Zitat von Gretchen:Mir kommt das alles so unwirklich vor, dass das jetzt gerade mein Leben sein soll. Mit diesem lieblosen Ehemann. Mit allem
Was in den letzten zwei Jahren passiert ist.
Zitat von Gretchen:Ich finde es innerhalb eines Jahres eine Erkenntnis, dass ich den Mann mit dem ich seit 17 Jahren ein Paar bin und seit fast 12 Jahren verheiratet bin und vier Kinder habe, in einem ganz anderen Licht sehe und zwar so dass eine Partnerschaft für mich nicht mehr in Frage kommt. Das ist ziemlich schlimm (für mich),
Ich habe schreckliche Schuldgefühle den Kindern gegenüber.
Da is mer ma zwei, drei Tage hier nicht unterwegs und schon gibt es die Margarete statt in üblicher Lakonik in Verzweiflung. Liebes, es tut mir leid, hoffe Dein Fieber is besser.
Aber wenn ich jetzt ma hier rein grätschen darf. Insbesondere das zweite Zitat hat es mir angetan. Ich habe zwei Worte für Dich.
das erste ist Statik. Wieso ist es denn bitte nicht möglich, daß der Mann, den Du vor 17 Jahren geheiratet hast, der war, für den Du ihn gehalten hast?
Wenn der jetzt grad ein Trottel ist, dann kann das einerseits an der Situation liegen (merke, Überforderung trifft selten nur einen) oder andererseits daran, dass er sich halt in 17 Jahren geändert hat. Menschen pflegen dies zu tun.
Allein die transition von Paar zu Eltern verändert, manchmal eben nicht nur zum Vorteil. Weil nun mal niemand auf diese Art von Veränderung vorbereitet sein kann und Elternschaft nicht unbedingt mit dem notwendigen Heiligenschein verbunden ist, welcher dieser Situation gebührt. Manchmal führt das eben nicht dazu, daß man emphatischer wird sondern egoistischer.
In einem stimme ich Mamorkuchen zu, auch ich habe den Eindruck, daß Du nicht um Hilfe fragen kannst, was kein Problem per se wäre, es aber eins ist, weil Du ja welche möchtest. Und das ist schon eine Diskrepanz, die Du für Dich selbst nicht (im moment) gelöst bekommst.
Die Frage nach Verantwortung, das recht unterschwellige wenigstens Ibuprofen, aber Laufen gehen, beschäftigt sein, wie geht das mit den Kindern etc. all das stammt in erster Linie aus einer Grundkonstellation:
ich möchte, daß Du Dich um die Kinder kümmerst, weil ich jetzt gerade krank bin.
Den Satz bekommst Du nicht formuliert.
Stattdessen ein nicht bitten wollen, woraus, hallo Wortstamm, Verbitterung wird.
Zurück zur Statik, Du bist die erste die Veränderung anerkennt, die Raum geben wichtig findet, die unglaublich auf Raum bedacht ist, dennoch aber soll doch bitte alles so bleiben.
Daher das zweite Wort: Stabilität.
Die ist nämlich abhanden gekommen. Der gilt es nachzutrauern und die ist halt im Moment noch weniger aufzutreiben als ne Flasche Wasser in der Wüste.
Stabilität ist aber nicht Statik.
Du fragst dich, wen Du da um alles in der Welt geheiratet hast. Was doch bei Lichte betrachtet in eurer Situation der normalste Gedanke der Welt ist, weil er Fortschritt in der Ablösung demonstriert. Trennung, also eben auch das Auflösen der Symbiose (die Form von Partnerschaft, die ihr gewählt habt) bedeutet auch, den anderen anders zu sehen, sehen zu lernen. Hilfsmittel dazu ist die Abgrenzung, daher ein, also so wie du da reagierst, es löst, handelst, damit kann ich nicht (einverstanden sein, leben, wollen) im Grunde sein. Das ist ein fundamentaler Schritt im Rahmen der Ablösung.
Das weißt Du kognitiv. Nur, hast Du scheinbar, die Rechnung ohne den Wirt, der in diesem Fall Emotion heißt, gemacht.
Das ist schmerzhaft, zum Teufel (hallo Mephi) ist das schmerzhaft.
Was ich bei Dir unglaublich spannend finde, aber ganz sicher auch vier Kindern, plus Job, anspruchsvoller dazu geschuldet, was ich spannend finde, ist, daß Du lieber jede Form von kognitiven Umweg wählst, als Ausdruck (was Du für Sprache hältst!) für Deine Emos zu finden.
Du hast tausend Erklärungen: meine Eltern waren. Ich bin Frühchen. In der Schule. Ich habe dies und dann jenes. Du inszeniert Deine eigene Geschichte, Drehbuch par excellence. Dafür gibt es einen Grund und da Du vom Fach bist, bist Du so unglaublich geschult darin, daß diesen blinden Fleck anzugehen, total schwierig ist.
So wie Du vielleicht Statik und Stabilität für das Gleiche hältst, scheinst Du auch immer wieder Sprache und Ausdruck für idente Dinge zu halten.
Die Emotionen zum Ausdruck zu bringen, kann mit Sprache zusammen hängen, muß es aber nicht. Dir Liebes, fehlt es nicht an Sprache, aber wirklich an Ausdruck.
Wir wissen beide, daß Du Dich real schuldig fühlst wegen der Kinder, wir wissen beide aber auch, daß ist eigentlich auch genau das, was man eben nicht tut. Man geht nicht hin und begründet mit Kindern. Auch nicht mit Schuld oder hübsch eigener im Sinne des vermeintlichen Auswahlverschuldens. Mag im ersten Moment glaubwürdig sein, ist es bei genauer Betrachtung nicht, ist nur Deko, denn
dann gälte es um so mehr (!) die Trennung zu vollziehen und einen neuen Weg für sich und dann die Kinder einzuschlagen.
Ich habe damals falsch gewählt und deswegen ist es jetzt doof, daß wir uns trennen? Nö ne.
Ich habe damals falsch gewählt, weil ich Euch ein anderes Leben als dieses jetzt bieten wollen würde?
Ohne Deine damalige Wahl gäbe es kein Euch, keinen Adressaten, daher ist in diesem Denken ein fundamentaler Fehler, ein Feigenblatt, welches es auszumachen gilt.
An das magst Du im moment noch nicht ran. Das ist ok. Alles zu seiner Zeit.
Für den Moment aber, ist es wichtig, so wichtig wie die Kinder, so wichtig, wie irgendetwas nur sein kann, daß Du zumindest mal bereit bist, in Erwägung zu ziehen, daß Du formulierst.
Erklär mir doch mal bitte, was für dich so unmöglich ist, an dem Satz: ich weiß, Du gehst am Sonntag dort und dorthin, aber ich habe Fieber, kannst Du die Kinder übernehmen?
Für heute: Statik, alles bleibt so, ist nicht Stabilität, nach der wir uns alle sehnen. Emotionen mit Lyrik und ähnlichem zu beschreiben, Sprache also, heißt nicht, daß man sie, die Emotionen, in Worte fasst und schon gar nicht, daß man ihnen Ausdruck verleiht.
Radikale Akzeptanz beispielsweise ist ein netter Perspektivwechsel, aber am Ende des Tages, auch nur eine (sic!) Methode um mal über Vertrauen oder eben Selbst-Vertrauen zu plaudern.
Vertrau auf Dich.