Ich bin ehrlich beeindruckt.
Danke für eure Antworten, fühlt sich richtig gut an Meinungen und Ansichten von fremden Menschen zu lesen. Ich hätte vor ein paar Stunden nicht mal geglaubt, dass der Text überhaupt gelesen wird sondern dass er im Fluss des world-wide-webs untergehen wird. Das war übrigens auch mein erster Foreneintrag überhaupt. Hatte noch nie viel Bedarf zur aktiven Kommunikation im Internet. Lebe und Rede eigentlich lieber offline. Mein letzter Facebook-Eintrag war 2016 und das wars mit social-media. Und ja, es war sowas wie ein "Tagebucheintrag weil ich selber keins führe. Geschrieben hab ich immer gerne und viel, allerdings meistens erst dann, wenn es Probleme gab und ich mich entschuldigen oder rechtfertigen wollte oder musste. So wie jetzt auch. In der Trennungsphase vor vier Wochen hab ich wieder meinen Füller ausgepackt und Ihr dutzende Seiten in mehreren Briefen geschrieben. Aber was bringen Briefe, wenn man das versprochene nicht einhalten kann?
Auch wenn ich es nicht vorhatte, möchte ich nun doch ein paar Details der Situation näherbringen. Dank eurer Antworten. Bin ich euch ja fast schuldig
Wir (Ich, A. 38, Sie, E. 40) haben uns vor 9 Jahren kennengelernt. Und die Probleme fingen am ersten Tag an. Das merkten wir beide bloß nicht. Heute weiß ich genau was das Problem war. Es war mein missratenes Selbstwertgefühl im Bezug auf Beziehungen allgemein. Und wieso missraten?
Kurze Anekdote aus der früheren Vergangenheit: Ungefähr drei Jahre zuvor wurde eine 7-jährige Beziehung mit von meiner damaligen Partnerin (K.) beendet. Ich studierte in einem anderen Bundesland und nach zwei Semestern kam das Aus. Ziemlich überraschend lief da was mit einem Kumpel aus dem Freundeskreis. Sie war damals die sprichwörtliche Mutter meiner Kinder für mich. Wir hatten aber keine.
Das Ende zog mir damals den Boden unter den Füßen weg. Ich brach mein Studium ab, verfiel im Selbstmitleid und war gebrochen. Aber ich hab mich nach ungefähr sechs Monaten erholt. Hatte meinen Sport samt Verein, meine Hobbies und die Welt stand mir offen. Den Schmerz hab ich verdrängt. Hab ihr sogar bei ner Reperatur in der Wohnung geholfen, während sie mit dem Neuen nebenan im Bett lag (vier Wochen nach der Trennung). Ich dacht mir damals, dass ich da drüber stehe. Aber der Schmerz blieb. Bis heute.
Deshalb muss ich Tina1955 absolut recht geben. Seelische Wunden heilen nicht. Sie vernarben. Danke für diesen Denkanstoß Tina!
In den nächsten drei Jahren hatte ich immer wieder Beziehungen bzw. Flirts, sobald es aber ernster wurde war ich weg. Irgendwie typisch, wenn man seine Verletzungen nie aufarbeitet.
Dann kam E., die Mama unserer beiden Jungs (2 und 5 Jahre). Ich sah sie, verliebte mich und stieß sie weg. Man könnte sagen das geschah innerhalb eines Tages. Und dieses wegstoßen habe ich nie abgelegt. Vom ersten Tag an setzte ich sie immer wieder unter Druck oder maßregelte sie um die Kontrolle in der Beziehung zu erhalten. Damit mir das nie wieder passiert, was mit K. geschehen ist. Es war keine Absicht und ich war mir dessen auch nicht bewusst aber es geschah einfach permanent. Kurzum: Ich liebte die Frau, konnte mich aber nicht öffnen, geschweige ihr Vertrauen.
Heute weiß ich das. Vor drei Jahren hätte ich einen wortgewaltigen Streit losgetreten, hätte sie mir das ins Gesicht gesagt. Was sie zu Beginn der Beziehung auch immer wieder versucht hat. Aber ich hab solche Kritik als puren Angriff gesehen und mit meiner Angst gekontert. Und die fiel dann auch dementsprechend aus. Meine bereits erwähnte Cholerik drückt sich durch wüste Beschimpfungen und übelste Beleidigungen aus, die meistens mein Gegenüber verdammt hart treffen. Auf jeden Fall ein schlimmer, narzistischer Zug, der in mir verborgen ist. Hat leider viel mit meinem alten Herren zu tun, soll jetzt aber auch keine Ausrede sein. Mittlerweile hab ich mich im Griff, außer es wird emotional. Dann brechen wieder die Muster durch.
Auf jeden Fall lebten wir vier Jahre zusammen und es lief eigentlich ganz gut für uns beide. In der Zwischenzeit machte ich mich Selbständig als Grafiker und wir planten für die Zukunft. Sie hat sich schon längst an meine Art angepasst. Das hat sich darin gezeigt, dass sie jeden Konflikt mit mir scheute. Und das war dann auch immer mein größter Vorwurf an sie, nämlich, dass sie nicht mit mir redet, wenn es um wichtige Dinge geht. Ich sah es immer so, als würde sie alles bestimmen wollen. Dabei hatte sie keine andere Möglichkeit, eine Diskussion mit mir war meist schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilt. Und ihre Sturheit reizte mich dann meist endgültig. Wir sind uns nämlich sehr ähnlich. Auch in ihr ruhen alte Verletzungen die nicht schön sind.
Dann kam unser erstes Kind. Ein Traum. Alles macht plötzlich wieder Sinn. Wir hatten uns. Bis der Alltag kam und wir immer regelmäßiger in unsere Streitmuster fielen. Aber so kannten wir ja unsere Beziehung. Dann das zweite Kind. Noch schöner. Alles viel entspannter, weil schon bekannt. Aber innerhalb kürzester Zeit waren wir nur noch am Streiten. Ich kritisierte nur noch, sie versuchte zu bestimmen oder einen Streit mit stillem Protest zu kontern. Zur Erklärung: Ich arbeitete von zuhause und wollte immer der Hausmann und bei den Kinder sein. Die ersten drei Jahre unserer Kinder waren uns Beiden enorm wichtig. Wir wollten eine optimale Bindung aufbauen. Und sie hatte es nicht so sehr mit Hausarbeit, deshalb wollte ich den Part übernehmen. Auch ein ewiger Vorwurf meinerseits. Ihre Schlampigkeit.
Aber die Firma lief finanziell nicht besonders gut. Gute Arbeiten, viele Tiefschläge und Betrügereien. Sie verdiente relativ gut. Also konnten wir es uns leisten, dass ich nicht so viel Geld heimbringe. Aber das belastete mich sehr.
Seitdem, also seit ungefähr drei bis vier Jahren, wurde ich immer unglücklicher. Ich wurde regelrecht depressiv, wollte es aber nicht wahrhaben. Und je unzufriedener ich wurde, desto mehr ladete ich an ihr ab. Ich verlor mich komplett in meiner egomanischen Bubble und sah mich als Mittelpunkt für alles. Bei jedem Streit fühlte ich mich sofort angegriffen und das gipfelte nach einem heftigen Streit vor ca. 18 Monaten darin, dass ich mir ein Büro suchte. Aber mit Schlafmöglichkeit. Sie wollte auf jeden Fall dass ich mit der Firma aus der Wohnung bin. Der Stress war auch ziemlich hoch. Aber antsatt mir nur ein Büro zu suchen, holte ich mir eine kleine Wohnung und gab ihr das Gefühl, dass ich sie verlassen würde. Ich hab ja auch im Streit immer wieder solche Aussagen getätigt, an die ich mich heute teilweise gar nicht mehr erinnern kann. Ich hatte aber gar nicht das Gefühl sie zu verlassen, sondern wollte eigentlich nur Freiraum für uns beide schaffen. Aber es war nur mein Freiraum. Seh ich auch erst heute so. Für sie war der Auszug die Aufgabe der Beziehung. Wir versuchten noch eine Paartherapie, die ich aber nach der zweiten Sitzung abbrach. Mir passte der Typ nicht, war damals meine Aussage. Heute weiß ich, dass ich einfach nur Angst hatte, die Kontrolle zu verlieren.
Seitdem streiteten wir richtig hart weil wir eigentlich getrennt waren. Ohne dass ich das wollte. Aber ich hab es selber herbeigeführt. Wir waren beide überfordert aufgrund der Vergangenheit und der jetzigen Situation. Das ging sogar soweit, dass wir uns bei einer Sozialbetreuungsstelle des Jugendamtes wiederfanden um Sorgerechtsdetails abklären zu lassen.
Aber selbst die Mitarbeiterin des Jugendamts sah, dass wir uns eigentlich noch lieben müssten da wir zwar stritten, uns aber immer auf Augenhöhe begegneten.
Wir setzten hier nochmal an, überwanden unsere Probleme und starteten im Feber nochmal neu.
Sechs Monate lief es eigentlich wunderbar. Wir konnten wieder miteinander. Es gab zwar immer wieder kleine Reibereien, die lösten wir aber relativ einfach auf. Jedoch am Geburtstag unseres Größten im September reichte wieder eine Kleinigkeit aus und die letzten Monate waren vergessen. Ich rastete aus weil ich mich unfair behandelt gefühlt habe, wir fanden uns im typischen Streitmuster wieder (meistens warfen wir uns längst vergangene Dinge vor) und bin wieder für zwei Wochen ins "Büro gefahren. Das war letztendlich der Sargnagel für die Beziehung. Nach zwei Wochen machte sie Schluss weil sie nicht mehr kann. Das hab ich sofort verstanden.
Jetzt lebe ich in meinem Büro, dass gerade groß genug ist, dass unsere Jungs auch Platz finden. Wir teilen uns das Sorgerecht nämlich 50:50. Die Kinder sind also eine Woche bei Ihr, danach für 7 Tage bei mir.
Und ich frage mich unentwegt: Wie konnte es nur soweit kommen?
zu der Frage von Fanta1: Nein, es gibt keine Hoffnung mehr. Die hatte ich bis gestern. Sie beendete die Beziehung vor vier Wochen. In dieser Zeit machte ich mir unendlich viel Hoffnung, dass es schon wieder werden wird. Ich kann mich ja ändern. So wie vom Feber bis zum September. Aber gestern bat ich sie um ein klärendes Gespräch und dabei wurde mir so richtig bewusst, was in den Jahren so abgelaufen ist. Was ich ihr angetan habe über diesen langen Zeitraum hinweg. Wie stark die Verletzungen sind. Das hat sie mir natürlich nie wirklich gesagt bzw. wollte ich es nicht wahrhaben. Ich war nie handgreiflich aber ich spielte Machtspielchen. Weil ich Angst hatte verletzt zu werden.
Jetzt liebe ich die Frau mehr als jemals zuvor. Aber genau deshalb muss ich diese Trennung akzeptieren. Weil sie mit mir nicht mehr glücklich wird. Nicht nach dieser Vergangenheit.
Sorry, für diesen langen Text. Schreib seit ner Stunde und sehe erst wie viel das geworden ist. Wollte ihn gerade schon löschen aber wem das zu lang ist, brauch es ja nicht lesen
Danke nochmal für eure Anregungen, es hat mir wirklich gut getan eure Nachrichten zu lesen!
07.12.2020 17:34 •
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