Ein herzliches Hallo an alle hier im Forum !
Nachdem ich nun schon einige Zeit für mich allein leide, hatte ich irgendwie das Bedürfnis, mich hier mitzuteilen, um etwas Trost und vielleicht auch den einen oder anderen Rat zu bekommen, damit wieder etwas Zuversicht einkehren kann. Ich hoffe auch, durch das Schreiben eine andere Perspektive einnehmen zu können, damit ich das Geschehene begreifen und irgendwann akzeptieren kann...
Ich bin männlich, 43 Jahre alt und seit 5 Wochen wieder allein. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass mir das passieren würde, nachdem wir fast 24 Jahre zusammen waren. Als wir uns das erste Mal sahen, war sie 14 und ich 19, kurze Zeit später waren wir ein paar, weil sie sich verliebt hatte. Sie war immer ein Mensch voller Liebe, konnte dies auch zeigen und ausdrücken, war aufmerksam und freundlich, erfüllte mir jeden Wunsch so gut es ging. Ich hatte dagegen nie diese Feinfühligkeit und konnte in den ganzen Jahren nie meine Gefühle zeigen, war unachtsam und egoistisch. Nicht, dass ich jetzt ein gemeiner Unmensch war, es gab natürlich auch genügend wunderbare Momente. Aber ich habe mich ihr gegenüber nie wirklich öffnen können, war zu feige und das ganze Leben von kindlichen Ängsten durchzogen. Beruflicher Erfolg blieb auch aus, auch, weil ich nie wirklich Verantwortung übernommen habe, während sie sich mit Pflichten in Beruf und Haushalt nach und nach immer mehr übernommen hat, bis sie nicht mehr konnte. Wir führten 13 Jahre lang eine Fernbeziehung, jedes Wochenende 3 Stunden Zugfahrt, dazu ihre Familie, ich, unser Haushalt, ihr Beruf... Als sie nicht mehr konnte, habe ich das gar nicht wirklich begriffen, oberflächliche Ratschläge gegeben, nicht wirklich hingesehen ! Anfang 2015 passierte es dann - sie wollte plötzlich Zeit für sich. Ich ahnte damals nicht einmal, was das wirklich bedeutet...heute bin ich schlauer. Es war schon zu spät, bevor ich überhaupt bemerkte, dass es echte Probleme waren. Mehr unbewusst war ich immer der Meinung, es geht immer so weiter. Aber ihre Energie war am Ende und die Liebe verbraucht. In den ersten Monaten unternahmen wir noch ein paar Reisen, es war ihr Wunsch. Ich begann damals ganz langsam, mein negatives Verhalten ihr gegenüber zu hinterfagen und veränderte mich ganz langsam - zu langsam. Im Sommer war es dann soweit - das Gespräch, in welchem sie mir sagte, dass sie nicht weiß, ob sie mir noch geben kann, was ich brauche, werde ich nie vergessen. Und dass sie mir nicht wehtun will..Von diesem Moment an veränderte ich mich in rasantem Tempo. Ich begann, mein Verhalten zu reflektieren und sah die ganzen Fehler, ich konnte mich endlich überwinden und meine Gefühle zeigen und ausdrücken, ihr sagen, was ich empfinde. Ich tat so ziemlich alles, was ich die vielen Jahre zuvor nie getan hätte. Ich übernahm den ganzen Haushalt, machte jeden Morgen Frühstück, wir unternahmen unheimlich viel, fast jeden Tag, hatten Spaß. Auch ihrer Familie gegenüber öffnete ich mich endlich mit ehrlichem Herzen, was ich vorher nie konnte - zuviele Zweifel, Angst, Neid, Eifersucht und Misstrauen. Nie zuvor haben wir eine so intensive Zeit miteinander erlebt mit so vielen Gesprächen und ohne Streit. Ich glaubte schon wieder, alles würde gut werden, bis dann Anfang diesen Jahres ein weiteres Gespräch folgte - und ich erfuhr von ihr, dass sich ihre Gefühle nicht verändert haben. Liebe wie unter Geschwistern untern Freunden... mehr war nicht mehr übrig.
Für mich ging die Welt unter. Ich bekam Depressionen, Magenprobleme, Herzrhytmusstörungen. Angst und Hilflosigkeit bestimmten den ganzen Tag, ich dachte zeitweise, ich drehe durch und war kurz davor, mich selbst in eine Klinik zu begeben, weil der Schmerz unerträglich war. Ich begann daraufhin eine Therapie beim Heilpraktiker für Psychotherapie, zu welchem ich vom ersten Tag an einen sehr vertrauensvollen Kontakt aufbauen konnte. Es hat mir sehr viel Kraft und Hoffnung gegeben, vor allem die Gespräche. Sie kam nur noch unregelmäßig am Wochenende, der Kontakt wurde immer weniger, kühler, von ihrer Seite fast feindseelig. In den schweren Momenten zu Beginn der Therapie stand sie mir dennoch liebevoll zur Seite, machte mir Mut und sagte, sie möchte, dass es mir gut geht. Aber 3 Wochen später war sie merklich kühler, distanziert. Zu Ostern kam sie nicht zu mir, auch nicht zu ihrer Familie. Das erste Mal seit 24 Jahren. Sie wollte Zeit zum Nachdenken, aber das hatte ich doch schon so oft gehört. Ich bemühte mich, Haus und Hof herzurichten - für ihren nächsten Besuch sollte es schön sein, ich wollte ihr doch nur Freude bereiten. 5 Wochen Warten vergingen und ich ahnte nicht, was kommt. Als sie nicht wie angekündigt mit dem Zug kam, schickte ich eine Nachricht, dass es so nicht weitergehen könnte und ich wollte eine klare Aussprache. Dann eine Nachricht von ihr, dass sie bei ihre Eltern sei und am nächsten Tag zum Reden kommt. Ich dachte dabei an ein längeres Gespräch über unsere eventuelle Zukunft, doch als sie kam, wollte sie mir nur kurz mitteilen, dass sie sich entschieden hat, zu gehen. An diesem Tag vor 5 Wochen habe ich gar nicht die ganze Tragweite ihrer Worte begriffen. Es wurde kein kurzes Gespräch - unter vielen Tränen auf beiden Seiten wurden es acht Stunden. Es tat so weh und wenn ich jetzt zurückdenke, halte ich es nicht mehr aus...
Und nun quälen mich seit Wochen die alten Erinnerungen, alte Bilder aus schönen Zeiten, Dinge, die wir nie wieder zusammen tun werden.. Meine Schuld quält mich so, nie für sie dagewesen zu sein, wenn sie mich brauchte - denn so hatte sie es mir gesagt. Ich habe sie oft beleidigt, gedemütigt und gequält, obwohl sie das nie verdient hat. Ich weiß nicht einmal, ob ich sie wirklich jemals so geliebt habe, wie ich es heute denke - denn hätte ich dann so gehandelt, wie ich es zu diesem Zeitpunkt getan habe ? Ich schäme mich so für meine Taten, möchte wiedergutmachen und kann es nicht, bereue, trauere zutiefst, habe furchtbare Angst und fühle mich manchmal so schrecklich hilflos. Ich war immer ein so schlechter Zuhörer, sonst hätte ich sovieles verstehen können.
Wir haben soviel geredet, stundenlang, tagelang. Ich habe ihr alles ofenbart, was mir wichtig erschien. Ich dachte immer, wenn ich mich emotional nicht zu sehr öffne und binde, ist es vielleicht später - wenn ich sie einmal verlieren sollte, viel leichter. Was für ein Irrtum ! Ich habe nie bemerkt, wie intensiv ich mich bereites an sie gebunden habe. Und nun frage ich mich ständig: habe ich alles gesagt, was von Bedeutung war ? Habe ich alles versucht ? Habe ich getan, was noch möglich war ? Habe ich irgendetwas ungeklärt gelassen ? Sie hat Angst, niemals wieder jemanden zu finden, und ich wünsche es ihr doch so sehr, habe ich doch unser beider Leben mit meiner Achtlosigkeit und Verantwortungslosigkeit ruiniert. Wir wollten 2 Kinder, hatten schon Namen -was ist daraus geworden ? Ich wünsche ihr alles Glück der Welt, auch ohne mich und auch, wenn mir dieser Gedanke so furchtbar wehtut. Ich weiß, dass nur meine Gedanken verantwortlich dafür sind, wie ich mich fühle und verhalte, aber dieser schwarze Vogel der Vergangenheit landet immer und immer wieder auf meiner Schulter und sagt mir, dass ich nicht mehr glücklich sein darf angesichts dieser Schuld, die ich auf mich geladen habe. Auch, wenn die letzten 2 oder 3 Jahre schon nicht mehr so waren, wie vorher, erinnnere ich mich ständig an die wundervollen Augenblicke und Zeiten davor. Ich habe meinen engsten Vertrauten besten Freund und Partner verloren, ihre Familie und deren Freunde werde ich vielleicht nie wiedersehen, habe selbst kaum einen Freundeskreis, stehe ohne Arbeit da und sehe kein Ziel und keine Perspektive. Ich fühle mich wie entwurzelt, kann nicht in der alten Welt sein, die es nicht mehr gibt und habe keine neue... stehe irgendwoe dazwischen und muss mich neu erfinden.Selbstwert gleich null, keine Ahnung, was wird, keinen Plan, wer ich eigentlich bin... wie kommt man das je wieder raus und darf ich eigentlich loslassen, was ich ihr angetan habe ?
Viele liebe Grüße an alle !
Micha
28.05.2016 10:34 •
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