Entfremdung in der Beziehung - Rückzug eines Vaters

Evelyn, wie geht es dir inzwischen?

Ich lese es genau wie KGR, die Beziehung war von Anfang an nicht gut. Du hast westlich mehr investiert als er, und je mehr er sich zurückzog und sein eigenes Leben in den Focus stellte, umso stärker hast du um die Beziehung gekämpft. Da entwickelt sich eine sehr ungesunde Dynamik, das kenne ich aus eigenem Erleben.

Hallo...mir geht es nach wie vor sehr schlecht und ich habe mich um psychotherapeutische Hilfe bemüht. Ich schlafe sehr schlecht, träume ständig von ihm, meine Gedanken kreisen und der Schmerz in mir lähmt mich. ich weiß, dass da wahnsinnig viel schief gelaufen ist aber ich hätte so gern die Chance, in ein paar Monaten mit ihm wieder neu anzufangen und vieles besser zu machen....Ich lass ihn jetzt ganz in Ruhe und versuche, mich selbst zu ordnen...vielleicht tut sich ja nochmal was

Ich will dir das garnicht wünschen, dass sich mit diesem Mann nochmal was tut.

Ich wünsche dir stattdessen eine gute Therapie, in der du deinen eigenen Wert erkennst und die dich stärkt. Er hat dich nicht gestärkt, sondern geschwächt. Du suchst die Schuld bei dir, was nicht angezeigt ist. Ein engagierter Vater muß nicht ins Boot geholt werden, der sorgt selbst dafür. Und ein liebender Mann setzt mit Sicherheit andere Prioritäten als dieser!

Vielleicht kannst du bald die Chance erkennen, dein Leben schön zu gestalten und einen Partner zu finden, der deine empathische Art zu schätzen weiß, statt dich so auszunutzen.

Zitat von Evelyn82:

ich hätte so gern die Chance, in ein paar Monaten mit ihm wieder neu anzufangen und vieles besser zu machen

Würdest du dadurch das Drama nicht nur noch weiter verlängern?

Ja, das ist halt die Frage. Ich habe immernoch das Gefühl, dass ich ihm genauso unrecht getan habe. Dass ich ihn durch mein Dichtmachen, mein Überkompensieren in der Beziehung zu unserem Sohn, durch mein passiv-aggressives Liebe und Aufmerksamkeit entziehen, durch das ihm- das-Gefühl-geben mit dem Kind alles falsch zu machen, ihn auch so verletzt habe, dass er deswegen ausgebrochen ist und seine Gefühle kaputt gegangen sind. Ich hätte so gerne die Chance, wenigstens zu versuchen, ein echtes Miteinander wieder aufzubauen. Wenn sich dann herausstellt, dass das von seiner Seite jetzt nur leere Rechtfertigungen waren und er tatsächlich gar nicht in der Lage ist, Verantwortung und Verbindlichkeiten zu übernehmen, dann ist es so. Aber ich habe auch das Gefühl, ihn verkannt zu haben. Und das macht mich so fertig....dieses nicht sicher sein, dass wir es nicht geschafft hätten, wenn ich in den letzten 2 Jahren auch auf ihn zugegangen wäre....

Zitat von KGR:

ich hätte so gern die Chance, in ein paar Monaten mit ihm wieder neu anzufangen und vieles besser zu machen

das klingt so, als würdest du die verantwortung nur bei dir sehen! für eine gelingende beziehung sind aber beide partner verantwortlich! also, sieh zu, dass du erst mal auf die beine kommst, dein wohlbefinden in den mittelpunkt stellst und dann erst deine beziehung anschaust

Es ist seine Eigenverantwortung wie er sich als Vater und Partner verhält. Wenn nur du die Familie zusammenhält entsteht eine ganz ungesunde Schieflage... Ich wünsche dir viel Kraft, ihn so zu sehen wie er wirklich ist und dich zu fragen, was du dir wünscht und brauchst damit es dir gut geht. Mir kommt das bekannt vor, diese Situation mit den Eltern und nicht zur Verfügung stehen, da hab ich gegen Windmühlen gekämpft. Er müsste sich seinen Themen stellen wenn er erwachsen werden will...

Was für ein Abend....ich hatte gestern eine Freundin zu Besuch, die ihn schon länger kennt und auch noch die letzten 2 Jahre seiner vorhergehenden Beziehung. Das wiederum war mir noch gar nicht so bewusst. Sie ist vorbeigekommen, weil sie für mich da sein wollte und mal hören wollte, was hier vorgefallen ist (Ex hat wie gesagt mit so gut wie keinem Menschen in den letzten Jahren kommuniziert, was in ihm vorgeht und was hier läuft). Und sie war absolut erschrocken und hat mir erzählt, dass sich ganz viel, was hier abgelaufen ist, analog schon in seiner vorhergehenden Beziehung so ereignet hat. Das war zwar in großen Teilen eine Fernbeziehung, aber in den Zeiten, in denen seine Exex doch zuhause bei ihm war, muss es sich exakt genauso abgespielt haben. Er immer distanzierter und desinteressierter, Hobbys, Freunde, sie auf Abstand gehalten und das letzte 1/2-1 Jahr dieser Beziehung war sie dann ganz bei ihm eingezogen und da hätte er sich ganz genauso entzogen, auch mit psychosomatischen Beschwerden und absoluter Teilnahmslosigkeit am Beziehungsleben, bis sie dann einen Schlussstrich gezogen hat und sich getrennt hat. Und sie wollte damals Nägel mit Köpfen machen und wollte mit ihm gemeinsam ein Haus kaufen und zusammenziehen und in der Beziehung den nächsten Schritt machen, als er quasi kollabiert ist. Himmel, was bin ich entsetzt.....

Das ist aber gar nicht so entsetzlich, sonder zeigt dir eher auf, dass es seine eingefleischten Verhaltensmuster sind. Nicht deine Schuld. Weil du doch zu diesen Selbstvorwürfen neigst.
Du solltest wirklich aufpassen, seine Probleme nicht zu deinen zu machen - grenze dich ab und sei für deinen Sohn da. Verlange, was dir zusteht. Liebe kannst du nicht erzwingen, für alles andere gibt es rechtliche Regelungen.

So, und Neuigkeiten gibt es heute auch: Der Ex hat gerade angerufen :rambo: Wir haben gerade 15min telefoniert. Er hat angerufen, weil er wissen wollte, ob er meinen Rasenmäher reparieren soll und da seine Hilfe angeboten. Und weil er wissen wollte, wie es meiner Mama nach ihrer Knie-OP in der Reha geht. Und wie es Söhnchen geht. Und ob es Mittwoch bei der Planung des Geburtstages alles dabei bleibt. Und weil er fragen wollte, ob er mir noch einen Schreibtisch mit Schubladen (hat er wohl extra noch einen rausgesucht auf dem Dachboden) vorbeibringen soll, damit ich nicht, nachdem er seine 2 Schreibtische aus der Wohnung mitgenommen hat) meine ganzen Sachen auf dem Boden im Arbeitszimmer liegen lassen muss. Er war sehr fürsorglich und hat gesagt, wenn was ist, soll ich mich melden. Er hat auch so hintenrum nachgefragt, was wir am Wochenende machen. Ich hab freundlich Auskunft gegeben, kurz und knapp und mich am Riemen gerissen und nicht nachgefragt, was ER so macht und wie es ihm geht. Puh. Das war super anstrengend. Was denkt ihr? War das gut?

Ich finde deine Reaktion sehr gut. Daß es super anstrengend war ist nachvollziehbar. Es ist sehr schwer, sich von jemandem abzugrenzen, den du im Grunde noch liebst und der jetzt freundlich und fürsorglich auf dich zukommt.

Ich hoffe aber, dass du dir dadurch keine falschen Hoffnungen machst. Seine Fürsorglichkeit ist wahrscheinlich nur aus Mitleid oder wegen seinem schlechten Gewissen, dass er dich zurückgelassen hat.

Nein, ich werte das jetzt noch nicht als hoffnungsvoll....ich sehe da auch nur schlechtes Gewissen...