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Nicht schmerzlos und schon gar nicht kurz

A
meine Tochter, fast 5 aber eben noch 4, meine süße kleine Tochter bittet mich, ihr genau zuzuhören. Sie habe einen Plan, erklärt sie mir und strahlt vor Freude, einen Plan, wie Mama und Papa wieder zusammen sein können.
Und weil sie mich eigens darum gebeten hat, höre ich zu, während mein Herz krampft, weil ich nicht weiß, wie ich es einer 4jährigen begreiflich machen soll, dass die Differenzen ihrer Eltern nicht mit einer Entschuldigung beigelegt werden können. Mama und Papa haben sich nicht mehr lieb. Aber wir beide lieben unsere Tochter.
Wofür sollte ich mich auch entschuldigen? Für das heimliche Konsumieren von G.r.a.s alle paar Wochen, diese kleinen Urlaube von meiner immensen inneren Anspannung, die ein Amalgan war aus jahrelang brachliegender gemeinsamer S., Verzweiflung, zu viel Arbeit und seit jeher bestehender melancholischer Tendenz mit dem Hang zu Depressionen?
Dafür dass ich meine Frau, immerhin Opfer S. Missbrauchs, nicht bedrängen wollte. Dass ich ihr meine tatsächlichen Gefühle nicht konsequent offen dargelegt hatte, ungeachtet aller Konsequenz?
Angst ist ein schlechter Ratgeber, aber die Angst sie zu verlieren war auch innerhalb der Beziehung gerechtfertigt. Aus entsprechenden Erfahrungen.
oder sollte ich mich dafür entschuldigen, dass sie ihrer Ansicht nach immer hinter mir her räumen musste? Sie musste zwar nicht, aber sie hat es getan. Definitiv nicht immer, aber sie räumte häufiger hinter mir her als umgekehrt.
oder sollte ich mich dafür entschuldigen, dass es 'halt einfach nicht gepasst hat'?
und wofür sollte sie sich entschuldigen? Für das, was sie hinter meinem Rücken tat, bevor sie mir erklärte, dass unsere Beziehung 'am A.' sei? Diese ganz spontanen geschäftlichen Meetings abends? an Wochenenden?
oder sollte sie sich für ihr Lächeln der Erleichterung entschuldigen, das ihr über das Gesicht huschte, als ich, um mir zum Schein noch einen Rest an Initiative zu bewahren die Trennung verkündete?
es gibt keine Schuld, denke ich.
Schuld ist ein Konzept um Vergangenheit zu bewerten, um eine Person in Zukunft verurteilen zu können.
Was hat das bitteschön mit Liebe zu tun? Das ist Ego- *beep*.
ich hab das durchgekaut. ich habs mit Enzymen versetzt, mit Bauchweh, mit entsetzlichem Bauchweh durch die Därme gedreht, und jetzt ist es größtenteils raus.
Allerdings auch ein paar entscheidende Ego-Faktoren.
Arbeiten? geht nicht mehr. wozu auch?
ich bin selbstständig. mit suizidalen und depressiven Gedanken im Kopf habe ich mich bislang noch irgendwie durchgewurstelt, aber die Unzufriedenheit meiner Kundschaft gärt. ich weiß das. ich weiß das ebenso genau, wie ich weiß, dass das Finanzamt im kommenden Jahr seine kalten Finger in meine leeren Taschen schieben wird.
wir haben jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt. ich kann rechnen, sehr gut sogar, aber mit Geld umgehen - das kann ich nicht. Bei meiner Noch-Frau ist das genau umgekehrt. So finanziere ich ihr seit mehr als zwei Jahren eine Selbstständigkeit, die nicht einmal ihre Kosten trägt.
und ich sag ihr: so geht es nicht weiter, ich kann nicht mehr.
und sie hört ich wolle nicht mehr, und ihre Anwältin schickt mir so einen Standard-AnwaltsBlaBla und TrennungsunterhaltsGedöns.
Einkünfte aus Kapitalerträgen steht da, und am Liebsten würde ich auflachen.
im Kindergarten unserer Tochter geht es gerade um Gefühle. Rund um die Worte 'ich bin fröhlich steht da in einer Sprechblase 'wenn C. zu uns kommt und bei schläft'. Kein schei.. und C. ist der Neue im Leben meiner Frau. obs der zweite oder vierte ist, kann ich nicht sagen. da waren auch noch ein Mr.X und ein A. und ein anderer C.
aber soweit ich das beurteilen kann ist der neue C der erste mit dem meine ImmerNoch in dem Bett praktiziert, in dem wir unsere Tochter auf den Weg gebracht haben.
ich find das zwar stillos, aber man, bzw Frau kann das auch einfach nur unter praktischen Aspekten betrachten.
keiner von uns beiden hat unrecht.
und immerhin ist es draußen ziemlich kalt.
im Juli muss ich aus meinem möbilierten Kellerloch ausziehen, da wird es wärmer sein. Wohnungen sind knapp hier, und ich brauch was, das zur Not auch H4tauglich ist.
Das ganze Kartenhaus bricht zusammen. ich zumindest kann das klar sehen, und es schockiert mich auch nicht mehr wirklich.
aber was mich wirklich ankotzt:
es wird ein kleines Mädchen sein, das unter den Folgen am meisten zu leiden haben wird.
vor 35 Jahren war ein anderes Mädchen in einer ganz ähnlichen Situation. wir lernten uns vor 13 Jahren kennen und heirateten vor 9.
Aber im Gegensatz zu meinem mir unbekannten Schwiegervater wird mein Kind mich nicht an ihrem 5ten Geburtstag zum letzten Mal sehen.
irgendwo und irgendwie geht es ja um loslassen. neu orientieren und so, aber Nein! ich werd nicht loslassen. nicht bevor aus meiner kleinen Tochter eine Frau geworden ist, die groß genug ist, ihren eigenen, ihren wirklich eigenen Weg zu gehen.

25.11.2018 08:08 • x 10 #1


V
Zitat von Animo-ody:
Schuld ist ein Konzept um Vergangenheit zu bewerten, um eine Person in Zukunft verurteilen


Das hast du sehr schön gesagt.

Ansonsten: wow, da musst du ja ganz schön was durchmachen.

Hoffe du hast die Kraft, alles was da kommt für eine neue Chance für dich und für deine Tochter durchzustehen.

25.11.2018 08:32 • x 1 #2


A


Nicht schmerzlos und schon gar nicht kurz

x 3


L
Hallo @Animo-ody , willkommen hier.

Man kann es regelrecht fühlen, wie es dir geht. Ich wünsche dir, dass es bald bessere Tage für dich gibt.

Was nimmst du für Hilfe in Anspruch?

Es handelt sich ja um verschiedene Baustellen.

Hast du Hilfe um das berufliche wieder in die Bahn zu kriegen?

Es gibt Sachen, die kannst du nicht ändern. Es gibt Sachen, die kannst du anpacken.
Ich wünsch dir Kraft dafür.

25.11.2018 08:45 • x 1 #3


Tulpenmädchen
Zitat von Animo-ody:
es wird ein kleines Mädchen sein, das unter den Folgen am meisten zu leiden haben wird.


Guten Morgen und willkommen hier. Ich wollte dir nur sagen das ich und mein Mann seit 5 Jahren getrennt sind. Unsere 3 Kinder waren zu diesem Zeitpunkt 4 und 2 Jahre alt.

Trennungen sind keine seltene Sache und viele Kinder müssen da mit durch ob sie wollen oder nicht. Meiner Meinung nach kommt das Leid der Kinder aber vor allem durch das Verhalten der Eltern zustande. Ich habe mir damals auch viele Gedanken gemacht und viel gelesen. Die Wissenschaft beschäftigt sich ja lange schon mit diesen Dingen und da werden auch Erwachsene Kinder von getrennten Eltern befragt wie sie ihre Kindheit erlebt haben. DAS finde ich interessant und sollte ein Anstoß sein.

Weißt du, meine Kinder erzählen mir seit 5 Jahren von jeder einzelnen Freundin meines Ex Mannes. Er hatte leider schon viele die er jedes mal den Kindern vorstellte. Sie bekamen also eine Trennung nach der anderen mit. Was aber am wichtigsten für unsere Kinder ist und war ist, das ich mit meinem Ex Mann einen guten Umgang Pflege und er mit mir. Wir betreuen unsere Kinder im Wechsel Modell eine Woche Mama eine Woche Papa. Wenn sie mir von seiner Freundin erzählen und sich über Dinge die sie betreffen freuen, dann freue ich mich mit ihnen. Ich mache dann kein trauriges Gesicht oder bin erschrocken über die Gefühle meiner Kinder. Genauso hat mein Ex Mann wöchentlich Bericht aus meiner Beziehung die ich bis vor kurzem hatte und die 2 Jahre dauerte, erhalten.

Unsere Kinder sind jetzt fast 8 und 10 und ob du es glaubst oder nicht, manchmal sagen sie immer noch schade das du mit dem Papa nicht mehr zusammen bist natürlich ist das schade und ich antworte immer gleich, nämlich das Mama und Papa sich nicht mehr lieben, das wir aber als Eltern immer für sie da sein werden und sich das niemals ändern wird. Unsere Kinder sind glücklich. Und wir bekommen ständig Feedback wie bewundernswert gut wir das hin bekommen. Ich weiß das ist nicht leicht und wir haben anfangs eine Weile gebraucht um da hin zu kommen. Wichtig ist, finde ich das die Eltern sich als Eltern gegenseitig weiter respektvoll behandeln. Da muss man die Probleme außen vor lassen. Die Beziehung ist vorbei. Gefühle gegen den oder die Ex sollten keine Rolle spielen. Freue Dich darüber wenn Deine Tochter Dir etwas von der Mama erzählt. Das ist gut so. Wenn du darauf traurig und nachdenklich reagierst, wird sie sich mehr und mehr zurück ziehen und nicht mehr reden, denn sie will dich nicht traurig sehen. Dort liegt meiner Meinung nach das meiste Leid eines Kindes bei Trennungen.

Ich finde es toll das du für sie da sein willst. Sie kann froh sein, so einen Papa zu haben. Ich wünsche dir das Dir das gelingt.
Alles Liebe.

25.11.2018 08:53 • x 5 #4


A
Danke

Hilfe habe ich keine... aber ich habe Yoga. auf eine Art, die ich noch nicht durchschauen kann, räumt das meine Gefühle auf. Es macht nichts besser, aber ich empfinde mich dabei als aufgeräumter.
und ich glaube an die Liebe nicht im Sinne von Beziehung, oder Gott bewahre, Beziehungsrettung. Aber im Sinne einer Kraft, die nährt, hält und verbindet.

25.11.2018 10:35 • x 3 #5


Hallatar
Bei der Trennung waren unsere Kinder 5 und 6. Leider haben mein Ex und ich es bis heute, fast 6 Jahre später, nicht hinbekommen, ein normales Verhältnis zu haben. Er redet seit etwa 5 Jahren nicht mehr mit mir.

Die Kinder haben sich damit arrangiert im Laufe der Zeit. In der Anfangszeit kamen von unserem Sohn (der Ältere der Beiden) Vorwürfe und auch Lösungsvorschläge, damit Mama und Papa wieder zusammenleben können. Mit viel Ruhe und Geduld konnte ich ihm erklären, dass das nicht mehr geht und warum.

Deine Kleine ist wirklich noch klein. Mein Sohn sagte mir irgendwann mal aus einem anderen Kontext heraus, dass er mich noch nie weinen gesehen hat. Erst war ich überrascht. War doch die Trennungsphase äußerst tränenreich und problembeladen. Entweder konnte ich das sehr gut verbergen oder er hat es einfach noch nicht so mitbekommen, weil er eben selbst noch klein war.

Ihr habt noch alle Möglichkeiten, Eure Verantwortung als Eltern bewusst stressfrei für Euer Krümelchen zu gestalten. Es müssen nur beide Elternteile am selben Strang ziehen. Mit Wut, Trauer und Enttäuschung im Bauch keine leichte Sache, ich weiß. Aber in meinen Augen auch das Beste für Euer Kind.

Alles Gute für Dich.

27.11.2018 22:23 • x 1 #6


A
ich könnte meine Ex zwar manchmal immer noch an die Wand klatschen (was ich allerdings nie getan habe und nie tun werde); so viel Wut ist da immer noch, aber ich hab erst kürzlich begriffen, und zwar wirklich begriffen, dass wir immer schon ein VerständnisProblem hatten.
Beispiel: für mich ist ein Tisch ein Ort. Da kann man essen, basteln, spielen, schreiben. vor allem aber ist es ein Treffpunkt. Da kann man nebeneinander sitzen, aber auch gegenüber. Dann hat ein Tisch was Verbindendes und was Distanzierendes gleichzeitig.
Für meine Ex ist ein Tisch aber ein Tisch.
Jeder von uns kann nachvollziehen, was der andere meint, aber jeder hat seine Perspektive und setzt seine Prioritäten. und das konnte und kann sehr weit auseinder gehen, und auch zu völligem Unverständnis führen.
ich mein: wie kann man einen Tisch nicht als Ort betrachten, als Set?
sie meint: das ist ein verdammter Tisch, und bleibt ein Tisch.
So ist es mit vielem in unserer Beziehung gewesen. deshalb hat Reden nicht viel gebracht und wird auch nichts mehr bringen.
und das ist okay und ist halt so. es gibt keinen, der Unrecht hätte. von daher kann man sich auch Vorwürfe sparen.

was unser Kind betrifft: da sind wir eigentlich in den wichtigen Fragen derselben Meinung. wenn auch da aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Trotzdem hab ich Angst um mein Kind. ich hab Angst sie zu verlieren, weil ihre Mutter irgendeinen sch. machen könnte, oder weil ich ihr nicht der Vater sein könnte, den sie braucht und der ich sein will.

von allen Gefühlen ist diese Angst die dominanteste, und sie zu überwinden eigentlich meine größte Aufgabe.

Denn Angst ist wahrlich der beschissenste Ratgeber von allen

27.11.2018 23:02 • x 3 #7




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