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Selbsterkenntnis bringt mich um - SEHR viel Text

M
Und jeden Tag kommen mehr Gedanken, mehr Einsichten.Das sich selbst zerfleischen kommt weniger häufig vor. Aber ich spüre den Stress, der auf mir liegt. Ich spüre die Anspannung, die Ängste, das ist etwas hinderlich für den Prozess aber ja, ich weiss, das gehört nun mal dazu.

Ich habe für mich heute nach Begrifflichkeiten gesucht, wie ich umschreiben könnte, was mir jetzt alles klar wird. Ich habe mich für Komfortzone entschieden. Der Begriff beschreibt ganz gut, dass es einen Rahmen gibt, innerhalb dessen man sich wohl fühlt und ein aussen, dass eben keinen Komfort bedeutet. Ich kann Stück für Stück benennen, dass meine Komfortzone kleiner wurde und ich sie umso mehr verteidigt habe. Der Grund für das empfundene Schrumpfen der Komfortzone war das, was eigentlich ganz normal ist...Entwicklung, Veränderung. Ich selbst bin vermutlich zu lange stehen geblieben aus Angst, die Komfortzone zu verlassen, meine Aussenwelt, und damit auch meine Ex, sind hierdurch aber nicht beeinflussbar. Das ich stehen geblieben bin hat alleine mit mir zu tun und natürlich habe ich in vielen Situationen ihr die Verantwortung dafür gegeben, dass ich gerade unzufrieden gewesen bin. Nicht aus bösem Willen. Sondern einfach, weil meine Komfortzone mehr nicht hergegeben hat. Wir alle kennen es, dass man oft in einer Verteidigungssituation (die ich ja immer auch sehr offensiv gestaltet habe) nach aussen schaut, nicht nach innen. Deswegen habe ich nie gesehen, dass auch andere Wege, Haltungen, Ideen geben könnte. Die müssten nicht mal unbedingt zielführender sein oder besser, die können auch schief gehen. Aber ich denke heute, dass es besser ist, mehrere unterschiedliche Vorgehensweisen zu haben, ein Problem zu lösen. Und wenn man da eine Kultur entwickelt, innerhalb einer Beziehung, wird man vermutlich kommende Probleme (die es ja bekanntlich immer wieder geben wird) zum Teil vielleicht direkt in ihrer Wirkung abschwächen, gar nicht erst auftreten lassen. Probleme zu fürchten kann der Weg nicht sein... aber nur auf einer richtigen Lösung zu beharren, nur weil die zufällig gerade innerhalb der eigenen Komfortzone liegt, auch nicht.

30.09.2017 14:23 • x 4 #16


S
Lieber Micha, ich finde s toll was du dich so intensiv mit den Problemen auseinander setzt und dir viele Gedanken machst. Wie schon gesagt bin ich quasi in der Situation der Ex. Mein Freund ist dir wohl sehr ähnlich.

Wir beide haben zu vielen Themen verschiedene Zugänge, was unendlich viele Missverständnisse mit sich gebracht hat... Kommunikationsproblem... Oft wollte er meine Ansichten gar nicht hören... Nach dem zweiten Satz hat er mich unterbrochen und mich einerseits mit Vorwürfen bombardiert andererseits mir gesagt wie ich was wann wie zu tun hätte,dann würde alles gut...

Schade, dass er sich bis jetzt keine solchen Gedanken macht wie du... Mach weiter, bitte! Das bringt dir selbst sicher viel!

30.09.2017 17:56 • #17


A


Selbsterkenntnis bringt mich um - SEHR viel Text

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M
Heute kurz nach dem Aufwachen war er dann da. der Moment, in dem es mal so richtig geknallt hat in mir. Die Klarheit darüber, wieso ich überhaupt diese Entwicklung in diese Richtung gemacht habe. Das war nämlich längst nicht immer so bei mir. Oder zumindest nicht in dieser Ausprägung. Mit einem Schlag, von jetzt auf gleich, hats mich angesprungen. und es war für mich sehr deutlich spürbar, dass es sich hierbei um einen wichtigen Moment gehandelt hat.

Meine Ex hat sich in der Nacht bei mir gemeldet. Um 4:00. Per Whatsapp. ob ich wach sei. Aber obwohl ich wohl in dieser Nacht den schlechtesten Schlaf EVER hatte. ausgerechnet da war ich nicht wach. Oder bewusstseinsklar.

Was der eigentlich wichtige Punkt ist. manchmal sind Menschen, wie sie sind. Und da wir immer nur ein Zeitfenster mit dem Menschen verbringen, manchmal kleiner, manchmal grösser, sehen wir immer nur diesen Moment. Aber im Grunde sind wir nicht einfach so. Wir bringen sicherlich Anlagen mit, aber wir werden unterwegs auch gemacht. Und wenn man das dann für sich begreift, dann ist das ungeheuer erleichternd. Es nimmt mir aktuell die Schuldgefühle dafür, dass ich mich verhalten habe, wie ich es getan habe. Und die Erkenntnis alleine bringt auch noch keine wesentliche Besserung, da werde ich schon weiter dran bleiben müssen. Aber es ist sehr viel einfacher zu treffen, wenn man das Ziel auch sehen kann.
Was es nciht nimmt ist die Trauer über die Situation. Es macht das Vermissen nicht leichter. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Schuld spüren und Verantwortung übernehmen.
So, das war mal mein Wort zum Sonntag

01.10.2017 11:58 • x 1 #18


M
Eine Woche nun, auf den Tag genau, ist sie nun weg. Ich bin traurig und vermisse sie, aber wem hier geht es anders oder würde es anders gehen? Ich habe morgen einen Termin bei einer Eheberaterin (sagt man das so?). Ob ich nun alleine dort hingehe, um mich in der Trennung beraten zu lassen und um mich auch mal selbst mit professioneller Unterstützung zu reflektieren, oder ob das später mal eine gemeinsame Angelegenheit draus wird, wer kann das jetzt schon absehen? Ich bin auch unerfahren in solchen Situationen, eine Woche ist eine Woche, aus sich heraus damit weder viel noch wenig.

Seit dieser Knall passiert ist, geht es mir mit mir selbst wesentlich besser. Für mich hat es sich in jedem Fall nach der Trennung gelohnt, den Blick auf mich selbst zu lenken und dran zu bleiben. Irgendwann kommt der Blitz, der einem Klarheit verschafft. Und dann ists wie bei einer Wurzelbehandlung... ein kurzer Schmerz kurz zuvor, dann ist die Klarheit da und dieser Schmerz ebbt ab. Seither kommen nicht wirklich neue Erkenntnisse hinzu, nur Zusammenhänge werden natürlich immer klarer. Es zeigt sich mir deutlich, wie viel untereinander verwoben ist, wie viele Situationen ganz anders hätten verlaufen können. Eine verdrängte Verletzung mit sich herumtragen, die sich dann in alle Lebensbereiche einmischt (nicht nur in die Beziehung) ist jedenfalls kein Garant für goldene Zeiten, so viel kann ich schon mal sagen.

Ansonsten ist für mich in meiner Geschichte weiter in der Luft hängen angesagt. Es war mir wichtig, dass sie über meinen kleinen Durchbruch im Bilde ist. Wenn sie sich zurückzieht um sich Gedanken zu machen, dann soll sie auch wenigstens die passende Grundlage für ihre Überlegungen haben. Obs einen Unterschied macht? Wenn ihre Gefühle zerstört sind, dann nicht.
Ich habe ihr eigentlich unmittelbar nach dem Geistesblitz eine Email geschrieben und ihr gesagt, was für mich klar geworden ist. Keine grosse Abhandlung aber genug, damit sie Zusammenhänge für sich selbst herstellen kann. Von Kontaktsperre um jeden Preis halte ich in der Situation nichts, ich bin kein Freund von Strategien, an die man sich dann sklavisch halten muss.
Später an dem Tag (Sonntag) hat sie sich bedankt und geäussert, dass sie die Mail gut fand, dass sie es gut findet, dass ich den Raum nutze, um zu solchen Ergebnissen zu kommen, auch wenn sie dafür gehen musste. Alles per Whatsapp. Wir hatten noch einen kurzen Austausch über ein paar Kleinigkeiten, die sich bei uns zugetragen haben, haben noch Absprachen getroffen, wie und wann sie das gemeinsame Auto nutzen kann. Ich hatte schon das Gefühl, dass sie auch interessiert ist, sie hatte mehrfach das Gespräch fortgesetzt, obwohl ich mich schon verabschiedet hatte. Aber das kann auch Wunschdenken sein, hineininterpretierte Sachen. Im ersten Moment war ich natürlich euphorisch, später habe ich mich aber wieder etwas geerdet und mir einfach vergegenwärtigt, was in den Nachrichten steht und was nicht. Kein Vermissen, nichts. Sie will in dieser, spätstens in der übernächsten Woche mal vorbeikommen. Was auch immer das heissen mag. Sie denke auch viel nach, habe aber noch Probleme damit, die Dinge zu sortieren.

Ich habe das Gefühl, in der Luft zu hängen. Ich kann aktuell nichts wirklich planen, angehen. Suche ich mir eine eigene Wohnung? Auf was soll ich mich einstellen? Der Weggang zur besten Freundin ist als solcher auch kein Zustand, den sie auf ewig wird aufrecht erhalten können, auch wenn diese Freundin garantiert gaaaanz viel Geduld für sie haben wird. Irgendwann muss auch die wieder in ihrem Leben weitermachen.

Gleichzeitig habe ich natürlich auch Angst davor, dass ich vor Warheiten gestellt werde, die ich eigentlich nicht will. Ich sage nicht, dass die letzten Erkenntnisse über mich nicht wertvoll sind. Aber ich wäre traurig darüber, wenn ich als Preis für sie eine Beziehung verloren hätte, in der sehr viel mehr gesteckt hätte. Man muss dazu wissen, dass das, was sich da als Auslöser für mein Verhalten nichts ist, was originär in meiner Persönlichkeit wohnt. Es ist mir quasi angetan worden und hat sich dann unterbewusst verselbständigt. Ich will mich da nicht aus der Verantwortung reden, aber Fakt ist... ich hab mir das nicht ausgesucht. Und ich weiss...hätte, wäre, wenn... aber in dieser Beziehung lagen noch so viele Chancen. Ganz ohne Schönrednerei. Da war ne Menge drin.

Eine Woche...vielleicht bin ich auch grad auch etwas ungeduldig und auch selbstsüchtig. Aber es tut mir weh, da will man den Schmerz ja gerne auch mal hinter sich lassen. Ich habe mir weiter oben Zeit gewünscht. Da werde ich auch noch etwas von brauchen. Aber Zeit wäre wesentlich einfacher zu ertragen, wenn man nicht gleichzeitig so in der Luft hängen würde.
Und wenn man wüsste, dass man die Baustellen vielleicht sogar bald gemeinsam angeht, mit Unterstützung aber mit vollem Commitment. Das wäre der Hammer.

Schönen Tag euch.

03.10.2017 10:55 • x 1 #19


E
Hallo Micha,

in deiner und meiner Situation stecken so viele Gemeinsamkeiten, das ich dir jetzt einfach antworten muss.

Bei uns war auch des öfteren der S. ein Streit und Diskussionsthema aus dem dann meist andere kleinere Streiterein entstanden sind. Auch ich habe mittlerweile diesen klaren Moment gehabt in dem mir alles bewusst wurde, was ich hätte anders machen und tun können inkl. Schuldgefühle. Zu einer Beziehung gehören aber immer zwei dazu. Vielleicht hat sie dein Verhalten auch in irgendeiner Art und Weise getriggert und du hast in diesem Moment so gehandelt wie du es für richtig gehalten hast. Auch in meiner Beziehung hätte noch soviel Potential gesteckt weil wir in vielen Dingen auf einer Welle lagen aber eben nicht auf allen, wie zum Beispiel dem S. und das ist ein elementarer Bestandteil einer Beziehung (meine Meinung). Versuche nicht nur dich sondern euch zu reflektieren. Wenn ich die Möglichkeit hätte zurück zu spulen und die Momente erneut zu erleben, aber mit der Erkenntnis die ich heute besitze, hätte ich das Ende VORERST abwenden können. Aber es gibt keinen Garant dafür das die Beziehung nicht früher oder später sowieso zerbrochen wäre. Die was,wäre,wenn Momente hatte ich auch schon aber mittlerweile weiß ich das jedes Wenden und Drehen an dem hier und jetzt nichts mehr ändert.

Ich kann dir in meiner derzeitigen Situation wahrscheinlich auch keine guten Ratschläge geben, da ich erstmal selbst damit fertig werden muss. Das ist jetzt 4 Wochen her und ich hab mich noch keinen Meter bewegt. Gib dir Zeit!

Ich kann dir vor allem das Buch von Dr. Doris Wolf empfehlen Wenn der Partner geht. Da stehen viele hilfreiche Dinge drin, die dir helfen deine Gefühle und Emotionen zu ordnen. Da steht ein Satz drin, welchen ich hier kurz für dich zitieren möchte. Mir hat er etwas geholfen mit den Schuldgefühlen besser klar zu kommen. Sie allein hätten mit einem anderen Verhalten die Beziehung nicht retten können. Hierzu sind Sie und Ihr Partner notwendig. Man könnte sogar sagen, Sie haben gewaltige Allmachtsphantasien, wenn Sie denken, Sie könnten einen anderen Menschen durch Ihr Verhalten steuern.

Dir alles Gute!

03.10.2017 16:40 • x 2 #20


M
Hallo Edelweiß

Danke für den Buchtipp, ich habe es direkt mal bestellt. Ich werde es ja eventuell noch brauchen.

Es hat eine massive, dramatische Entwicklung gegeben in der Zwischenzeit. Meine Ex/fast-Ex ist ja, nachdem sie hier vor einer Woche gegangen ist, bei ihrer besten Freundin untergekommen.
Die hat einen Hund, die Rasse kenne ich nichtmal, irgendetwas aus der Ecke Bulldogge. Groß und schwer und schon vorneherein als leicht verhaltensaufällig bekannt gewesen.

Ihr ahnt es vielleicht schon, es ist heute schief gegangen. Der Hund hat aus einer Kontaktaufnahme von ihm zu ihr urplötzlich sein Verhalten geändert und sie angegriffen. Dabei hat er sich in ihrem rechten Oberarm verbissen. Ich erhielt dann von ihr mehrere Nachrichten, als sie im Krankenhaus war, der Hund wurde zwischenzeitlich an die Eltern der besten Freundin abgegeben. Meine Ex/fast-Ex hat dann versucht, sich wieder in der Wohnung der Freundin aufzuhalten. Ich war informiert worden, ein Wunsch mich zu sehen bestand aber nicht.
Es war nun aber so, dass sie sich nicht mehr in der Wohnung aufhalten konnte, deswegen kündigte sie recht bald ihre Rückkehr hierher an. Wenig später war sie dann da.

Sie war deutlich geschockt, wir haben uns erst mal ins Wohnzimmer gesetzt. Dort sagte sie dann, dass die Situation ganz furchtbar sei. Zum einen der Schock und die erheblichen Schmerzen. Aber hinzunkäme, dass sie nun keinen Rückzugsort mehr habe. Bei uns in der Wohnung würde sie keine Ruhe finden, zu ihrer Freundin könne sie nach dem Vorfall auch nicht mehr. Es bliebe also nur die Fahrt zu den Eltern. Ich habe ihr in der Situation dann auch empfohlen, genau diesen Weg zu machen, sobald sie sich dazu in der Lage fühle. Aber ich habe auch die Hoffnung darüber zum Ausdruck gebracht, dass es vielleicht doch hier gelingen könne. Was sie aber entschieden ablehnte.

Das Gespräch kam dann auf die uns beherrschende Situation. Ich wurde befragt, wie es mir die letzten Tage gegangen sei, doch noch aufgetretene Missverständnisse aus den Emails wurden aufgelöst, vor allem wurde ich etwas deutlicher in dem, was ich eigentlich in den Mails beschrieben habe.

Die ganze Zeit während des Gesprächs wirkte sie matt, eher passiv. Aber als ich eingestand, dass sie mit einigen ihrer Vermutungen in der Vergangenheit richtig gelegen hatte, ich das aber in den Situationen nicht habe sehen können, wurde sie mal kurz sauer. Wenigstens mal eine spürbare Reaktion.
Ich hatte in mir die ganze Zeit das Gefühl, dass das alles doch jetzt, nachdem der Tag zum Abend hin so eine entsetzliche Wendung gemacht hatte, nicht wirklich im Vordergrund stehe. Wollte für sie da sein. Aber mehr als Tee anbieten konnte ich dann nicht, das Gespräch war naturgemäss wenig auf Klärung aus und meine Fürsorge wollte sie effektiv nicht. Die Nacht, das war ihr wichtig, wollte sie dann im Gästezimmer verbingen, was für mich dann auch total ok war. Selbstverständlich war es das.

Ich habe meine Chance bekommen, um Verzeihung zu bitten. Und habe sie genutzt. Ich habe auch die Chance erhalten, nochmals kurz zu resümmieren, was ich begriffen habe. Und ich habe mitteilen können, dass ich zur Arbeit an mir und an der Beziehung bereit bin, die negativ-Entwicklung in meinem Verhalten Folge von etwas war, und nicht der Ausdruck einer grundsätzlichen Haltung. Mehr habe ich nie gewollt. Und diese desaströsen Umstände, unter denen wir uns jetzt vermutlich viel zu früh getroffen haben, ganz sicher erst recht nicht.

Sie erklärte mir zu ihrem Weggang in der vergangenen Woche, dass es sie nicht anders hätte handhaben können, auch wenn sie es gewollt habe. Der Weggang sei keine Entscheidung gegen mich gewesen, sondern vielmehr FÜR sie selbst. Sie habe sich schützen wollen, bevor sie Schaden nimmt.

Der eine oder andere mag jetzt denken tja, dann musst du ja ein riiiiiesen Ar. gewesen sein,verdienst es dann auch nicht anders. Aber ganz so einfach ists dann doch nicht. Es stimmt, dass ich in Streitsituationen ein sehr überfahrendes Wesen hatte, speziell bei der letzten grossen Auseinandersetzung. Das räume ich ein und woher diese Angst kommt, die hinter diesem Verhalten stand, dass habe ich gut auf dem Schirm. Aber es gibt darüber hinaus auch noch ihre Anteile. Die erwähne ich hier nur nicht weiter, weil es mir nicht darum geht, irgendeine Gerechtigkeit abzubilden. Das wir beide für die Situation verantwortlich sind dürfte ja klar sein. Nur scheibe ich hier von meinem Erleben, damit bleibe ich auch bei meinen Anteilen.

Ganz nebenbei hab ich dann auch noch erfahren, was diese Freundin so alles über mich erzählt. Wie sie plötzlich Anekdötchen in Halbwahrheiten umdichtet, um mich schlecht dastehen zu lassen. Aber Hauptsache, ich habe letztes Wochenende noch neben meinem eigenen Job für sie auch noch die Masterarbeit korrigiert. Da werde jetzt ich mal sauer.

04.10.2017 03:34 • #21


M
Guten Tag mal wieder

Ich habe seit ich diesen Thread hier erstellt habe einiges Feedback bekommen. Direkt hier oder aber auch per PM. Oft drehte es sich darum, dass ich nicht die ganze Schuld bei mir suchen soll, dass es halt nicht gepasst habe. Eine andere häufige Rückmeldung war, dass es schön sei, wenn ich nun persönlich wachse daran, dass man sich dies vom eigenen Ex auch gewünscht hätte.

Ich möchte ein wenig erklären, was bei mir los gewesen ist, damit vielleicht transparenter wird, warum ich so verzweifelt bin. Das mag man dann trotzdem noch ganz normal finden als Teil meines Trennungsprozesses, als Phase der Verzweiflung und der Selbstzweifel, Selbstvorwürfe. Für mich ist es aber eben nicht ganz so einfach.

Ich hatte erklärt, dass für mein Verhalten Aussenprozesse einen großen Anteil hatten, durch die ich mich verändert habe in die Richtng, wie ich sie beschrieben habe. Und wie sehr meine Ex darunter gelitten hatte, weil es ihr ein Gefühl gab, dass sie auf Dauer nicht mehr mit sich hat vereinbaren können. Der Hintergrund meiner Selbsterkenntnis ist zweiteilig. Ein Teil wurde unterwegs erworben, der andere gehört zu mir, ich wusste nur nicht wirklich, dass der für mein Leben bedeutsam ist.

Der erste Teil hat etwas mit dem Erlernen von tiefem Misstrauen zu tun. Ich bin vor einigen Jahren bei meinem letzten Arbeitgeber in Deutschland massivst hintergangen worden. Aus dem Nichts heraus wurden Anschuldigungen gegen mich erhoben, die, so weit ich das bis heute nachvollziehen kann, mit der gezielten Absicht eingesetzt wurden, sowohl mein Ansehen als auch meine Perspektive zu zerstören. Es waren unhaltbare Vorwürfe, die bei jedem Mann auch Spuren hinterlassen, es ging um s.uelle Belästigung. Zwei mal innerhalb Jahresfrist bin ich damit konfrontiert worden, in beiden Fällen konnte ich deutlich belegen, dass diese Vorwürfe nicht haltbar waren, zum Teil mit Falschaussagen agiert worden war. Fakt ist, dass ich in der Zeit vor meiner Beziehung zum Teil sehr flirty war, dies aber niemals in einem Rahmen, in dem das für mich auch nur denkbar gewesen wäre, was mir in den beiden Verfahren zur Last gelegt wurde. Ich stand seinerzeit relativ kurz vor der Übernahme einer leitenden Funktion und ich habe scheinbar Neider auf den Plan gerufen und Menschen, die sich gegen mich zusammengetan haben um eigene Ziele zu schützen. Wenn man so will eine Mischung aus Mobbing und Bossing. Innerhalb eines Jahres wurde für mich eine Arbeitsplatz, zu dem ich an sich eine sehr loyale Bindung, fast schon familiär vom Bauchgefühl her, zur Hölle. Denn wie man sich vorstellen kann, bleibt von solchen Vorwürfen IMMER etwas an einem kleben. Es wird hinter dem eigenen Rücken geredet, zum Teil zerbrechen auch gute und über ein Jahrzehnt und mehr hinaus gepflegte Kontakte innerhalb des Betriebs. Man weiß ja nie, ob da nicht doch auch etwas dran ist, iiiirgendetwas muss da ja gewesen sein, hörte ich manchmal. Als das erste mal der Vorwurf erhoben wurde, waren meien Ex und ich bereits zusammen, wir arbeiteten auch im gleichen Betrieb, hatten uns dort kennengelernt.. Als der Vorwurf ein zweites mal konstruiert wurde hatte es dann auch noch arbeitsrechtliche Konsequenzen. Schlussendlich war die Begründung, dass man davon ausgehe, dass beim gleichen Vorwurf innerhalb eines Jahres davon auszugehen sei, dass ich schuldig sei. Sonst würde man zu solchen Vorwürfen nicht kommen. Ich konnte auch hier glasklar belegen, dass die Faktenlage eine ganz andere Sprache spreche, man folgte diesem Ansatz aber nicht. Ich hätte natürlich juristisch dagegen vorgehen können. Aber zum einen hat mich das Gefühl der Scham sehr stark gelähmt, zum anderen habe ich überhaupt nicht die finanziellen Ressourcen gehabt, sowas durchzuziehen. Ausserdem befand ich mich zu dieser Zeit bereits im Zustand der inneren Kündigung, meine Ex und ich waren dabei sowohl den Betrieb, als auch das Land zu verlassen. Insofern hätte eine große Welle nichts mehr gebracht und aus dem Ausland heraus erst recht nicht.

Was ich aber durch diese Geschichte gelernt habe war vor allem, dass es völlig egal ist, wie sicher und wohl man sich fühlt und selbst das Vorhandensein von Gesetzen schützt einen nicht vor Niedertracht. Eine Situation, egal wie harmonisch sie wirkt, kann durch ein paar Giftspritzen plötzlich und ohne dass man es bemerkt zur persönlichen Hölle werden. Diese Erfahrung habe ich verarbeitet, indem ich Misstrauen erlernt habe. Ich habe erlernt, dass ich immer die Augen offen halten muss, mich niemals auf die von mir gefühlte Harmonie verlassen darf.

Der Wechsel in ein Land, wo man als Deutscher nicht immer auf Gegenliebe stößt (Schweiz) hat diese Haltung dann noch weiter bestärkt. Der Wechsel von der Großstadt in eine doch sehr ländliche Region zusätzlich. Und natürlich, getreu der sich selbst erfüllenden Prophezeiung habe ich hier dann eben auch Erfahrungen gemacht, die zwar inhaltlich völlig anders waren, aber das gleiche Prinzip bedient haben. Vertraue nicht auf das, was du als tatsächlichen Rahmen wahrnimmst, vertraue einfach nicht.

Sogar meine Ex hat ein Stück weit dieses Muster gefüttert, weil sie zum Beispiel die Eigenschaft hat, dass sie nicht sofort damit rauskommt, wenn sie etwas bedrückt. Sondern später. Ich habe durch meine antrainierte erhöhte Wachsamkeit oftmals schon länger gespürt, wenn etwas mit ihr nicht stimmt. Aber wenn ich sie dann drauf ansprach hat sie es häufig erst verneint, bevor sie dann damit rausgekommen ist. Auch das hat mich in meinem Misstrauen bestärkt. Die Eheberaterin, die ich neulich erstmals aufgesucht habe (was ich grundlegend jedem raten würde, auch alleine, es ist sehr hilfreich) hat es so auf den Punkt gebracht:

Durch die Lernerfahrung am Arbeitsplatz, die für mich eine massive Verunsicherung zur Folge hatte, habe ich ein Muster erlernt, in dem ich unbedingt vermeiden will, dass ich nochmals mit Betrug, Niedertracht, Ablehnung und Kränkung überrascht werde. Also habe ich begonnen zu antizipieren, vorausschauend zu sein, abgegeben habe ich dafür Vertrauen. Wann immer ein ähnliches Muster auftauchte, selbst in der eigenen Partnerschaft, habe ich die Resonanz zu den auslösenden Vorkommnissen gespürt und damit begonnen, die Gegenwehr vorzubereiten.

Das ging so weit, dass ich schlussendlich immer früher Gefahr gesehen habe. Auch bei Bekanntschaften meiner Ex, die grundsätzlich sehr offen und kontaktfreudig ist, dabei aber auch maximal treu. Ich habe sie gewarnt und war immer in heller Aufregung, wenn sie nicht sehen konnte, was ich sehe. Ich konnte, sobald ich einen Menschen getroffen habe, mit dem sie sich näher gut verstand, sofort ganz viele Szenarien zusammenstellen, was da alles schief gehen könnte.

Gleichzeitig verändert so etwas einen natürlich auch selbst sehr stark. Ein im Grunde offener, zugewandter, kontaktfreudiger und humorvoller Mench wurde zynisch, bissig, im inneren immer bitterer. Da das ganze sich aber über einen Zeitraum von nunmehr 5 Jahren entwickelt hat, war diese Entwicklung nicht als wirklicher Sprung spürbar, die Kontraste um es zu erkennen waren also zu klein. Meine Ex hat mir, vor allem in den letzten Monaten mitgeteilt, dass sie diese Änderung spürt. Aber das hat nicht zur Selbstreflexion geführt, sondern hat stattdessen den Abwehrmechanismus direkt getriggert.
Dadurch, und durch den Umstand, dass unsere eigenen Probleme für mich (!) nie wirklich angegangen wurden, habe ich mich in meinem Verhalten innerhalb unserer Beziehung so verändert, dass es zu dem Verhalten führte, dass ihr mehr und mehr die Luft nahm, immer weniger Raum zur persönlichen Entwicklung ließ. Meine Unbeschwertheit, meine Lockerheit...alles verloren gegangen.

Der andere, der zweite Aspekt meiner Geschichte ist, dass ich eine Eigenschaft habe, von der ich immer geglaubt hatte, dass sie für mein Leben keine Rolle spielte, die mich deswegen nie sonderlich interessiert hatte.
Vor einigen Jahren nahm ich im Rahmen eines späten Studiums an einer Untersuchungsreihe der psychologischen Fakultät teil. Im Ergebnis hat man neben (den damals für mich echt wichtigen) 10 die Stunde noch ein psychologisches Profil erstellt bekommen, als kleines Dankeschön. Mir wurde neben dem Profil dringend angeraten, mich auch noch bei der Intelligenzforschung anzumelden, eine Testung durchführen zu lassen. Mir wurde mitgeteilt, dass bei mir davon auszugehen sei, dass ich zu der Gruppe der hochbegabten Erwachsenen zähle, erste Tests seien diesbezüglich sehr eindeutig gewesen. Hab ich aber nicht gemacht. Es hat mich buchstäblich nicht interessiert, weil ich dachte, dass ich ein ganz gewöhnliches Leben führe, ganz gewöhnliche Resultate erziele, für mich war das Spinnerei. Und wenn es so ist, dachte ich mir, hat es keinen Einfluss auf mein Leben. Ein Fehler, wie ich heute weiß. Ich hatte diese Verdachtsdiagnose auch tatsächlich schnell wieder vergessen.

Heute im Rückblick sehe ich, dass ich alles, was ich an Lernergebnissen in meinem Ausbildungsleben erreicht habe anders als meine Kollegen erreicht habe. Ich habe nie lernen müssen. Faktisch habe ich nie gelernt. Ich habe neue Informationen schnell aufgenommen und behalten, musste nicht wieder und wieder etwas reinpauken. Während der Schulzeit habe ich viele schlechte Noten eingefahren, weil mich die Hausaufgaben als Routinetätigkeit entsetzlich gelangweilt haben. Im Unterricht konnte ich zum Teil weit antizipieren, was als nächstes komme und war gelangweilt, habe deswegen gerne auch gestört oder bin einfach wieder gegangen. Mein Abi habe ich gemacht, ohne einen Tag dafür zu lernen. Mein Staats.amen habe ich gemacht, indem ich 4 Tage davor nochmal das Inhaltsverzeichnis der Lehrbücher durchgegangen bin, um mein Wissen zu organisieren. Und ich habe immer gedacht, alle Menschen denken so wie ich, habe immer gedacht, ich sei völlig normal.

Durch Zufall habe ich in der letzten Woche eine Dokumentation gesehen, in der ich mich in grossen Teilen wiedererkannt habe. Und ich habe mich mit einigen Menschen aus meinem Umfeld kurzgeschlossen...und es ist tatsächlich so, dass ich (ob jetzt Hochbegabt oder nicht...ich mag das Wort nämlich auch gar nicht) in den allermeisten Fällen bei der Diskussion um ein Thema ganz schnell 3 Schritte weiter bin. Und dann gar nicht verstehen kann, dass die anderen nicht längst bei meinen Ergebnissen angekommen sind. Ich denke nicht besser, ich denke nicht schlauer und ich kann und weiß auch nicht mehr. Aber ich nehme mehr wahr, bewerte und sortiere das dann schneller, mache noch ein paar Umwege und denke quer und komme dann ganz woanders raus. Und ich dachte tatsächlich immer, ich sei doch wie alle anderen. Mittlerweile habe ich erfahren, wie man damit wunderbar hätte umgehen können. Dafür hätte man es nur wissen müssen, annehmen müssen.Und das hab ich halt nicht gemacht.

Wenn ich jetzt diese beiden Fakten, den erworbenen Selbstschutzreflex und das schnellere Ticken miteinander kombiniere, dann weiss ich jetzt auch, wie mein dominierendes Gesprächsverhalten entstanden ist. Anstatt eine Sorge zu haben, eine Horrorvision, wenn der Reflex getriggert wurde, konnte ich gleich mit mehreren apokalyptischen Visionen auffahren. Damit habe ich mir das Leben zur Hölle gemacht. Und meiner Ex habe ich damit auch keinen Gefallen getan, wie man sich sicher vorstellen kann.

Dadurch, dass sie gegangen ist (gestern ist sie zu ihren Eltern gefahren) hat sie mich gezwungen, dass ich endlich in diese Auseinandersetzung mit mir selbst einsteige. Sie ist am 26.09. erstmals zu ihrer Freundin gegangen und ich habe mich da dazu entschieden, primär bei den eigenen Anteilen zu bleiben. Heute kenne ich sie rein von ihrem Zusammenhang her. Aber ich fühle nicht schneller, ich leide nicht kürzer, ich vermisse nicht schneller. Das zieht sich durch die Zeit genau wie bei allen anderen auch.

Der Selbstschutzreflex ist übrigens ein ganzes Stück weit (zumindest) zusammengebrochen, als ich durch bohren und graben und buddeln in den letzten Tagen erkannt habe, was da läuft. Es war das erste mal in der ganzen Geschichte, dass ich nicht nur aus Trauer geweint habe, es war auch Erleichterung dabei. Ich habe etwas an mir erkannt, ein Werkzeug, dass ich nicht mehr brauche, weil es kaputt ist. Es passt nicht zu mir. Und kaum ist das passiert, gehen Leute plötzlich anders mit mir um. Gestern kam eine entferntere Kollegin auf mich zu um ir zu sagen, wie viel weicher, wie viel wärmer sie mich erlebt. Die Anspannung, die du sonst immer um dich trägst ist verschwunden. Das war dann direkt mal ein Moment, um wieder loszuheulen. Es ist ein Gefühl, als ob der eigentliche Micha wieder ein bisschen mehr Platz bekommen hat, nach vorne kommen könnte.
Und jetzt kommt der ausgerechnet in einem Scherbenhaufen an. Das ist traurig.

50/50 ist die Quote, die in der Eheberatung beim Aufkommen von Konflikten, Krisen, Trennungen verteilt wird. Ich fühle mich nicht so. Ich hätte selbst nicht mit mir so auf Dauer zusammen sein wollen.

Aber es war gut, mal ein wenig von mir zu erzählen.

06.10.2017 10:33 • x 1 #22


Memyself
Zitat:
50/50 ist die Quote, die in der Eheberatung beim Aufkommen von Konflikten, Krisen, Trennungen verteilt wird.


Darf ich fragen wo du das her hast?

Im Übrigen sagt der IQ nichts über Lebenstüchtigkeit oder Emotionale Intelligenz aus, kannst du getrost vergessen.

06.10.2017 10:56 • #23


Memyself
[quote=]Der Selbstschutzreflex ist übrigens ein ganzes Stück weit (zumindest) zusammengebrochen, als ich durch bohren und graben und buddeln in den letzten Tagen erkannt habe, was da läuft.

Und kaum ist das passiert, gehen Leute plötzlich anders mit mir um. Gestern kam eine entferntere Kollegin auf mich zu um ir zu sagen, wie viel weicher, wie viel wärmer sie mich erlebt. Die Anspannung, die du sonst immer um dich trägst ist verschwunden.


Sorry ist mir grad aufgefallen, man verändert sich nicht in Tagen, schon gar nicht so, dass entfernte Kollegen das bemerken
Es bringt null das mit dem Verstand zu erfassen, man muß es in die Gefühlswelt integrieren, erst nach Integration, die manchmal Jahre dauert, verändert sich Verhalten so, dass es sich für einen selbst und für andere natürlich anfühlt.

Die anderen gehen mit dir genauso um wie immer, lediglich dein Blickwinkel hat sich verändert. Das kann eine Chance für eine nachhaltige Veränderung sein, aber die meisten fallen zurück in ihr altes Verhalten sobald sie sich wieder sicher fühlen.

Auf mich machst du nach wie vor einen geschockten Eindruck.

06.10.2017 11:22 • #24


A


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