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Meine Übungen zur Relativierung des Schmerzes

G
Es gibt, bei aller Unterschiedlichkeit des Verlaufs einer jeden Trennung, eine Universalität. Diese lautet Schmerz. Die Intensität, die Dauer seiner Präsenz, mag sich individuell unterscheiden, aber am Ende ist es Schmerz. Die Kausalität, also Ursache (Trennung) und Wirkung (Schmerz), ist naheliegend und soll hier nicht diskutiert sein.

Worum also wird es in diesem Beitrag gehen?

Ausgehend von der Annahme, dass der überwiegende Teil der sich hier tummelnden und gebrochenen Herzen nicht zum ersten Mal gebrochen wurde, möchte ich hier ein paar - zunächst kurios anmutende - Übungen bzw. Gedankenspiele zum Besten geben. Sie sind ebenso universell wie der oben erwähnte Schmerz. Absolut jeder kann sie durchführen.

Naja. Moment. Nicht jeder.

Deswegen hier eine Spoiler-Warnung: Menschen, die erstmalig unter Oxytocin und Dopamin-Entzug leiden und nun mit Cortisol geflutet werden, wird dieser Beitrag vermutlich keine Hilfe sein. So zynisch es klingen mag ... für die Wirkung dieser Tipps gilt: Je öfter dein Herz gebrochen wurde, desto … ich traue es mich gar nicht zu sagen … desto besser.

Fangen wir an.

Dein ganzes Denken dreht sich um deine/deinen Ex. Wie ein Güterzug rattern die Gedanken mal nach rechts, mal nach links und wieder zurück. Richtig? Wie wäre es, wenn du - fürs Erste kurz - versuchst an deine(n) Ex-Ex zu denken bzw. an die- oder denjenigen, die/der dich verlassen hat, bevor es dein aktueller Ex / deine aktuelle Ex tat. Richtig gelesen. Klingt absurd? Warum solltest du das tun? Das ist Geschichte und hat mit deinem aktuellen Schmerz absolut nichts zu tun.

Mach es dennoch. Ich sage dir wie. Hier eine Anleitung:

Stelle dir vor, der/die Ex-Ex stünde jetzt vor deiner Tür und würde versuchen dich zurückzugewinnen, dir Avancen machen. Tritt neben dich, beobachte dich selbst. Wie sähe dein Gesicht aus? Verdattert? Überrascht? Voller Unglauben? Irgendetwas in der Art, vermutlich. Vielleicht grinst du sogar spöttisch. Wie auch immer. Behalte das Bild eine Weile vor deinem geistigen Auge. Genieße es, wenn möglich.

Nachdem du dir nun vorgestellt hast wie blöd du aus der Wäsche schaust, gehe nun in dich und versuche nachzuvollziehen, was du wohl empfändest. Ich wette, die Antwort darauf lautet: Nichts - zumindest nichts hinsichtlich seiner/ihrer Rückgewinnungsbemühungen. Und ich bin sicher, die Antwort lautet nicht nur deswegen „Nichts“, weil du gerade einen alles überlagernden Schmerz empfindest, sondern weil du durch bist. Da ist nichts mehr. Nada. Niente. Oder anderes ausgedrückt: Zurück? Niemals! Der Mensch ist dir, wenn nicht als Mensch, so doch als potentieller Partner fremd. Ergo: Die Abfuhr wäre eine reine Formsache, richtig?

Du ahnst schon, worauf das hinausläuft. So wird es auch bei deinem/deiner aktuellen Ex sein. Nicht morgen, nicht übermorgen, aber in nicht allzu weiter Ferne. Natürlich weißt du jetzt schon, dass es so sein wird. Aber das ist im Moment nur graue Theorie. Das sagt dir dein Verstand. Du fühlst es aber noch nicht. Dein Herz sagt dir noch: Nie, nie, nie wieder wirst du jemanden treffen, wie er/sie es war (und das stimmt sogar, ist aber nicht weiter schlimm). Und genau an diesem Punkt hilft es sich vorzustellen, wie man wohl reagierte und fühlte, wenn der/die Ex-Ex auf der Matte stünde, sich diese Begegnung in all seinen Facetten vor Augen führt.

Ich bin überzeugt: Je öfter du den Gedanken an deinen/deine Ex-Ex bemühst, vielleicht einmal oder zweimal täglich, desto schneller wird dein/deine Ex emotional zum Ex-Ex werden und der/die Ex-Ex zum Triple-Ex. Mach es dir zum täglichen Training, durchlebe deine Verwunderung, emotional und außerkörperlich (in dem du neben dich trittst, dich beobachtest) und vielleicht beschleunigt es deine Heilung ein wenig. Kleiner Wermutstropfen: Nein, du kannst keinen schwarzen Gürtel in dieser Disziplin erreichen, wenn du alle Ex’en auf diese Weise durchexerzierst. Aber schaden kann es sicherlich nicht.

Kommen wir nun zu den … äh … Körperlichkeiten. Auch wenn du jetzt insistierst, dass das doch nicht alles in einer Beziehung ist. Nein. Ist es nicht. Dennoch. Lass es uns tun. Machen wir es uns einfach. Bleiben wir platt.

Denke nun an den S_E_X mit dem/der Ex-Ex. Den hattet ihr vermutlich? Wenn nicht, dann ein Feld zurück, zum/zur Triple-EX. Löse dich dabei ganz bewusst von irgendwelchen außergewöhnlichen Dingen die ihr so veranstaltet habt, konzentriere dich stattdessen nur auf den Gedanken, ob es für dich befriedigend war oder nicht. Brich es auf ein schlichtes JA oder NEIN herunter, um es a.) vergleichbar zu machen und du b.) das Verklären meidest.

Fall 1: Ex-Ex (JA) / Ex (Ja)

War es befriedigend, die Antwort lautet also JA? Gut. Dann hast du damals vielleicht gedacht: „Wow. Feuerwerk.“ Und jetzt denkst du das auch von der/dem aktuellen Ex. Aha! Da haben wir es doch! Auch wenn du es dich noch schüttelt bei dem Gedanken irgendwann jemand anderen in den Armen zu halten oder in den Armen eines anderen zu liegen, es absolut außerhalb jedweden Vorstellungsvermögens scheint … Tatsache ist: So hast du nach der vorigen Trennung auch gedacht und es kam anders.

Fall 2: Ex-Ex (NEIN) / Ex (Ja)

Die Antwort lautet NEIN? Es war also nicht befriedigend mit dem Ex-Ex, aber mit dem Ex? Tja … und jetzt zurück auf LOS. Die schlichte Wahrheit ist dann doch, dass es mit deinem aktuellen Ex besser war. Mit anderen Worten: Was nach dem Ex-Ex kam war befriedigender - warum auch immer. Das darf euer Geheimnis bleiben. Die Frage, die du dir also immer wieder stellen musst: Warum sollte es nicht wieder so sein? Genau so befriedigend oder noch besser?

Fall 3: Ex-Ex (?)

Noch besser ist, wenn du die Frage, ob es mit dem/der Ex-Ex gut oder schlecht war, NICHT mehr beantworten kannst oder beantworten willst - etwa weil du keine Erinnerung mehr hast oder es dich schüttelt bei dem Gedanken. Auch das kann erst dein Hirn und später dein Herz davon überzeugen, dass der/die aktuelle Ex nicht das Non-plus-ultra sein muss bzw. es dich irgendwann bei der Rückerinnerung an ihn/sie schütteln wird. Und das, weil dir der/die aktuelle Ex dann ebenso fremd sein wird, wir der/die Ex-Ex. Körperlich und emotional.

Fall 4: Ex-Ex (JA), Ex (NEIN)

Lautet die Antwort, dass es mit dem Ex-Ex befriedigender war als mit dem Ex, darfst du dich erst recht auf die nächste Runde freuen. Verlasse LOS und rücke ein Feld vor.

Fall 5: Ex-Ex (NEIN), Ex (JA)

Nächste Runde. Juhu.

Auch hier: Exerziere die Übung regelmäßig durch. Das kann Wunder wirken. Je nach Schüttel-Grad umso schneller und mehr.

Zum Abschluss: Ich hoffe meine Tipps bewirken bei dir einen Beitrag zu Heilung. Mir helfen diese Gedanken ungemein. Es funktioniert nicht jeden Tag gleichermaßen gut, aber das ist vollkommen normal. Wie überall gilt: In der Regelmäßigkeit jedweder Übung liegt die Meisterschaft.

Und wenn du nun meinst, die Gedankenspiele zum S_E_X mit dem Ex-Ex seien zu eindimensional, werde dem wahren Wert und der Vielschichtigkeit deiner Beziehung zum Ex nicht gerecht (da hast du Recht), dann ersetze oder ergänze sie durch einen Vergleich der Nähe und der Verbundenheit, die du verspürt hast - oder was auch immer du meinst vergleichen zu müssen und/oder zu können.

11.03.2017 22:45 • x 4 #1


K
Eine Vorgehensweise nach meinem Geschmack. Danke.

11.03.2017 23:38 • #2


A


Meine Übungen zur Relativierung des Schmerzes

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G
Bei Fall 5 lautet die Bedingung korrekterweise natürlich Ex-Ex (NEIN), Ex (NEIN)

12.03.2017 00:27 • #3


sappy
@gibby...danke, das ist eine gute Strategie. Bei mir persönlich wäre die erste Abweichung allerdings, dass ich nicht NICHTS empfinden würde, egal bei welchem Ex, wenn er auftauchen würde. Jeder von ihnen wäre in der Lage, bei mir Gefühle auszulösen, angefangen bei der Verwunderung über ein erneutes Zusammentreffen mit dem Vorhaben, mich zurück zu erobern. Bei dem ein oder anderen würde ich mich sogar über das Wiedersehen freuen,auch wenn mich Eroberungsversuche eher aggressiv machen würden mich beschämen oder mich befähigen stolz auf mich zu sein, wenn ich nein sage, möglicherweise würde ich aber auch Wut oder Verachtung dem Ex gegenüber empfinden...und wirklich KEINER könnte mich ein 2.mal dazu bringen, erneut eine Beziehung mit ihm einzugehen...auch wenn eben gerade beim letzten die Tatsache schmerzt, dass es nicht geklappt hat.

12.03.2017 00:52 • #4


G
@sappy: Sicher. Irgendeine Emotion wird jeder Ex, ganz egal wie viele Ex als Titel vorangestellt sind, hervorrufen. Entscheidend aber ist dein letzter Satz: Keiner könnte dich dazu bringen, erneut eine Beziehung mit dem Ex einzugehen. Frisch Verflossene allerdings haben oft noch so viel Macht über einen, dass man sich eine Reunion wünscht. Dass das meist nicht geschieht, macht einen Teil des Schmerzes.

Und dann ist es vielleicht hilfreich sich diesem Gedankenspiel hinzugeben, die nicht mehr existenten, amourösen Gefühle zum Vorgänger wahrhaft zu spüren, sodass man sich dann auch vorstellen kann, dass eine Reunion mit dem aktuellen Ex irgendwann ebenso ein emotional unmöglich' Ding sein wird.

Oder anders: Wenn ich aktuell noch kein klares NEIN zum/zur aktuellen Ex formulieren und vor allem spüren kann, dann ist es tröstend ein klares NEIN zum/zur Vorgänger/in formulieren zu können. Daraus erwächst erst die Hoffnung, dann der Glaube und schlußendlich die Gewissheit, dass es im aktuell heißen Fall nicht anders laufen wird.

Der/die Ex-Ex fungiert dann als eine Art Dummy, an dem man seine späteren Emotionen für den aktuellen Ex erfahren, erleben kann. So kommt man weg von der Theorie, auch wenn man sein Herz dabei ein wenig austrickst.

Aber das muss man dem blöden Ding ja nicht auf die Nase binden.

12.03.2017 01:17 • x 1 #5