Ständig Streit und Missverständnisse

J
Hallo,

jetzt habe ich mich endlich entschlossen, hier zu posten, weil ich nicht mehr weiter weiss. Mein Freund und ich sind seit ca. eineinhalb Jahren zusammen, wir kennen uns aber schon viel länger, seit ungefähr 10 Jahren. Wir haben uns in Irland kennengelernt, wo ich zehn Jahre lang gelebt habe, die ersten sechs Jahre war ich allerdings mit jemand anderem zusammen. Die Beziehung ging in die Brüche, weil mein Ex paranoid wurde und überzeugt war, andere hätten es auf ihn abgesehen oder wären hinter ihm her. Der Versuch mit ihm zu reden und ihn zur Vernunft zu bringen waren alle erfolglos, im Gegenteil hat sich mein Ex am Schluss auch noch gegen mich gewendet und mir blieb nichts anderes übrig, als die Beziehung zu beenden.

Der Mann, mit dem ich jetzt zusammen bin und ich kannten uns zu dem Zeitpunkt schon, waren lockere Freunde, die sich ab und zu mal im Freundeskreis trafen, aber mehr war da nie. Allerdings mochte ich ihn schon immer gerne. Nachdem meine Beziehung beendet war, haben wir uns näher kennengelernt, das war allerdings zu einer Zeit, in der es ihm gar nicht gut ging, er keine Arbeit und kein Geld mehr hatte, und zu seinen Eltern zurückziehen musste. Wir hatten ein Gespräch über unsere Situation und waren uns darüber einig, dass wir erst einmal keine Beziehung eingehen wollten. Das ist jetzt ungefähr 3 1\2 Jahre her.

Danach trafen wir uns sporadisch zum Ratschen oder Spaziereingehen etc. Ich litt sehr darunter ihn so deprimiert zu sehen und habe mir große Sorgen um ihn gemacht, da ich eine Zeit lang glaubte er sei selbstmordgefährdet.
Vor zwei Jahren im Sommer fing er dann an über Rückenschmerzen zu klagen. Als die gar nicht weggingen und immer schlimmer wurden, ist er endlich zum Arzt gegangen und es stellte sich heraus, dass er Hodenkrebs hatte. Er wurde sofort ins Krankenhaus überwiesen, wo ihm ein Hoden entfernt wurde und ein paar Wochen später begann die Chemotherapie. Auf einmal war er wie ausgewechselt. Während ich mir abends die Augen ausheulte, schien er erleichtert und ging sehr positiv in die Therapie. Das tat mir erst einmal gut und es gab auch gute Heilungschancen.
Während der Therapie war ich mir allerdings sehr unsicher, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Auf der einen Seite hätte ich ihn gerne mal in die Arme genommen, wollte aber in dieser Situation nicht alles nur noch verwirrender und schwieriger für ihn machen, gelitten habe ich darunter aber sehr.

Nun ja, die Chemotherapie verlief gut und war erfolgreich, seit Januar 2010 ist er diagnosefrei. Nachdem seine Chemotherapie vorbei war und er sich langsam von den Nebenwirkungen erholte, kam er immer öfter bei mir vorbei, und wir spielten Karten, sahen Filme oder unterhielten uns. Ich hatte mich entschlossen, es bei einer Freundschaft zu lassen, da mich die ganze Geschichte sehr belastete und verwirrte, ich nie wusste, wie ich bei ihm dran war.

Dann um Ostern 2010 herum machte er die ersten Annäherungsversuche. Ich war immer noch sehr verliebt in ihn und konnte nicht nein sagen, wollte eigentlich auch gar nicht, ich wollte nur Klarheit.
Die ersten paar Wochen verliefen auch recht gut, bis auf dass er aufgrund seiner Operation und vielleicht auch Chemo sehr schwere Erektionsstörungen hatte. Anfangs dachte ich mir nicht viel dabei, das sei ganz normal noch so einer Behandlung/ Therapie und versuchte ihn zu trösten, dass das nicht so schlimm sei. Er hat daraufhing seine Hormone untersuchen lassen, und es kam heraus, dass er einen zu niedrigen Testosteronspiegel hatte. Das war auch noch ok. Er hatte von seinem Arzt auch blaue Pille verschrieben bekommen, aber damit wurde es nicht unbedingt immer besser.
Ich hatte zunehmend das Gefühl, dass er sich zu sehr konzentrieren muss, damit es überhaupt klappte und ich fühlte mich immer unwohler und unsicherer, d.h. ich begann, seine Probleme persönlich zu nehmen. Zuerst habe ich versucht mir nichts anmerken zu lassen, da ich wusste, dass meine Gefühle höchstwahrscheinlich unberechtigt waren, und hoffte, dass es sich mit der Zeit bessern würde. Es wurde aber leider immer schlimmer, bis ich ihn darauf angesprochen habe.
Er war sehr überrascht und verunsichert, was alles nur noch schlimmer machte. Das tat mir leid, aber meine unangenehmen Gefühle waren inzwischen so stark geworden, dass ich sie 'nur' auf Rücksicht auf ihn nicht mehr ignorieren oder verschweigen konnte.
Das ist ein Problem, das zwar ein wenig besser geworden ist, worunter wir beide aber sehr gelitten haben und was unsere Beziehung abgesehen von dem nächsten Problem zusätzlich belastet hat.

Nun also zum zweiten Problem: Ich hatte gehofft, unabhängig davon, ob wir nun eine Beziehung eingingen oder nicht, dass er wenn er geheilt wird, langsam auch wieder auf die Beine kommt, was sein Leben - Arbeit, Selbständigkeit etc. - betrifft (er ist 37 Jahre, ich bin 39).
Aber er lebte bei seinen Eltern in den Tag hinein, ohne Plan oder Ziel, spielte viel an seinem Computer, traf sich zwar wieder mehr mit seinen Freunden als vor der Therapie, aber an Veränderung war nicht viel zu sehen. Allerdings war das inmitten der irischen Rezession, und es gab kaum Arbeit. Er hatte zwei Vorstellungsgespräche, aus denen aber nichts wurde.
Ich war an der Universität als postgrad Studentin in der Forschung angestellt, und mir viel die Arbeit sehr schwer, da das Geld nie ausreichte, und auch die Ausrüstung laufend kaputt war und nicht richtig gewartet oder repariert wurde. Außerdem verstand ich mich mit meiner Supervisorin immer schlechter, da sie wichtige Dinge nicht mit mir kommunizierte. Also entschloss ich mich, meine Laborarbeit zu beenden und meine Masterthese hier in Deutschland zu schreiben, und anschließend hier Arbeit zu suchen.

Mein Freund hatte mir ungefähr ein halbes Jahr nachdem wir zusammen waren, gesagt, dass er gerne mit mir leben würde. Ich fand das zwar sehr schön, war mir aber unsicher wie er sich das vorstellte, da er doch kein eigenes Einkommen hatte und mein Geld kaum für mich selber ausreichte. Als ich ihn danach fragte, hatte er keine Antwort.
Also hatte er sich kaum Gedanken darüber gemacht, wie ein Zusammenleben im Einzelnen funktionieren sollte. Auch als ich ihn fragte, was er denn gerne machen würde in Sachen Arbeit usw. wusste er keine Antwort.
Als ich ihm daraufhin sagte, dass ich damit Schwierigkeiten habe, da ich ja gar nicht weiß, wie wir ein gemeinsames Leben gestalten sollen, wenn er denn keine Wünsche, Vorstellungen, Ideen o.ä. hat, bestritt er, dass seine Orientierungslosigkeit unsere Beziehung beeinflussen würde. Ich konnte und kann diese Einstellung einfach nicht teilen.

Er sagte mir, er würde mit mir überall hingehen, er wäre flexibel und müsste nach so langer zeit außerhalb eines geregelten Berufslebens wahrscheinlich sowieso wieder von vorne anfangen. Er wollte auch gerne mit mir nach Deutschland kommen. Ich habe ihm wiederholt gesagt, dass ich es toll fände wenn er mitkommt, ich aber gerne mehr Eigeninitiative von ihm erwarte, was Vorbereitung, Planung, Arbeitssuche etc. betrifft. Er beteuerte mir immer wieder, dass er das schon machen würde, aber wenn ich ihm nicht ständig 'in den Ar. getreten' hätte (was regelmäßig zu Streit führte), hätte er von sich aus nichts getan.
Ich empfand diese Situation immer frustrierender. Außerdem nahm ich sein Verhalten zunehmend persönlich, da ich den Eindruck hatte, dass er entgegengesetzt zu dem was er mir immer wieder beteuert, eigentlich gar kein Interesse an einem gemeinsamen Zusammenleben hat. Er versprach mir, dass er in Deutschland nach einem Job suchen und die Sprache lernen würde.

Nun sind wir seit ca. drei Monaten hier und es hat sich nichts geändert. Er sitzt meistens vor seinem PC, hat über meinen Bruder einen Gelegenheitsjob auf der Messe bekommen, der allerdings sehr unregelmäßig und meistens kurzfristig ist. Ansonsten hat er keinen Eigenantrieb, Deutsch lernen tut er auch nicht. Wir streiten uns immer öfter, weil ich mich immer unwohler in seiner Gegenwart fühle. Er behauptet immer wieder, er würde versuchen, auf meine Wünsche einzugehen, er brauche erst mal Zeit, um sich hier einzuleben, er müsse erst einmal wieder an seinem PC verschiedene Vorgänge einüben (er war Netzwerkadministrator bevor er arbeitslos wurde).
Er sagt mir, ihm fehle im Moment das Selbstbewusstsein, sich hier zu bewerben. Er sagt mir, dass er am PC arbeitet, d.h. sich wieder auf den neuesten Stand bringt. Er ist zwar ein wenig aktiver als er in Irland war, allerdings würde er den ganzen Tag an seinem PC sitzen, wenn ich ihn nicht immer wieder ermuntern würde, auch mal etwas zu unternehmen. Aber seit kurzem streiten wir uns sogar über solche kleinen Sachen wie z.B. weggehen, da wir uns nicht einigen können, bzw. von ihm nichts kommt, kein Vorschlag, keine Absage, einfach gar nichts.

Er sagt nur, er mache alles mit, was ich machen wolle. Das befriedigt mich leider überhaupt nicht, was ich ihm auch schon öfter gesagt habe, aber kommt nicht aus seiner Lage heraus.

Auf der einen Seite tut es mir weh, ihn wieder so sehen zu müssen, auf der anderen Seite werde ich so wütend, weil es mich verletzt. Ich glaube in den letzten paar Tagen hat er endlich realisiert, wie sehr mich diese Situation belastet, und gestern wollte er sich deswegen von mir trennen.

Er war total negativ eingestellt, machte sich selbst schlecht, dass er nicht gut für mich sei, dass er sich nie ändern könne usw. Nach langem Diskutieren und Reden hat er sich schliesslich entschieden, zu bleiben und es noch einmal zu versuchen, aber mittlerweile bin ich mir selbst nicht mehr sicher, was am Besten wäre - für uns beide.

Ich hänge sehr an ihm, möchte ihn nicht verlieren, aber die Situation in Moment belastet mich so sehr, dass ich manchmal das Gefühl habe in ein tiefes Loch zu fallen.
Anstatt dass unsere Schwierigkeiten mit der Zeit besser werden, scheinen sie nur schlimmer zu werden. Er scheint ebenso verzweifelt wie ich. Er sagt, ich solle ihn so akzeptieren wie er ist. Das würde ich gerne, wenn ich mich dabei nicht so ausgenutzt und verarscht und links liegen gelassen fühlen würde. Ich wünschte mir, ich könnte ein wenig inneren Abstand gewinnen und das Ganze entspannter betrachten, aber egal wie sehr ich mich bemühe, das scheint mir nicht zu gelingen. Hat irgendwer einen Rat, eine Idee? Würde mich über jeden Vorschlag freuen

W.

05.11.2011 17:28 • #1


B
guten abend,

dein ost ist zwar nun schon eine weile her,aber mich würde dennoch interessieren wie es weiterging?
das hört sich alles so kompliziert und verfahren an,dass es wohl am besten wäre ersteinmal getrennte wege zu gehen,den kopf frei zu machen und dann zu schauen ob es wirklich das ist was man sich selbst für sein leben vorgestellt hat.

du musst denke ich deine wünsche klar formulieren und ihm begreiflich machen,dass es so kein gutes ende nehmen wird.
er hat auch eine schwere zeit durchgemacht,aber nun ist es an der zeit dass er auch mal stark für dich ist und für eure beziehung etwas tut.

alles liebe.

02.04.2012 02:31 • #2




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