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Ehekrise - wegwerfen statt lösen

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Hallo liebe Antwortsuchende und Unterstützer,
ich brauche ein offenes Ohr und deswege schreibe ich euch hier. Meine Beziehung ist im 4. Jahr und steht jetzt vor dem Aus. Nein besser: IST AUSsichtslos und beendet. Wir leben zusammen in einem eigenen Haus. Meine Kinder aus 1. Ehe leben seit einigen Jahren ihr eigenes Leben und haben nicht mit im Haushalt gelebt.
Vor ca. einem Jahr fing es immer mal wieder an zu kriseln und wir haben viele Gespräche geführt. Diese Gespräche waren für mich immer mit dem Fokus darauf, eine Lösung zu finden. Eine Lösung, um nicht tiefer in eine Krise mit Missverständnissen und Verletzungen zu rutschen. Zeitgleich haben sich in mir allerdings immer mehr Gefühle der Aussichtslosigkeit und Traurigkeit breit gemacht. Mir war nicht bewusst, dass ich teilweise fast schon Selbstgespräche geführt habe und mein Partner zwar anwesend war, aber irgendwie teilnahmslos. Er sagte immer wieder, dass ihm zu Lösungen nichts einfällt, sein Kopf leer ist. Er nicht wisse, was er sagen soll, außer, dass er mich liebt. Wir haben auch miteinander erlebt, dass wir Schicksalschläge, wie den Tod meines Vaters und die damit verbundene Unterbringung meiner Mutter in einer Senioreneinrichtung, die schwere Behinderung eines meiner Kinder und den Verkauf meines Elternhauses gemeinsam tragen können. Ich habe dadurch immer Kraft an seiner Seite gefunden und mich gut unterstützt gefühlt. Soweit das Drumherum. Doch zwischen uns fing es parallel immer mehr an zu kriseln, wenn wir uns auf uns konzentriert haben, bzw. wohl eher ich mich auf uns konzentriert habe. Ich hatte immer mehr das Gefühl von Einsamkeit. Habe davon gesprochen, dass ich mich wie eine Blume fühle, die kein Wasser bekommt. Manchmal lieber mit seinem Auto oder dem Fernseher tauschen würde, denn da fließt seine ganze Aufmerksamkeit hin. Seine Reaktion: seufzen. Seine Antwort: das tut mir leid. Sein Handeln: aufs Sofa legen.
Da ich in meinen 54 Jahren viel erlebt und gelernt habe, immer wieder aufgestanden bin und gekämpft habe, war es für mich normal auch an dieser Stelle offen zu sagen, dass ich eine Krise in der Partnerschaft als Chance sehe, miteinander zu wachsen und sich miteinander zu entwickeln. Dazu gehört für mich, das eigene Handeln und die eigenen Gefühle zu hinterfragen und sich bewusst mit der Gestaltung einer Partnerschaft und gemeinsamen Träumen und Zielen auseinanderzusetzen.
Als ich dann konkret und direkt ausgesprochen habe, dass ich uns in einer schon ziemlich heftigen Krise sehe, bekam ich Bestätigung. Soweit schonmal nicht nur meine subjektive Einschätzung. Doch als ich dann gesagt habe, dass wir hingucken sollten, damit wir uns aus der Krise befreien können, Lösungsansätze finden sollten, habe ich auch gefragt: Siehst du das auch so? Die Antwort war: ja. PAUSE. SCHWEIGEN. Dann kam die Reaktion: ich WILL da nicht hingucken! Ich: warum willst du das nicht? Die Antwort hat mich geschockt und ich habe mich immer noch nicht davon erholt: DAS IST MIR ZU UNBEQUEM!
Bähm. Ich hatte innerlich das Gefühl, ich erstarre und falle ins Bodenlose. Er sagte, dass er immer noch tiefe Liebe empfinde, doch die Bereitschaft unsere Verbindung aufzulösen größer sei, als die Bereitschaft an unserer Beziehung zu arbeiten. Er lieber in seiner kleinen Welt mit Job von 8-17 Uhr, bisschen Haushalt und dann nur noch Sofa und TV weiterleben will. Alles andere fühle sich falsch an.
Schei. e, ich habe die ganze Zeit drumherum geschrieben von Partnerschaft und Beziehung. Und warum? Weil ich mich zutiefst vor mir selbst schäme, dass ich den Mann sogar geheiratet habe. Ich war mir so sicher, angekommen zu sein, die rosarote Brille dank meiner Lebenserfahrung schon nach relativ kurzer Zeit in bewusstes Wahrnehmen und Bereitschaft sich Einzulassen, abgenommen habe. Ich habe so vieles erlebt und überlebt, dass ich mir sicher bin, es gibt nichts, was sich nicht lösen lässt.
Die aktuelle Trennung ist für mich keine Lösung, sondern ein Weglaufen und Wegsehen. Ich fühle mich ausgenutzt und benutzt. Und ja, ich weiß, ich habe die Entscheidung getroffen mit diesem Mann mein Leben verbringen zu wollen. Es war ja für ihn auch so. Ich komme nur mit der Situation nicht klar, dass er sagt, er will sich nicht mit sich selbst beschäftigen, weil er extreme Angst davor hat und gleichzeitig bereit ist, unsere Ehe dafür aufs Spiel zu setzen. Was ja letztendlich auch geschehen ist.
Mir ist klar, dass ich die Phasen der Trennung durchleben muss und auch das überstehe. Diese Ehe keine Zukunft hat, auch wenn ich Lösungen sehe. Irgendwo da draußen DER Mensch ist, wo Herz, Kopf und Bauch zusammen passen. Der Weg dafür frei sein muss und ich NICHT zurück WILL. Schmerzhaft ist es trotzdem und ich bin dankbar, dass ich mir das hier mal von der Seele schreiben konnte.

22.07.2019 11:36 • #1


Käsestulle
Hi Sabine,

das klingt doch alles schon gut reflektiert. Hör damit nicht auf. Wachsen kann man nicht nur in einer Beziehung, sondern auch allein. Konzentriere dich auf dich und wer weiß, vielleicht klickt es ja nochmal bei Mr. Gemütlich.
Wenn einer weglaufen will, dann hilft hinterherlaufen nichts. Man kann nicht für Zwei an einer Beziehung arbeiten. Der Ball liegt in seinem Feld.

22.07.2019 11:44 • x 1 #2