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Tod der Ex hat unsere Beziehung zerstört

Miranda
Ich habe mich vor einiger Zeit nach 1 1/2 Jahren von meinem Partner getrennt.

Ich glaube, ich habe da ein sehr schweres Erbe angetreten, und damit war ich überfordert.

Vor mir hatte Hannes (Namen geändert) 5 Jahre lang eine Partnerin, die Karen hieß. Karen hatte eine schizophrene Psychose und war Drehtürpatientin in der Psychiatrie. Die Beziehung zu ihr ist daran gescheitert, dass sie einfach nie da war. Hannes sagt, sie war eine gaaanz tolle Frau, aber sie war zu 95% der Zeit einfach nicht da, hat sich nicht gemeldet und ist nicht ans Telefon gegangen, wenn er sie anrief. Sie hat ca. alle 3 Monate einen Überraschungsbesuch bei ihm abgestattet und ist genauso plötzlich wieder verschwunden. Wenn sie denn mal da war, hat sie auch nicht bei ihm im Haus geschlafen, sondern sich ihr Zelt mitgebracht und es in der Nähe aufgebaut, ihm aber nicht verraten, wo. Er hat mal gesagt, die Beziehung zu Karen wäre wie ein Dro.trip gewesen.



Am Schluss hat sie sich überhaupt nicht mehr gemeldet, bis er es dann endgültig aufgegeben hat, mit ihr eine Beziehung zu führen. Dann haben wir uns gefunden und uns miteinander liiert und alles lief richtig gut. Irgendwann in dieser Zeit trudelte ein Brief von Karen ein und sie schrieb, dass sie sich mal wieder mit Hannes treffen will. Er hat sich dann mit ihr getroffen und ihr mitgeteilt, dass er jetzt eine neue Partnerin hat. Er sagte, sie hätte bei dem Treffen einen guten Eindruck gemacht und sich gut stabilisiert.



Während dieses Treffens kam das Gespräch auf Anja, ein 17-jähriges Mädchen, das auf dem Hof von Hannes lebt und keinen Schulabschluss hat und auch sonst nichts hinbekommt. Da hat Karen vorgeschlagen, dass sie doch mit Anja von Biohof zu Biohof ziehen und mit ihr arbeiten könnte, weil sie doch ganz viele Kontakte zu Höfen hat, und dass sich daraus für Anja eine Perspektive entwickeln könnte. Anja war damit einverstanden und sie haben besprochen, dass sie erstmal auf dem Biohof von Hannes anfangen zu arbeiten, bevor sie auf anderen Höfen arbeiten.



Am verabredeten Tag war ich auch da und Karen kam. Da hat sie ja dann mit eigenen Augen gesehen, dass Hannes jetzt Tisch und Bett mit einer anderen Frau teilt. Sie ist total durchgedreht und psychotisch geworden, wahrscheinlich aus Eifersucht. Ans Arbeiten mit Anja war überhaupt nicht mehr zu denken. Sie hat wirres Zeug geredet, Leute beschimpft und Gegenstände zerstört. Irgendwann hat Hannes gesagt, dass sie nicht bleiben könne. Nun war die Frage: Wohin jetzt mit ihr? Hannes hat ihr mehrfach angeboten, sie in die Klinik zu bringen, aber das hat sie abgelehnt. Am Ende hat sie sich darauf eingelassen, sich in ihren Kleingarten bringen zu lassen, der sich in der Nähe befindet. Von dort aus ist sie dann doch in die Klinik gegangen, um sich Medikamente zu holen, war aber so auf Sendung, dass die Klinik sie gegen ihren Willen da behalten hat. Dort hat sie rumrandaliert, so dass sie ans Bett fixiert wurde. Irgendwann wurde sie wieder losgebunden und lag abends tot in ihrem Bett. Das war 2 Tage nachdem Hannes sie in ihren Garten gebracht hat. Sie ist nur 39 geworden. Zu diesem Zeitpunkt war ich 4 Monate mit Hannes zusammen.



Die Obduktion ergab, dass die Todesursache eine Lungenembolie war, vermutlich ausgelöst durch die Fixierung. Als der Arzt der Mutter mitgeteilt hat, dass sie gestorben sei, hat er im gleichen Atemzug erwähnt: Sie hat aber Heparin bekommen!, so dass die Vermutung nahe liegt, dass das Heparin, das bei einer Fixierung gegeben werden muss, vergessen wurde und nachträglich in die Patientenkartei eingetragen wurde.



Hannes hat dermaßen intensiv um Karen getrauert, dass ich mich fragen musste, ob er nun um den Menschen trauert, oder ob er sich doch noch eine Beziehung mit ihr gewünscht hätte. Auf diese Frage hat er geantwortet: Die Beziehung mit ihr hat doch nicht geklappt. Ich habe ja 5 Jahre lang versucht, mit ihr eine Beziehung zu führen, wie wir sie jetzt führen. Eine richtige Antwort konnte er mir darauf nie geben.



Später hat Hannes mir erzählt, dass Karen an jenem Abend, als er sie zum Garten brachte, mit ihm schlafen wollte. Als ich gefragt habe, ob er es getan hätte, sagte er: Nein, aber ich hätte es gerne getan. Und noch später: Als ihr klar wurde, dass aus uns nichts mehr wird, hat sie noch genau 2 Tage gelebt., als wenn er sich da einen Kausalzusammenhang vorstellt oder sogar wünscht. Er fühlt sich schuldig, weil er so einen schlechten Abschied mit ihr hatte und manchmal fühlt er sich auch schuldig an ihrem Tod, sagt er. Ich glaube, durch diese Art von plötzlichem Tod hat sie ihn auf ewig an sich gebunden, wenn auch nich gewollt.



Nach ihrem Tod hat Hannes jeden Tag Fotos von Karen angesehen und ist ständig in jenen Garten gegangen, um ihrer zu gedenken und ihre Tagebücher zu lesen. Er hat ein Foto von ihr eingerahmt und aufgehängt. Als ich ihn fragte, ob er das nicht etwas unpassend findet, sagte er: Ich darf doch wohl noch ein Bild von einer Verstorbenen aufhängen.



Einmal traf er jemanden, dessen Frau am 20.7. gestorben ist und fand es ganz interessant, dass er diesen Mann getroffen hat. Er sagte: Ich habe ja auch am 20.7. erfahren, dass meine Freundin gestorben ist. Äh, Ex-Freundin. Ich war sehr ärgerlich über diesen Versprecher, aber er hat nur gesagt: Wieso, ich habe mich doch verbessert und Ex-Freundin gesagt!



Die Situation wurde für mich immer unerträglicher, aber wenn ich ihn darauf ansprach, sagte er: Sie ist doch tot, also kann sie doch keine Konkurrenz mehr für dich sein. und dass ich mir nicht immer so viele Sorgen machen sollte.



Eines Tages habe ich ihn gefragt, ob es so ist, dass er Karen mehr geliebt habe als mich. Er sagte: Ja, irgendwie schon. Später sagte er, ich hätte insistiert und ihm diese Antwort mit glühender Zange aus der Nase gezogen. Das kann ich ihm nun glauben oder nicht glauben. Wie es wirklich ist, weiß nur er selber.



Mit der Zeit hat er weniger getrauert, Karens Foto wieder abgehängt und sich mir wieder zugewandt. Wir haben wieder sehr viele schöne Dinge zusammen erlebt. Allerdings saßen die Verletzungen bei mir noch immer sehr tief und ich habe nie ganz aufgehört, zu zweifeln. Nun, nach über einem Jahr, liest Hannes, der sich sehr für Buddhismus interessiert, noch immer Bücher über Tod und Wiedergeburt. Vor ein paar Wochen sah ich, dass er aus dem Internet eine Geburtsanzeige von einem Neugeborenen Mädchen ausgedruckt hat, welches Karen heißt und in der selben Stadt geboren wurde. Ich hatte das Gefühl, dass er irgendwie nach ihr sucht und eine Art von Kontakt zu ihr herzustellen versucht. Außerdem hat die Mutter dieses Kindes zufällig einen ähnlichen Vornamen wie ich. Das findet er auffällig, aber er kann mir nicht sagen, was das konkret für ihn bedeutet. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass er über mich eine Verbindung zu Karen sucht.



Karen hat sich kurz vor ihrem Tod einen neuen Namen gegeben, weil sie ihr Leben ändern wollte. Das war zufällig ein ähnlicher Name, wie ich ihn meiner Tochter geben wollte, wenn ich eine hätte. Auch dieser Zufall hat Hannes sehr beschäftigt.



Ist das buddhistisch oder einfach nur psychotisch?



Am Ende war für mich die Gretchenfrage, ob er sich von mir trennen würde, wenn Karen noch leben würde und ihm eine Beziehung anbieten würde. Er sagte, das sei ihm zu hypothetisch und er wisse doch gar nicht, was wäre, wenn sie noch leben würde. Er sagte: Soll ich sie verraten?. Zum Schluss hat er nochmal gesagt: Darauf kann ich dir keine klare Antwort geben, weil ich es nicht weiß. Ich habe erwidert, dass ich, wenn mein Ex-Freund mich fragen würde, ob wir es nochmal versuchen wollen, diese Frage ganz klar mit Nein. beantworten würde und ich Hannes nicht für ihn verlassen würde. Das würde ich auch sagen, wenn er tot wäre. Und damit würde ich ihn auch nicht verraten.

Dann habe ich mich getrennt.


Es war die richtige Entscheidung und im Nachhinein denke ich, dass ich mich schon viel früher hätte trennen sollen. Aber ich war einfach zu sehr verliebt.

Was sagt ihr dazu? Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

07.10.2017 20:47 • #1


Lebensfreude
Hallo Miranda, was da zwischen Hannes und Karen abgelaufen ist, hört sich sehr krank an.
Er idealisiert sie sehr und hatte wohl starke Schuldgefühle. Sie war ja wie ein Phantom.
Es ist kaum zu glauben, dass er so viele Jahre eine Beziehung zu ihr haben wollte. Beziehung kommt von Bezug. Wenn jemand ab und an auftaucht, ist das keine richtige Partnerschaft.
Und sein Suchen und seine Interpretation von Zeichen ist auch sehr merkwürdig.

Die Mutter einer Freundin war auch schizophren und ist mit ihr von Hof zu Hof gezogen, vor 60 Jahren. Und auch diese Frau starb relativ früh.

Ich habe eine psychotische Schwägerin, die alle Jahre wieder die Medikamente absetzt und dann in der Psychiatrie landet.Als Aussenstehende kannst Du da nix machen. Auch eine Bekannte von mir ist ab und zu psychotisch. Auffallend ist, dass viele Psychotiker sehr manipulativ sind.
Und von Hannes Verhalten ist sie nicht psychotisch geworden!

Aber wie auch immer, ich glaube, Deine Entscheidung war richtig. Nicht Hannes Trauer ist falsch, sondern dass er sie nie richtig losgelassen hat und sie auf ein Podest hebt, dass der Realität nicht entspricht.

Viele Menschen, die mit Psychotikern leben (Ehepartner) sind in einem Teufelskreis gefangen, aus dem sie nicht rauskönnen. Mein Bruder hätte meine manisch-depressive Schwägerin nie verlassen. Liebe war das schon lange nicht mehr.
Mein Bruder ist stattdessen am broken heart gestorben.

08.10.2017 00:58 • x 1 #2