Sinnkrise in der Ehe

Ich habe den Eindruck, dass mein Ex sich etwas fängt.
Er hat - nachdem es mit seinem Vater erneut eskaliert ist - diese Woche zumindest den ganzen Papierkram erledigt für Gericht/Polizei usw. Auch hat er scheinbar über ein Ehemaligen-Netzwerk irgendwelche alten Klassenkameraden wiedergefunden und hat zumindest schriftlich Kontakt zu anderen Menschen hergestellt und war trotz anfänglicher Abwehrhaltung auch auf der Feier seiner Firma.
Ich hoffe, dass es sich nicht um ein Strohfeuer handelt.
Irgendwer hat ihm im Rahmen dieser Firmenfeier wohl auch eine neue Wohnung angeboten, die nur 500m von mir weg ist - ich habe noch gar nicht gefragt, was daraus geworden ist, weil ich mich erstmal selber mit dem Gedanken auseinandersetzen musste.
Klar, für die Kinder mega!
Aber...Nunja...wir hatten hier ja schon öfter die Schwierigkeit unabgesprochener Besuche und da sehe ich halt ein Problem - dass die Kinder dann eben doch immer mal wieder kommen, um irgendwas zu holen (Fahrräder, Roller, Spielzeug...), da wird es für mich umso schwieriger, eine klare Linie zu ziehen und die auch als meinen Bereich zu verteidigen (ich hoffe, es ist klar, wie ich das meine).
Auch merke ich, wenn ich so in mich reinhöre, dass ich mich überwacht fühlen könnte: wann Besuch da ist, wann mein Auto nicht da steht...
Für den Moment habe ich mich so positioniert, dass falls es überhaupt in Frage kommt, dass er diese Wohnung wirklich bezieht (finanziell steht er ja auch mit hochgekrempelter Hose da) - ich es wohl als Lernaufgabe für mich betrachten muss: für meine Bereiche und meine Lebensführung einzustehen und mich nicht irgendeinem Rechtfertigungsdruck (der möglicherweise gar nicht objektiv besteht, sondern nur in mir selbst ist) ausgeliefert zu fühlen.

Witzig. Jetzt leben wir schon so lange getrennt und trotzdem fühle ich mich immer noch manchmal so verpflichtet, ihm Rede und Antwort zu stehen, anstatt einfach zu sagen: Du, das ist meine Sache.

Ich werde ihn kommende Woche mal fragen, was das für ne Wohnung ist und ob er das überhaupt in Betracht zieht/finanziell ziehen kann ...

Der Mann ist inzwischen echt pleite, traurig ist das. Fast 50.000 Euro einfach weg (also ohne neues Auto oder irgendwelche Großinvestitionen), jeden Monat gibt er gut 1000 Euro mehr aus als er verdient. Das geht jetzt noch bis Herbst gut und dann ist Schicht im Schacht und ich blicke mit Sorge darauf, was dann passiert.

Rückblickend auch bizarr: ich hatte so viel Sorge, ob ich das finanziell schaffen kann: immerhin fehlten nach der Trennung gut 2000 auf dem gemeinsamen Konto und wir waren auch so immer pleite oder zumindest regelmäßig in den Miesen.
Seit er ausgezogen ist, habe ich einige große Investitionen (HolzTerrasse, PV Anlage, Badrenovierung) getätigt - teils mit Eigenkapital, teils mit Finanzierung - und komme trotzdem so gut monatlich aus, dass Urlaub drin ist und ich für eine Afrikatour mit den Kindern nächstes Jahr sparen kann - was Ex supersch. findet und auch supersch. fand, dass ich sagte, mir sei es superegal, wie er das findet, weil es meine Entscheidung ist.
Da bin ich ein bisschen stolz auf mich.

Vielen Dank. Ich habe heute auch nochmal gelesen, um einige Dinge nachvollziehwn zu können...und ich bin auch heute der Meinung, dass die Trennung richtig gewesen ist.

Nach einem wirklich schönen Treffen in Berlin mit dem Forum hat mich nun der Alltag wieder.
Gestern musste ich schon einmal massiv auf meine innere Bremse steigen und ich bin froh, wirklich sehr froh, dass ich mit meiner Therapeutin damals genau daran gearbeitet habe!

Ex bekommt Nachricht vom Pflegedienst, die Situation um seinen Vater sei bedenklich, er sei verwahrlost, überall unbezahlte Rechnungen nebst eines Vollstreckungsbescheids auf dem Fußboden, nichts zu essen im Kühlschrank.
Hilfe vom Pflegedienst lehnt er allerdings weiterhin ab (also einkaufen, waschen, umziehen usw.), er werde schon wieder gesund.

Ich hab ihm daraufhin angeboten, dass er jetzt über das lange Wochenende hinfahren kann, dann betreue ich die Kinder und schaue nach seinen Katzen.
Er will nicht.
Der eine Kater war in den letzten zwei Wochen 4 Tage in der Tierklinik (sind sicher an die 4000 Euro, damit dürfte Ex jetzt auch finanziell am Ende sein, er hatte gegen meinen Rat keine Tier-Krankenversicherung abgeschlossen) und braucht nun dreimal täglich ein Medikament.
...es läuft echt wie bei seinen Eltern. Die sind auch nirgendwo mehr hingefahren wegen ihrer Katze.

Jedenfalls habe ich dann überlegt, ob ich nicht anbiete, da hinzufahren. Aufräumen, putzen, einkaufen, Wäsche waschen und dann wieder zurück.
Kompletter Irrsinn.
Als hätte ich nicht genug eigenen Kram zu tun.
Zum Glück konnte ich mich noch rechtzeitig bremsen.
Irgendwo hat sich scheinbar doch festgesetzt, was er mir über die Jahre immer eingeredet hat: dass ich ihm was schuldig bin, weil er meinetwegen von seinen Eltern weggezogen ist.

Die Situation mit seinem Vater ist schlimm und es tut mir wirklich leid, aber ich muss da klar abgrenzen, dass sie es selbst vermasselt haben entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

Ob Ex nochmal auf die Füße kommt, bezweifel ich sehr.
Er war jetzt wieder zwei Wochen krankgeschrieben, meinte, er wolle am liebsten kündigen und komplett den Job und die Branche wechseln (aber ja...ohne Geld, ohne Ausbildung und mit 53 und körperlichen Einschränkungen (Arthrose, Bluthochdruck, Übergewicht) ist das natürlich gar kein Problem).

Da krieg ich ja schon wieder Panik und denke an die Scheidungsunterlagen, die immer noch unbearbeitet auf meinem Schreibtisch liegen...weil ich ihn damit nicht noch zusätzlich belasten wollte.
Ich würd den sch. auch alleine zahlen.
Ich hab nur nach wie vor Sorge, dass wenn der echt kündigt und nachher am Hartz hängt, ob man mich dann nicht zur Kasse bitten wird/kann. Mal abgesehen davon, dass es die Kinder in eine prekäre Situation bringt.
Kein Urlaub mehr, nichts.
Geht ja jetzt schon nicht mal mehr ein Tagesausflug, wenn die Katze da dreimal täglich irgendwelches Zeug braucht.

Andererseits bin ich froh, dass das nicht mehr alles unter diesem Dach hier ausdiskutiert werden muss. Da hätte ich Kinder, Katze und die finanziellen Ausgaben alleine an der Backe.

Kann dir aus meiner eigenen Lebensgeschichte nur einen einzigen Rat geben: Grenz dich konsequent ab, nicht mehr deine Baustelle. Und treib die Scheidung voran, auch da würde ich für Klarheit sorgen. Du bist nicht mehr für diese Dinge zuständig, geschweige denn verantwortlich. Gib dich nicht in diesen Sumpf hinein, dein Ex wiederholt seine Geschichte, aber es ist jetzt seine Geschichte, nicht mehr deine.

Ich weiß, dass es schlicht vernünftig und richtig ist, hab leider trotzdem ein schlechtes Gewissen.
Aber das muss ich wohl einfach aushalten.

Kommt heute wieder so eine nebulöse Drama-Nachricht mit der Frage, ob ich ihm versprechen könne, mich persönlich um seinen kranken Kater zu kümmern und ihn nicht wegzugeben, falls er das nicht könne.

Hab ihm geschrieben, dass ich das bei ihm in der Wohnung vorübergehend kann, ihm das hier in meinem Haus aber nicht versprechen kann. Immerhin hab ich hier schon einen Hund und einen Kater, die sich nicht besonders gut vertragen.

Was sollen nur solche Nachrichten?
Am liebsten würde ich ihm ja sagen, dass er mir so einen Kram nicht schreiben soll, aber der facto bin ich nun mal seine einzige soziale Kontaktperson.

Aber nein, ich will nicht versprechen, die nächsten 10 Jahre Zuhause zu bleiben, um einem kranken Tier PERSÖNLICH dreimal täglich Medikamente zu geben.
Is nicht, no way.

Zitat von Florentine:

Kommt heute wieder so eine nebulöse Drama-Nachricht mit der Frage, ob ich ihm versprechen könne, mich persönlich um seinen kranken Kater zu kümmern und ihn nicht wegzugeben, falls er das nicht könne.

auch hier: Abgrenzen, abgrenzen, abgrenzen.....sein Tier, seine Kosten, seine Baustelle. Indem du hier wieder einknickst, bist du immer wieder in seinem Leben drin und übernimmst Verantwortung. Und dann bist du unfrei und in einer emotionalen Zwickmühle, weil du eigentlich etwas machst, was du nicht möchtest.

Zitat von Florentine:

Am liebsten würde ich ihm ja sagen, dass er mir so einen Kram nicht schreiben soll, aber der facto bin ich nun mal seine einzige soziale Kontaktperson.

dann mach es doch....Kontaktperson bedeutet nicht, lebenslanger Problemlöser zu sein.

Zitat von Florentine:

Aber nein, ich will nicht versprechen, die nächsten 10 Jahre Zuhause zu bleiben, um einem kranken Tier PERSÖNLICH dreimal täglich Medikamente zu geben.

dann mach es auch nicht. Du bleibst sonst unfrei, auf allen Ebenen. Dein Ex muss lernen, alleine klar zu kommen. Ist einfach so, wenn man sich trennt.

absolut richtig, dies ist die Elternebene. Aber ich finde es schwierig, dass er mit allen Problemen, welche er nunmal hat, seine Exfrau kontaktiert und diese damit in eine für sie schwierige Situation bringt. Vor allem, wenn dadurch alte Verhaltensmuster bedient werden, was ihm durchaus bewusst ist.
Ich bin (auch aufgrund persönlicher Erfahrungen mit meiner Exfrau) der Meinung, dass TE hier sich durchaus abgrenzen soll, sogar muss. Dies bedeutet nicht, dass die Elternebene verlassen wird, aber hier geht es ja nicht um die Kinder, sondern um die Probleme des Ex, und dessen Leben besteht anscheinend nur noch aus Problemen. Und dafür ist und kann kein Expartner zuständig sein.