätte dir gesagt was ich fühle und wie sehr ich mir eine zweite Chance wünsche, wenn du nur den Hauch einer Hoffnung gesehen hättest. Aber ich habe mich mittlerweile besser im Griff. Habe gelernt, dir keine Andeutungen oder positiven Geständnisse zu machen oder gar Fehler offen vor dir einzugestehen. Es bringt ja nichts, außer dass du mich wieder niedermachst. Ich versuche alles hinzunehmen. Deine Ausreden, deine Lügen, den Scheidungskrieg.
Und dennoch hinkt mein Herz meinem Verstand hinterher. Oder ist es doch nur ein Hormontief? Mal wieder? Ich bin dabei die immer wiederkehrenden Wellen der Traurigkeit und des Vermissens zu akzeptieren. Und während ich mit meinen Erinnerungen an uns allein bin, bist du bei deiner Neuen. Je länger ihr zusammen seid, desto vertrauter werdet ihr. Desto mehr verschwinden die Erinnerungen an unsere Zeit. In deiner Welt. Es ist nun genau zwei Jahre her, das Ende. Ein weiteres Jahr gebe ich mir noch. Dann hört es endlich auf. Spätestens dann sehe ich wofür all der Schmerz und all die Erkenntnis gut war. Ob ich wirklich nochmal glücklich werde in Liebesdingen? Ich weiß es nicht. Finde ich nochmal einen Mann und eine Beziehung, die mich so erfüllen, dass ich sagen kann Gott sei Dank ist alles so gekommen, ich danke dir dafür? Ich hoffe es. Und dennoch schwindet die Hoffnung.
Stattdessen glüht stetig dieser Funken weiter, der darauf wartet, dass du dich besinnst und siehst, wie sehr du dich verrannt hast. Dir Hilfe holst und dir ein glückliches Leben mit mir genauso sehr wünschst wie ich. Dass deine Liebe nur verschüttet war und dass sie nun wieder aufgebrochen ist. Mehr denn je. Du hast plötzlich Wertschätzung und Respekt für mich und für uns und unsere Kinder. Wir haben diese Zeit gebraucht um uns zu finden. Du hast die Zeit gebraucht um auf die gleiche geistige Erkenntnis zu kommen, die mich schon früher ereilt hat. Und dieses Mal haben wir uns für immer wieder vereint. In meinen Träumen suche ich nach Hinweisen. Im wachen Leben suche ich nach Hinweisen, dass irgendwann alles einfach wieder gut wird...mit uns.
Warum kann ich dich verdammt nochmal nicht einfach loslassen? Du hast es nicht verdient, dass irgendetwas in mir so an dir hängt. Du warst nicht perfekt. Bei weitem nicht. Aber warum kann ich diesen tollen Mann, der du einmal warst, nicht vergessen? Warum quälen mich unsere Erinnerungen so während du keinen Gedanken mehr an mich verschwendest? Während du glücklich bist mit deiner perfekten neuen Freundin, kämpfe ich allein mit dem Ende. Und statt dass du dich deines Glückes besinnst - du hast nun alles was du wolltest - dein altes Leben, eine neue und bessere Frau und ab und zu deine Kinder - willst du noch mehr. Du willst mir nichts lassen und machst mich für alles verantwortlich. Auch jetzt bin ich noch immer dein Mülleimer für deine Probleme, Du kümmerst dich um alle, nur mich hasst du. Ich bin der einzige Mensch auf Erden, dem du nichts außer Hass und Gleichgültigkeit entgegenbringst. Nur dafür, dass ich bin wer und wie ich bin. Das tut mir weh. Du wolltest nichts gutes in mir sehen. Du hast immer die Wahl gehabt.
Ich wünschte dennoch, ich könnte mit dem Wissen von heute die Zeit zurückdrehen und vieles anders machen.
Ich muss mir eingestehen, dass ein Teil von mir dich liebt und dich will und dich vermisst. Und es tut mir weh, dass du nun mit ihr dein neues glückliches Leben führst. Es tut weh, dass ich nicht mehr Teil deines Lebens bin und dass ich dir nicht fehle. Du fehlst mir als mein Vertrauenspartner. Mit dir habe ich über alles gesprochen. Du warst meine Basis. Wenn auch eine schlechte. Du hast mein Vertrauen missbraucht und alles gegen mich verwendet, sobald es Streit gab.
Es reicht eine Wetterlage, ein Geruch, ein Augenblick, ein Stichwort... Und die schmerzlichen Erinnerungen an unsere Anfangszeit, die so aufregend uns einzigartig war, sind da. Als du noch ein toller Mann warst. Mein Traummann. Bis dich/uns die Probleme auffraßen und du zu dem wurdest, den ich verachte. Und ich war ohne es zu wissen Schuld daran. Weil mir nicht klar war, was da vorging. Weil mir nicht klar war, wie gefangen du in deinen Kindheitserfahrungen bist...Weil ich selbst unreif war.
Erst wenn meine ganze Ambivalenz endet, bin ich frei von dir. Bis dahin wollte ich dir eigentlich einfach nur sagen: du fehlst mir. Du warst etwas ganz besonderes für mich. Ich wäre es gerne immer für dich gewesen.
20.12.2015 18:11 •
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