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Wie soll ich mit ihr über meine Depression reden?

M
Hallo @Kagorinho

Ich finde es toll, dass Du Dir darüber Gedanken machst.

Du scheinst sehr reflektiert und man merkt, dass Du einen langen Umgang mit Deiner Thematik hast. Dass Du Deine neue Partnerin darüber informieren willst, finde ich richtig und auch wichtig, aber mindestens genauso wichtig finde ich, dass Du nicht stigmatisiert wirst. Genau das ging aus mindestens einer Antwort hier allerdings bereits hervor. Vermutlich fragst Du auch genau deshalb nach unserer Meinung.

In meinen Augen ist es am wichtigsten, dass vor allem klar ist: Diese Thematik ist Deine Thematik. Du bist in Behandlung und hast einen - wie mir scheint - guten, gesunden Umgang damit.

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, geht Dein Interesse an Deiner Freundin durchaus weiter, sodass sie davon irgendwann auf jeden Fall erfahren muss. Ich finde nicht, dass sie das sofort erfahren muss, weil sie Dich eben genau so kennenlernt wie Du bist. Es handelt sich hier nicht um etwas Verstecktes, das sie nicht mitbekommen wird, solange Du es verbergen kannst, weil Du es nicht verbergen kannst. Das liegt sozusagen in der Natur der Sache.

(Edit, weil ich beim späteren Durchlesen fand, dass dieser Punkt nicht ganz klar wird: Deine Diagnose ist nichts Verstecktes, weil sie sich auf Dein Empfinden, Dein Verhalten und Dein Wesen auswirkt. Jeder, der Dich kennenlernt und Dich über einen längeren Zeitraum erlebt, erlebt Dich eben so wie Du bist. Da Du schreibst, dass Du um die Thematik weißt, Therapien hinter Dir hast und Medikamente nimmst (SSRI?), ist davon auszugehen, dass Du vollumfänglich eingestellt bist, nicht nur von medizinischer Seite, sondern auch durch Aufklärung und eigene Erfahrung, eigenes Erleben. Ich würde nicht erwarten, dass Deine Freundin mit problematischen Situationen konfrontiert wird, die sich ganz plötzlich und unvermittelt ergeben, weil Du dafür schon hinreichend Erfahrung und Kenntnis, auch bezüglich des Umgangs mit der Thematik, hast. Anders wäre das sicherlich bei jemandem, der eine erste Depression entwickelt, da ist der Partner sicherlich erstmal ge- und vielleicht überfordert.)

Ich verstehe Dich so, dass Du Sorge hast, Deine Freundin könnte, je nachdem, wie informiert sie über das Thema Depressionen ist, Befürchtungen haben, die nicht zutreffend sind. Deshalb denke ich, dass ich genau hier ansetzen und sie auf das Thema ansprechen würde, um zu erfahren, wie viel sie darüber weiß. Im gleichen Zug würde ich ihr dann allerdings auch die Info geben, dass Du wegen dieser Thematik in Behandlung bist, alles andere empfände ich als unehrlich, weil fehlende Offenheit irgendwann einer Unehrlichkeit gleichkommt.

Wann der richtige Zeitpunkt dafür ist, wirst Du sicherlich spüren. Allerdings würde ich mir keinen allzu großen Kopf darüber machen. Wie lang sind die Phasen, in denen Du keine depressive Episode hast? Das wäre bspw. eine Information, die ich ihr ebenfalls geben würde.

Letztlich finde ich entscheidend, dass Du als Betroffener weißt, was bei und mit Dir los ist und Du offenbar verantwortungsbewusst in Deinem Sinne, aber damit auch gleichzeitig im Hinblick auf Dein soziales Umfeld, damit umzugehen weißt und Dich in Behandlung begibst. Deine Freundin muss daher sicherlich nicht befürchten, dass Du - wie jemand, der noch nicht diagnostiziert ist und nicht bereits in Behandlung war oder ist - einfach abstürzt und sie dann heillos überfordert sein wird.

Du bist der Experte Deiner Situation. Deshalb bin ich mir sicher, dass Du das richtige Maß an Informationsübermittlung und Feingefühl aufbringen wirst, um sie aufzuklären und ihre Fragen zu beantworten, wenn Du den richtigen Zeitpunkt dafür erspürt hast. Deine Diagnose macht Dich jedenfalls nicht zu einem schlechteren Menschen, und ich denke, das ist so ziemlich die wichtigste Botschaft, die rübergebracht werden sollte.

26.08.2022 11:09 • x 4 #16


tina1955
@Mispelchen , vielen Dank. Besser hätte man es nicht beschreiben können.

26.08.2022 11:18 • x 2 #17




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