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Because you hear without listening

M
Hej Kuraina,


dein eigener Briefwechsel hat mich sehr berührt.
Du bist wunderbar selbstreflektiert und verstehst es ganz vortrefflich, deine Gefühle zu artikulieren! Hut ab...


Wie ich rauslese, geht es dir mittlerweile gut ohne ihn, auch wenn sich die Frage nach einem anderen Ausgang der Geschichte vermutlich immer stellen lässt.

Und genau darum wende ich mich an dich:

Ich erkenne leichte parallelen zwischen deinem Ex-Freund und mir.
Die inneren Dämonen, der stete Kampf um ein einigermassen normales Leben in dieser Gesellschaft und auch die pure Liebe für das Leben?

Ich befinde mich gerade in einer Beziehung, vielleicht auch am Ende davon, aber ich möchte gerne in den Fluss springen und nicht nur am Ufer stehen und sehen, wie die Felle davon schwimmen...

Was fehlte dir am meisten?
Wie wäre ein gesundes und stärkendes Miteinander möglich gewesen?
Hast du Vertrauen gefunden und erhalten?
Hast du unter seiner *Einsamkeit gelitten?
Oder war es für dich ok, ein Team zu sein gegen den Rest der Welt?

Liebe Grüsse aus der Ferne,

Mikki

20.11.2017 00:15 • #16


Kuraina
Hallo Mikki,

deine Fragen sind so leicht gar nicht zu beantworten. Als wir zusammengekommen sind waren wir beide noch recht jung (16 und 17), wir waren Außenseiter - und das auch ganz bewusst. Anfangs war da sehr viel Vertrauen und ja, anfangs war ich zufrieden damit - er und ich, Bonny Clyde, gegen den Rest der Welt. Ein kleiner, gemeinsamer Freundeskreis. Mehr brauchte ich nicht.

Aber wir hatten auch eine Fernbeziehung, unter der Woche hatte ich als 'mein' Leben. meine Hobbies, meinen Job, meine Freunde. Als ich in seine Stadt gezogen bin, hatte ich all das nicht mehr und er konnte - und wollte - mir nicht dabei helfen, es in seiner Stadt aufzubauen.
Und das war der Moment, in dem ich unter der Einsamkeit zu leiden begonnen habe. Seine Einsamkeit wurde nun auch meine. Und jeder Versuch, da raus zu kommen, wurde von ihm mit Worten traktiert, bis ich es doch wieder hab sein lassen.
Ich war traurig, frustriert und hatte Zukunftsängste. Und statt mich zu unterstützen, hat er sich noch weiter von mir zurückgezogen. Mein Vertrauen in ihn ging verloren. Und seines in mich. Er hat stattdessen mit einer blöden Tussi aus dem Internet geredet, die gar keinen Hehl daraus gemacht hat, dass sie ihn will und auch öffentlich gegen mich gehetzt.
Mittlerweile ist sie seine Bettbespaßung und 'beste Freundin' - da er ihre Sichtweisen und Verhalten adaptiert, haben sich auch alle Leute, die ihn mal mochten, abgewandt.
Ob er damit glücklich ist? Für den Moment wahrscheinlich. Auf Dauer - zweifelhaft.

Was ich gebraucht hätte, wäre Support. Ich hätte ihn nicht aus seiner Komfortblase gezerrt, aber er hat mich mit aller Macht dort drin gefangen gehalten - und ich hab es zugelassen. Ich hätte Vertrauen und ein kleines bisschen Engagement gebraucht. Irgendetwas, was er für mich zu tun bereit gewesen wäre. Was uns näher zusammengebracht hätte. Das hätte so vieles sein können.
Aber das hat er nie. Ich bin in seine Stadt gezogen. Ich habe alles aufgegeben.
Ich habe 2 Jahre alleine in einer viel zu großen Wohnung gelebt. Ich habe auf Freunde verzichtet.
Und er?
Er stellt mir eine Bedingung dafür, dass er bei mir einzieht, eine Bedingung! Ich habe schon alles gegeben und er wollte NOCH mehr.

In 5 Jahren entwickelt man sich. Ich bin von einem sozialen Außenseiter, der die Gesellschaft ablehnt, zu einem gefestigten, geselligen Menschen geworden. Ich habe mein Schwarz-Weiß-Denken abgelegt. Er nicht. Lange Zeit hat das, was zu geben er bereit war, mir gereicht.
Irgendwann nicht mehr. Im Gegenteil hat er meine - positive - Entwicklung gar noch kritisiert. Wir haben einander schlicht und einfach verloren. Und uns mit Händen und Füßen dagegen gewehrt.

Ich weiß nicht, ob dir das weiterhilft. Etwas zu verändern, ist immer eine Entscheidung. Taten sagen mehr als Worte. Mein Ex hat immer nur von den Dingen geredet, die er irgendwann mal tun will - und ich hab die Dinge einfach gemacht.

Ich denke, schon alleine, das zu erkennen und den Willen zu haben, etwas zu ändern, ist viel wert.

Lieben Gruß
Kuraina

20.11.2017 10:06 • x 2 #17


A


Because you hear without listening

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Vinz
Zitat von Kuraina:
Aber das hat er nie. Ich bin in seine Stadt gezogen. Ich habe alles aufgegeben.

Diese Abhängigkeit ist oftmals der Anfang vom Ende. Man möchte vertrauen, und hofft es war die richtige Entscheidung, bis einem klar wird, dass es bis dahin nur so hat funktionieren können. Weil man diese Unabhängigkeit hatte.

20.11.2017 11:19 • x 1 #18


Kuraina
Zitat von Vinz:
Diese Abhängigkeit ist oftmals der Anfang vom Ende. Man möchte vertrauen, und hofft es war die richtige Entscheidung, bis einem klar wird, dass es bis dahin nur so hat funktionieren können. Weil man diese Unabhängigkeit hatte.

Ja, das stimmt.
Auf der anderen Seite bin ich freiwillig zu ihm gezogen, weil ich aus meiner Stadt ohnehin weg wollte. Und er hätte sich ja selbst nicht mal ändern müssen... lediglich mir zugestehen müssen, ich selbst zu sein. Ich hatte Menschen, mit denen ich mir etwas hätte aufbauen können.
Und fairerweise muss man ja sagen, dass ich es zugelassen habe, dass er mich sabotiert. Ich habe mich selbst verraten und verbogen und mich am Ende gewundert, warum ich in die Rolle, in die ich mich zwingen wollte, in die er mich zwingen wollte, nicht gepasst habe.

Umso wichtiger ist für mich die Erkenntnis. Zu verstehen, was da passiert ist. Und auch zu erkennen, wie ich wirklich bin. Selbst zu meiner Außenseiter-Zeit hatte ich immer viele Menschen um mich. Andere Außenseiter. Ich war nie wirklich alleine. Es fällt mir eigentlich auch nicht schwer, Kontakte zu knüpfen. Das war ich nur lange gar nicht in der Lage, anzunehmen.

Ich habe wieder zu mir zurück gefunden. Ich habe zuweilen immer noch Schwierigkeiten damit, auszutarieren, in welchem Maße ich Geselligkeit mag, nach 6 langen Jahren in der Isloation. Mein erster Freund hat mich auch schon von meinen Freunden isoliert. Da gab es durchaus Muster, deren Ursachen ich aber zu großen Teilen zu kennen glaube. Das war - damals - gar nicht mal das Schlechteste, trotzdem merke ich, dass ich immer wieder Probleme damit habe, auszuloten, in welchem Rahmen und Umfeld ich mich wohlfühle. Ich suche immer noch nach meiner Mitte, bin immer noch nicht im Gleichgewicht.

Der Weg zu mir selbst ist mühsam und oft schmerzhaft und es gibt da durchaus Dämonen, denen ich ausweiche, denen ich nicht gegenübertreten kann. Noch nicht. Vielleicht nie. Aber es lohnt sich, jeder einzelne Schritt. Dieser ganze Schmerz des vergangenen Jahres ist es wert.

20.11.2017 11:57 • x 2 #19


Kuraina
Ich habe einen alten Blogeintrag gefunden, in der Zeit vor meinem ersten Umzug. Ich erinnere mich gar nicht mehr, aber schon damals hatte ich Bedenken, habe von seiner Komfortzone gesprochen - nun. Ich hatte Recht. Das schwarz auf weiß zu sehen, ist ein seltsames Gefühl. Ich habe es von Anfang an gewusst und bin doch, sehenden Auges, mitten hinein ins Unglück gelaufen. Weil ich ihn geliebt habe.
Und weil ich geglaubt habe, ich könnte etwas ändern. Mein Umfeld hat mir gespiegelt, dass ich das könnte. Rückblickend habe ich eher das Gefühl, einen Prozess aufgehalten zu haben. Kaum war ich weg, hat er all seine schlechten Gewohnheiten wieder aufgenommen. Rauchen, trinken, Menschen mit seiner arroganten Art wegschieben, sich von vorn bis hinten von seiner Mutter bedienen lassen.
Es ist, als wäre ich ein Puffer gewesen - kein Wunder, dass es mich zermürbt hat.
Es war mir damals nicht bewusst, aber ich denke, ich habe versucht, ihn zu ändern. Zu dem, was ich gebraucht hätte, zu dem, von dem ich glaube, dass er es gebraucht hätte.
Und gleichzeitig habe ich mich an ihn angepasst. Habe versucht, mich für ihn zu ändern.
Es konnte nicht gut gehen.

Hey, Chu...
viel Glück. Ich erkenn dich nicht wieder, aber das ist wohl, was du jetzt bist.
Und trotzdem bist du mein Chu und ich bin dein Unschuldslamm. Trotzdem waren wir in der Lage, uns alleine mit 'chu' und 'meow'-Lauten zu verständigen.
Bonny Clyde ist unser Lied und die Villa Cuba unser Restaurant.
Das M'era Luna ist unser Festival. Kit und Knattergeist sind Symbol für unsere Zeit.
Nikki Sixx ist der Soundtrack unserer Beziehung und all my life I was waiting for someone like you to make me smile, to make me feel alive, diese Zeilen sind immer auch die deinen an mich.
Unser Traum von einem kleinen, ebenerdigen Haus mit Garten wird es nicht geben. Unser Kind, dass, wenn es ein Junge wird, Noah heißt, wird nie geboren werden.
Die Reisen nach Japan und den Himalaja werden wir nicht gemeinsam unternehmen. Wir werden nicht an Silvester in Paris das Feuerwerk bestaunen.
All diese Träume und Erlebnisse lassen wir zurück.

Aber, es ist wie mit Kit. Sie liegt jetzt in einem beschrifteten Kiste, in einem Karton, im Keller. Unsere Zeit ist eine Kiste voller Träume, Hoffnungen und Erinnerungen, voller Erfahrungen und Erlebnisse. Diese Kiste verwahre ich irgendwo in meinem Kopf.
Und ich weiß - du wirst das auch tun.

Ich hätte all das gerne mit dir erlebt. Aber wir wissen beide - auch, wenn es unser beide Träume waren, sie wären niemals wahr geworden. Auch wenn ich im Moment das Gefühl habe, du richtest dich selbst zugrunde, vertraue ich darauf, dass du einen anderen, einen besseren Weg für deine Zukunft findest.
So wie ich auch.

Farewell, my darling.

05.12.2017 23:31 • x 1 #20


Kuraina
Eigentlich bin ich doch verdammt wütend auf dich. Ich hab so viele Jahre lang so viel für uns getan, so viel für dich getan. Kleines und Großes, Zeit und Geld. Ich habe so viel geopfert - und du?
Du, der Pascha, das Opferlamm, hast dich in deinem verdammten Zimmer verschanzt und dich bedienen lassen. Und ich habs zugelassen, ich dumme Gans.
So froh ich bin, dich Schmarotzer los zu sein, so wütend macht es mich, dass du nicht mal versucht hast, so zu tun, als sei es dir wichtig.
Elender Heuchler.

Renn doch in den Abgrund, lass dich doch von der dummen Pute da rein zerren.

DU willst doch bloß, dass man dir Zucker in deinen verwöhnten Hintern bläßt. Du sagst mir Es hilft mir nicht, zu hören, dass ich mich verändert hab. - Ja bitte, was sonst soll dir denn helfen?
Die Wahrheit verträgst du halt nicht. Blasierter, eingebildeter, arroganter Lackaffe. Ganz ehrlich - ihr habt einander doch verdient.

Erstick doch an deinem Mitleidgejammere - du hast kein Mitleid mehr verdient.

Bruh, ich weiß nicht mal, woher diese Wut manchmal kommt. Ich glaube, ich bin wütend auf mich selbst, weil ich mich habe täuschen lassen. Und auf ihn, weil er sich so gerne als Jesus-Gleicher Wohltäter präsentiert, der die armen, emotional gebeutelten, versorgt.
Heuchler. Elelder Heuchler.
Schmarotzer.
Ich wollte all das nicht sehen und die Vorstellung, dem armen Ding, das du so gerne mimst, wehzutun, hat mich innerlich zerfetzt - aber der, der du jetzt bist.... ganz ehrlich? Der hat nix anderes verdient, als richtig auf die Schnauze zu fallen.
Deine eigene Meinung hast du für n bisschen Gevögel aufgegeben - mit ner Tussi, die du nicht mal richtig rannehmen kannst, weil das Zahnstocherweib sonst weinen muss.

(Ich weiß, ich kann furchtbar niveaulos und gehässig sein. Aber bleibt ja unter uns )

Ich hoff, es hat sich nicht gelohnt. Hexe.

(Ihr beide.)

14.12.2017 22:11 • #21


Kuraina
Wer du bist und wer du warst,
es ist, als würden das zwei unterschiedliche Menschen sein.
Wer du warst, so viele Jahre lang, fehlt mir.
Doch hab ich dich verloren oder bist du gestorben, innerlich verwelkt und was du jetzt bist selbst geschaffen aus dem kläglichen Rest deiner Existenz?

Ich habe gesagt, irgendwann, will ich ganz ohne Gram zurückschauen mit dem Wissen, wir haben beide gegeben, was ging, bis es irgendwann nicht mehr ging und das all die Erfahrungen mich immer begleiten und mich bereichern und ich innerlich daran gewachsen bin.

Ich gönn dir dein Glück, nur dass ich nicht glaube, dass es echt ist.
Irgendwann, vielleicht, können wir ohne Groll nochmal aufeinander zugehen, aber nicht der, der du jetzt bist, sondern vielleicht der, der du warst oder der, der du sein wirst, wenn du innerlich noch einmal stirbst, und ich würde Wetten darauf eingehen, dass das passieren wird, nicht aus Rache, sondern weil ich weiß, wer du bist, wer du warst, wer du sein wolltest und das, was du bist, ist das Gegenteil von dem, was du sein wolltest.

Ich möchte abschließen, aber ich glaube, nur Zeit und ein Leben, frei von dir und weit weg von dir, ein Leben was endlich wieder mein eigenes ist und wo ich sein kann, was ich bin und wer ich war, nur das kann mir helfen, abzuschließen und nicht mehr zu bereuen und dankbar sein, nicht nur dir, sondern auch und vor allem mir selbst.
Weil ich liebe und lebe und lache und dieses Lachen nie verloren habe.
Weil ich stark und mutig und selbstbewusst bin. Und gleichzeitig sanft und einfühlsam.
Weil all das so tief in mir verwurzelt ist, dass es geschützt vor allen Stürmen immer ein Teil von mir bleibt.

Weil ich ich bin.
ich dachte, bei dir könnte ich genauso sein, aber so war es nicht, ich hab mich mit meinen Wurzeln entwurzelt und in deine viel zu kleine Welt gepresst.
Diesen Selbstverrat zu verdauen, das wird noch eine Weile dauern, aber wenn ich mir verzeihe, kann ich sicherlich auch dir verzeihen.

22.12.2017 10:57 • x 2 #22


E
Liebste Kuraina.

Deine Beiträge berühren so sehr mein Herz. Ich lese Schmerz und Trauer. Aber auch Liebe, Mut und Stärke.

Alles Liebe für dich.

22.12.2017 13:09 • x 1 #23




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