Ich denke, also bin ich ?

Z
Hallo liebe Leidensgenossinnen und Leidensgenossen.

Kurz ein paar Worte zu mir selbst: Ich bin 23 Jahre alt und komme aus der Schweiz. Ich arbeite zurzeit in einem Büro in Bern. Die Arbeit macht mir sehr spass und ich habe ein echt tolles Team. Ich bin ein ziemlich sensibler und sehr offener Mensch mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Mir macht es keinerlei Probleme Kontakte zu knüpfen und auf Menschen zuzugehen. Ich habe ein tolles soziales Umfeld, eine grosse Familie, die immer hinter mir steht und für mich da ist. Ich habe 3 sehr gute Freunde und viele Kollegen. Ich habe eine tolle eigene Wohnung und habe keinerlei finanzielle Schwierigkeiten. Ich bin Gesund. Ich bin intelligent. Ich bin kreativ. Ich bin hübsch. Ich kann mich also eigentlich überhaupt nicht beklagen. Mir sollte es gut gehen.

Nun, was ich auch bin: Ich habe sehr grosse Verlustängste, hängt wahrscheinlich mit der Trennung meiner Eltern zusammen als ich noch jünger war. Ich nehme vieles sehr schnell sehr Persönlich. Ich mache mir im Beruf selber sehr viel Druck. Ich bin nicht von mir überzeugt. Mir sind schon kleinste Dinge extrem peinlich (z.B. könnte ich nie alleine in der Öffentlichkeit essen). Ich war beim Psychiater. Ich war mehrmals Opfer von schlimmeren Gewalttaten. Ich wurde aus meiner ehemaligen Schule gemobbt. Negative Kritik macht mich total fertig. Ich mache mir viel zu viel Gedanken über alles mögliche. Ich kann nicht stolz auf mich sein (Beispiel: Als ich meine Matur mit einer 5.5 abgeschlossen habe, war das für mich kein Grund stolz auf mich zu sein, schwierig zu erklären, es war wie normal)

Habe angst vor der Zukunft, angst jeden Moment zu sterben bzw jmd zu verlieren. Ich helfe zuerst Anderen, bevor ich mir selber helfe (es tut mir einfach gut Leuten zu helfen). Ich möchte es ständig allen recht machen und stelle meine Bedürfnisse zurück. Ich möchte nicht das Leute schlecht über mich denken. Ich sehe keinen Sinn und glaube das mein Kopf bald platzt vor Gedanken.

Nun, soweit wollte ich eigentlich nicht ausholen, da es mir um etwas ganz anderes geht. Aber vielleicht gar nicht so schlecht.

Ich wurde vor 8 Wochen von meiner Freundin verlassen. Wir waren 4 Jahre zusammen. Seither totaler Kontaktabbruch meiner- und auch ihrerseits. Ich war seit 8 Wochen kaum mehr zuhause. Nur zum schlafen. Ich bin ständig auf Achse. In Clubs, an Konzerten, Essen, bei Freunden, Ferien, bei der Familie, Museen, Shoppen, Kino, Bars, Sport. Mehr kann ich mich wirklich nicht ablenken. Ich habe mich nie mehr bei ihr gemeldet, sie sich nicht bei mir. Und trotzdem geht es mir noch immer so total verschissen mies. Ich kann nicht aufhören an sie zu denken. Es tut so verdammt weh. Ich vermisse sie. Ich würde ihr so gerne schreiben. Aber ja, praktisch alle sagen hier, man soll sich ablenken und den Kontakt abbrechen. Was ist, wenn auch das nichts hilft? Ich mag nicht mehr jeden Morgen weinend aufwachen, ich will nicht mehr heulend einschlafen. Mich macht das total fertig. Die Arbeit leidet extrem darunter, ich merke das ich kurz vor dem Rauswurf bin.

Ich hatte seither einen ONS, der mich in der Tatsache nur noch bestärkte noch weiter um sie zu weinen. Der S. war schrecklich. S. ohne Liebe ist für mich wie.. kein Plan, es kommt einfach nie an dieses Gefühl ran wie mit Liebe.

Ich habe eigentlich nie wirklich lust raus zu gehen. Aber ich zwinge mich. Ich muss. Zuhause wäre es nur schlimmer.

Ich habe das Gefühl, je länger sie fort ist, desto mehr liebe ich sie. Dabei sollte es ja genau das Gegenteil sein. Warum soll ich jemanden lieben, der mich gar nicht mehr liebt, der nicht mehr mit mir zusammen sein will. Sie schien so glücklich.. Nein, sie war glücklich. Warum das alles? Ich sehe keinen Sinn.. Warum kann ich nicht loslassen? Es kam so verdammt schnell und unerwartet, nie hätte ich damit gerechnet, sie hatte mir keinerlei Zeichen gegeben, ausser dem seltenen S.. Sie sagte sie habe halt im Moment nicht grosse Lust, ich akzeptierte das. Wir waren kurz zuvor noch in den Ferien und wir hatten eine so geniale Zeit (ihre Worte).

Sie hat mir nie genug deutlich gesagt das sie nicht mehr will, sie machte noch viele Andeutungen (schrieb mir viele sms, sagte sie vermisse mich), jetzt weiss ich nicht ob ich das alles nur auf die Goldwaage stelle und Illusionen/Hoffnungen habe, oder sie das einfach gesagt/getan hat, weil sie ja gerade eine 4-Jährige Beziehung beendet hat und auch leidet aber wirklich nicht mehr will.

Ich bin gerade sprachlos..

Einige sagen, man müsse sich zuerst selber lieben, bevor man andere lieben kann. Da fängt es bei mir ja schon an, wie man weiter oben lesen kann.

Kann ich einfach nicht alleine sein? Vermisse ich gar nicht sie, sondern die Nähe? Brauche ich einfach professionelle Hilfe, einen Psychologen? Sind meine oben beschriebenen Probleme noch normal? Hat das jeder? Oder habe ich ernsthafte Probleme mit mir selber? Leide ich so wegen meinen Verlustängsten? Bin ich einfach ein stinknormaler Jugendlicher, der sich einfach über zu viele Dinge unnötig den Kopf zerbricht? Warum zur Hölle kann ich nicht loslassen? Warum bin ich nach 8 Wochen noch immer in der ich kann es nicht wahrhaben Phase?

Ich bin verwirrt. Ich mag nicht mehr. Ich möchte leben, glücklich sein.

Ich bin eigentlich ein sehr glücklicher junger Mann, nur mache ich mir einfach über zu vieles zu viele Gedanken..

Ich danke euch aber fürs lesen und fürs antworten und entschuldige mich das ich so viele Themen in ein Thema stecke.
Ich hoffe ich konnte mich gut genug beschreiben, damit ihr euch ein Bild von mir machen könnt.

24.10.2012 10:09 • #1


A
guten morgen

deine verlustängste sorgen dafür, dass du immer mehr und mehr gibst, in der hoffnung, das dann nicht eintritt, was du am meisten befürchtest. du misst dich an anderen weil du glaubst nicht gut genug zu sein, dass spornt dich zu immer mehr leistung an und deine ängste stiegern sich.

in deiner beziehung überwiegt die angst, du kannst auch deine freundin nur soviel lieben wie auch liebe in dir selbst ist - du hast dich an sie geklemmt - alles für ein bischen liebe .. und jetzt ist es zu einer sich selbsterfüllenden prophezeihung gekommen deine freundin hat sich getrennt.

wenn sich jemand nur um anderen zu gefallen verbiegt, nicht authentisch ist - verliert er seinen reiz weil der respekt verloren geht.

die arbeit mit dem inneren kind- anders ausgedrückt unsere unbewussten seelenanteile, unsere denk- und glaubenssätze und vorstellungen von uns selbst, die in uns gespeichert sind - ist da sehr heilsam. sie sind meistens, wie bei dir erkennbar, nicht wahr - du schreibst über dich sehr positiv aber du glaubst es selbst nicht, dass du so bist - das ist dein problem - weil du es nicht fühlen kannst. du bist in der angst und unsicherheit - um das rauszukommen kann eine therapie dir helfen.

von jetzt auf gleich hat sich deine freundin sicher nicht entliebt, es waren sicher vorher schon einige anzeichen spürbar. ich vermute wegen dieser trennungsstituation sind deine alten trennungs- und verlustängste wieder hochgeholt worden.

nutze die chance und arbeite an dir, suche dir hilfe - so kannst du deine trennung aufarbeiten und gleichzeitig deine alte prägung.
kinder fühlen sich oft für die trennung der eltern verantwortlich und entwickeln deshalb schuldgefühle - möglich, dass diese bei dir auch zusätzlich eine rolle spielen könnten.

alles gute!

24.10.2012 10:30 • #2


A


Ich denke, also bin ich ?

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K
Hallo,

vieles von dem, was du über dich schreibst, kenne ich sehr gut. Bin ebenfalls sehr erfolgreich und attraktiv, habe einen großen Freundeskreis, tolle Kinder, etc. Aber genau wie du steckt tief in mir diese große Unsicherheit und Angst.

Nun bin ich schon 14 Jahre älter als du, habe einiges erlebt und auch schon fünf Jahre lang eine Therapie gemacht, weil ich irgendwann Panikattacken bekam. Ich habe dabei viel über mich gelernt und bin mittlerweile wesentlich entspannter und selbstsicherer geworden.

Dennoch kriege ich es in Beziehungen nicht wirklich hin, dieses Muster aufzubrechen. Und wurde auch wieder verlassen.
Alena hat Recht: Ohne Selbstliebe ist jede Beziehung zum Scheitern verurteilt.

Ich habe aus der aktuellen Trennung wieder viel über mich selbst gelernt und hoffe, dass ich es beim nächsten Mal besser hinkriege Wir befinden uns alle in einem ständigen Entwicklungsprozess. Und gerade solche Tiefschläge und Krisen können sehr wertvoll sein. Wenn wir sie annehmen und daraus lernen.

Ruf sie nicht an. Es wird dir damit nicht besser gehen. Die Sehnsucht und Trauer werden noch eine Weile anhalten. Beschäftige dich lieber mit dir selbst und fange an, dich klarer zu sehen. Das ist der bessere Weg.

Ich wünsche dir viel Kraft!

Klärchen

24.10.2012 11:54 • #3


Z
Hallo,

ich danke euch herzlich, dass ihr euch Zeit genommen habt mir zu antworten.

Ich weiss ehrlich gesagt nicht, was ich schreiben soll.. Ich nehme mir eure Antworten zu Herzen und versuche mich nicht zu melden. 8 Wochen hats bis jetzt geklappt. Es ist noch immer sehr schwierig. Und bis jetzt hat es den Anschein, dass es nicht geholfen hat..

Ich weine mich jetzt wieder in den Schlaf, kann einfach nicht aufhören an sie zu denken..

Ich hoffe es wird bald besser und ich sehe wieder Positives. Ich halte es nämlich kaum mehr aus.. auch beruflich siehts ja nicht gerade rosig aus..


Ich kann einfach nicht loslassen.. ich kann es nicht weil ich nicht verstehe, warum sie das tat. Ständig rede ich mir ein, dass sie nicht mehr will, mich nicht mehr liebt. Aber da sind noch so viele Andeutungen, dass es nicht so ist.. das macht es so schwer sie loszulassen.

Bezüglich Therapie; kann mir jemand eine bestimmte Therapie empfehlen? Einfach zu einem Psychologen? Hypnose? Da gibts doch unzählige Arten oder?



Danke nochmals ganz herzlich für eure Antworten!

25.10.2012 23:24 • #4