Schubladen

kerstinf
Hab mein Lachen verloren.

In all den Jahres muss es mir
unter den Bergen von Wäsche
in die Schublade gerutscht sein.

Oder hat es im Putzschrank gelegen?
Hab es ab und an noch gehört,
doch es ist nach und nach leiser geworden.
Zugedeckt mit Terminen und Alltag.

Dachte es im Garten vernommen zu haben.
Habe es nicht gefunden,
verdeckt vom Blätterhaufen unerledigter Arbeiten.

Es ist stiller geworden,
erstickt unter Kränkungen und Nichtanteilnahme,
lag unter Schichten von vergessener Zeit, Einsamkeit und unruhigen Kindernächten.

Bis ich es gar nicht mehr vernahm.
Es war jäh verstummt.
Taub durch Fassungslosigkeit und Trauer.

Nach langer Zeit des Suches habe ich gemerkt, dass es fehlt.

Nun will ich es wiederhaben.

Weiß auch schon wo ich es finden könnte.

Beim Aufräumen meiner Schubladen habe ich gemerkt, dass
unter einem Schleier noch etwas liegt...
Ob ich es mal aufdecke?

29.02.2012 23:41 • #1


L
Sehr schön geschrieben.

Danke für diese Gedankenbereicherung.

Besonders gefällt mir an deinem Text, dass man, wenn man selbst in ähnlicher Situation ist oder sich so fühlt, richtig Anteil nehmen kann am Verlust. Man liest, wie es verschwindet und denkt als Leser, warum lässt man es zu?

Aber wenn man sich dann auf seine eigenen Erfahrungen besinnt, dann weiß man, dass man es selbst vielleicht auch schon in die Schublade gepackt hat. Dort wird es vergessen über die Zeit.


Ich selbst räume gerade meine Schubladen auf. Mein Lachen ist sogar zerissen. Zerfetzt in tausend kleine Stücke.
Es wird viel Arbeit, es wiederzufinden.

Liebe Grüße
Chrissi

08.03.2012 12:42 • #2