Was immer du dir vorstellen kannst, kannst du auch tun. (Goethe)
Dass das zutrifft bzw das man einfach nicht tun kann, was man sich nicht vorstellen kann, das habe ich in letzter Zeit oft feststellen müssen oder auch dürfen.
Heute ist mein erster Tag in der Uni Klinik- und ich merke gleich- ich bin im Haus, das verrückte macht.
Denn meinen Schlüssel bekomme ich erst wenn ich meinen dienstausweis habe und letzteren erst bei Vorlage des Schlüssels.
Ich nehme es mit Humor und meine Kollegin war so nett, mir einen Ersatzschlüssel im Sekretariat zu hinterlegen da sie heute auf einer Fortbildung ist.
Also konnte ich immerhin schon mal meinen Raum aufschließen und mir Kaffee kochen, das werte ich als positives Zeichen.
Seltsam still hier im Raum und rundherum all das echte Drama.
Das relativiert auch einiges.
Eine anstrengende Zeit liegt hinter mir und eine anstrengend vor mir- aber es gibt doch gravierende unterscheide- ich habe selbst entschieden bzw ich weiß woran ich beteiligt bin.
Das fühlt sich so viel besser an.
Letzten Dienstag (wir haben die Tage aufgeteilt wann wer weg sein kann) fuhr mein Mann gegen 18 Uhr los zu seiner Freundin (ich kenne sie nach wie vor nicht). Üblicher Weise schläft er dann dort, es entstand bereits eine gewisse Regelmäßigkeit. (Er war dienstags und Donnerstag weg und alle 14 Tage am Wochenende) und ich meist mittwochs.
Allerdings hatte er auch schon festgestellt dass diese Lebensführung recht anstrengend ist. (Er hat eine Stunde fahrtweg)
Ich hatte die Kinder ins Bett gebracht (sie zeigen sich nicht mehr beeindruckt wenn ihr Vater weg ist, höchstens nach wie vor die große- dazu später mehr), sass am Schreibtisch über meinen Akten (ich neige zum aufschieben von wichtig Formalitäten) um Ordnung zu schaffen bevor ich die neue Stelle abtrete und genoss die Ruhe- da hörte ich wie die Tür aufgeschlossen wurde.
Und siehe, da, kein Geist- sondern mein Mann zwar reichlich blass stand um 21:30 bereits wieder in der Tür.
Ich: Was machst du hier?(nicht sehr geistreich ich gebs zu)
Er: ich wohne hier, schon vergessen?
Stimmt, da war ja was- hat sich auch schon als nützlich erwiesen da natürlich ausgerechnet an meinem ersten Tag die mittlere Fieber bekommen hat. Aber irgendeinen Sinn muss das ja haben dass ich mit dem Vater wohne, so dass dieser dann zu Hause bei ihr geblieben ist heute (mobiles Arbeiten- das wär früher ein Ding der Unmöglichkeit gewesen- so verändert sich auch mal was zum guten)
Auf jeden Fall zeichnete sich das Ende der großen Liebesgeschichte (man erinnere sich- er trennte sich eines Morgens April unter Tränen von mir nach dem ich gerade mit dem gesamten wocheneinkauf in der Tür stand- unsere Tochter hatte in ein oder zwei Tagen Geburtstag, mit den Worten: ich kann das einfach nicht: dramatische Pause: ich liebe SIE)
Da ist Romeo und Julia wirklich nix dagegen das sieht man auf einen Blick.
Ach ich bin schadenfroh- wobei das eigentlich blöd ist- weil betroffen bin ich ja dennoch von diesem Mann der nicht denken kann- dessen Worte noch nicht mal ein Jahr überdauern.
Was kann ich ihm schon noch glauben außer dass er komplett den Kompass verloren hat bzw diesen nie besaß.
Ich werte die Situation so, dass seine Freundin eine kluge wenn auch kurzfristig umnachtete Frau ist, die endlich wieder angefangen hat zu denken (Glückwunsch)
Würde ich sie kennen, ich würde ihr sagen: richtig gemacht- was willst du mit ihm? Du kannst ihn nicht retten- er ist verloren. Und selber retten kann oder möchte er sich nicht bzw seine Rettung sieht anders aus, als wir vielleicht dachten.
So ist doch jeder seines Glückes Schmied und man kann sich beim schmieden ziemlich verbrennen-
Ich mach meine Klinge in der Zwischenzeit noch etwas schärfer und hör die Seeräuber Jenny in dauerschleife (es werden kommen hundert gen Mittag an Land und werden in den Schatten treten)
Herrlich diese Rache phantasien- aber ich bin froh dass ich weder mich noch meinen Mann wirklich vernichtet habe bzw geschadet. habe.
Phantasien kann man ja meinetwegen haben und gehören dazu.
Mein Mann und ich regeln den Alltag gemeinsam, kümmern uns um Kinder und Haus, schauen better call Saul und bestellen beim Thailänder.
Aber ich merke mehr und mehr eine innere Distanz von meiner Seite aus.
Diese trat noch mal deutlich zu Tage, als mich die große neulich zum wiederholen Male fragte:
Wo bist du wenn du nicht hier übernachtest?ich habe da eine Vermutung- stimmt die?
Ich: Vermutungen stimmen meist.
Sie: also stimmt es?
Ich: ja ich bin dann bei einem Freund
Sie: aber warum? Du hast doch mich.
Ich: du bist ein Kind, manchmal braucht man einen Erwachsenen. Du machst eh schon viel zu viel- es ist nicht deine Aufgabe, dich um mich zu kümmern
Sie: ich mache es gerne
Ich: ich weiß und ich bin dir auch dankbar aber deine Mutter hat beschlossen das wieder selbst zu tun
Sie: und Papa?
Ich: du weißt doch, Papa kann sowas nicht so gut. Du kennst ihn ja.
Sie: ja mit Gefühlen hat er es nicht so
Ich: ja da hast du wohl recht. Deshalb geht das für mich auch mit Papa nicht mehr.
Sie: fängt an zu weinen und zeigt sich regressiv, nuckelt am Daumen, kauert sich zusammen
Sagt leise: du (Namen der kleineren Schwester) Papa übernachtet bei seiner Freundin und Mama bei ihrem Freund.
Weint, weint, weint.
Stille... ich atme, atme, atme für uns beide...
Nach einer Unendlichkeit von ein paar Minuten in denen ich meinen Mann hasse kommt sie auf meinen Schoß.
Nächster Tag, neues gespräch, sie hat sich gefangen, ich bin so beeindruckt von ihr.
Sie: wie heißt eigentlich dein Freund?
Ich: er ist nicht mein Freund, es ist ein Freund.
Sie: Und wie heißt er nun?
Ich: T.
Stille
Sie: ist Thor ein Spitzname wie du manchmal honignäschen zu mir sagst?
Ich: Er heißt T.- du kennst den Namen bisher nicht.
Sie: du hast Thor gesagt
Stille
Sie: ich dachte du schläfst im Wald aber ich wusste ja das kann nicht stimmen
Ich: das ist Phantasie, ich stelle mir das vor
Sie: ach so- und wo wohnt er in echt?
Ich: irgendwo bei...
Sie: wie sieht er denn aus?
Welche Haarfarbe hat er?
Ich: sagen wir mal schwarz
Sie: schwarz?
Ich: er mag schwarz
Sie: und die Augen?wenn man in die Augen guckt, weiß man die Wahrheit- so mache ich das immer.
Ich: die sind blau
Sie:Nachtblau oder Tagblau?
Ich: er findet sicher Nachtblau schöner
Sie: ich auch, ich mag es mich zu gruseln.
Ich: willst du ein Foto sehen?
Sie: ja und lacht
sie mustert das Bild genau
Sie: ich glaube er hat Eckzähne (sie scheint damit zufrieden- sie meint Vampirzähne)
Sie: willst du ihn mal einladen? Ich möchte ihn kennen lernen und schauen ob er nett ist. Wenn mein Bauchgefühl gut ist, habe ich nichts dagegen wenn er dein Freund ist
Ich: lache, ja man muss auf sein Bauchgefühl hören.
Ich weiß noch nicht ob ich ihn einladen möchte- du weißt ja ich bin mit Papa verheiratet und man muss sich schon sehr sicher sein.
Sie: ja weiß ich doch, ich finde du kannst trotzdem einen Freund habe
Ich: willst du auch Papas Freundin kennen lernen?
Sie: ich glaube nicht, Papa redet mit mir nicht darüber und daher kann ich nicht fragen, wenn ich fragen würde, würde er sagen er habe keine Freundin.
Ich: Schatz, ich wohne mit euch zusammen, ich werde niemanden so sehr lieben wie dich und deine Geschwister
Sie : puh da bin ich aber erleichtert. Gestern war ich so..... (ich weiß das genaue Wort nicht mehr was sie benutzt hat- sowas wie neben der Spur/ ängstlich/ verzweifelt)
Unterhaltung Ende, wir sind an unserem Ziel angekommen (das war auf einer Autofahrt zu ihrem Hobby)
Man muss dazu wissen, dass meine große den kleinen Vampir über alles liebt und fast alle Bände hat und diese ständig wieder liest (im übrigen trennen sich die Eltern der Hauptperson und Anton beschließt auch ein Vampir zu werden da er sich nicht entscheiden möchte bei wem er leben will)
Zu dem Foto von dem Mann den sie Thor nennt, muss ich sagen, dass er im viktorianischen Gothik Stil gekleidet ist, was sie sehr beeindruckt hat. ( es gibt sie doch, echte Vampire)
Also kann man schon sagen dass sich der Wanderer über dem Nebel durch absolutes unbeeindruckt zeigen von meiner Lebenssituation mich schon recht beeindruckt hat durch Tiefsinn und wortgewandtheit sowie seine aufgeschlossene Art (neulich Nacht hab ich mit ihm seine Familie aufgestellt- playmobile Figuren eignen sich hervorragend)
So ich glaub ich wage mich jetzt mal auf Station und gucke was das ganz junge und verletzliche Leben macht- so wie ich vor 36 Jahren auch gestartet bin.
Und ich bin fest entschlossen mich auch ins Leben Selbst zu wagen.
Dennoch mache ich mir viele Gedanken um die Kinder, besonders um die kleineren und den kleinen Sohn (und sein männliches Vorbild)
Aber ich Versuch mich weiter nach folgendem Spruch zu richten:
Es muss von Herzen gehen, was auf Herzen wirken soll (Goethe)
Gretchen