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Nach Tod des Vaters alles anders

C
Ihr Lieben,

ich weiß gar nicht, ob ich die richtige Kategorie ausgewählt habe, denn ich weiß gerade gar nicht, ob ich überhaupt eine Beziehung habe oder ob wir nur in einer Krise sind. Ich weiß ehrlich gesagt im Moment gar nichts und hoffe, dass ich hier vielleicht eine neue Sichtweise bekommen kann zu meiner Situation.

Nach einer schwierigen Zeit in meinem Leben (Trennung von mehrjähriger Beziehung, in der ich nur betrogen, belogen und in meinen Grundfesten zutiefst erschüttert wurde), habe ich Anfang des Jahres einen Mann kennengelernt. Eigentlich wollte ich die Zeit noch für mich nutzen, um zu mir selbst zu finden, aber wie das Leben so spielt, hat er mein Herz erobert. Wir ließen uns Zeit, sahen uns nicht oft, jeder hatte seine Freiheiten, aber dennoch war es wunderschön, wenn wir gemeinsam waren. Kurz um, ich hatte mich verliebt in ihn. Es war eine ganz andere Art von Beziehung, die ich bisher geführt hatte und es tat mir gut, auch wenn ich es in dem Moment nicht wahrhaben wollte, dass wir nicht aufeinander klebten und auch mal ein oder zwei Tage nichts voneinander hörten. So hatte ich immer noch genug Zeit für mich selbst und mein Leben zu ordnen, aber auch das neue, schöne zu genießen.

Im September fing es jedoch an... sein Vater wurde krank und er war teilweise gar nicht mehr ansprechbar und aufnahmefähig. Ich zeigte Verständnis, teilte ihm aber auch meine Sorgen mit (rührte aus den Verletzungen der vorherigen Beziehung, das ich sehr schwer Vertrauen fassen kann und immer Angst habe, belogen zu werden). Er verstand es, zeigte mir, dass er mich nicht belügt und so ließ ich ihn in Ruhe, damit er sich um seine Familie kümmern konnte. Natürlich empfand ich es teilweise als schmerzhaft, dass ich komplett zurückstecken musste, schäme mich auch für mein Denken und Verhalten, aber ich bin auch nur ein Mensch mit Bedürfnissen. Es war ein ständiges Auf und Ab, erst sagten die Ärzte, er wird wieder gesund, dann sah es wieder schlechter aus.
Ich besuchte den Vater im November im Krankenhaus. Die ganze Familie war dankbar, dass ich Anteilnahme zeigte und auch mein Freund war zutiefst dankbar, dass ich da war.
Es wurde immer kritischer und ich teilweise konnte ich auch nicht mehr. Ich verstand es nicht, warum er nicht mal kurz antwortete, ich machte mir auch Sorgen, auch um ihn. Teilweise zog er sich zurück, teilweise gab er Infos Preis, es war ein ständiges Auf und Ab der Stimmungsschwankungen.
Ende November kam dann eine kurze Nachricht, dass sein Vater gestorben ist. Ich glaube ich muss niemandem sagen, der schon mal einen Angehörigen verloren hat, was dann passiert....

Ich besuchte die Familie zuhause um allen mein Beileid persönlich zu bekunden. Das war auch wichtig für mich, nicht nur um meinem Freund zu zeigen, dass er mir wichtig ist.
Ich bot meinem Freund immer wieder an, dass ich jederzeit komme, immer für ihn da bin, er da nicht alleine durch muss, da ich weiß er ist manchmal etwas unbeholfen in der Hinsicht, auszudrücken was er will. Ich erwartete nicht, dass er etwas annahm, sondern er sollte nur wissen, ich bin da, wenn er mich braucht... So kam es das ich knapp zwei Wochen nach dem Tod seines Vaters zu ihm fuhr. Er wollte mich sehen. Als ich ankam, überkam mich die Trauer aus seiner Familie und ich mich riss es förmlich in ein Loch. Ich war unfähig für ihn da zu sein, schwieg die meiste Zeit (seine Familie war ebenfalls anwesend an dem Tag, es vergeht gerade kein Tag, wo sie nicht alle zusammen sind) und wenn ich im Bad war, weinte ich. Ich fragte dann, ob ich gehen sollte, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, ich bin gerade Fehl am Platz. Er meinte ja, das traf natürlich. Wollte ich für ihn da sein, konnte es aber nicht, es war ein komisches Gefühl. Er meinte dann, eigentlich will er nicht, dass ich gehe, aber irgendwie schon, aber jetzt ist die Familie da und er ist hin und hergerissen weil er ja eigentlich mit mir sein möchte, aber doch wieder für sich.
Ich bin gegangen, da er gar nicht klar denken konnte und in der gleichen Nacht, hat er mich gebeten die Nacht bei ihm zu bleiben, er sei alleine. Nachdem er das gesagt hatte, hab ich meine Sachen gepackt und bin sofort zu ihm, denn ich war froh, dass er nicht zumachte. An dem Abend konnte ich auch für ihn da sein, wir redeten über Belangloses und schliefen zusammen ein. Am nächsten Morgen war er wie ausgewechselt, abweisend, zurückgezogen, ich bin dann auch sofort gefahren, hatte ihm jedoch geschrieben, dass ich extrem verunsichert bin gerade. Er sagte, dessen ist er sich bewusst und er ist sich auch unsicher. Danach packte mich die Panik ihn zu verlieren und ich wollte ihm ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, indem ich wohl ziemlich Druck gemacht habe Dabei wollte ich nur zum Ausdruck bringen, er ist mir wichtig, ich stehe mit ihm die Zeit durch wenn er das will.

Erst kam, er mag mich, aber ich soll im Moment nicht mehr erwarten. Dann kam, ihm geht es überhaupt nicht gut und ich soll gerade nur eine gute Freundin sein und nichts missverstehen. Anstatt es gut sein zu lassen, habe ich in meiner Panik ihm beteuert, dass er mir wichtig ist, ich ihn nicht verlasse, sondern warte, er sich keine Gedanken wegen mir und meiner Gefühle für ihn machen müsse. Irgendwann kam, er will nicht antworten, niemanden.

Danach war Funkstille. Zwei Tage später hatte ich mich bei ihm entschuldigt, ihm erklärt ich sei in Panik geraten und das es mir Leid tut. Es kam nur, ist ok keine Entschuldigung. Genau das stand da.

Seitdem lasse ich ihn in Ruhe, aber meine Gefühlswelt spielt verrückt.
Ich wollte alles richtig machen, wollte für ihn da sein und im Grunde habe ich wohl alles kaputt gemacht. Ich habe mich so blöd verhalten in meiner Panik und Angst um ihn, dass ich es anscheinend komplett durchtrieben habe.
Ach, ich bin gerade traurig und verzweifelt. Ich weiß es gar nicht richtig auszudrücken.

19.12.2015 11:51 • #1


Lebensfreude
für Deinen Freund ist gerade eine Welt zusammengebrochen.
Und beschuldige Dich nicht selber, dass Du es durchtrieben hast.
Es gibt ein gutes Buch von Pauls: Keine Angst vor fremden Tränen.
Jetzt geht es erstmal um Dich. Tu was für Dich, treff Dich mit Freundinnen.
Lass es Dir selbst gut gehen. Du kannst ihn im Moment nicht erreichen.
Ich wünsche Dir viel Kraft für Dich selbst.

19.12.2015 12:02 • #2


A


Nach Tod des Vaters alles anders

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C
Danke

Ich weiß, dass bei ihm alles gerade drunter und drüber geht, deswegen lasse ich ihn ja auch in Ruhe.
Mir fiel es nur die zwei Tage schwer, ihn in Ruhe zu lassen, da mein Verhalten irgendwie so dazwischen stand. Also für mich war es ungeklärt bzw. nicht bereinigt. Ich wollte so nicht sein und das sollte er wissen. Seitdem ich das kurz und knapp sagen konnte, ohne ihm noch indirekt Druck zu machen (den hat er bereits von familiärer Seite), ging es mir besser und ich kann ihn besser in Ruhe lassen.

Jedoch hege ich meine Zweifel, ob er sich jemals wieder melden wird, nachdem ich mich so doof verhalten habe. Dabei meinte ich es nur gut...
Nachdem dieses Verhalten bei mir aufgetaucht ist, habe ich mich direkt um Hilfe bemüht und habe für nächste Woche noch Therapiesitzungen bekommen.

19.12.2015 12:16 • #3


S
Liebe TE
Das Schicksal hat Dich hier bisschen mies getroffen, das tut einem beim lesen schon weh. Ich kann gut verstehen, dass Du gerne für ihn da sein möchtest, ihm Deine Hand reichen willst und um ihm Beistand zu geben.
Dass er mit dieser Situation momentan schwierigkeiten hat ist selbstverständlich und er lebt gerade neben *dieser Welt* vorbei.

Herauszulesen ist aber auch sehr stark, dass Du mit dieser Situation total überfordert bist (Durch sein Verhalten auch) und Dich erst selber wieder aufrichten musst. Du kannst keinem eine Stütze sein, wenn Deine Stelzen bereits zu Boden krachten. Diese Situation hat Dich selber in ein tiefes Loch gezogen und Du gehst vergessen in dieser Angelegenheit, Du stehst mit Deinem Schmerz alleine da. Es ist mir klar, dass man von ihm nicht erwarten kann, dass ihm die Beziehung zu Dir und Deinem Wohlergehen wichtiger ist als seine Trauer, oder jene seiner Familie. Er wird wahrscheinlich viel Zeit brauchen, den Todesfall zu verarbeiten, aber wer schaut für Dich während dieser Zeit?

Vergiss Dich selber nicht und versuche aus Deinem Tief heraus zu kommen, Dich zu schützen. Du kannst nur dann für ihn dasein, wenn er das auch will, vielleicht sieht das in ein, zwei Wochen anders aus, vielleicht auch nicht.

Du bist selber gerade so überfordert und Dein Weg führt so weiter nach unten, weil Du diese Last so nicht alleine tragen kannst.

viel Kraft Dir.

19.12.2015 13:04 • x 1 #4


C
Lieber Santo,

danke für deine aufbauenden Worte.
Genau aus dem Grund habe ich hier geschrieben, um andere Sichtweisen zu erhalten und um mich selbst besser reflektieren zu können.

Ich habe sofort gemerkt, dass ich zum einen durch den Tod seines Vaters, der auch mich traurig macht, denn ich mochte ihn, auch wenn ich ihn nur kurz kennenlernen durfte, und auch durch das Verhalten meines Freundes getriggert wurde. Deshalb habe ich mich auch sofort um eine Therapiesitzung bemüht, die ich bereits nächste Woche habe. Denn es ist mir wichtig, dass ich aus diesem Strudel rauskomme, gefestigt werde, denn durch diese Situation ist irgendwas aufgebrochen bei mir, was erst gelöst werden muss, dann kann ich ihm auch anders entgegen treten, wenn er sich überhaupt noch mal meldet.

Es stimmt mich sehr traurig, dass ich gar nichts machen kann für ihn und habe natürlich Angst, dass er sich komplett abwendet. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man bei Verlusten von nahen Familienangehörigen immer alles überdenkt... Das tut gerade etwas weh... alles.

19.12.2015 13:23 • x 1 #5


S
Liebe Cloud

Das ist wahr, Menschen neigen stark dazu, Situationen sehr klar zu erkennen und beginnen oft dann damit, sich selbst zu reflektieren, wenn sie tief verletzt wurden, nach Schockzuständen oder anderweitigen Ereignissen, die Nahe gingen. Dennoch ist es gut so, sonst würden wir vergessen zu leben und würden nur noch alles zerteilen und studieren.

Menschen reagieren in Ausnahmesituationen sehr verschieden und dies kann manchmal wirklich vom soweit gekannten Charakter abweichen.

Dass Du ihn unter Druck gesetzt hast sehe ich persönlich mehr als einsamer Hilfeschrei, weil man Dich alleine gelassen hat und diese dazugehörigkeit nicht präsent war für Dich und dadurch fühltest Du Dich wahrscheinlich abgewiesen.

Man hört sehr oft den Satz von Menschen, bei denen ich erwartet hatte da sie für mich da wären, die waren es nicht und bei denen ich es nie erwartet hätte, die waren da. Mag teils zutreffen, aber manchmal stösst man Menschen die einem Nahe sind auch von sich weg - ganz unbewusst, dennoch nimmt es der andere deutlich wahr.

Du kannst ihm sagen, dass Du immer für ihn da bist, wenn er möchte, wird er sich melden.

19.12.2015 13:51 • #6


C
Lieber Santo,

wenn ich jetzt, mit etwas Ruhe über die Sache nachdenke, hätte ich mich nicht verunsichert fühlen müssen im Bezug auf ihn und mich. Ich bin mir meiner Gefühle sicher zu ihm und warte nun, gebe ihm den Raum und die Zeit die er braucht.
Ich betrachte die Sache zwischen uns nicht als beendet, erst wenn er es mit klarem Verstand sagen kann, dann gehen wir getrennte Wege. Aber seine Reaktion auf meinen Druck, ich glaube es war genauso hilflos von ihm einfach nur zu sagen er braucht Zeit und ich solle ihn in Ruhe lassen.

Er weiß ich bin da. Ich habe es ihm mehr als einmal gesagt und indem ich zu seiner Familie bin und auch direkt in der Nacht gekommen bin, nachdem er einfach nur gesagt hat er möchte, dass ich komme, hat er ja gesehen, dass er nicht alleine ist, wenn er das nicht will.

Und wenn er sich nicht mehr meldet, dann kann ich das auch nicht ändern. Ich habe mich entschuldigt, weil ich falsch reagiert habe, da ich selbst überfordert war, das habe ich für mich bereinigt und mir geht es damit besser. Nun ist es an ihm zu kommen, wenn er sich bereit fühlt.

Todesfälle sind immer schwierig. Und was für einen selbst gestimmt hat in der Zeit, muss nicht heißen, dass es für einen anderen Menschen zutrifft.

19.12.2015 14:05 • #7


S
Richtig. Sei nicht voller Sorge, es wird sich alles wieder bessern. Lassen wir ihm die Zeit, seine neue Situation zu akzeptieren und den Verlust erstmal zu verarbeiten.

Ich sehe das alles vorläufig auch als
enotionale Reaktionen welche durch den Todesfall ausgelöst wurden, als wirklich einem Problem zwischen euch.

Schau, dass Du wieder zu kräften kommst und derweilen nicht an Deinem Lebem vorbei lebst, denn Dein Leben geht trotzdem weiter.

19.12.2015 14:21 • x 1 #8


C
Vielen, lieben Dank für deine aufbauenden Worte, vor allem weil sie aus der männlichen Sicht gefasst sind.

19.12.2015 14:35 • x 1 #9


S
Nichts zu danken, wir sind alle eine Gemeinschaft und dafür da, uns die Hände zu reichen wenn wir fallen.

19.12.2015 14:38 • #10


A


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