Neigt sich unsere Beziehung dem Ende entgegen?

D
Ich bin mit meinem Partner seit nun 9 Monaten in einer Beziehung. Ich 20, er 19. Wir haben schon einiges während dieser Zeit durchlebt, sind allerdings immer gestärkt herausgegangen. Ich möchte jetzt allerdings darauf nicht im Detail eingehen, da ich es für die aktuelle Situation nicht als relevant empfinde.
In letzter Zeit häufen sich bei uns leider die Streitigkeiten. Wir haben zu verschiedenen Themen gern mal auch andere Meinungen, diese diskutieren wir aus, was leider ab und zu mal im Disput endet. Speziell der Umgang mit den Streits stimmt mich zuweilen bedenklich.
Doch dazu später mehr. Zuvor möchte ich uns erstmal näher beschreiben, um das ganze leichter verständlich zu gestalten.
Wir führen Wochenendbeziehung, nutzen aber jede Gelegenheit uns auch unter der Woche zu sehen. Im Schnitt sehen wir uns gegenwärtig 3-4 mal in der Woche trotz über 100 km Entfernung. Wir haben gemeinsame Zukunftspläne, Haus, Familie etc. Er zieht bald in eine eigene Wohnung, wo ich nach den Uni Tagen Montag bis Donnerstag direkt hinfahren werde.
Unsere Beziehung ist sehr kommunikativ (viel schreiben, viel reden, viel telefonieren), wir suchen ständig Nähe, wenn sich eine freie Minute ergibt, schreiben wir sofort miteinander und haben auch immer etwas, worüber wir uns austauschen. Das finde ich bereits sehr bemerkenswert, da wir uns in der Anfangszeit 3 Monate nicht sehen konnten und nur über das Handy Kontakt hatten. Der sah damals natürlich bereits sehr intensiv aus, mit schreiben am ganzen Tag und abends stundenlange Telefonate. Doch selbst jetzt herrscht immer noch extrem reger Kontakt, was weder er noch ich zuvor mit einem anderen Menschen erlebt hatten.
Zu mir: war noch nie zuvor in einer Beziehung, dies ist meine erste, ich besitze keinerlei Erfahrung. Aus der Vergangenheit durch mein Single-Leben und durch eine Lebensphase, in der ich sehr lange alleine war, bin ich stark auf mich bezogen, mache eben, da ich es nicht anders gewohnt war, meist das, was mir gefällt. Ich befinde mich zu gerne in meiner Komfort-Zone. Bsp.: mein Freund ist arbeitstechnisch sehr eingespannt, hatte kürzlich ein Klinikpraktikum, bei welchem er bei mir in meiner Studentenwohnung für einen Monat wohnte. Während seiner Arbeitszeit tat ich jedoch oft keine Arbeiten in Haushalt, sondern *beep* lieber und zockte. Diesbezüglich habe ich mein Fehlverhalten eingesehen, ich weiß, dass es assi war und schäme mich dafür auch. Wie bereits erwähnt, ist mein Freund durch die Arbeit im Allgemeinen sehr eingespannt, er von mir, wie er es empfindet, aber keinen wirklichen Rückhalt erhält, bspw. war ich nicht positiv gestimmt, als er mit seinen Freunden in den Urlaub fahren wollte für 400Euro obwohl er noch knapp 300Euro Schulden bei mir hat. Er wird mir das Geld definitiv zurückgeben, dafür ist er auch der Typ (sehr zuverlässig) und da vertraue ich ihm, aber ich hatte gemeint, dass ich es komisch finde, einen teuren Urlaub zu machen anstatt mir das Geld lieber gleich zu geben. Daraufhin entwickelte sich ein großer Streit über 3 Tage, danach sprachen wir uns aus, wo dann auch die zuvor geschilderte Situation zur Aussprache kam. Ich habe versprochen und es mir vorgenommen, mehr an ihn zu denken, in Gesprächen, wenn mir etwas nicht passt, ruhig zu bleiben und nicht direkt auf Konfrontation zu gehen und nicht mehr so oft nur an mich zu denken.

Er: war zuvor mit 2 Mädchen in längeren Beziehungen, ich bin sein erster Junge. Er konnte sich vor mir nie eine Beziehung mit einem Jungen vorstellen, wir hatten uns über das Internet kennengelernt und es hat sofort gefunkt. Er meinte auch oftmals, dass ich die erste Person sei, bei der er so feste Zukunftsvorstellungen hat und das bereits so früh. Er legt sehr viel Wert auf zwischenmenschliche Dinge, bspw das mit der angesprochenen Rücksichtnahme. Bei ihm ist es so, dass er bereits mit seinen 19 Jahren aufgrund der familiären Situation praktisch immer arbeiten musste, jetzt sehr früh aufsteht, durch sein großes Engagement schon jetzt eine wichtige Führungsrolle mit viel Geld erhalten hat und da aber auch zeitlich ziemlich eingespannt ist, wenig Schlaf bekommt, und es trotzdem immer irgendwie hinbekommt, die 100km zu mir zu fahren, sodass wir uns regelmäßig sehen. In der Hinsicht tut er alles für unsere Beziehung und nimmt auch durch seine Versäumnisse sehr viel für mich in kauf. Ein weiterer zwischenmenschlicher Punkt, der ihm wichtig ist, zeigt sich in ganz simplen, banalen Angelegenheiten, wo er von mir erwartet, dass ich an ihn denke, z.B. wenn ich etwas zu Essen hole gleich etwas für ihn mitzubringen. Das habe ich tw etwas vernachlässigt, doch in der Hinsicht habe ich mich schon enorm verbessert. Trotz dessen, dass er sehr darauf Wert legt, an den anderen zu denken und Rücksicht zu nehmen, stellt sich die Gesprächsbasis in unserer Beziehung leider so dar, dass ich ihn immer wieder über seine Arbeit frage, er demnach auch sehr ausführlich und detailliert erzählt, und das über einen Bereich, mit dem ich nie etwas zu tun hatte und der mich an sich auch relativ wenig interessiert. Ich lasse ihn aber erzählen, auch wenn ich ihn manchmal darauf hinweise, nicht zu arg ins Detail zu gehen. Er wiederum fragt mich im Vergleich viel weniger, selbst simple Sachen wie, was ich heute gemacht habe, wie es bei mir mit dem Studium läuft, mich auch detailliert über das Studium erzählen zu lassen, das kommt von ihm kaum. Das habe ich ihm oftmals gesagt, er arbeitet an sich, es ist allerdings noch längst nicht zufriedenstellend. Insofern komme ich in dem Bereich, welcher mir als Person, die sich normalerweise gerne und viel artikuliert deutlich zu kurz und damit geht auch eine Unzufriedenheit und ein Missmut einher. Er erwartet von mir viel, ich bin bereits in vielen Dingen auf ihn eingegangen, habe an mir gearbeitet, bspw bin ich eigentlich ein Mensch, der in Streitsituationen schnell laut wird. Das kam auch anfangs bei mir ab und zu mal, nachdem er mir aber klar sagte, dass ich das zu unterlassen habe, passe ich mein Verhalten seinen Wünschen auch an. Er kommt mir in der Situation jedoch nicht entgegen, was dann tw. auch zu Trotzreaktionen meinerseits führt.
Ein weiterer Aspekt ist, dass er seine Schuld an Streitsituationen meist nicht einsieht. Im Gegensatz zu mir. Bin ich der Auslöser, sehe ich es immer schnell ein und entschuldige mich und nehme mir auch fest vor, mich zu verbessern. Er wiederum sucht immer eine Teil- wenn nicht sogar die ganze Schuld bei mir. Sucht Gründe, obwohl er einfach nur anders hätte reagieren müssen. Er sieht zu oft nicht ein, dass auch er manchmal der Auslöser ist, schiebt die Schuld von sich. Da fühle ich mich oftmals so schlecht behandelt und werde das auch nicht mehr hinnehmen. Das habe ich ihm nach dem letzten Disput auch so vermittelt, bei dem genau die eben geschilderte Problemstellung aufkam, dass er der Auslöser war und es am Ende auf mich schieben wollte. Nachdem ich es ihm mitteilte, zeigte er jedoch Einsicht, meinte sogar selbst, dass er schon des öfteren den Gedanken hatte, überhaupt nicht auf mich eingehen zu müssen, nach dem, was ich in der Vergangenheit an Auslösern geliefert hatte. Und das trotz Aussprachen und auch Einsicht zeigen meinerseits. Praktisch als Revanche, als Rache. Aber so geht die Beziehung kaputt.

Und aus letzterem Punkt resultiert auch der Hauptgrund meines Posts.
Die Streits der Vergangenheit und die damit einhergehenden Reaktionen haben bei uns zu einer Situation geführt, dass trotz der Aussprachen, die zum Teil sehr intensiv waren und nach denen wir uns auch immer wieder vertragen hatten, auch weiterhin Streits keine Seltenheit darstellen. Das zeigt sich schon allein daran, dass kleine Meinungsverschiedenheiten beim Gegenüber direkt eine Reaktion hervorrufen, mit der er sich auf ein Gespräch, auf eine diplomatische Einigung verschließt oder leicht gereizt reagiert. Das findet auf beiden Seiten statt. Der Umgangston hat darunter gelitten. Das äußert sich natürlich nicht immer. Doch immer wieder kommt die geschilderte Situation gern mal vor. Der liebevolle, lockere Umgang ist leider mittlerweile etwas abhanden gekommen.
Wir sind ein Paar, was die Zeit, in der es sich sieht, mit viel Körperkontakt verbringt, sehr auf kuscheln und im Bett liegen setzt. Das stellt natürlich schon eine enorme Nähe her, mit der wir auch durch solch schlechte Phasen durchkommen. Meine Sorge ist folgende: dieser Körperkontakt reicht irgendwann nicht mehr aus.
Mir ist auch bereits durch den Kopf gegangen, dass wir vielleicht doch nicht so ein Paar sind, für das wir uns halten. An sich sind wir ein sehr gutes Team, harmonieren oftmals ausgezeichnet miteinander, besonders in der Öffentlichkeit, vor meinen Freunden. Und auch in solchen Phasen wie gegenwärtig vermissen wir uns extrem, wollen uns immer wenn möglich sehen, wenn ich an ihn denke, bekomme ich ein kribbeln im Bauch. Wir lieben uns.
Doch aufgrund des mittlerweile zunehmend negativen Umgangstons sind wir vielleicht doch nicht so für einander bestimmt, doch zu verschieden, doch kein Paar für die Ewigkeit.
Ich habe hier primär die negativen Aspekte genannt, aber nicht, weil diese den positiven überwiegen, sondern weil sie mich, aber auch ihn zunehmend belasten.
Ich habe in Beziehungen keinerlei Erfahrung und stelle mir diesbezüglich auch viele Fragen, offenbare also auch große Unsicherheit.
Deswegen möchte ich mich an andere, erfahrenere Personen richten.
Könnt ihr mir eure Gedanken schildern? Habt ihr ähnliches in der Vergangenheit erlebt? Habt ihr für mich Tipps, wie ich mich in der Beziehung besser verhalten soll oder wie wir mit der Situation umgehen sollen?
Danke erst einmal an die Leute, die diesen langen Text bis hierhin gelesen haben.

16.08.2018 15:39 • #1


Liessa
Ich habe es gelesen und es ließ sich auch gut lesen, du hast es ja sehr reflektiert und klar geschrieben.

Ich habe immer meine Probleme, wenn sich nach so kurzer Zeit schon so erhebliche Probleme ergeben. Wenn man es genau sieht, seid ihr ja erst seit 6 Monaten zusammen, wenn man mal bedenkt, dass ihr euch die ersten drei Monate gar nicht gesehen habt. Und wenn man dann in der Honeymoonzeit, in der man eigentlich über ganz viel hinweg sieht, weil man so verliebt ist, schon so massive Streitigkeiten und so ein Ungleichgewicht hat, ist das eigentlich kein sehr gutes Zeichen. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich in der Zeit überhaupt schon mal mit jemandem gestritten zu haben, außer mit meinem Narzissten-Ex, aber der ist ein anderes Thema.

Natürlich will ich hier nicht unken und etwas heraufbeschwören, dafür weiß man einfach zu wenig, aber gut wirkt das auf mich nicht. Dein Freund wirkt in deinen Erzählungen sehr egoistisch und dominant und da muss man schon sehr viel Standing haben, um sich gesund abgrenzen zu können. Grad in der ersten Beziehung ist das manchmal schwierig.

Du wirst ja mit Sicherheit jetzt nicht sofort die Beziehung beenden, auch wenn dein Bauchgefühl dir sagt, dass da etwas nicht stimmt. Darum kann ich dir nur den Rat geben, dich nicht für deinen Freund zu verbiegen und zu verändern und nicht auf alles, was er an dir zu meckern hat, gleich zu reagieren und alles zu tun. Sei einfach der, der du bist und dann wirst du eben auch mal lauter in Streits, so what, das bist eben DU und so hat er dich ja kennen- und lieben gelernt. Und hör auch dein Bauchgefühl, das ist oft ein sehr guter Berater!

16.08.2018 16:49 • #2


D
Ich sollte vielleicht noch dazu sagen, dass es uns beiden schwer bis unmöglich fällt, über ein Ende wirklich konkret nachzudenken. Ich denke, ich würde mit einer Trennung nicht fertig, er hat mich aus dem tiefsten Loch meines Lebens herausgeholt und mich endlich wieder zu einem Menschen gemacht, der ohne Bedenken mit anderen Leuten zusammen sein kann, ohne einen halben Zusammenbruch auf der Straße unterwegs sein kann, halt ein ganz normales Leben führen kann. Dafür bin ich ihm unfassbar dankbar und extrem verbunden. Ein Leben ohne ihn? Ist für mich eigentlich nur schwer denkbar. Auch für ihn. Er meinte, nach mir würde er sich wohl nie wieder einen anderen suchen.
Wie sich das in der Realität darstellen würde, kann man jetzt natürlich sagen. Aber ich denke, wir brauchen einander, wir zeigen extrem viel Zuneigung und sehr viel Liebe. Deutlich mehr, als ich das bei meinen Freunden und deren Freundinnen bemerke.
Bis auf die Streits führen wir eine unfassbar schöne Beziehung.
Zu den Streits sei vielleicht noch dazu gesagt, dass wir beide eigentlich ziemlich dominante Typen sind, uns es aber zuweilen schwer fällt, damit richtig umzugehen. Wir sind uns unserer Sache leider auch oftmals zu sicher. Denken dann, dass man jetzt ruhig mal stur oder mürrisch reagieren können, da es sich ja eh wieder einrenkt. Uns ist aber beiden bewusst, dass das ein gefährliches Spiel ist.
Klar hört sich das im Zusammenhang mit den Streits nicht gut an und auch uns belastet es. Aber alles dafür zu beenden? Das ist keine Option. Ich hätte eher auf Bewältigungsmöglichkeiten gehofft. Und bezüglich den Änderungen für den andern: zumindest für mich ist es nicht schlimm, sich zu ändern. Ich weiß, dass ich tw. ein Verhalten an den Tag lege, wo andere schon längst Schluss gemacht hätten und demnach will ich mich da auch verbessern, zumal ich da schon große Fortschritte gemacht habe.

16.08.2018 17:18 • #3




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag