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Schade um den Moment

A
Schade, dass der Moment, in dem Du die Treppe zum Bahnsteig hinunterstiegst und ich Dich zum ersten Mal sah, schüchtern mich anlächelnd, jetzt, wo Du weg bist, mein Herz ausbrennt. Elf Jahre später, nach unseren eigenen Höhen und Tiefen, die uns aneinanderketteten und letztendlich auseinandersprengten, sitze ich hier mit der klaffenden Wunde in meiner Seele und versuche Dich zu vergessen.

Du liebst einen anderen, schriebst Du nur kurz, Wochen, nachdem Du sagtest, dass Du mich vermisst. Wieder stürzte ich mich in den dumpfen Rausch, mit dem ich mich Monate vorher schon fast zerstört hatte. Ich dachte, ich wäre Dein Beschützer, in den Zeiten, in denen Dir Deine Vergangenheit das Leben zum Wahnsinn brachte. Letztendlich war ich wohl nur ein Trost nach Deinen tiefen Stürzen während Du nur das dunkle im Leben sahst und mich dann wieder allein sein ließt, während Du ein weiteres Mal in Deine Traumwelt abhobst.

Ich verstehe, dass meine Hilfe in Deinen Krisen kein Guthaben für mehr und längere Liebe aufbauen konnte, so funktionieren Gefühle eben nicht. Sie sind einfach da und verschwinden auch wieder. Wahrscheinlich hatten wir auch gute Zeiten, in denen wir beide normal waren, ein normales Leben führten und einander normal begegneten. Wahrscheinlich haben wir beide das beste füreinander getan, im Rahmen unserer Möglichkeiten. Dies muss ich so sehen, damit ich mich nicht weiter als Versager geißele. Ich habe viele Fehler und Probleme und sah wahrscheinlich auch gar nicht, wie sehr Du Dich, auch um mich, sorgtest.

Für Dankbarkeit ist meine Seele noch nicht bereit. Ich sehe, immer noch, jeden Tag, den Scherbenhaufen unserer vergangenen Beziehung und würde, würdest Du es wollen, blutend die scharfen Kanten dieser Scherben versuchen wieder zusammenzusetzen und ein Gefäß schaffen, in dem wir unserer Gefühle füreinander wieder bewusst sind und uns mit Liebe übergießen können.

Doch es ist zu Ende und die Wunde, die Du gerissen hast, schmerzt jeden Tag etwas weniger. Vielleicht sehen wir uns niemals wieder. Vielleicht ist irgendwann die Wunde geschlossen und hinterlässt eine versteckte Narbe, die mich trotzdem zeichnet, für mich aber nur ein Merkmal meiner Individualität ist und mich an etwas erinnert, was mal da war und nicht mehr ist und mich mit zu dem Menschen gemacht hat, der ich bin und sein werde.

29.09.2018 11:48 • x 1 #1


Babs54
So traurig und so schön, dass ich weinen muss LG Babs

29.09.2018 16:45 • x 1 #2




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