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Auf der Kippe

Jeanne d Arc
Hallo ihr Lieben,

ich war vor langer Zeit (so ungefähr vor 8 Jahren) schonmal hier im Forum bzw. in dessen Vorgänger. Damals habe ich ganz wunderbare Menschen kennen gelernt und unheimlich tolle Hilfe bekommen.

Ich hoffe ihr helft mir auch diesmal wieder weiter!

Meine Geschichte:

ich war ca. 7 Jahre lang in einer Beziehung, die aber sehr lau war. Wir haben einfach nicht wirklich zueinander gepasst, haben die letzten 2 Jahre eigentlich nur noch nebeneinander her gelebt und hatten auch keinen S. mehr oder sonstige Zärtlichkeiten.
Wir haben nie wirklich darüber gesprochen, da eine Trennung einfach schwierig war (gemeinsames Haus etc.).

Ich habs daher auch jahrelang verdrängt.

Bis ich Anfang diesen Jahres (ohne ihn) auf den Jakobsweg gegangen bin. Dort war mir ganz schnell klar, dass ich die Beziehung nicht mehr möchte.
Kurz danach lief mir auf dem Camino auch noch ein ganz toller Mann über den Weg, mit dem ich dann prompt ganz schnell zusammen war.

Wieder zu Hause habe ich mich dann umgehend von meinem langjährigen Partner getrennt. Nach ca. 5 Monaten hatte er dann auch eine Wohnung gefunden und ist aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen.

Die Beziehung mit dem Mann, den ich auf dem Camino kennenlernte hat sich gehalten. Wir konnten einfach nicht wirklich ohne einander. Trotz sehr großer räumlicher Entfernung haben wir es geschafft eine Beziehung aufzubauen.

Diese Beziehung treibt mich jetzt hier her. Aus diversen Gründen wäre jetzt eine Entscheidung notwendig, ob er seine Heimat verlässt und zu mir kommt. Andersrum ist es leider nicht möglich, was uns beiden klar ist (ich glaube, nmir würde die Entscheidung leichter fallen als ihm...).

Er hatte unsere Beziehung aus dem Affekt heraus letztes Wochenende beendet. Jetzt bereut er es tief. Ich bin momentan auf Distanz zu ihm gegangen und glaube auch, dass er diese braucht um sich letztlich für- oder gegen mich zu entscheiden.

Mir fällt es nur unfassbar schwer stark zu bleiben und mich nicht zu melden.

Könnt ihr mir dabei helfen?

Vielen lieben Dank!

Jeanne

16.10.2014 14:48 • #1


bifi07
Hallo Jeanne,
wenn er es wirklich bereut und du/ihr noch eine Chance für euch seht, dann wäre ein KS wahrscheinlich nicht der richtige Weg, denn dann würde auch der Abstand immer größer werden. Das heißt jetzt nicht, dass du ihn mit Nachrichten bombadieren solltest, aber du solltest auch nicht ganz aus seinem Gesichtsfeld verschwinden.
Eine KS macht man ja hauptsächlich nur, wenn man sich dauerhaft von seinem Partner lösen möchte, weil viel schmerzhaftes oder schlimmes vorgefallen ist. Bei euch ist aber beides nicht der Fall.
Aber du musst selbst wissen, was du tun willst. Ich kann dir nur sagen, wie ich es bei euch einschätze.

Wünsche dir Glück,
bifi07

16.10.2014 15:07 • #2


A


Auf der Kippe

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D
Ihr solltet euch zusammen setzen und eine ganz klare Aussprache haben. Alles andere führt zu Missverständnissen.

16.10.2014 16:41 • #3


Jeanne d Arc
Liebe Bifi, liebe Dorothee,

vielen lieben Dank für eure Einschätzungen und Ratschläge!

@Bifi:
er hat sich ja wie oben geschrieben letzten Sonntag getrennt und hat als Gründe dafür angegeben, dass es gefühlsmässig bei ihm einfach nicht reicht, dass er seine Heimat und seine Freunde aufgibt.
Das ganze kam aber ziemlich aus dem Affekt heraus, da wir beide uns die Woche vorher aufgrund ziemlich viel Stress von aussen ziemlich angezickt haben.

Trotzdem hat es mir am Sonntag erstmal den Boden unter den Füssen weggezogen. Ich wollte aber auf keinen Fall das Gesicht verlieren und habe ihm gesagt, dass ich seine Entscheidung akzeptiere. Nach viel Drama (seinerseits) ist er dann am Montag morgen nach Hause.

Am Mittwoch abend haben wir dann nochmal lange geskypt. Er war am Boden zerstört, es tat ihm alles fürchterlich leid und er wollte mich unbedingt wiedersehen.

Ich habe ihm aber gesagt, dass die Trennung für mich erstmal steht und vermutlich das Beste ist. Er war unendlich traurig

Empfinden tu ich aber ganz anders.
Ich will ihn zurück aber ich habe Angst vor einer Beziehung, in der er dann jedesmal wenn 2 Tage schlechtes Wetter ist, Schluss macht.
Daher melde ich mich momentan nicht.
Wenn es ihm wirklich ernst ist, muss er was tun. Worte werden auch nicht mehr reichen. Und ich glaube, damit er das für sich entscheiden kann, darf ich einfach nicht präsent sein.

Siehst Du das anders?

Ich habe wirklich vergessen, wie weh es tut einen Menschen den man liebt loszulassen. Insbesondere da ich immer noch Hoffnung habe, dass er sich besinnt.

@Doro:
wir haben wirklich viel geredet. Vom Kopf her ist es uns klar: entweder zusammenziehen oder trennen. Aber vom Gefühl her passt nichts von beidem zu 100%.

Er fehlt mir wie wahnsinnig

Traurige Grüße
Jeanne

17.10.2014 12:50 • #4


Jeanne d Arc
Hallo ihr Lieben,

ich bin es wieder.
Alleine aufzuschreiben wie es mir geht, hilft mir im Moment etwas.

Wir hatten letzte Woche immer wieder Kontakt, da es ihm wirklich schlecht ging und er die Trennung sehr bereut hat.
Nachdem ich mich vorsichtig wieder drauf eingelassen habe, waren wir uns (trotz der Entfernung) auch wirklich nah, wir haben viel geredet und waren sehr behutsam und liebevoll zueinander.

Trotzdem habe und hatte ich nach wie vor ein ungutes Gefühl
Zu allem Überfluss hatte sich gestern Nacht noch seine Ex mit eindeutigen Angeboten bei ihm gemeldet. Er war aber so ehrlich und hat mir das gleich erzählt. Aber über die Ex ist er aus meiner Sicht sowieso nie so richtig weg gekommen - dadurch verstärkt sich mein ungutes Gefühl gerade noch massiv.
Nach dem wir heute morgen ganz kurz geskypt haben und er mir von den Annährungen seiner Ex erzählt hatte, musste er relativ bald darauf weg und wollte sich mittags wieder melden.

Die Unsicherheit gepaart mit dem Thema der Ex hat mir keine Ruhe gelassen. Gegen eins hab ichs nicht mehr ausgehalten und bei ihm angefragt, ob er schon zu Hause sei. Er meinte nein, aber er sei gegen 3 Uhr zurück.

Gegen 5 habe ich dann mal wieder angefragt und er hat nur lapidar geantwortet, er sei immer noch unterwegs.
Die kurzen Antworten (sonst hat er immer geschrieben, was er macht, mit wem er unterwegs ist etc.) haben meine Unsicherheit dann soweit getrieben, dass ich ihn gefragt hab, ob er mit seiner Ex unterwegs sei.
Er schrieb dann nur kurz Nein und er sei beim Auto fahren. Ich hab mich dann bei ihm entschuldigt, dass ich so aufdringlich war.

Mittlerweile ist jetzt 8 Uhr abends, er hat sich immer noch nicht gemeldet und ich hab keine Ahnung was los ist
Einerseits ärgere ich mich darüber, dass ich den Tag über so aufdringlich und unsouverän war, andererseits halte ich die Situation gerade überhaupt nicht mehr aus und würde gerne wissen, was denn jetzt los ist.

Nochmal auf die Nerven fallen will ich ihm jetzt aber auf gar keinen Fall. Ich befürchte aber, dass die Beziehung tatsächlich kurz vor dem Aus steht.

Danke, dass es dieses Forum gibt.

Traurige Grüße,
Jeanne

24.10.2014 20:00 • #5


Jeanne d Arc
Er hat sich gemeldet.
Und endgültig von mir getrennt.
Ich bin ihm nicht böse, aber es tut unfassbar weh.

Ich weiß gar nicht wohin mit meinem Schmerz und meiner Ohnmacht. Ich habe für ihn so viel aufgegeben, das ist natürlich nicht seine Schuld aber ich hab das Gefühl, mein Leben ist in Scherben.

Jeanne

25.10.2014 00:57 • #6


W
Hallo Jeanne!

Das tut mir wirklich leid für Dich!

Ich kann dazu leider nur wieder das sagen, was ich schon öfter hier geschrieben habe: Es ist absolut nicht gut, wenn einer der beiden oder gar beide noch halb in der letzten Beziehung stecken oder noch unter Trennung leiden. Man muß erst wirklich wieder ganz bei sich angekommen sein, völlig abgeschlossen haben, die Dinge geklärt haben und gleichsam in seinem Normalzustand sein, weil man ansonsten ja nicht das vermittelt und ausstrahlt, was einen eigentlich ausmacht, also alle Eigenschaften, Bedürfnisse, seine Persönlichkeit, sein Selbstbewußtsein, seine Stärken und Schwächen usw., sondern man vermittelt Trauer, Verletztheit, vielleicht Verzweiflung, Bedürftigkeit, Hilflosigkeit usw. Und das zieht dann gleichsam jemand anderen an, darauf spricht er an, die gegenseitigen Projektionen haben nur einen flüchtigen, dem momentanen Zustand entsprechenden Hintergrund. Nur bleibt man eben nicht auf Dauer in diesem Zustand, sondern unser Inneres strebt immer danach, wieder in die Mitte zu kommen, wieder in Einklag mit sich selber zu kommen. Und dann fällt das, was einen angezogen bzw. verbunden hat, weg - und es bleibt nichts oder nicht mehr viel übrig, die Beziehung stimmt hinten und vorne nicht mehr, es kommt zu Enttäuschungen, Konflikten, Zerwürfnissen usw.
Wenn man sich dessen bewußt ist und meint, eine solche Trost- und Notbeziehung sei für beide gut, ist dagegen nichts zu sagen. Aber meistens ist oder wird es zumindest für einen von beiden dann mehr, und das ist ein Verhängnis, überhaupt wenn derjenige dann vielleicht vieles aufgibt oder schon aufgegeben hat und auch nicht mehr so einfach in sein früheres Leben (ich meine damit nicht die frühere Beziehung, sondern Wohnung, Job, soziales Umfeld usw.) zurückkann.
Jedenfalls sollte man sich dieses hohen Risikos bewußt sein und keinesfalls voreilig irgendwelche Entschlüsse treffen und Handlungen setzen, die einen auch noch aus dem gewohnten Umfeld herausreißen - denn dann hängt man womöglich völlig in der Luft.

Aber wie auch immer. Ich glaube, am besten wäre es, wenn Du tabula rasa machst und erst gar nicht versuchst, aus den Scherben (wie Du schreibst) wieder irgend etwas Brüchiges zusammenzubasteln, sondern wirklich einen Neuanfang anzustreben (je nachdem, was Du alles aufgeben hast).
Das ist anfangs zwar nicht so leicht, aber es ist das Beste, das Du tun kannst. Versuche, erst einmal alles zu verarbeiten, und dann neu durchzustarten.

Alles Gute!

25.10.2014 02:49 • x 1 #7


Jeanne d Arc
Hallo Whynot,

ich bin offensichtlich nicht die einzige die nicht schlafen kann.
Deine Ausführungen sind super und haben etwas absolut wahres an sich. Ich bin nie auf die Idee gekommen, dass die Veränderung seiner Gefühle zu mir vielleicht daher kommen konnte, dass er die Trennung zur Ex-Freundin und auch die Scheidung mit seiner Frau noch nicht verarbeitet hatte.

Man(n) denkt von mir immer ich sei der starke Frauentyp (...wenn die mich jetzt sehen könnten... ), gut um sich mal anzulehnen und auch Kraft zu tanken.
Jetzt sind die Trennungen meines Ex rum, er hat wieder genug eigene Kraft und mein vermutlich größter Anziehungspunkt für ihn fällt weg.

Du hast sicher recht, nur momentan ist in mir nur immer der Schrei nach er ist weg. Alles andere ist irgendwie unwichtig.
Mein letzter Liebeskummer ist (zum Glück) ca. 8 Jahre her, aber ich hatte wirklich verdrängt wie schlimm das ist.
Ich weiß nicht, wann es mir das letzte Mal so schlecht ging wie jetzt gerade
Ich vermisse jemanden, der mich einfach in den Arm nimmt und diese Nacht festhält bis sie endlich vorbei ist.

Ich weiß, es geht vorbei. Aber momentan scheint mir das ganz und gar nicht so.

Vielen lieben Dank Dir, ich drück Dich unbekannterweise!

25.10.2014 04:52 • #8


Jeanne d Arc
Ein furchtbarer Tag.

Zuerst die schlaflose Nacht und jetzt diese unsäglichen Schmerzen. Ich versuche mich abzulenken, war bei einer lieben Freundin zum frühstücken dann 2 Stunden mit meinem Hund draußen, jetzt einkaufen um heute Abend mit einem Freund zu kochen.
Und immer wieder hier im Forum.

Trotz aller Ablenkung habe ich das Gefühl, es zerreißt mich innerlich. Wenn es irgendeine Pille gegen Liebeskummer gäbe ich würde sie schlucken, selbst bei horrenden Nebenwirkungen.

Ich weiß, dass es Zeit braucht. Ich bin ja erst ganz am Anfang. Aber ich weiß gerade wirklich nicht, wie ich das überstehen soll.

Jeanne

25.10.2014 15:24 • #9


W
Hallo Jeanne!

Ich weiß, daß Dir rigendwelche Erklärungen derzeit auch nicht helfen. Aber ich glaube, wenn man die Hintergründe zumindest ein wenig versteht, kann es zumindest nicht schaden, und man ist vielleicht beim nächsten Mal etwas vorsichtiger bzw. man kann es leichter verarbeiter (mit der Zeit), wenn man erkennt, daß die Liebe eigentlich einem Ausnahmezustand und nicht der Person an sich gegolten hat.
Man kann sich das, um es an einer körperlichen Analogie zu verdeutlichen, etwa so vorstellen: Man findet jemanden mit einem gebrochenen Bein, diese Hilflosigkeit, sein Schmerz usw. erwecken Gefühle, man pflegt ihn gesund, er kann wieder gehen, Hilflosigkeit und Schmerz sind weg - und damit auch die Gefühle, weil diese eben durch die Bedürftigkeit des Verletzten erregt worden sind und dieser umgekehrt nur in dieser Ausnahmesituation der Hilfe bedürftig war.
Das ist natürlich sehr vereinfacht dargestellt, aber darum geht es im Prinzip.

Wie Du ja selber schreibst: Es wird im Moment nicht sehr viel anderes übrigbleiben, als die Zeit für Dich arbeiten zu lassen und Dich, so gut es geht, abzulenken und etwas zu unternehmen. Wie lange es dauert, kann man zwar nicht sagen - aber zumindest kannst Du Dir sicher sein, daß der Schmerz mit der Zeit nachläßt und es Dir dann auch wieder gelingt, Deinen Blick nach vorne zu richten und nicht in der Vergangenheit gefangen zu bleiben. Denn im Grund ist ja das das größte Problem, daß man wie festklebt an dieser Vergangenheit und sich alles nur um diese dreht, man sich vorstellt, wie die Zukunft gewesen wäre, hätte sich diese Vergangenheit weitergesponnen usw. Aber so ist es eben nicht, und man kann auch nichts mehr ändern an der Vergangenheit - es ist das gelebte Leben. Sehr wohl aber kann man die Zukunft gestalten - sie ist das noch nicht gelebte Leben, und hier hat man die Möglichkeit, selber zu gestalten. Natürlich aber erst dann, wenn man sich von der Vergangenheit lösen kann, wenn man gleichsam nicht mehr den Weg weitergeht, den man zuvor eingeschlagen hatte (diesen gemeinsamen), sondern sich einen neuen findet.
Wie gesagt, das dauert seine Zeit, und zunächst meint man, das Leid würde gar nicht mehr aufhören. Aber es hört auf, dessen kannst Du Dir gewiß sein. Die Seele ist stärker als man in seiner Verletztheit und seiner Trauer glaubt - und oft ist sie danach sogar noch stärker als zuvor ...

Liebe Grüße

25.10.2014 16:31 • #10


Jeanne d Arc
Lieber WhyNot,

Du tust mir unheimlich gut - vielen Dank dafür!

Ja, es ist tatsächlich einfacher wenn man einen Grund sehen kann. Zwar lässt der Schmerz nicht nach, aber zumindest das Kopfkarussell dreht sich langsamer.

Momentan bin ich aber auch gerade am überlegen, ob das bei mir normale Trennungsschmerzen sind oder ob das vielleicht auch eine große Angst vor dem Alleinsein ist?

Ich hatte dieses Gefühl, das ich jetzt habe, als mal kurzzeitig (von meiner Seite aus) in meiner vorherigen Beziehung Schluss war. Die Beziehung war, wie oben beschrieben, nicht sehr glücklich aber ich habe einfach lange den Absprung nicht geschafft.
Obwohl diese Trennung damals von mir ausging, der Mann mir nicht so viel bedeutet hat wie der jetzige, hatte ich dieses gleiche panische Ohnmachtsgefühl, das ich jetzt habe.
Ich bin damals dann vor lauter Schreck über dieses heftige Gefühl sofort wieder zurück zu meinem Ex...

Hat jemand eine Idee, was das ist?
Ist das tatsächlich nur die Trennung vom geliebten Menschen, aber warum hatte ich das gleiche Gefühl bei einem ungeliebten Menschen auch?

Ich habe Angst schlafen zu gehen und Angst, dass das Karussell wieder los geht

Sag mal whynot, warum bist Du im Forum?
Ich würde Dir auch gerne ein bisschen helfen, aber ich kann keinen Thread von Dir finden?

Viele liebe Grüße,
Jeanne

25.10.2014 20:35 • #11


W
Hallo Jeanne!

Weißt Du, es ist sehr schwer, diese ganzen Gefühlsvorgänge wirklich ganz zu durchschauen und zu ermessen, weil diese Gefühle ja nur wie die Wellen auf einem Ozean sind - aber um sie zu verstehen, müßte man das ganze Meer kennen, in seiner ganzen Tiefe.

Aber so wie Du es beschrieben hast, kann es sehr wohl sein, daß Du grundsätzlich eine Heidenangst vor dem Alleinesein hast. Denn Du warst ja alleine auf dem Jakobsweg unterwegs, und hast Dich dort, durch das unbeschwerte Alleinsein (mit Rückkehroption), vielleicht erst richtig gespürt und hast den Entschluß gefaßt, Dich zu trennen. Und ausgerechnet dann begegnet Dir ein Mann, und Deine Gefühle springen sofort (oder ziemlich schnell) an. Anders gesagt: Kaum hast Du Dich entschlossen, Dich zu trennen, wenden sich Deine Gefühle einem anderen zu. Der dazu ja offenbar noch selber beziehungsmäßig belastet war.
Und das macht auf mich den Eindruck, daß Ihr beide Euch in dieser Belastungssituation ideale Projektionsflächen geboten und Euch gegenseitig wie eine Rettung gesehen und empfunden habt. Und das wird sehr dadurch gefördert, wenn man nicht alleine sein kann, wenn man Angst hat davor und sich ohne einen anderen verlassen und verloren fühlt in der Welt. Man (oder vielmehr die Gefühle) greift dann gleichsam zu, läßt sich darauf ein, ohne lange nachzudenken oder auch nur etwas vorsichtig zu sein.
Zunächst fühlt sich das auch an wie eine Erlösung, wie ein Sich-gefunden-Haben, und man schwebt von jetzt auf gleich im siebten Himmel. Man läßt sich schneller und kompromißloser gleichsam in einen anderen hineinfallen als dies sonst der Fall wäre. Aber meist ist es dann so, daß bald auch Probleme auftauchen, weil eben nicht eigentlich die Persönlichkeiten, die Wesen, die Seelen (wie man will) zusammenpassen, sondern lediglich in dieser Phase die Zustände und Bedürftigkeiten. Doch diese sind eben nicht von Dauer, weil beide unweigerlicher wieder in ihre Mitte streben - und dann hat die Beziehung keine Stabilität mehr, sie fällt im wahrsten Sinne des Wortes auseinander, weil die Bedingungen, der Anlaß für die Beziehung nicht mehr gegeben sind.
Der Schmerz ist aber leider dennoch derselbe, als würde es um eine Liebesbeziehung gehen, die auf anderen Fundamenten beruht.

Und bei Dir scheint eben diese Angst vor dem Alleinsein sehr groß zu sein. Vielleicht hattest Du einmal in der Kindheit ein entsprechendes traumatisches Erlebnis (also daß Du z. B. einen Elternteil verloren hast oder er längere Zeit abwesend war oder daß Du etwa für einige Zeit im Krankenhaus warst oder durch andere Umstände getrennt von einem Elternteil oder einer anderen wichtigen Bezugsperson).
Jedenfalls kann ich Dir nur raten, diese Situation jetzt wirklich als Chance zu sehen. Du solltest Dich auf die Erfahrungen einlassen, daß Du auch alleine nicht untergehst, daß Du auch alleine bestehen kannst, glücklich und zufrieden und erfüllt sein kannst. Das ist eine außerordentlich wichtige Erfahrung, weil sie Dir zeigt, daß Du immer noch Dich hast (und man hat vor allem nur sich), daß Du in Deinen Gefühlen nicht abhängig bist von anderen. D. h. Du wirst dann auch in einer künftigen Beziehung (wenn Du Dir jetzt die Zeit nimmst, diese Erfahrung zu machen, und vor allem nicht der Angst nachgibst) viel selbstbewußter, selbstsicherer, eigenständiger, unabhängiger sein, bist nicht so anfällig für Manipulationen und Fremdbestimmung, kannst gleichsam freier atmen. Und das wiederum gibt einer Beziehung eine ganz andere Qualität als wenn sie auf Ängsten und Bedürftigkeiten und Abhängigkeiten beruht - Lebendigkeit und Echtheit hier, Totenstarre und Schauspiel dort, könnte man sagen.

Wenn das Gedankenkarussel losgeht, versuche Dich abzulenken (zumindest in der ersten Zeit), lies etwas, schaue fern, gehe einem Hobby nach, was auch immer, bleibe so stark als möglich immer in der Realität und in der Gegenwart - versuche jedenfalls, Dich möglichst wenig hängenzulassen, denn das zieht einen immer nur hinunter. (Und wenn die Angst kommt, dann sieh ihr in die Augen, nicht wie einem Raubtier, sondern wie einem Kuscheltier ... Die Angst tut Dir nichts, sie macht nur einen ziemlichen Lärm um sich ...)
Und irgendwann, wenn Du das Gröbste hinter Dir hast (und der Zeitpunkt wird kommen, dessen kannst Du Dir sicher sein), dann versuche, nach vorne zu schauen - und je konsequenter Du das tust, um so schneller kommst Du auch in einem Vorne an.
Manchmal hilft nichts anderes, als sich selber zum Fels in der Brandung zu werden ... und das bleibt man dann auch.

Ich bin natürlich auch wegen einer (sehr schmerzlichen) Trennung in diesem Forum. Aber mittlerweile habe ich das überwunden. Es hat zwar auch verdammt lange gedauert, aber heute geht es mir wieder gut. Es war halt auch eine Erfahrung, eine ziemlich krasse zwar, aber auch das ist zu schaffen. Bei Dir wird es nicht anders sein.
Geschrieben davon habe ich im SOS-Thread (aber bereits im Februar oder März). Einen eigenen Thread habe ich nicht aufgemacht.

Liebe Grüße

PS: Schlaflos bin ich übrigens nicht - sondern ich habe einen etwas eigenwilligen Rhythmus

26.10.2014 03:53 • #12


Jeanne d Arc
Lieber WhyNot,

herzlichen Dank wiedermal für Dein einfühlsames Schreiben. Es tut mir so gut jemanden mit so viel tiefem Verständnis zu haben, der mir durch die Zeit und diese Gedanken hilft.

Vor meiner langjährigen Beziehung habe ich viele Jahre alleine gelebt. Mir ging es gut, ich hatte viele Hobbies, liebe Freunde einen guten Job.
Damals habe ich aber auch ganz bewusst keinen Mann wirklich nahe an mich heran gelassen. Hatte 2 längere Affären mit verheirateten Männern und wusste immer genau, dass das einfach zeitlich begrenzt ist.

Ich glaube, es ist doch gar nicht unbedingt das Alleinsein (...auch wenn das grad eine wirklich große Umstellung für mich ist...) sondern ziemlich starke Verlustängste. So stark, dass ich mich früher aus Angst vor dem Schmerz erst gar nicht darauf eingelassen hab.

Mein Vater hat, als ich Kind war, im Ausland gearbeitet. D.h. er war immer 2-3 Monate weg, um dann für 2-3 Wochen wieder zu Hause zu sein. Als kleines Mädchen war Papa = Gott für mich. Immer wenn er da war hat er sich auch ganz intensiv mit mir beschäftigt. Das er mich immer sehr geliebt hat und das heute noch tut wusste ich auch immer.
Nichtsdestotrotz hat er mich immer wieder verlassen und ist zum arbeiten gegangen. Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass ich als Kind jedes mal wenn er wieder gegangen ist, krank wurde. So richtig mit Fieber und Übergeben - so sehr habe ich wohl darunter gelitten.

Evtl. habe ich dadurch tatsächlich jetzt diese Probleme. Ich glaube, ich sollte das Thema mal aufarbeiten.

Was ich noch interessant fand, war dass Du schriebst, dass ich mich gleich vollkommen auf diesen Mann eingelassen hatte.
Ja. Habe ich. Bei mir ist es aber irgendwie immer so und auch schon immer so gewesen, dass ich mich ohne Wenn und Aber und Rückhalteposition verliebe. Oder eben nichts empfinde.
Anders als bei anderen, die sich langsam verlieben. Ich wollte ich könnte dieses langsame Verlieben auch. Aber ich kann es weder für mich umsetzen noch bei anderen wirklich verstehen.
Das ist mit ein Grund, warum es für mich so schwer zu verstehen ist, dass ER mir sagte, die Gefühle seien nicht ausreichend. Da es bei mir entweder 100% oder 0% sind, kann ich mir nicht vorstellen wie sich 70% oder 80% anfühlen.
Weißt Du was ich meine?

Ich habe Deine ersten Postings im SOS thread gelesen. Eine sehr heftige und traurige Geschichte. Tut mir leid dass Du das mitmachen musstest!
Aber ich finde es super, wie Du damit umgehst und dass Du über den Schmerz weg bist.
Bist Du ganz drüber weg? Könntest Du schon wieder eine Frau an Dich heranlassen, wenn Dir jetzt eine passende über den Weg laufen würde?
Gibt es mittlerweile eine Erklärung für Dich (neben den Verlustängsten), warum sie so extrem auf eine eigentlich Nichtigkeit (...Schreiben VOR der Beziehung mit einer I-Net Bekanntschaft...) reagierte?
Ist für mich sehr schwer nachzuvollziehen - ich will gar nicht wissen, wie schwierig das für Dich damals war...

So ... jetzt schnapp ich mir den Hund und geh einer Freundin beim Fussballspielen zuschauen. Wenn die Angst kommt, schau ich ihr in die Augen!
Und ja - Du hast recht, ich glaube mir tut es auch nicht gut, mich zu stark in den Schmerz fallen zu lassen. Ich akzeptiere, dass er da ist, aber ich will ihm nicht die volle Macht über mich geben.

Morgen muss ich zum arbeiten...ich hoffe ich bekomm das hin...

Viele liebe Grüße,
Jeanne

26.10.2014 13:24 • #13


W
Hallo Jeanne!

Ja, diese Kindheitserfahrungen können eine solche Prägung verursacht haben, zumal es ja etwas war, was sich immer wiederholt hat. Dann ist es um so wahrscheinlicher, daß es zu einem Muster wird.
Du hast den Vater sozusagen immer wieder verloren - ein kleines Kind hat natürlich noch nicht die intellektuellen Fähigkeiten zu verstehen, warum das so ist, sondern es erlebt quasi völlig ungeschützt allein den emotionalen Verlust. Offenbar hast Du darauf sogar sehr heftig reagiert, indem Du jedesmals sogar krank geworden bist.
Das heißt, man kann annehmen, daß das nicht spurlos an Dir vorübergegangen ist und Deine Erfahrungen im Erwachsenenleben diese damalige Situation wiederholen, vor allem das emotionale Szenario, die emotionale Tragödie.

Wie Du schreibst, hattest Du zwei Affären mit verheirateten Männern und warst Dir bewußt, daß das zeitlich begrenzt ist. Es war auch so, daß Du diese Männer ja nicht ganz für Dich haben konntest (und vielleicht auch gar nicht wolltest). Es war, vermutlich, wie damals mit dem Vater - intensive Nähe, dann wieder Trennung, Distanz, dann wieder Nähe.
Und damit, nehme ich an, konntest Du auch halbwegs gut leben. Es war, emotional gesehen, das, was Du kanntest. Mit dem Unterschied, daß Du nun über die Dinge Bescheid wußtest, also die jeweiligen Trennungsmomente nicht mehr wie einen völligen Verlust erlebt hast, sondern sie rational verstehen konntest.
(Oder es kann natürlich auch sein, daß Du Dich bei den Affären emotional gar nicht so darauf eingelassen hast.)

Wenn Du Dich dann aber so wirklich auf eine Beziehung einläßt, dann kann Dir das eben ziemliche Probleme verursachen, weil dieses Muster des Verlustes ja auch dann gleichsam aktiv wird - und je stärker das Nähegefühl, um so stärker die Verlustangst.

Du schreibst auch, daß es für Dich nur 100% gibt, und 80% kannst Du Dir gar nicht vorstellen (das geht natürlich auch gar nicht, weil man sich Gefühle auch nicht vorstellen kann). Und ich glaube, das rührt auch daher, daß es für Dich (bzw. für beide) immer 100% waren, wenn Dein Vater da war. Wenn Du also eine Beziehung eingehst, dann gibt es für Dich nur diese 100% (emotional gesehen), wie damals.
Das kann aber natürlich in einer realen Beziehung ziemliche Probleme verursachen, weil eben dann auch heftige Verlustängste auftreten können und Du vermutlich dazu neigen wirst, sehr zu klammern und zu kontrollieren, eben um einem Verlust vorzubeugen.

Wie auch immer: Ich denke auch, daß es sehr gut wäre, wenn Du dieses Thema aufarbeiten würdest. Denn so schön 100% sind - wenn sie zugleich mit so großen Verlustängsten verbunden sind, entwickelt man ein Verhalten, das den Verlust geradezu provoziert. Man will gleichsam mit aller Gewalt das verhindern, was man in der Kindheit erlebt hat und nicht verhindern konnte, und beschwört gerade dadurch diese schlimme Erfahrung des Verlustes wieder herauf.

Vielleicht würde es Dir zumindest schon einmal ein wenig helfen, wenn Du die damalige Situation mit dem Vater bewußt realisierst. Also Dir (immer wieder einmal) vor Augen führst, daß er Dich ja nicht tatsächlich verlassen hat, sondern daß dies in den beruflichen Umständen begründet war.
Es dauert zwar eine Weile, bis das Unbewußte darauf reagiert, bis es versteht, aber ich würde das auf alle Fälle versuchen, da man wirklich davon ausgehen kann, daß Deine starken Verlustängste damit zu tun haben.
Versuche Dir das alles aber möglichst bildlich vorzustellen, also gleichsam zu erleben, wie Dein Vater wiedergekommen ist, und das auch zu fühlen. Denn wenn Du Dir alleine gedanklich sagst: Er ist ja wiedergekommen, dann hat das auf das Unbewußte und emotionalen Muster so gut wie keine Wirkung, da das Unbewußte nur in Bildern denken kann und nur darauf reagiert.

Das Zweite ist: Du solltest versuchen zu fühlen, also so richtig, nicht es nur denken, daß Du diese Trennung jetzt überlebt hast, daß Du nicht untergehst. Denn solche ganz realen Erfahrungen bewirken ebenso eine Veränderung unbewußter Muster, wenn man bewußt damit umgeht.
Es wäre jedenfalls wirklich wichtig, daß Du die Realität der Situation siehst und vor allem auch fühlst, nämlich daß es zu einer Trennung gekommen ist, Du sie aber - trotz aller Schmerzen - überlebt hast.
Denn bei solchen Verlusterfahrungen in der Kindheit wird der Verlust ja nicht einfach als Verlust empfunden, sondern als ginge es um Leben und Tod. Das heißt, diese Angst war eine existenzielle (weil man als Kind ja tatsächlich auf Leben und Tod von anderen abhängig ist).
Und je bewußter es Du es Dir machst, daß Du den Verlust überlebt hast, um so verändernder wirkt es sich aus. Was wiederum für Deine Zukunft wichtig sein wird, um eben nicht wieder in eine solche Situation zu geraten.

Ja, über meine Trennung bin ich mittlerweile ganz hinweg. Was mir sehr geholfen hat war die Einsicht, daß sie eine Persönlichkeit hat, die eine langfristige glückliche Beziehung unmöglich macht. Eine solche emotional instabile Persönlichkeit neigt zu extremen Reaktionen, das ist leider so. Und wenn sich jemand wegen solcher Dinge radikal trennt und einem dann auch noch einen Haufen absurdester Vorwürfe und Eigenwahrheiten hinterherwirft, dann ist ein Zusammenleben einfach nicht möglich. (Wobei ich sagen muß: es hat lange gedauert, bis ich das so rational sehen konnte - denn wenn man jemanden über alles liebt, dann dauert es und braucht viel Abstand, bis man die Dinge unverfälscht erkennen kann ...)

Ich hoffe auch, daß Du das morgen mit der Arbeit hinbekommst! Aber wenn es Dir gelingt, Dich darauf zu konzentrieren und die Gedanken nicht zu sehr abschweifen zu lassen, so wird es Dir sogar helfen, in der Arbeit zu sein. Denn auch das ist Ablenkung, und ich glaube, jede Art von Ablenkung ist zur Zeit gut für Dich. Weil sich dann die Seele doch etwas erholen kann.

Liebe Grüße

26.10.2014 19:48 • #14


Jeanne d Arc
Lieber WhyNot,

interessanterweise geht es mir heute schon gar nicht mehr so schlecht.
Die Analysen von Dir helfen mir unheimlich, mich selbst zu sehen und gar nicht so sehr über IHN nachzudenken, sondern über mich und meine Emotionen und was da jetzt gerade in mir vorgeht.

Ab und zu hatte ich heute zwar das Bedürfnis, ihm zu schreiben oder habe überlegt, was er gerade tut bzw. hatte auch ein paar unkontrollierte Heulkrämpfe
Aber dazwischen ging es mir auch echt gut. Diese extrem tiefe Traurigkeit scheint bereits nachzulassen.

Allerdings werde ich ihn am Wochenende nochmal sehen (den Grund dafür schreib ich Dir per PN). Ich würde gerne in Deckung bzw. dauerhaft ganz weg bleiben um mich zu erholen und wieder festen Boden unter den Füssen zu bekommen, aber der Grund das Treffen durchzuziehen ist mir wichtiger als jeder Schmerz.

Hast Du eine Idee, wie ich mich emotional wenigstens ein bisschen wappnen kann, um ihm gegenüberzutreten?

Zum Thema Kontrollieren/Klammern in der Beziehung:
Du hast Recht - in meinen ersten (Jugend)Beziehungen war das tatsächlich so. Mittlerweile mache ich das aber überhaupt nicht mehr. Sobald ich in der Beziehung merke, dass ich Angst bekomme, dass er mich nicht verlässt gehe ich selbst auf Abstand und versuche total bei mir zu bleiben.
Einmal habe ich allerdings auch, als die Angst zu groß war und ich die Unsicherheit nicht mehr aushalten konnte, von meiner Seite aus Schluss gemacht (was im Nachhinein auch eine wirklich gute Entscheidung war).

Es freut mich sehr, dass Du Deine Beziehung verarbeitet hast und rational sehen kannst! Das ist wohl nicht jedem innerhalb rund 6 Monaten vergönnt.

Ganz liebe Grüße,
Jeanne

26.10.2014 20:46 • #15


A


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