Hallo American Dream,
ich habe deinen Forumbeitrag mit dem tiefsten Mitgefühl gelesen. Ich komme selbst aus Amerika und musste vor Jahren die höllische Zeit einer transatlantischen Fernbeziehung mit allen möglichen Höhen und Tiefen durchmachen, bis ich endlich in Deutschland heiraten konnte. Tränenreiche Abschiede am Flughafen sind mir leider nur allzu bekannt. Man sieht so etwas in Filmen und denkt sich: So schlimm kann das doch gar nicht sein, bis man selbst so etwas wirklich mitmacht. Ich kann Flughäfen seitdem kaum noch aushalten. Aber genug von meiner Geschichte. Für weitere Details dazu kannst du mal den Thread lesen, den ich in meiner eigenen Verzweiflung neulich vor einem Monat eröffnet habe. Ich würde gerne ein paar Worte zu dir und deinem Trennungsschmerz verlieren.
Auch wenn es nach 6 Jahren zwischen meiner Frau und mir ziemliche Probleme gibt und ich gar nicht mehr weiß, wie das alles ausgeht, muss das lange nicht heißen, dass ihr beide nicht glücklich werden könntet. Es ist zwar eine schwierige Sache, eine Fernbeziehung zu führen, aber wenn ihr es wirklich wollt, dann schafft ihr das auch. Meiner Meinung nach sollten keine albernen Hindernisse wie künstliche Grenzen oder gestempelte Pässe zwischen zwei Menschen gekeilt werden. Wenn zwei Menschen sich lieben, dann liegt das jenseits einer solchen vom Verstand konstruierten Ebene: Da sind Sprachkonstruktue, Pässe, Nationalitäten, Namen usw. egal. Auch wenn ihr beiden aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen kommt oder sogar ganz verschiedene Hautfarben habt, würde ich diesen Überlegungen eher weniger Gewicht verleihen. Wenn ihr euch wirklich liebt und jeder die Beziehung möchte, dann werdet ihr auch diese Grenzen sicherlich überwinden können. Natürlich ist Liebe z.T. kulturbedingt, aber ich glaube es gibt auch einen gemeinsamen Grund, auf dem sich zwei Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen treffen können und auf diesem Grund können sie sich auch verlieben.
Als jemand, der den Kultur- und Sprachraum komplett gewechselt hat, kann ich dir sagen, dass es durchaus etwas Anderes ist, sich auf eine Beziehung in einem völlig anderen Land einzulassen. Wenn es doch nicht klappen sollte, dann kann man nicht einfach mal so um die Ecke zur Familie, um sich Trost zu besorgen. Aber solche Umstände sind meiner Ansicht nach kein Grund, sich womöglich die große Liebe seines Lebens zu verbieten. Man sollte das einfach mal im Hinterkopf haben.
Du schreibst, dass du Bedenken hast, dass er eher eine Partnerin aus seinem Heimatland suchen könnte. Was macht dich da so sicher? Ist das ein ernsthaftes, realistisches Bedenken? Habt ihr schon über eure Gefühle gesprochen? Vielleicht könntest du ihn einfach fragen, ob er sich etwas Langfristiges vorstellen könnte, ob er sich sogar vorstellen könnte, dass einer von euch zum anderen hinzieht? Man kann schließlich über alles reden. Ich glaube, es wäre dabei wichtig für dich, dass du dein Glück nicht von seinen Antworten auf solche Fragen abhängig machst. Ich würde einfach vorsichtig alles etwas auskundschaften, alles auf mich zukommen lassen, damit du wirklich weißt, wie alles ausschaut.
Dein Schmerz rührt gerade daher, dass du im wahrsten neurobiologischen Sinne einen Entzug durchmachst. Ich glaube, es ist jetzt wichtig, dass du dir Zeit nimmst, alles ganz genau zu überlegen und keine überstürzte Entscheidungen triffst. Lass dir ruhig Zeit und setz dich nicht unter Zeitdruck. Rede dir nicht etwa ein, er würde dir davon schlüpfen, wenn du dir mehr Zeit nimmst. Wenn ihr zusammengehört, dann werdet ihr auch zusammenkommen.
Vielleicht hilft es dir, die Dinge klarer zu sehen und deine Gefühle grundsätzlich zu sortieren, wenn du das ganze Logistische vom Menschlichen trennst. Das Logistische besteht für mich im Finanziellen, Aufenthaltsrechtlichen, Wohntechnischem usw. und das Menschliche besteht in der reinen Betrachtung eurer Zweisamkeit: Was würdet ihr tun, wenn es nicht die Berufe und die vielen Grenzen gäbe? Wie steht ihr einfach als zwei Menschen im leeren Raum zueinander? Vielleicht hilft dir das, einen klareren Kopf zu bekommen und festzumachen, wo du gerade so stehst...
Ich wünsche dir/euch beiden bis dahin viel Kraft und Freude am Leben!
24.03.2015 08:20 •
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