Hallo ihr lieben,
Eigentlich bin ich nicht der Typ Mensch, der sich im Internet über seine Probleme austauscht, aber ich bin an dem Punkt angekommen, wo ich einfach nicht mehr weiß, was ich tun soll.
Ich bin 21 Jahre alt und seit 2 Jahren mit meinem gleichalten Freund zusammen.
Wir sind auch sehr glücklich miteinander, leben aber durch mein Studium und seine Ausbildung noch bei den Eltern. Seit geraumer Zeit überlegen wir, zusammen zu ziehen, da er Mitte des Jahres mit der Ausbildung fertig ist und wir beide schon seit Jahren sagen, dass wir nicht mehr bei den Eltern wohnen wollen.
Ich habe aber seit einiger
Zeit viele Bedenken, was heute vor 2 Stunden in einer überstürzten Fluchtaktion aus der Wohnung seiner Eltern und mit dem Satz ich hol meine Sachen nächste Woche ab meinerseits gipfelte.
Vor einiger Zeit waren wir bei seiner Familie in Sachsen, da leider seine Großtante beerdigt wurde. Danach gab es eine Trauerfeier, wo natürlich jeder dabei war. Unteranderem seine Großcousine mit ihrem Neugeborenen. Mein Freund wollte schon immer Familie und ist sehr Kinderlieb. Er liebt das Leben auf dem Dorf mit dem Rest der Familie und sie sind auch wirklich alle sehr nett.
Ich fühle mich mit dem Gedanken aber garnicht wohl, da ich einfach nicht so der Familienmensch bin und mir derzeit weder zum jetzigen Zeitpunkt noch zu einem späteren ein eigenes Kind vorstellen kann. Ich empfinde es einfach als eine Belastung sich jeden Tag 24/7 um ein Baby kümmern zu müssen. Darüber hinaus habe ich nichts gefühlt, als ich das Baby seiner Großcousine sah und als alle um es herumstanden und es angelächelt haben und alle es halten wollten. Ehrlich gesagt kam ich mir vor wie ein Exot - alle haben nur auf das Baby geschaut und ich habe nur die Großcousine gesehen, welche mit unheimlich kleinen Augen und absolut am Limit ihrer eigenen Kräfte daneben stand und völlig neben sich war. Sie sagt aber selbst, sie sei überglücklich. Am Baby hatte ich null Interesse.
Ich kann das nicht nachvollziehen, wir es ist weil ich keine eigenen Kinder habe. Aber ich stelle mir das alles - von Schwangerschaft bis Geburt und die nächsten 10 Jahre des Kindes absolut anstrengend vor.
Da ich selbst im Studium bin und momentan einfach sehr viel Zeit und Kraft da rein lege, kann ich mir nicht vorstellen, das alles für ein Baby aufzugeben, aus dem einfachen Grund, weil man es liebt. Ich weiß nicht ob ich sowas könnte. Ein Kind zu lieben, wovon ich weiß, dass es mich an meine Grenze der Belastung bringen wird und wofür ich gefühlt alles, für was ich jetzt arbeite, opfern müsste - mein späterer Job würde mich in meinem Berufsfeld sehr fordern und da ist das mit Teilzeit usw. Fast nicht machbar. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wo oder wie genau eine Schwangerschaft toll sein soll, wenn man nicht mal weiß, ob man das Kind dann auch liebt. Ich bewundere die Frauen, die das können und für die das anscheinend das Einfachste der Welt ist. Für mich ist das einfach surreal und aus der Situation entsteht eine krasse Ambivalenz, die meine Beziehung jetzt schon kaputt macht, obwohl die Familienplanung sicherlich noch Zeit hat.
Mein Freund wünscht sich ein Haus, ein Kind und naja... außerdem nicht wirklich etwas vom Leben.
Klar machen wir viel zusammen - wir Schrauben an Autos, fahren in den Urlaub, sind viel draußen unterwegs.
Aber sein Wunsch und seine Lebenseinstellung belastet mich derzeit extrem - ich denke immer wieder darüber nach, wie ich es schaffe, diese negative Einstellung zur eigenen Familie ihm zuliebe abzulegen. Ich schaff es aber nicht .
Zu sehr denke ich rational, zu wenige Emotionen habe ich einer möglichen Familie gegenüber. Ich denke immer wieder darüber nach, wie ich es schaffe, das beide von uns glücklich sind und dass ich meine Einstellung ihm zu liebe ja ändern könnte. Aber es geht nicht.
Der Gedanke, 14 bis 20 Jahre auf mein altes Leben, welches ich momentan einfach sehr mag, verzichten zu müssen und am Ende dazustehen wie seine Großcousine, die auf mich garkeinen glücklichen Eindruck machte, macht mich absolut fertig.
Auf der anderen Seite, ist da ein kleines Gefühl von: was ist wenn du keine Kinder bekommst und du bereust es eines Tages ?
Mein Freund kennt meine Sichtweise und kann sie nicht nachvollziehen. Er meinte, es wird sich schon noch ändern, wenn ich mehr mit Kindern zu tun habe und er würde auch viel Verantwortung übernehmen. Das glaube ich ihm auch - das ändert aber nichts an der Situation selbst, mit der ich mit Kind nicht glücklich wäre - zu viel Stress, keine Freizeit, einen Vollzeitjob inklusive Geschäftsreisen, schlussendlich keine Ahnung, ob ich das Kind lieben würde, keine Ahnung ob wir uns Urlaube leisten könnten und zusätzlich aber das Wissen: ich will lieber wenn ich 23 oder 24 bin schwanger sein, dann habe ich später keinen Karriereknick und kann mit 43 schon wieder frei sein . also hart ausgedrückt: lieber es jetzt hinter sich bringen und danach das Leben genießen und den Partner, den ich absolut nicht verlieren will, glücklich machen.
Aber der Gedanke in 2 Jahren schwanger zu sein, gruselt mich. In mir Bäumt sich etwas auf, das mich Anschreit: NEIN MACH DAS NICHT! AUCH NICHT IN 10 JAHREN!
Ich hab das heute meinem Freund auch nochmal so gesagt - er konnte das null verstehen, wie ich da sein kann. Das hat dazu geführt dass ich aus einem absoluten Flucht und Trauerreflex so viele Sachen in meinen Rucksack gestopft habe, wie möglich, unseren WBS Antrag zerrissen habe (warum soll ich mit jemanden zusammen ziehen, wenn unsere Beziehung anscheinend ein Verfallsdatum hat?), und heulend aus der Wohnung zur nächsten Bushaltestelle geflüchtet bin. Und ich drauf und dran bin die Beziehung zu beenden, weil ich diesen inneren Konflikt nicht mehr aushalte - ich hab ihm ja auch gesagt, dass ich meine Sachen noch abholen komme .
Jetzt liege ich hier in meinem Bett und frage mich, ob ich so eine Entscheidung überhaupt jetzt schon treffen kann oder . irgendetwas passiert, dass mich umstimmt. in den letzten Monaten denke ich nämlich nur noch über das Thema nach und es belastet mich zu wissen, dass mein Leben gefühlt bald vorbei ist.
Ich frage mich ob meine Reaktion überhaupt gerechtfertigt ist- er hat auch geweint und ihm geht es immerhin auch nicht gut, er weiß nicht mehr, was er mit mir machen soll, oder was er mir sagen soll, was ich auch verstehe.
Ich fühle mich so unendlich schuldig und auch so unheimlich dumm. Mir laufen die Tränen so über mein Gesicht, dass ich kaum noch die Tastatur sehen kann. Ich liebe ihn doch und will nur das Beste für meinen Freund - ich will dass er glücklich wird. Aber ich selbst will auch glücklich sein. Und ich hab jetzt auch schon eine Art Trennungsschmerz, obwohl ich es nicht übers Herz bringen konnte mich zu trennen. Ich weiß einfach nicht wie es weitergehen soll oder ob wir überhaupt noch zusammen sind. In mir zerreißen sich gerade 2 Seiten. Ich hab Angst vor der Angst und Angst vor so vielen Sachen und vor einer Depression, von der ich glaube dass ich sie schon einmal hatte.
Er antwortet auch nicht auf meine Nachrichten - ich kann verstehen warum, aber ich kann es gleichzeitig nicht ertragen.
Ich fühle mich unheimlich allein mit diesem Thema, da ich mit niemanden darüber reden kann und alles immer nur mit mir selbst ausgemacht habe.
Von meinen Eltern kann ich keine Unterstützung erwarten, die lachen mich höchstens aus und sagen ich bin zu unreif und ein Glück habe ich das mit der Wohnung nicht gemacht.
Alles frisst mich auf. hat jemand von euch auch schon mal sowas erlebt ?
Danke für eure Antworten und entschuldigt den langen Text.
19.04.2020 15:31 •
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