Hallo,
Weil ich nicht dauernd meine Freunde und Familie erdrücken will mit meinem Kummer, versuche ich jetzt einfach mal hier meine Gedanken und Gefühle los zu werden. Vielen Dank für diese Möglichkeit.
Meine Freundin hat mich verlassen. Und auch wenn ich sehr aktiv versuche mit dem Schmerz und der Ohnmacht in mir umzugehen, es hilft alles nichts. Da ist so viel Verwirrung, soviel Trauer und Unklarheit.
Wir waren fast 5 Jahre zusammen. Am Anfang waren wir sehr jung, für uns beide die erste ernste Beziehung und sie war sehr, sehr ernst. Im Rückblick ist natürlich schon vieles klarer und eigentlich irgendwo schon die ganze Zeit. Die Beziehung war für uns beide sehr wichtig, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
Ich bin vier Jahre älter als sie und als wir uns kennen lernten, war sie gerade im vorletzten Schuljahr. Sie kommt aus einer sehr engen, schwierigen Familie, hatte es sehr schwer, sich aus dieser zu lösen und große Angst davor, durch das Sich-lösen allein und ungeliebt zu sein. Ich habe sie geliebt, was für mich allein schon die wichtigste Erfahrung war. Und ich konnte ihr auch über die Jahre die Sicherheit geben, dass die Liebe unbedingt ist. Das hat ihr sehr viel Sicherheit gegeben und sie ist freier geworden. Wir sind zusammen gezogen, in eine andere Stadt, waren zusammen in Afrika, Schottland, Irland und sie konnte einen gesunden und schönen Kontakt zu ihrer Familie aufbauen, bei dem sie frei blieb.
Wir konnten über absolut alles sprechen und quasi seelisch vollkommen *beep* vor dem anderen sein.
Sie sagte immer, ich kenne sie besser, als sie selbst sich. Und daraus erkennt ihr vielleicht auch schon einen Teil der Trennungsgründe.
Ihre übergroße Angst vor dem Verlassenwerden, wurde immer kleiner, wir sprachen sogar häufig und ernst darüber, dass in einer längeren Beziehung wohl früher oder später auch Affären, Verliebtheiten auftauchen würden und wir einen Weg suchen wollten, diesen trotz Partnerschaft einen Raum geben zu können.
Diese Thematik hat uns viel beschäftigt.
Die Angst vor dem Verlassenwerden endete bei ihr, denke ich, vor 1 1/2 Jahren. Es blieb nur die Angst zu verlassen. Trotzdem verliebte sie sich kurz darauf, was ein großer emotionaler Kampf für mich wurde, aber sie blieb und wollte das auch.
Wir wurden fast Eltern, doch es kam zur Fehlgeburt, die vor allem für sie unsagbar schrecklich war und ein tiefes Loch hinterließ. Das Halbe Jahr danach war sie sehr distanziert und ich oft fast depressiv. Wir waren über zwei Monate örtlich getrennt, ich war sehr verletzt über ihre Distanziertheit und darüber, dass sie in diesen zwei Monaten ihrer wieder aufflammenden Verliebtheit nachzugehen versuchte, Trennungsgedanken hatte, mir aber nichts erzählte. Doch als sie zurück kam, brach auch der ganze Schmerz in ihr auf und wir konnten ihn miteinander teilen. Wir waren sehr glücklich und sehr nah.
Und auch das, glaube ich heute, hat sie von mir entfernt.
Wenige Monate nach der Fehlgeburt erfuhr sie, dass ihre Mutter schwer krank ist und inzwischen ist klar, sie diese bald sterben wird.
Im Sommer verwirklichte sie sich einen langen Traum und verbrachte 8 Wochen in den Bergen, wo ich sie auch 3 Tage besuchen konnte.
Ich weiß, ich schreibe viel von ihr, das ändere ich gleich.
Zusammengefasst, hat sie also eine sehr schwere Zeit, mehrere Schicksalsschläge, mit denen sie aber inzwischen mit außerordentlicher Kraft umgeht und großen Lebensmut daraus schöpft. Ich habe sie nie so stark, mutig und glücklich wie diesen Sommer in den Bergen erlebt.
Im Gegensatz zu ihr, hatte ich einfach einige beschwerliche Jahre hinter mir, in denen ich viel innere Kämpfe um Sinn und Motivation gekämpft habe und unendlich froh und dankbar war, sie an meiner Seite zu haben.
Das ganze letzte Jahr, bestand von uns beiden aus, aber besonders von ihr, aus Phasen von Autonomie und dann wieder großer, großer Nähe. Als sie aus den Bergen zurück kam, sind wir geplanter Weise auseinander gezogen, weil sich unsere Studiensituation nicht an einem Ort verwirklichen ließ und sie auch den starken Wunsch hatte, den ich gut verstehe und schon immer kommen sah und bestärkte, auch mal allein gelebt zu haben.
Das Auseinanderziehen war für uns beide schwer, aber für sie schwerer. Bei meinem ersten Besuch bei ihr, war sie erst distanziert, ich verletzt, bis dann wieder Verzweiflung aus ihr hervor brach und sie mich als ihre Familie bezeichnete, ohne die sie nicht könne, sie wolle mir nachziehen, nicht ohne mich sein.
Das war für mich natürlich schön, weil ich mir die räumliche Trennung nicht gewünscht hatte.
Dann kam die Trennung. In der Woche darauf, als wir beide zuhause waren, lernte sie einen Mann kennen, mit dem sie dann auch was hatte.
Einen Tag später kam sie mich besuchen und erzählte mir davon.
Das war natürlich hart, aber ich fühlte mich irgendwo vorbereitet, wir wussten ja, dass so etwas irgendwann kommen würde.
Ich war wahnsinnig verletzt, weil Eifersüchtig, aber ich konnte das sein, ohne ihr einen Vorwurf zu machen, oder von ihr zu verlangen, dem nicht nach zu gehen.
Das machte natürlich auch eine erneute große, schmerzliche Nähe und die ... die hat sie dann plötzlich abgebrochen.
Sie sagte selbst, dass sie das nicht aushielt.
In der Folge wusste ich nicht mehr, wie mit der Situation umgehen. Fühlte mich vollkommen ohnmächtig, schickte sie nach Hause und sagte ihr, dass ich so nicht mit ihr zusammen sein könne. Wie gesagt, ich war ohnmächtig, hoffte inständig, dass sie, wenn sie frei wäre, sich für mich entscheiden würde.
Ihre Worte warum sie diese Situation verließ waren, dass sie es nicht aushielt. Sie nicht zwei Menschen lieben könne. Ich nicht zweite Wahl für sie sein könne. Sie sich schäme, in meiner Nähe auch an einen anderen zu denken.
Erstmal war einige Tage Funkstille, dann kam die Trennung von ihr per Email.
Ihre Begründung war nicht der Andere Typ, sondern ihre Unsicherheit und ihr rasender Wunsch nach Autonomie, sich selbst kennen zu lernen. Sie schrieb von ihrer Angst in unserer Nähe zu ertrinken, sich zu verlieren, weil sie sich noch nie selbst gefunden hatte.
Ich konnte das alles verstehen. Wirklich. Es zeichnete sich seit Beginn der Beziehung ab, dass wir uns gegenseitig stärken um uns selbst auszuhalten.
Aber aushalten konnte ich es vor allem nicht. Vor allem nicht, dass ich das Gefühl hatte und habe, dass diese Entscheidung bei ihr eben schon sehr weit fortgeschritten ist, sie es sich irgendwo sehr leicht damit tut in ihr neues Leben einzutauchen.
Ich bat sie, noch einmal zu kommen, worauf ich dann eine Woche in völliger Verzweiflung gewartet habe.
Neben der Verzweiflung wuchs aber auch mein Verständnis für ihre ausgedrückten Gründe und das Gefühl dafür, dass es auch eine Chance für mich ist, mir selbst näher zu kommen, autonom in mir selbst zu werden.
Die Begegnung war dann der Wahnsinn. Alle Liebe und Nähe und Anziehung war und ist nach wie vor da. Ich konnte ihr kurz meine Verzweiflung zeigen, aber war auch im vollsten Verständnis. Es ging keine Sekunde darum, sie umzustimmen. Ich konnte einfach fühlen, dass es sinnvoll und wahr ist. Ich hatte sie ja als Gegenüber.
Die Begegnung war wie der Abschied zweier Liebender, von denen einer für unbestimmte Zeit auf eine Weltreise geht (Vielleicht auch für immer). Ihr war die Endgültigkeit der Trennung sehr wichtig, auch wenn sie damit nicht ausschließen wollte, dass wir uns irgendwann in der Zukunft wieder begegnen und zusammen sind.
Sie will eben frei sein für den Moment. Vollkommen frei.
Gleichzeitig war es ihr Vorschlag, dass wir uns in drei Monaten an einem bestimmten Termin treffen. Ich hatte mit einem viel längeren Zeitraum gerechnet.
Ach und ich hatte ihr gesagt, dass wenn sie mich, egal wann, wirklich brauchen sollte (z.B. Tod der Mutter), ich für sie da sei.
Tja und da steh ich nun. Ich habe danach eine Kontaktsperre begonnen und, bis auf einen kurzen organisatorischen Austausch, wegen unserer alten gemeinsam Wohnung, mich auch daran gehalten. Das ist jetzt seit 1 1/2 Wochen.
Und in Ermangelung ihrer Nähe, verliere ich das Gefühl für die Sinnhaftigkeit der Trennung. Zweifle an ihrer Liebe. Frage mich, was ich falsch gemacht habe. Und verzweifle über das Gefühl, sie halt einfach wahnsinnig zu lieben.
Ich schaff es nicht sie loszulassen und quäle mich mit der süßen Hoffnung, dass es nur eine Pause ist. Aber die Ungewissheit darüber, raubt mir den Verstand.
Mir gehts nicht die ganze Zeit so miserabel. Immerhin schaffe ich es zunehmend mich auch mal ablenken zu können. Am Anfang konnte ich mich nicht mal auf einen Film konzentrieren.
Auch in der Gesellschaft mit Freunden oder Familie gehts mir oft besser.
Ich spüre auch irgendwo die Lust, mir ein neues Leben zu gestalten, selbstbewusster, autonomer zu werden. Mir einfach selbst genug zu sein.
Aber trotzdem. Die Liebe ist halt einfach da und die Unmöglichkeit sie Ihr zu zeigen, macht mich starr vor Traurigkeit.
Der Gedanke, ihr könnte es schlecht gehen und ich nicht für sie da sein, lässt mich rasend werden.
Immer wieder kommen dann natürlich auch heiße Eifersucht und Wut hoch gekocht ....
Oh man.
Versteht mich nicht falsch. Ich habe soviel persönliches geschrieben, nicht, weil ich nicht nach einer Lösung suche, sondern mir einfach den Kummer vom Leib schreiben wollte. Die Menschen um mich rum, haben ja auch ein Leben und können nicht den ganzen Tag meine Stimmung mit mir teilen oder mir bei der Trauerarbeit helfen.
Aber eben das ist es ja, was mir jetzt am meisten fehlt: Mich mitteilen zu können und erhört zu werden.
Insofern, Danke für diese Möglichkeit hier!
01.11.2016 12:59 •
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