Monologe einer Verbliebenen

Katisque
Der vierte Tag der Trennung, der zweite, an dem ich nicht mehr auf dich reagiere. Heute morgen hast du mir eine provokante Nachricht gesendet. Was wolltest du damit bezwecken? Meine Reaktion testen? In Erfahrung bringen, wie sehr ich unter dem Verlust leide? Ich gönne dir diesen Triumph nicht (mehr). Trotz alledem fehlst du mir auf eine unmenschliche Weise. Es fühlt sich an, als würde jemand 24/7 auf meiner Brust sitzen, den ich nicht abschütteln kann. Wie lange darf ich diesen Schmerz nun in mir tragen? Ich habe wieder mit dem Rauchen angefangen, ich weiß, du würdest mich dafür belächeln, obwohl du selbst ab und an zu deinem Etui greifst. Ein Teil von dir. Ich erinnere mich daran, als wir die letzte gemeinsam geraucht haben. Vergangenen Sonntag. Wir standen auf deinem Balkon, so nah aneinander, das kein Zentimeter mehr zwischen uns Platz hatte. Du warst traurig, es war längst dunkel draußen. Wir haben uns dem Lichtermeer hingegeben, du sagtest irgendwann, dass jeder dort in seiner eigenen kleinen Welt leben würde und wusstest dabei nicht, dass du meine Welt warst. Und noch immer bist. Du hast mir weh getan, mich weg geworfen, mir alles genommen und dennoch lässt mich der Gedanke, jetzt nicht einfach zu dir fahren zu können, schwerer atmen. Ich frage mich, ob mein Zettel noch an deinem Badezimmerspiegel klebt. Ob mein Buch mit all unserem Vorhaben noch auf deinem Nachttisch steht. Ob du dir seit jenem Tag ein Sandwichtoast mit meinem Toaster getoastet hast. Ob du dich einsam fühlst, wenn du dich schlafen legst. Ob du jetzt meinen Adventskalender zusätzlich neben dem öffnest, welchen ich dir geschenkt habe. Ob ich dir fehle, als Mensch, der ich bin. Oder ob du erleichtert bist, dass du deinen Weg nun künftig allein antreten kannst, um zu 'verarbeiten', wie du sagtest. Dein Mantra war stets Es braucht nur Zeit. Zeit. Es hat mich Zeit gekostet, mich dir zu öffnen. Es hat mich Zeit gekostet, dich kennen zu lernen. Dich zu verstehen. Tiefer einzutauchen, in die Materie, die du verkörpert hast. Es hat mich Zeit gekostet, nicht die Geduld und den Mut zu verlieren. Es hat mich Zeit gekostet, dich in jeder nur erdenklichen Stimmungslage zu bestätigen, dir Wärme zu schenken, dir zu zeigen, wie viel du wert bist, wenn du den Glauben an dich selbst verloren hattest. Es hat mich Zeit gekostet, mich selbst in dir zu verlieren. Und hier finde ich mich wieder. Auf dem kalten, *beep* Boden der Tatsachen. Es wird seine Zeit dauern, so viel ist gewiss. Nur wirst du dich nicht mehr nach mir umdrehen. Du wirst mich vergessen, während du auf immer in mir wohnen wirst.

19.12.2014 22:48 • #1


Katisque
Gerade hat mein Handy geklingelt. Nachdem mein Herz für eine Nanosekunde ausgesetzt hat, in dem Glauben, du würdest vielleicht anrufen, habe ich mich wieder verhältnismäßig schnell in der Realität befunden.

Eben dann eine unwesentliche Nachricht von dir: Okay? Ich verschiebe sie ungeöffnet ins Archiv, fassungslos. Warum tust du das, wo du doch weißt, wie sehr ich unter deiner Abwesenheit leide? Was willst du dir beweisen? Für Smalltalk bin ich nicht zu haben. Denke, dafür hast du andere Personen, die du behelligen kannst.

20.12.2014 00:39 • #2


A


Monologe einer Verbliebenen

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Katisque
Asche auf mein Haupt, die von keinem von uns beiden auferlegte Kontaktsperre wurde heute erfolgreich zunichte gemacht. Nachdem wir eine gute Stunde lang einen virtuellen Rosenkrieg wegen einer Nichtigkeit geführt hatten, warst du irgendwann der Meinung, du müsstest mir mitteilen, dass du mich vermisst und gern bei dir haben würdest, um diese Aussage einige Minuten später wieder zu negieren. Das Reden mit mir würde dir fehlen, du würdest nicht wissen, was du tun sollst. Es wär schwierig, mich nicht irgendwo zu treffen oder mich zu dir einzuladen. Und jetzt kommunizieren wir immer noch, meine letzte Frage war, was wir hier eigentlich machen. Diese Reise mündet in eine Sackgasse. Draußen fällt der erste Schnee, den ich nicht an deiner Seite erlebe. Du fehlst mir gerade stärker denn je und ich weiß nicht, wie ich diese Lücke, die du hinterlassen hast, jemals schließen kann.

20.12.2014 18:27 • #3


Katisque
Gerade hast du mir geschrieben, dass du mich gern sehen würdest, aber die Situation unverändert bliebe. Recht hast du. Nach diesem schmerzlichen, Kontakt-reichen Tag bin ich wieder dort angekommen, wo ich bin: In meinen vier Wänden, ohne dich. Mein Bett ist kalt, ich realisiere, dass ich dich sehr lange nicht sehen werde. Vermutlich nie wieder.

21.12.2014 00:03 • #4