Wieder an Dich

Hallo DU,

seit einer Woche hatte ich nichts mehr geschrieben, einmal weil ich keine Zeit hatte, mich nicht ständig mit dir beschäftigen wollte und auch nicht wirklich das Bedürfnis danach verspürt habe...

Inzwischen ist so einiges passiert oder auch nicht, wie man´s nimmt. Letzte Woche, mitten in der Verkaufsschulung kam deine Email... Mich überlief es erst mal siedend heiß, und dachte nur.. Das kann jetzt nicht wahr sein! Zum unpassendsten Moment! Natürlich habe ich das erste Gespräch total vermasselt, das 2. war dann ok... Deine Nachricht war sehr neutral gehalten, und deine Entschuldigung habe ich akzeptiert... und um deine Frage zu beantworten.... Nein, mir geht es nicht gut und ich hatte einen Sch...Geburtstag, aber das brauchst du nicht zu wissen. Ich bin mir nicht sicher, ob du eine Nachricht von mir erwartet hast? Vielleicht...Keine Ahnung Meine Antwort darauf kennst du, wenn du unseren Ordner öffnest... Email ist archiviert, und bei mir gelöscht... Ich will sie nicht ständig lesen und das zwischen den Zeilen Stehende versuchen, zu interpretieren...

Trotzdem warte ich ständig, ob wieder eine Nachricht von dir kommt... weil, das kann es nicht gewesen sein.... Soweit wie ich dich kenne...

Was mich auch ziemlich beschäftigt ist mein schlechtes Gewissen. Mein Kunde, Herr S. ist am Sonntag im Krankenhaus verstorben. Seit Wochen habe ich mich davor gedrückt, die beiden im Pflegeheim zu besuchen, weil ich einfach zu viel mit mir selbst beschäftigt war und ich die Atmosphäre im Pflegeheim sehr bedrückend finde... Am späten Sonntag Nachmittag habe ich an ihn gedacht, dass ich auch hätte ins Pflegeheim fahren können, anstatt faul auf der Couch rumzuliegen und mich mit Lesen abzulenken. Montags auf dem Weg ins Büro, dachte ich auch wieder an Ihn, und dass ich diese Woche auf jeden Fall hingehen muss. Keine Stunde später rief mich seine Betreuerin an, um mir Mitteilung von seinem Tod zu machen... Mein eigener Egoismus hatte mich eingeholt... heute werde ich seine Frau besuchen und ich habe keine Ahnung, wie ich sie trösten soll/ kann... Schei..... Nach über 60 Jahren Ehe muss das für sie einfach nur schrecklich sein.... (Lieber Herr S., wenn Sie mich hören, fühlen können.... Es tut mir furchtbar leid, dass ich in den letzten Wochen nicht mehr da war... Sicherlich waren Sie enttäuscht... und heute habe ich Angst, ihrer Frau gegenüber zu treten, weil ich keine Ahnung habe, wie ich mit der Situation umgehen soll....ich habe Ihnen nie viel von mir erzählt, da Ihre Situation im Vergleich zu meiner ... ich will nicht sagen lächerlich war, aber vermutlich auch nicht verstanden hätten.... Ich glaube auch, dass ich Ihren Anspruch an ihre Mitmenschen nicht hätte erfüllen können)

Das nächste Highlight dieser Woche, war das gestrige Quartalsgespräch mit meinem Chef.... Nach einer schlechten Nacht, schlechtem Gefühl, was da wohl kommen möge... kam es richtig heftig... Während wir die Ergebnisse besprochen haben und er seine Unzufriedenheit mit meiner Entwicklung zum Ausdruck gebracht hatte, fragte er mich noch, ob ich private Probleme hätte... Du wirst es nicht glauben... Ich bekam einen Heulflash und konnte auch nicht mehr damit aufhören.... Begründung meinerseits war nicht die Situation mit dir, (das habe ich für mich behalten), sondern die Tatsache, dass N.. irgendwann demnächst zu Ihrem Vater ziehen wird. In Gesprächen mir ihr stellte sich nämlich heraus, dass er ihr dieses Versprechen abgerungen hat und sie sich nicht traut, dies wieder rückgängig zu machen....Weil er sie dann u. U. nicht mehr lieb hat... Mir schnürte es gestern nur noch die Kehle zu und die Tränen waren gestern nur am Überschwappen... Ich glaube, mein Chef war gestern nur noch überfordert mit mir... Er war fast 4 Stunden bei mir und versuchte mich zu trösten, Hilfe anzubieten ... wie auch immer...
das gab meinen Tränen dann wieder freien Lauf.. ich habe mich echt dafür gehasst...
Er hat mich dann noch zum Essen eingeladen... und ich habe mir Mittags um 13.00 Uhr einen Sekt bestellt! Der hat aber auch nicht geholfen....Dieses Gefühl, immer kurz vorm Heulen zu sein, ging bis Abends nicht mehr weg... Als Ablenkung hatte ich dann noch 2 1/2 Stunden Elternbeiratssitzung und war somit 22.15 Uhr mal zu Hause und habe mich dann auch gleich in die hinteren Gemächer begeben, um den Tag schlichtweg als überstanden anzuhaken.

Natürlich waren meine ersten Gedanken heute morgen mal wieder DU, der gestrige Tag, der Todesfall...
Heute morgen habe ich dich richtig körperlich vermisst Ich hatte S. mit mir selbst, wie so oft in den letzten Monaten mit dem Gedanken an Dich... Manchmal habe ich dabei auch schon geweint. Ich vermisse deine starken Arme, deinen Geruch, dein Ankuscheln... Nein, dein Schnarchen vermisse ich nicht...! und auch nicht, dass der Fernseher morgens läuft!

Unsere Kinderplanung vom Juli ! Meine Gedanken heute...Weißt du eigentlich, daß Du einen Sohn mit mir hättest bekommen sollen? Es wäre das Kind gewesen, welchem ich vor mehr als 10 Jahren nicht erlaubt habe auf die Welt kommen... Diesmal wäre er gesund gewesen. Zu allem Übel, habe ich kurz nach diesen Gedankengängen eine Schulgruppe laufen sehen, wer voran? ein Junge ... ungefähr in diesem Alter mit Trisomie 21 .... Habe ich dir erzählt, dass mich dieses Kind vor Jahren im Traum mehrfach gerufen hat und ich sofort wusste, dass es ER (Elias, so habe ich ihn damals genannt) war/ist? In seiner Stimme schwang damals bei dem Wort Mama nur Liebe mit und ich wusste, dass er mir nicht böse ist.... Er wollte diesmal, mit dir als Vater, geboren werden und bei mir/ uns leben... Du wärst ein wundervoller Vater geworden....

Vielleicht habe ich mich einfach in dem Lebenslabyrinth verlaufen.... ich schaffe es immer wieder, auf Abwege zu geraten und meinem vorgezeigten Weg zu verfehlen

So.... ich fühle mich jetzt besser und werde versuchen mich von den Gedanken XP loszureissen

In Gedanken immer noch bei Dir

Ich