Hallo liebe Leute,
ich hab mich angemeldet bzw. schreibe hier, um mir von Leuten, die das Ganze einmal durch haben, eventuell Erfahrungen Tipps zu holen und verfolge dieses Forum quasi seit meiner eigenen Betroffenheit. Ich versuche, auch wenn mir mein Gehirn schon sagt, dass das kaum möglich ist weil alles idealisiert wird, neutral zu bleiben und hätte sehr gerne Eure Meinung dazu (bitte).
Also: Ich bin inzwischen 29, die Trennung ist im Dezember 18 gewesen, also vor circa 1,5 Jahren. Das war meine und auch seine erste Beziehung. Er war zum damaligen Zeitpunkt 20, ich 24. Wir lernten uns in der Uni kennen, wobei ich reflektiert betrachtet sagen muss, dass wir irgendwie recht schnell zusammengekommen sind. Es folgten 4 Jahre Beziehung, nach 2 Jahren zog er von der elterlichen Wohnung bei mir ein. Er ist Einzelkind zwei getrennt lebender Eltern, ich habe 3 Geschwister. Nach einiger Zeit unserer Beziehung haben wir uns erst vor unseren eigenen Familien geoutet, dass wir auf Typen statt auf Frauen stehen. Zu seiner Familie bzw. die Familien untereinander hatten sehr guten Kontakt, besuchten sich auch irgendwann ohne unser Beisein und wir trafen uns regelmäßig zu Spieleabenden.
Von Mensch her war er (da gehts schon los, ich bin da objektiv nicht sicher), eigentlich ganz anders als ich - musste immer in allem der Beste sein, jede Note durfte nur eine 1,0 sein, dauernd nervös und angespannt, dadurch immer ausgelaugt und ihm waren Sachen wichtig, die mir einfach völlig egal waren - rückblickend betrachtet war es zB ein Riesen Fehler, dass hieraus am Ende fast ein Wettkampf wurde, weil ich gegen z.B. früher in der Uni sein als es unbedingt zu müssen völlig allergisch reagiert habe, wer sich durchsetzt (er hatte Angst, dass wir in einen Stau oder so geraten und ich habe nur den Kopf geschüttelt, es dann aber völlig genervt gemacht, um ihn dann viel zu früh in der Uni sitzend genervt anzusehen). Was er aber, im Gegenteil zu mir war: Auf sozialer Ebene hat er sich viel besser als ich gekümmert, Geburtstage anderer nie vergessen, war deutlich empathischer zu Fremden als ich und ich habe mich einfach, was ich erst im Nachhinein spüren musste / durfte, noch nie so gut aufgehoben gefühlt. Während ich für ihn sämtliche Dinge gemacht habe, auf die er keine Lust hatte (Einkaufen, Waschen, seine Steuererklärungen, ihn bekochen und co.) war er quasi trotz einiger meiner Launen, er hat mich manchmal mit seinen fast autistischen Einstellungen zum Perfekt sein schon wirklich genervt, eigentlich schon fast mein Lebensmittelpunkt (was ich auch erst danach gemerkt habe).
Ironischerweise blendet mein Gehirn alles aus, was negativ war - mir ist aber klar, dass in dieser Beziehung ein anscheinend riesen großen Kommunikationsproblem bestand und wir auch in anderer Hinsicht, ich habe mich zB quasi durchgängig darüber beschwert, dass wir nur einmal im Monat S. hatten und ständig nur die Sachen machen auf die er Lust hat, nie perfekt war. Wir sprachen darüber auch in mehreren Gesprächen, die ich rückwirkend betrachtet wohl nie zu ernst genommen habe: Die Sachen, die ihn störten, versuchte ich zu ändern, nachdem er mir seinerseits die Dringlichkeit klar gemacht hatte - allerdings fühlte ich mich da wohl zu sicher. Das Ganze ging bis einen Tag vor Weihnachten im Jahr 2018, an dem er mich, nachdem wir einige Tage vorher Zugtickets für ihn gebucht hatten (er feierte Weihnachten immer mit seiner Familie und kam dann nach zu meiner), ins Wohnzimmer beordete, wo ich schon am Gesicht ablesen konnte, das jetzt irgendwas Schlimmes kommt: Er teilte mir mit, dass er nicht in den Zug steigen würde und die Trennung will. Danach war erst einmal Ruhe, bevor ich anfing zu weinen und ihn quasi anzubetteln, das nicht zu tun. Ich will es nicht weglassen, obwohl es mir unangenehm ist: Nach einer Flasche Wein und einer Menge Tränen hab ich, keine Ahnung wieso, irgendeinen anderen Typen aus meiner Vergangenheit angerufen und noch an diesem Abend mit dem geschlafen. Die von ihm aufgestellte Regelung, dass er ab jetzt im Wohnzimmer schläft und ich woanders, habe ich einfach nachts noch umgangen, indem ich mit einfach neben ihn legte. Als seine Oma ihn am nächsten Tag fragte, wann sie mich denn sehen würde um mir meine Geschenke zu geben und er antwortete, er habe sich gestern von mir getrennt, fing auch sie an zu weinen. Ich bin also völlig verstört alleine zu meiner Familie gefahren, woraufhin mir meine Mutter die Türe öffnete und fragte, was sie denn in der Erziehung falsch gemacht habe, dass ihre Kinder immer Verlassen werden. Zwei Tage danach rief ich ihn, er lebte in unserer Wohnung, an und sagte, ich würde mich weiterhin verändern, er solle nicht ausziehen, uns eine zweite Chance geben und all sowas. Er versprach darüber nachzudenken, war aber eigentlich durchgängig deutlich gefasster als ich. Er wollte einen Bedenkmonat haben und zog zu seiner Mutter, schlief jedoch in diesem Monat noch mit mir und wenn wir uns zB in der Uni sahen, schrieb er mir vorher, wenn er Post erwartete, die ich ihm dann mitbringen sollte und co.
Nach Ablauf des Monats, in dem er mir wiederholt mitteilte, er wolle mir vorher nicht das Ergebnis seiner Überlegungen sagen und ich ihn quasi anbettelte, wieder nach Hause zu kommen, setzte er sich auf die Couch und teilte mir mit, dass er nicht wieder kommen würde. Ab da ging der ganze Kram wieder von vorne los, allerdings kam eine Menge Wut mit: Ich bin total ausgerastet, habe ihn beleidigt und dann rausgeschmissen. Noch in der Nacht telefonierten wir, im Nachhinein keine Ahnung mehr warum, und ich versuchte tatsächlich ihn durch ganz seltsame Moves meinerseits wieder dazu zu bringen, wieder einzuziehen - allein schon, weil ich finanziell nicht in der Lage war, diese Wohnung alleine zu halten. Ich glaube rückwirkend, er wusste wie ich Leute behandeln kann, die mir so richtig gegen den Strich gingen, hatte er fast Angst vor mir. Das tut mir alles unfassbar leid, jedoch versuche ich mir bis heute zu erklären, wieso ich so agiert habe, wie ich agiert habe. Er holte seine Sachen am kommenden Wochenende, weil er wusste dass ich an diesem Wochenende nicht zuhause sein würde. Man muss dazu sagen, dass einige Personen meines Freundeskreises nie viel von ihm hielten (weil ich zum Beispiel verstummte, wenn er mich streng ansah) und sich zB einen Spaß daraus machten, sofort seinen Namen vom Klingelschild zu entfernen. Sämtliche Sachen, die er mir je geschenkt hatte, sammelte ich ein und schob sie in einen Karton vor die Mülltonne (wie kindisch das heute ist. ).
Daraufhin folgte eine wirklich grauenhafte Zeit, in der ich vor lauter Verwirrung, Verzweiflung und Selbstbeschuldigungen knapp 12 Kilo abgenommen habe, für meine Verhältnisse lange krankgeschrieben war und völlig am Rad gedreht habe, auch was das Dating irgendwelcher Personen angeht, deren Namen ich nicht mal mehr weiß. Während ich also in meiner halb leergeräumten Wohnung saß und durch diese App mit Typen scrollte, blieb mir das Herz stehen, als ich ihn dort antraf, mit Bildern, die ich selber von ihm geschossen hatte. Rückwirkend betrachtet habe ich mich dann selber gehängt, als ich ihn anschrieb, wobei er nicht wusste, dass er mit mir schrieb, und er mir erzählte, dass er sich getrennt hat und nun endlich tun und lassen kann was er wolle und Lust auf Spaß habe mit Typen, die im Gegensatz zu seinem Ex was im Bett drauf haben und wir auch über seinen Ex gar nicht mehr sprechen brauchten, das würde ihn nur abtörnen - er schlug mir daraufhin alle S. Dinge vor, die er quasi an mir erlernt hatte. Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, aber noch heute kann ich mich daran erinnern als wäre es gestern gewesen, dass in diesem Moment ein Teil von mir zerbrach. Die Spirale ging ab dem Moment so derbe abwärts, dass meine Schwester eingriff nachdem sie diesen Chat gelesen hatte und mir wirklich schnell eine von ihr bekannte Psychotherapeutin an die Hand gab, von denen ich bis dato nie was gehalten hatte - nach 12 Stunden, die sie mir im Rahmen ihrer Ausbildung gratis anbot, war ich größter Fan von Psychotherapie. Sie sagte mir, dass diese Trennung einfach wirklich krass war und ich war wirklich völlig offen auch für eigene Kritik - ich würde bis heute sagen, dass das super viel gebracht hat. Ich löschte sämtliche Accounts und sozialen Plattformen, die man kennt.
Er selbst schrieb mir einige Zeit danach, dass sein Vater, der mich immer sehr gerne mochte, im Sterben lag und mich gerne noch einmal sehen wollen würde. Nachdem mir wirklich jeder davon abgeraten hatte, fuhr ich also mit meinem Ex Freund zu dessen Vater, wobei mir mein Ex Freund, der nicht wusste, dass er mit mir gechattet hatte, von sich aus erzählte, dass er bereits mit anderen geschlafen hatte (obwohl ich es ja eh schon wusste, dieses Mal beleidigte er mich aber nicht). Dumm wie ich war bot ich ihm noch an, seine Steuererklärung zu machen, sodass er mir die Unterlagen mitbrachte - im Gegenzug dazu versprach er mir, wirklich auf sich beim Dating aufzupassen und nicht mit irgendwelchen wildfremden Typen zu schlafen, das entsprach eigentlich absolut nie seiner Persönlichkeit (dachte ich). Tage darauf trank ich Cocktails mit einer Kommilitonin, die mir erzählte, sie habe ihn derzeit wenig gesehen, da er dauernd datete und sie auch gleich telefonieren würden, da er aktuell noch beim Date sei. Gleiches Spiel von vorne, ich wieder weinend ausgeatet, was aber so endete, dass ich ihn anrief und ihm sagte, er sei für seinen Vater, zu dem er nie einen guten Kontakt hatte, der schlechteste Sohn gewesen den man sich hätte vorstellen können und ich wolle nie wieder etwas von ihm hören - das war der von mir für mich selber erzwungene Schlussstrich für mich, da ich erreichte, was ich wollte: Dass er mir gegenüber endlich unfair wird, damit ich abschließen kann. Seine Unterlagen erhielt er per Post zurück, mit dem Hinweis, sich niewieder bei mir zu melden und sich von meiner Familie fernzuhalten. Ich löschte ihn, sämtliche gemeinsamen Kontakte und wechselte die Handynummer. Alle Leute, die auch ihn kannten und sich fragten, wieso ich nicht mehr erreichbar sei, blockierte ich sofort. Die Aussage mit seinem Vater tut mir bis heute unendlich leid - auch die Sache mit dem Chat habe ich, was ihn angeht, nie aufgeklärt.
Zwischendrin heiratete mein bester Freund, der anstatt meinen Ex einen Freund von mir einlud, der aber ursprünglich von Seiten meines Ex Freundes kam und ebenfalls lange daran zu knabbern hatte, als seine Freundin ihn verließ und direkt einen neuen Freund hatte. War ein super Wochenende, woraufhin wir eine Woche später nach einigen Wein darüber philosophierten, ob man es wissen wollen würde, wenn der Ex einen neuen hat. Am Gesichtsaudruck konnte ich ablesen, dass mir die Antwort nicht gefallen würde, fragte aber direkt nochmals nach. Man muss dazu sagen, dass ich die Mutter meines Ex Freundes drei Wochen vor der Trennung fragte, ob sie was dagegen hätte, wenn ich ihrem Sohn bei unserer Uni Verleihung den Antrag machen würde - im Nachhinein wusste sie bereits, dass er mich verlassen würde, stand jedoch logischerweise zu ihrem Sohn und sagte nichts. In Kurzform: Der Freund und ich, den ich wegen meines subjektiv wahrgenommenen Vertrauensbruch ebenfalls nie wieder sehen wollte, sind bis heute gute Freunde - allerdings nur, weil ich ihm gesagt habe, dass ich nie wieder ein Wort über meinen Ex hören möchte und wenn er ihn treffen will, braucht er mir nie wieder schreiben. Er machte mir nie einen Vorwurf daraus, dass ich ihm übel nahm, dass mein Ex ihn fragte, wann die Hochzeit meines besten Freundes sei, damit mein Ex mit seinem neuen Freund zu unserer Verleihung gehen konnte (selbes Wochenende), bat mich aber auch, seine Position zu verstehen - was ich nach einigen Tagen tatsächlich auch tat, weil ich mich fragte, ob ich mich nicht auch gefreut hätte, mit meiner Beziehung zur Verleihung zu gehen. Ob das nun meinen moralischen Wert angekratzt hat oder nicht sei mal dahingestellt.
Erstmal Danke, wenn Du es bis hierhin gelesen hast! Nun möchte ich, wenn jemand ähnliches erlebt und / oder verarbeitet hat, gerne wissen, wie Du darüber hinweggekommen bist? Hat jemand einen Tip? Vorneweg: Mir ist klar, dass auch ich mich rückblickend betrachtet viel zu weit aus dem Fenster gelehnt habe, was mir meine Freunde auch schon sehr deutlich gespiegelt haben. Ich bereue vieles, keine Frage. Mir geht es nicht um Hass, Wut oder sonstwas - ich will einfach nur das Thema beenden. Dennoch ist meine aktuelle Situation so, dass ich selber sagen würde, da bereits weit gekommen zu sein, aber es läuft eigentlich permanent im Hinterkopf. Völlig sinnfreie Grübeleien, die Wut auf mich selber noch immer teilweise da, Verwirrung auf höchstem Grad zwischenzeitlich. Während die Situation längst eine andere ist, hänge ich gefühlt immer noch sehr dran - zum einen an ihm als damaligen, meinen Menschen, wobei das wie eingangs erwähnt vermutlich auch viel mit Idealisierung zu tun hat, zum anderen einfach daran, dass ich in meinem bisherigen Leben noch nie eine für mich so derartig schlimme Situation erlebt habe. Ich hab den Job gewechselt, bis auf einen ausschließlich sämtliche gemeinsamen Kontakte abgebrochen, mir ein neues Hobby gesucht, lese quasi jeden Ratgeber zum Thema Trennung und Loslassen und dennoch bin ich noch immer häufig der Meinung, damit nicht abschließen zu können. Ich will nicht und habe teilweise auch echt Schiss, dass dieses Vorgehen mein weiteres Leben oder mich kognitiv bestimmt.
11.05.2020 14:15 •
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