Verzweiflung

J
Mir geht ´s im Moment immer schlechter. Ich habe das Gefühl, ich falle immer weiter in ein Loch rein und das macht mir langsam Angst. Ich kann es gar nicht genau zuordnen. Es ist einfach eine Traurigkeit, die permanent manchmal unterschwelliger, manchmal ganz massiv offensichtlich da ist. Normalerweise kann man so was doch zuordnen. Aber es ist wie ein Zustand, der sich immer mehr von jeglichen Realitäten ablöst ausbreitet und immer mehr Raum einnimmt. DAS macht mir Angst. Ich kann mich zu nichts mehr aufraffen, habe das Gefühl, keine Kraft mehr zu haben, verkrieche mich nur noch hier zu Hause, mag die Sonne nicht mehr sehen, habe mich inzwischen aus allen Kontakten zurückgezogen, selbst aus denen mit lieben Freundinnen, die wirklich Verständnis zeigen und gut damit umgehen. Ich glaube, das ist gefährlich.

Was mich dieses Wochenende zusätzlich fertiggemacht hat ist die Reaktion eines Freundes: Er hat versucht, mich aus meiner Depression wie er es analysiert dadurch rauszuholen, dass er mir noch mehr auflädt. Er hat meine Grenzen missachtet, hat meine Gefühle verletzt, hat versucht, mich absichtlich wütend zu machen und hat nachdem ich ihm das gesagt habe nur weiter in dieselbe Kerbe gehauen, so dass ich überhaupt nicht mehr wusste, wie ich mich wehren soll; er bombardiert mich mit guten Ratschlägen, was ich tun soll, obwohl ich ihm gesagt habe, dass ich mich dadurch nur unverstanden fühle. Er meint, das sei der richtige Weg.

Ich befürchte, der Hintergrund ist mehr, dass er meine abgrundtiefe Traurigkeit nicht aushalten kann, sich hilflos fühlt und unbedingt etwas dafür tun muss, dass es mir wieder besser geht. Mich hat das nur noch mehr in die Verzweiflung getrieben, weil ich das Gefühl habe, mich gegen sein Verhalten schützen zu müssen. Von ihm kam auch die unsensibelste Reaktion, die ich auf den Sterbeprozess meines Vaters bekommen habe: Ach Gehirnmetastasen? Das ist das Endstadium. Da geht das ganz schnell. Ich weiß inzwischen, warum er nicht damit umgehen kann #8211; Hintergründe seiner eigenen Lebensgeschichte. Trotzdem habe ich das Gefühl, mich dagegen schützen zu müssen und das macht mich noch mehr traurig, weil ich (vielleicht) noch einen guten Freund verliere?

Vielleicht ist das normal, dass man so fühlt, wenn der Vater gestorben ist. Mir macht das Angst, weil ich das Gefühl habe, immer weiter da reinzufallen und dass es kein Ende nimmt. Ich verbinde es ja noch nicht mal mit dem Tod. Aber an der verlorenen Partnerschaft kann es wohl nicht liegen. Ich habe inzwischen wieder Kontakt zu dem Mann, der gegangen ist, als mein Vater im Sterben lag. Ich kann seine Reaktion verstehen, wir reden wieder miteinander und damit geht es mir viel besser.

Mir kommt nur einfach der Lebensmut abhanden und ich weiß nicht, warum.

Kennt das jemand?

Ich mag mich an nichts mehr freuen, ziehe mich aus allem zurück, was Leben bedeutet. Das einzige, was noch bleibt, was zwar Kraft kostet, aber mir auch Kraft gibt, ist meine Arbeit (da muss ich mich ja zusammenreißen). Wohin führt das? Bisher habe ich mich immer an meinem eigenen Schopf aus solchen Krisen rausgezogen. Da habe ich einen ziemlichen Lebenswillen. Aber im Moment taucht der nicht wieder auf. Das kann doch nicht so weitergehen.

01.08.2004 20:43 • #1


E
Hallo Jazz,

es gibt Zeiten, da läuft man durchs Dunkel.... immer weiter hinein in den Berg..... immer tiefer.... irgendwann kriecht man nur noch.... die Leute reichen einem Krückstöcke, doch man schafft es nicht, sie zu greifen.
Das Unverständnis ob der Krise wächst und man wird als irre und undankbar abgestempelt. Ich persönlich muss da dann durch.... ich muss so weit wie möglich nach unten, um mich dann auf der anderen Seite des Berges auszubuddeln. Klar, ich bewahre mir dann ein Licht.... irgendwo.... aber der Fall scheint zunächst endlos..... In einer solchen Krise hab ich nun mit Malen angefangen, das gibt mir im Nachhinein das Gefühl, keine Zeit vergeudet zu haben...

Wichtig ist, dass du die Arbeit nicht vernachlässigst, aber das tust du ja nicht, denn das ist dein Tor zum realen Leben, zu einer Wahrnehmungsebene anderer Menschen.... und wenn du mal ein halbes Jahr weniger oft draußen rumrennst, ist das auch nicht schlimm....

Wenn der Sog dich nach unten zieht, dann hat das vielleicht einen Sinn... nicht weil du keinen Lebensmut mehr hast, sondern weil du Besinnung brauchst ? Weil du dich wieder spüren willst und das Leid lässt dich spüren. Du hast Angst, das hab ich dann auch immer... schau ins Dunkel..... da ist kein Monster,  da bist du... eine verletzliche Frau, die gerade vor Sinnfragen steht.... der Ablenkungen nichts Dauerhaftes bringen.... der die Flucht nichts bringt.... Die Freunde reden viel, lass sie reden, du weißt ja, dass sie es gut meinen.... Das was du durchmachst gehört zu dir und deinem Erleben. Du kannst auch fröhlich und vergnügt sein, das weißt du auch... nur jetzt ist die Zeit nicht dafür.

Wichtig ist, dass du dich an kleinen Lichtern langhangelst... und diese Lichter versuchst wahrzunehmen... das schärft deine Sinne für den Moment, wo du dich ausbuddeln willst.

Meine wirklichen Freunde sind mir übrigens alle geblieben.... manche haben sogar mein Tunneldasein mitgemacht und sich hartnäckig nicht abschütteln lassen . Dabei ist eigentlich einfach nur wichtig, dass du sie nicht völlig vor den Kopf stößt. Weniger Intensität halten Freundschaften auch mal eine zeitlang aus.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig Mut machen. Du wirst es ganz bestimmt auch schaffen.

Liebe Grüße
Susa3

02.08.2004 12:07 • #2


A


Verzweiflung

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H
Hallo liebe Susa3,

ich bin auch momentan ganz down, denn ich habe mich ca. vor einer Woche von meinem Freund getrennt. Doch zu Dir, ich habe meinen Vater vor 7 Jahren verloren und fast gleichzeitig enorme Probleme mit meinem damaligen Freund gehabt und nicht die Kraft gehabt mich von ihm zu trennen, da ich auch das Gefuehl hatte, dass ich nicht noch eine Person bzw. einen guten Freund verlieren kann. Ich habe sehr gelitten unter dem Tod meines Vaters und ich muss sagen, dass immer noch momente auftreten, wo ich ihn jetzt auch immer noch sehr vermisse. Es war alles sehr tragisch. Ich war zu der Zeit als mein Vater ins Koma gefallen ist in den USA und habe dort mein Praktikum absolviert und natuerlich bin ich dann von heute auf morgen zurueck. Es war schrecklich. Ich musste aber stark sein, da ich Angst hatte meine Mutter wuerde ich auch noch verlieren, denn sie war total am Ende. Nur durch sie konnte ich stark genug sein um die schlimmste Zeit zu ueberbruecken. Ich habe manchmal aus heiterm Himmel heulkraempfe bekommen. Dazu ist mein Freund mir nicht zur Seite gestanden. Er war auch in den USA und hat dann noch 6 Wochen lang Urlaub gemacht und nach seiner Rueckkehr habe ich mitbekommen, dass er dort eine Freudin oder neue/ander Liebe gefunden hat. Natuerlich hat er das bis zuletzt abgestritten. Ich war total am Ende und deshalb hatte ich nicht die Kraft mit ihm Schluss zu machen. Er war mein erster Freund, meine erst Beziehung und ich liebte ihn ueber alles. Ich konnte das nicht verstehen und wollte es nicht. Doch es hat mir alles keine Ruhe gelassen, bis dann er (heute muss ich sagen ''Gott sei Dank'' einen Schlusstrich gezogen hat), denn ich konnte nicht.
Es war sehr hart. Ich habe 5 kg in einer Woche abgenommen. Ich konnte nichts mehr essen, nicht schlafen und einfach gar nichts mehr. Die einzigste Ableckung war fuer mich auch meine Arbeit und ich habe mich auch oft verkrochen udn hin und wieder habe ich mich aufgerafft und bin ausgegagen. Da bin ich ziemlich vielen Menschen warscheinlich auf den Wecker gegangen, weil ich jedem meine Trauer aufgedrueckt habe. Es hat mir aber geholfen und mir haben auch unbekannte Leute nette Ratschlaege gegeben oder Mut zugesprochen. Natuerlich hilft das nicht so viel, aber so viel dass man sich nicht alleine fuehlt oder das man so was nicht als einzigster Mensch durchmacht.
Jetzt bin ich mit meiner zweiten Beziehung am Ende. Er trinkt und geht oft ins Cas. und macht mich nieder warum ich keine Familie will mit meinem Alter, aber wie habe ich gesagt soll das denn funktionieren. Dafuer braucht man ein etwas normaleres Leben nicht ausgehen und saufen und das Geld verspielen. Dann auch noch einen mitten in der Nacht aufwecken und ferig machen etc. Ich habe noch sehr starke Gefuehle fuer ihn, aber so gibt es keine Zukunft. Nach fuenf Jahren meine zweite grosse Enttaeuschung. Ich hoffe trotzdem, dass ich durchhalte. Ich hatte auch am Samstag einen riesigen HAENGER. Am liebsten wuerde ich zu ihm rennen und nur dass er mich in seine Arme nimmt und das alles wieder gut ist. Doch damit helfe ich mir nicht. Ich bin schon ein paar Mal von ihm weg und bin immer wieder zurueck. Es hat sich nie was verbessert im Gegenteil nur verschlechtert. Ich muss stark bleiben und ich kann dir versichern ich werde noch viele solche schwachen Momente durchmachen.
Ich bin ueber Nacht aus unserer gemeinsammen Wohnung ausgezogen. Ich habe nicht nur ein paar Klamotten gepackt, wie sonst, denn ich muss einen Schlusstrich ziehen.
Ausserdem muss ich mir einen neuen Job suchen und ein neues Leben beginnen und es faellt mir sehr schwer.
Ich habe jetzt 5 Jahre im Ausland gelebt und mich eingewoehnt und jetzt moechte ich einerseits wieder nach Dtl. zurueck. Vor allem auch zu meiner Mutter, denn wir sehen uns viel zu selten (vielleicht 3 mal im Jahr). Sie ist auch alleine und irgendwie wuensche ich mir wieder mehr Familie um mich zu haben.
Ich druecke Dir die Daumen, dass du aus dem Loch heraus kommst und dass du aufgrund meiner Erfahrung etwas nuetzliches oder positives entnehmen kannst.
Den Kopf mit anderen Dingen voll machen und arbeiten, dass hilft einen schon ein ganzes Stueck weiter und auch egal mit wen, wenn dieser jemand willig ist und zuhoeren will sich ihm einfach anvertrauen. Es kommen schoene Gespraeche zusammen und wenn es beim Einkaufen ist, etc. Jeder zeigt Verstaendnis, meistens sind Ausenstehende besser, da diese nicht so involviert sind.
Ich kenne zwar einige Standard Sprueche, aber die sind vielleicht zu flach, wie nach jedem Regen kommt die Sonne, man weiss nicht wozu das Gut ist, etc....
Daran waechst man innerlich und wenn man das einmal ueberwunden hat, fuehlt man sich gut und ist stolz auf sich, dass man es irgenwie gemeistert hat.
Die besten Wuensche fuer Dich!

02.08.2004 16:35 • #3


J
Liebe Susa,

Danke für Deine verständnisvollen und lieben Worte! Genau so, wie Du es beschreibst, kenne ich das von mir auch. Ich gehe auch durch solche Krisen durch, weil ich gelernt habe, dass es mich auf die eine oder andere Weise krank macht, wenn ich versuche, die unangenehmen Gefühle zu verdrängen. Und wie gesagt: Normalerweise spuckt der Strudel mich auch irgendwann von alleine wieder aus. Ich habe gemerkt, dass Schreiben mir im Moment anscheinend gut hilft, wenn ich es nicht schaffe, mit Menschen zu reden.

Heute hat mich meine Arbeit wieder aus diesem Loch rausgezogen. Das ist schon komisch: Es war ein ganz anstrengender und langer Tag und ich bin ziemlich kaputt, aber ich fühle mich besser - völlig raus aus meinem Space und angefüllt mit anderen Inhalten. Allerdings habe ich heute auch beschlossen, dass ich in so ein Loch wie letztes Wochenende nicht noch mal fallen möchte. Das macht mir wirklich Angst. Ich habe immer viel Sport gemacht und das in letzter Zeit völlig vernachlässigt, weil ich mich auch dazu nicht aufraffen konnte. Das kann auch eine große Stütze sein (solange man es nicht übertreibt), um sich überhaupt wieder zu spüren, seinen Körper zu spüren und Sauerstoff zu tanken. Ich hoffe, ich schaffe es, diese Absichten auch in die Tat umzusetzen.

Wahrscheinlich brechen da im Moment einfach ganz viele - auch alte - Sachen auf, die noch gar nicht so richtig bewusst sind und die ich deswegen auch noch nicht zuordnen kann. Es gibt sehr viele ungeklärte Dinge, die durch den Tod vielleicht aktiviert worden sind.

Ich finde mich in Deinen Worten sehr wieder, auch in denen, die Du über Freundschaft schreibst. Zum Glück habe ich EINE Freundin, die wirklich absolut verständnisvoll und sensibel reagiert. Sie hat selbst vor nicht allzu langer Zeit ihre Mutter verloren und weiß wahrscheinlich, wie ich mich fühle.

Ich danke Dir für Dein Ohr und Dein Mitgefühl.

Liebe Grüße

Jazz

02.08.2004 20:56 • #4


J
Hallo Home,

Danke Dir auch für Deine Geschichte. Es klingt für mich so, als hätte es Dich damals noch viel härter getroffen. Man fragt sich wirklich, wie Menschen so verletzend sein können (in so einer Situation eine andere Affäre oder was auch immer anzufangen). Aber letztlich verbirgt sich dahinter wahrscheinlich immer das Unvermögen und Flucht ist halt die vermeintlich einfachste Lösung.

aus heiterem Himmel Heulkraempfe bekommen

So erlebe ich das auch, dass es mich manchmal einfach überfällt. Es tut gut zu lesen, dass das anscheinend #8222;normal#8220; ist.

Mit Deiner jetzigen Beziehungskiste kann ich einiges anfangen. Ich war mal mit einem Glücksspieler zusammen. Als ich ihn kennen lernte dachte ich, er sei trocken. Im Beziehungsverlauf musste ich dann leider feststellen (das habe ich natürlich erst mit der Zeit rausgekriegt), dass er das nicht war, sondern dass er immer mehr in sein altes Suchtverhalten zurückrutschte. Wir waren auch ein paar Mal getrennt - mal länger, mal weniger lange und haben immer wieder zusammengefunden, weil da eben auch Liebe da war. Ich habe auch angefangen, an mir zu arbeiten, meine Macken abzustellen (ich bin ja auch nicht einfach). Trotzdem, es hat nichts gebracht. Aus heiterem Himmel ohne äußeren Anlass schlug er immer wieder Kapriolen, so dass ich erkennen musste: Ich kann ganz genau gar nichts dafür tun, dass sich etwas verändert. Ich habe meinen Anteil übernommen. Trotzdem hat es nichts genützt, weil es sein ureigenster Film ist, der da läuft und an dem nur er was ändern kann. Da habe ich die Konsequenzen gezogen und mich getrennt. Es tat sehr weh (schon die beiden vorübergehenden Trennungen), weil wir uns wirklich geliebt haben, alle beide. Aber ich habe einfach entschieden, dass ich mit einem süchtigen Menschen nicht in einer Beziehung leben will. Ich war irgendwann nicht mehr bereit, die Erniedrigungen, die mit seinem Verhalten einhergingen, hinzunehmen. Irgendwann gab es eine Schlüsselszene, wo ich mich gefragt habe: Warum lasse ich mich eigentlich so behandeln?

Ich weiß nicht, ob Dein Freund abhängig ist. Zumindest klingt es nach Suchtmittelmissbrauch (Alk. und Glücksspiel). Bitter ist die Erkenntnis, dass man als Angehöriger (ob nun Lebenspartner, Eltern oder Geschwister oder wer auch immer) keine Entscheidung für den Betroffenen treffen kann. Genauso, wie Du nur für Dich entscheiden kannst, wie viel Du bereit bist mitzutragen und wo Deine Grenzen erreicht sind, so kann auch er nur für sich entscheiden, ob er sich dem Problem stellen will. Die Entscheidung kann ihm leider niemand abnehmen und ich finde, es ist als Partner schwer zu akzeptieren, dass das so ist. Ich dachte lange Zeit: Ich muss nur noch verständnisvoller sein, meine eigenen Macken in den Griff kriegen etc.. So was nennt man Co-Abhängigkeit. Du kannst ihn nicht ändern, das kann er nur selbst tun. Wenn Du an Deiner eigenen Grenze angelangt bist, kannst Du nur für Dich die Konsequenz ziehen. Vielleicht tust Du ihm sogar noch einen Gefallen damit, dass Du Dich trennst. Bei manchen ist das der Ar., den sie brauchen, um aufzuwachen und endlich was an ihrem Problem zu tun. Lass Dir kein schlechtes Gewissen machen. Er ist für sich verantwortlich!

Jetzt sülze ich Dich voll ;) ... sorry. Aber mit diesem Problem kenne ich mich wirklich aus. Auch wenn es sehr weh tat bin ich inzwischen froh, dass ich aus dem Teufelskreis ausgestiegen bin. Denn das ist nicht mein Film, sondern sein eigener, der da läuft und in dem ich keine Rolle mehr spielen wollte.

Ich danke Euch beiden für Eure Worte und ich wünsche auch Dir, Home, viel Kraft für Deinen Weg. Mir geht es heute schon bedeutend besser als am WE.

Liebe Grüße

Jazz

02.08.2004 21:00 • #5


H
HALLO JAZZ,

vielen Dank fuer deine aufbauenden Worte. Ich sehe das genauso mit der Co-Abhaengigkeit. Mein Verstand erzaehlt mir auch immer, geh' und leb' dein Leben, lass ihn 'seinen Film' machen, aber mein Herz spricht anderes.
Er trinkt viel aber er ist nicht immer vollgelaufen, doch genug, um sich auf ihn nicht verlassen zu koennen. Wenn er dann eine gewisse Dosis hat geht er dann ins Cas. (das leider hier im Ort ist) und spielt. Natuerlich sagte er mir das nicht, das habe ich anders mitbekommen. Aber ich sehe, dass er ein grosses Problem hat und er ohne professionelle Hilfe wahrscheinlich nicht aus seinem Teufelskreis herauskommt. Ich konnte ihm nicht helfen, obwohl wenn er nuechtern war immer alles eingesehen hat und auch selber gesagt hat, dass muss aufhoeren etc.
Ich habe ihn seit dem er mir in seinem ‚anderen’ Zustand am 22.07. bzw. 23.07. frueh Sachen gesagt hat, mich sehr verletzt hat etc. nicht mehr gesprochen, denn ich bin am 23.07., wo er dann arbeiten war mit all meinen Sachen und Moeblen aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Es tut mir schon sehr weh. Meine Cousine hat mich aufgenommen und ich wohne jetzt bei ihr.
Ich vermisse ihn sehr. Ich koennte losheulen, doch ich will ihn nicht anrufen, ich will stark sein, denn er hat bei unseren Trennungen frueher, ja immer insgeheim gewusst, dass ich wiederkommen werde (schon alleine wegen meinen Sachen). Ich habe ihn auch immer verziehen, aber jetzt ist er zu weit gegangen und das ist ja kein Zustand, dass er fast jeden Tag nach Alk. stinkt und sich unmoeglich verhaelt. Mit so einem Menschen kann man keine Zukunft haben.
Solange er seine Bekannten und sog. Freunde hat und nicht selber etwas aus seinem Leben machen will, solange wird er nur noch schlimmer abrutschen und ich muss dass alles auffangen und mitmachen, wofuer?
Er kann auch anderes und das tut mir weh. Ich vermisse den Menschen in ihm, mit dem man lachen kann, schoene Ausfluege, Einkaufen, etc.
Es ist verdammt hart, aber ich hoffe, dass ich es auch aus diesem Teufelskreis schaffe.
Ich hoffe ich kann stark bleiben und das fuer meine Zukunft. Ich hoffe du kannst auch stark bleiben und das du die Kraft hast.
Viele Gruesse von HOME

03.08.2004 11:03 • #6


J
Liebe Home,

mir geht es im Moment schon viel besser. Leider werde ich wahrscheinlich noch einen Freund verlieren - der , von dem ich in der ersten Mail geschrieben habe. Er hat erneut meine Grenzen verletzt und sich inzwischen selbst zurückgezogen. Das tut mir sehr Leid. Aber es geht mir im Moment besser damit, Distanz zu ihm zu haben, weil ich merke, dass er mir nicht gut tut. Vielleicht werden wir später wieder einen Weg zueinander finden, wenn sich das alles ein bisschen beruhigt hat (es ist nicht mein EX, sondern ein guter Freund).

Ich beneide Dich nicht um Deinen Zwiespalt zwischen Herz und Kopf. Das ist wirklich eine ganz schwere Situation.

Du hast einen für mich ganz wichtigen Satz geschrieben:

und er ohne professionelle Hilfe wahrscheinlich nicht aus seinem Teufelskreis herauskommt.

Genau das denke ich auch. Angehörige können da nicht helfen. Du hast ja sicher selbst schon alles versucht und musstest nur sehen, dass er immer tiefer da reinrutscht, egal, was Du machst, wie Du Dich verhältst, oder? Da müssen die Profis ran, das denke ich auch. Und die Entscheidung, sich in professionelle Hilfe zu begeben, die kannst Du ihm leider nicht abnehmen. Du kannst nur versuchen, ihn zu motivieren. Aber den Schritt muss er selbst tun. Die ganzen Versprechungen, sich zu bessern, gehören genauso zum Teufelskreis dazu. Er glaubt ja selbst daran (es ist sicher keine böse Absicht) und muss dann sehen, dass er es nicht schafft, weil es eine KRANKHEIT ist (die auch als solche anerkannt ist und für die Hilfsmaßnahmen bezahlt werden !!) ... und die braucht professionelle Hilfe. Was glaubst Du, wie schei. und unfähig er sich fühlt, weil er es selbst nicht schafft. Und diese ganzen Scham- und Minderwertigkeitsgefühle - dass er insgeheim weiß, dass er da ein Riesenproblem hat, sich das aber noch nicht eingestanden hat - die wehrt er dann ab, indem er anfängt, auf Dir rumzuhacken und Dich zu verletzen. Das gehört genauso zur Krankheit dazu.

Alk. verändert Menschen auch auf Dauer, er verändert die Persönlichkeit eines Menschen. Wie viele Männer werden unter Alk. grob und gewalttätig, obwohl sie nüchtern die liebsten Menschen sind?

Du schreibst:

Solange er seine Bekannten und sog. Freunde hat und nicht selber etwas aus seinem Leben machen will, solange wird er nur noch schlimmer abrutschen und ich muss dass alles auffangen und mitmachen, wofuer? Er kann auch anderes und das tut mir weh. Ich vermisse den Menschen in ihm, mit dem man lachen kann, schoene Ausfluege, Einkaufen, etc.

Was Du über ihn und über seinen Konsum schreibst, das klingt für mich so, dass er schon ziemlich weit da reingerutscht ist. Es bricht immer mehr an normalem (sozialen) Leben weg. Der Alk. nimmt immer mehr Raum ein. Auch Deine Lebensqualität geht dabei ja immer mehr den Bach runter.

Es ist sehr schwer, das mit ansehen zu müssen und nichts tun zu können. Allerdings glaube ich nicht, dass Du nichts tun kannst und Du tust genau das Richtige. Du grenzt Dich ab und sagst: Stopp. Bis hierhin und nicht weiter. Damit konfrontierst Du ihn auch mit seinem eigenen Verhalten und er muss Verantwortung dafür übernehmen, dass er Menschen nicht ohne Ende verletzen kann, ohne dass das Konsequenzen hat.
Das ist ja auch so etwas, was ich am eigenen Leibe erfahren habe: Süchtige Menschen übernehmen nicht die Verantwortung für ihr Verhalten. Mein EX hat mir irgendwann vorgeworfen, ich würde ihn nicht mehr wie einen gleichwertigen Partner behandeln. Das Problem war nur: Er hat sich auch nicht mehr so verhalten! Er war oft trotz Verabredung einfach verschwunden (spielen in der Spielhalle - was ich nur durch einen blöden Zufall überhaupt rausbekommen habe). Ich konnte mich nicht auf ihn verlassen. Habe mir Sorgen gemacht (er hat in seiner Geschichte schon zweimal versucht, sich das Leben zu nehmen) und mir aus Angst ein Bein ausgerissen, nur um dann dafür auch noch schroff abgewiesen zu werden. Das kennst Du wahrscheinlich alles selbst.
Die Freunde Deines Freundes (wahrscheinlich eher Saufkumpels?) decken ihn ja nur. Die halten ihm keinen Spiegel vor die Nase, wie Du selbst schreibst. Insofern bist Du für ihn vielleicht die einzige Chance, sich wirklich mit seinem Dilemma konfrontieren zu müssen.

Ich kann Dich nur ermutigen, nicht wieder umzufallen. Du bist ja schon ein paar Mal kurzfristig ausgezogen und immer wieder zurückgekommen. Das weiß er natürlich und darauf baut er. Nur wenn er sieht, dass es wirklich Konsequenzen hat, dass Du nicht wieder zurückkommst solange er nichts tut, kann es bei ihm wirklich eine Verhaltensänderung herbeiführen. Wenn Du jetzt wieder zurückgehen würdest - bevor er irgendwelche Schritte zu seiner Heilung unternommen hat sprich eine Suchtberatung aufgesucht hat, eine professionelle Entgiftung gemacht hat, eine Selbsthilfegruppe besucht hat oder was auch immer, in irgendeiner Weise Dir bewiesen hat, dass es ihm ernst damit ist, sein Problem anzugehen - dann würdest Du in meinen Augen nur das Problem verfestigen. Dann dreht sich der Teufelskreis wieder von vorne. Deswegen kann ich Dich nur dazu ermutigen, stark zu bleiben und das durchzuziehen. Es muss ja noch nicht das Ende Eurer Beziehung bedeuten. Wenn Ihr Euch wirklich beide liebt, wenn Du ihn liebst, dann würde ich erst aufgeben, wenn ich sehe, dass er wirklich nichts tut. Denn dann stellt sich die Frage, die ich glaube ich bei Dir in einer anderen Mail im Forum gelesen habe:

Habe ich nicht etwas Besseres verdient? Ja! Hast Du.

Und Du setzt die Grenzen fest: Was brauchst Du, damit Du ihm wirklich glauben kannst, dass er es ernst meint, endlich was an seinem Problem zu tun? Ich würde ihm das auch so sagen, was Du erwartest (wenn Du überhaupt wieder mit ihm sprechen willst). Dass er eine Suchtberatung aufsuchen soll etc.. Vielleicht rüttelst Du ihn wach indem Du gehst und er sieht, was er alles durch den Alk. verliert und er kommt an den Punkt, dass er sich selbst sagen kann: Nein, das ist zuviel. Ich will nicht auch noch meine Freundin verlieren. Ich muss jetzt etwas tun.
Vielleicht passiert das aber auch nicht und dann kannst Du nur für Dich entscheiden, was Du tun willst, ob Du weiter mit einem Alk. in einer Beziehung leben willst oder ob Du Dir etwas Besseres gönnst, wie Du selbst schreibst. Das ist so hart, das zu akzeptieren, als Partner, finde ich, dass wir den Betroffenen die Entscheidung für ihre Heilung nicht abnehmen können, sondern nur für uns selbst sorgen können. Aber so ist das leider. Jedenfalls wird sich dauerhaft nichts ändern, wenn er nichts ändert (sich Hilfe holt). Das Spiel hast Du ja in fünf Jahren Beziehung schon zig Mal durchgespielt. Und ich kann Dich nur ermutigen - klingt vielleicht ein bisschen blöd, dass das zur Zeit gerade aus meinem Mund kommt, vielleicht therapiere ich mich mit diesen Worten ja auch grad selbst ein bisschen - Dir selbst etwas Gutes zu tun, die schönen Dinge, die Du gerne mit ihm machen würdest und die Dir Spaß machen, allein oder mit anderen Freunden zu tun, Dir die Lebensqualität, die Dir in der Beziehung verloren gegangen ist, wieder zurückzuholen (ohne ihn, wenn das zur Zeit nicht möglich ist). Auch damit würdest Du ihm vorleben, was eigentlich alles an ihm vorbeigeht, was er sich mit dem Alk. nimmt, wenn er sehen würde, dass es Dir wieder besser geht.

Und selbst wenn er sein Problem angeht und sich Hilfe holt solltest Du Dir darüber klar sein, dass solche schwerwiegenden Veränderungen - sich aus einer Sucht herauszuarbeiten - nicht von heute auf morgen passieren. Das braucht Zeit. Selbst wenn Du Dich entscheidest, den Weg MIT ihm weiterzugehen, wird es immer wieder Rückschläge sprich Rückfälle in sein altes Verhalten geben. Das heißt aber nicht, dass man es nicht schaffen kann. Rückfälle gehören zur Heilung dazu.

Ich beneide Dich nicht um Deine Situation, HOME. Die Entscheidung, wie Du Dich verhalten willst, kann Dir keiner abnehmen. Die kannst Du nur selbst Deinem Inneren gemäß treffen. Vielleicht könnte es auch eine Hilfe sein, Dich selbst in eine Beratung zu begeben. Du bist zwar nicht diejenige, die krank ist. Aber Du hängst ja in dem System mit drin. Es könnte Dich stärken und unterstützen und es könnte auch ihn hellhörig machen, wenn er mitkriegt, dass Du eine Suchtberatungsstelle aufsuchst und da Gespräche hast. Soweit ich weiß gibt es auch Beratungsangebote für Angehörige.

Ich wünsche Dir auf Deinem Weg alles Gute.

Liebe Grüße von

Jazz

03.08.2004 13:06 • #7


H
HALLO JAZZ,

Es tut gut zu hoeren, dass du deinen Weg gemacht hast und ich hoffe natuerlich fuer mich das GLEICHE.

Es waere natuerlich ein Weg zu einer Beratungsstelle zu gehen, aber ich lebe in Slowenien und da gibt es weniger Einrichtungen und auch in der kleinen Stadt, kennt jeder jeden und es ist nicht so einfach so einen Schritt zu machen, denn am naechsten Tag reden schon alle darueber. Der Druck ist sehr gross.
Ich muesste etwas zuweit ausholen, um die Sachlage mit meinem Freund zu erzaehlen, wie, was und wieso, aber das SCHLIMMSTE ist, dass er auch noch in einer Bar arbeitet und natuerlich dann mit den sog. 'Gaesten' trinkt.
Er hat mir an den Kopf geworfen, dass ich der Grund dafuer bin, dass er trinkt, dass ich ihn in den Ruin getrieben habe, etc., denn waere ich eine richitge Frau, dann wuerde er so etwas schon nicht machen - so wie du geschrieben hast, keine Verantwortung uebernehmen fuer sein HANDELN, alles auf einen ablassen.
Jetzt ist es genug mit meiner Jammerei, eigentlich wollte ich ja dir etwas nettes schreiben, weil du Angst hast deinen guten Freund zu verlieren.
Abstand ist am Anfang vielleicht schon ganz gut, vor allem, wenn man merkt, der andere weicht einen aus oder sucht nicht den Kontakt. Natuerlich ist das schwer, ich habe auch eine gute Freundin verloren, einerseits wegen meinen Freund und auch, weil ich etwas gesagt habe, was ihr zu Ohren gekommen ist und sie logischerweise enttaeuscht war. Doch wir haben uns nicht wieder versoehnt und das tut mir schon weh, auch heute noch nach einem Jahr. Auf der anderen Seite denke ich, in dem Fall sind immer beide Schuld und wenn einer dann diese Freundschaft nicht mehr aufrecht erhalten will, dann ist diese leider dem Bach hinunter. Es gibt aber immer HOFFNUNG. Nach einiger Zeit, wenn das eine sehr gute Freundschaft ist, kommt man wieder auf einen gemeinsamen Nenner. Ich hoffe das fuer DICH.
Ich hatte leider nie in meiner unmittelbaren Gegend sehr gute Freunde, sondern immer habe ich Freundschaften geschlossen mit Leuten, die sehr weit von mir entfernt wohnen, die man nicht mal so besuchen kann oder mit ihnen telefonieren kann. Jetzt wo ich 5 Jahre hier in Slowenien lebe, habe ich nur maessigen Kontakt zu meinen alten Freundinnen und das ist natuerlich nicht mehr so eine rege Freundschaft. Ich habe frueher viel und gerne Briefe geschrieben, doch durch meine persoenlichen Probleme, hatte ich nichts so zum Schreiben und dann habe ich auch nicht oft geschrieben. Jetzt ist alles abgeflacht. Hier in Slowenien habe ich auch keine so enge Freundin und das ist schon sehr schade.
Ich bin wie gesagt bei meiner Cousine, mit der ich viel in meiner Kindheit und auch spaeter viele Ferien zusammen war, aber auch die letzten Jahre eher wenig bis gar nicht.
Es ist hier auch sehr schwierig jetzt jemanden zu finden, denn alle kennen mich und meinen Freund noch viel mehr.
Das ist so wie auf einen kleinen Dorf hier. Es wird zuviel ueber alles und jeden geredet.
Ich sehe auch, dass Freunde sehr wichtig sind und ich meine in Japan und USA und sonst wo noch habe, aber nicht hier. Man kann sich nur nicht immer alles so aussuchen. Ich bin oft umgezogen und da ist es fast zwarslaeuffig, dass die Freundschaften auf der Strecke bleiben. Ich finde das auch sehr schade und vielleicht habe ich mich deshalb auch nie zu sehr an eine Freundschaft geklammert und bemueht, da ich wusste hier bleibe ich nur eine bestimmte Zeit. Ich bin jetzt der Meinung das ist nicht richtig, aber ich bin auch manchmal gerne alleine und will nicht Termine ausmachen etc., doch andersrum waere es mir jetzt lieber und einfacher Leute um mich zu haben.
Ich hoffe, die Probleme loesen sich bei Dir und es gibt einen Weg die Freundschaft zu retten.
Hier ist das auch eine Frage der Zeit, wie du wahrscheinlich auch mit raten wirst. Lass die Zeit deine Wunden heilen, oder es wird besser mit der Zeit.
Mein Freund ist sicher in seinem Stolz und Ego gekraenkt, denn er hat noch keinen richtigen Versuch gestartet mich zu erreichen, vielleicht ist er aber auch jeden Abend mit seinen Kummpels unterwegs.
Bestimmt werde ich mir in ein paar Monaten (wenn ich es wirklich geschafft habe von im loszukommen) an den Kopf fassen und sagen, Mensch' Maedchen warst du bloed, dass alles so lange mitzumachen und dir gefallen zu lassen.
Ich hoffe ich bleibe STARK! Ich habe naemlich ein Hilfesyndrom in mir und wuerde jedem Helfen, wenn ich es nur koennte. Das ist hier mein schwacher Punkt und natuerlich meine noch existierenden Gefuehle fuer ihn.
Wir muessen auf andere Gedanken kommen und mal etwas RAUS an die frische LUFT.
Meine Gedanken kreisen nur um eins, wird er mich anrufen oder zu mir kommen etc., obwohl ich Angst habe, denn dann werde ich sicher schwach. Andere, die das hier jetzt lesen, denken sicher, man ist die Besch..., soll doch bloss froh sein, dass sie diesen Schritt gemacht hat und das durchziehen. Ihr habt RECHT, aber das Leben ist verstrickt und wenn Gefuehle im Spiel sind ist die Theorie einfach nicht umzusetzten (oder nur mit sehr grossem Aufwand).
Genug davon. Ich wuensche uns beiden (dir Jazz und mir) einen guten Abend und das wir morgen alles besser sehen und klarer.
Viele Gruesse
HOME

03.08.2004 15:48 • #8


J
Hallo Home,

das ist ja wirklich noch mal eine sehr viel schwierigere Situation (Tratsch und Klatsch im Dorf). Ich habe keinen Rat für Dich. Die Gespräche stehen ja unter Schweigepflicht. Aber es bräuchte Dich nur jemand reingehen zu sehen ... . Das ist wahrscheinlich ein Abwägen der Vor- und Nachteile. Es würde Dir bestimmt gut tun, wenn Du nur EINEN Menschen finden würdest, dem Du Dich anvertrauen könntest und wo Du weißt, dass das sicher aufgehoben ist, damit Du das nicht alles allein tragen musst. Es ist doch schon schön, dass Deine Cousine Dich unterstützt. Das zeigt doch, dass sie zu Dir steht.

Es ist mir nur noch ein Anliegen, Dir eins zu sagen. Du hast geschrieben:

Er hat mir an den Kopf geworfen, dass ich der Grund dafuer bin, dass er trinkt, dass ich ihn in den Ruin getrieben habe, etc., denn waere ich eine richitge Frau, dann wuerde er so etwas schon nicht machen

NIEMAND KANN EINEN ANDEREN MENSCHEN SÜCHTIG MACHEN !

Vielleicht ist er auch von vielem in Eurer Beziehung angepisst. Aber wie er damit umgeht - ob er ein ehrliches Gespräch sucht, sich mit Dir auseinandersetzt, versucht, Kompromisse zu finden, Verantwortung für seine eigenen Anteile dabei übernimmt oder ob er sich mit Alk. wegmacht / sich die Birne zuballert, um das alles nicht mehr zu merken, das hat ganz allein er selbst zu verantworten. Er ist ein erwachsener Mensch. Zieh Dir den Schuh bloß nicht an. Aber ich glaube, das tust Du auch nicht, oder? Er wehrt seine eigenen Schuldgefühle ab und überträgt sie auf Dich. Ich will ihn überhaupt nicht schlecht machen. Ich habe genauso Verständnis für seine Situation.

Das ist ja auch noch mal eine schwierigere Situation: Selbst wenn er sich für Abstinenz entscheiden sollte, dann müsste er sich wahrscheinlich gleich einen neuen Job suchen (und den muss man erst mal finden - weiß nicht, wie es bei Euch mit Jobs aussieht), denn in seinem jetzigen Job hat er die Versuchung ständig vor der Nase.

Ich kann es auch gut verstehen, dass es einen noch mal einsamer macht, dass viele es nicht verstehen können, warum man bei so jemandem bleibt und sich aus Unverständnis und wahrscheinlich auch aus Hilflosigkeit zurückziehen. Aber selbst in jahrzehntelangen Beziehungen, wo die Frauen so viel mit ihren Männern mitgemacht haben, kann es irgendwann Heilung geben. Allerdings habe ich auch schon erlebt, dass auch viele Partnerinnen im Laufe der Jahrzehnte selbst in dieser schwierigen Lebenssituation irgendwann psychosomatisch krank geworden sind (z.B. Magengeschwüre bekommen haben) oder irgendwann zu Medikamenten (Beruhigungsmitteln) oder sogar selbst zum Alk. gegriffen haben, weil sie es anders nicht mehr aushielten. Alk. zerstört nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Menschen, die mit ihnen leben!

Aber ich kann Dich verstehen. Bei mir hat es ja auch lange gedauert, bis ich den Schritt gemacht habe, mich zu trennen und ich hatte das Gefühl, als hätte mir jemand ein Bein amputiert, weil ich mich so mit dem Mann verbunden gefühlt habe, auch seelisch. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Ich hatte das Gefühl, als wäre er ein Teil von mir. Manche nennen so was Seelenverwandtschaft. Umso erstaunter war ich, dass ich es irgendwann als total erleichternd erlebt habe (was ich nie gedacht hätte), als ich mich innerlich mehr abgenabelt habe und erst nach der Trennung gemerkt habe, WAS ich eigentlich alles mitgetragen habe, was mir vorher gar nicht bewusst war. Ich hatte ihm wirklich die Verantwortung für sein Leben zurückgegeben. Und das war sehr erleichternd für mich.

Mein Freund hat auch keinen wirklichen Versuch unternommen, sich zu entschuldigen, auf mich zuzukommen und irgendwie Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen, als er sich damals so daneben benommen hat bevor ich mich getrennt habe. Tja wie verhalten sich denn süchtige Menschen? Was ist die Überlebensstrategie, die sie in Krisen gelernt haben? Sie machen sich mit ihrem Suchtmittel weg / benebeln sich, versuchen zu vergessen, besser gesagt zu verdrängen. Wahrscheinlich liegst Du mit Deiner Vermutung richtig.

Anstatt Verantwortung zu übernehmen hat er sich eher gegenteilig verhalten. Ich hatte eher den Eindruck, dass er von MIR was erwartet - was er ja vorher auch immer bekommen hat; ich bin ihm immer wieder hinterhergelaufen. Wie ein Prinzesschen auf der Erbse, das denkt: Kümmere dich mal um mich. ICH bin doch so krank. Es war ganz komisch. Ich hatte damals ziemlich viele Probleme am Hals und er kreiste nur um sich selbst. Das war ziemlich krass ... und wurde irgendwie immer schiefer. Aber für mich war es gut, weil es mir die Situation dadurch ganz deutlich vor Augen gehalten hat und mich letztlich zur Trennung bewogen hat.

Keiner kann Dir sagen, was wirklich richtig ist. Ich würde Dir wünschen, dass Du es schaffst, mehr Abstand zu bekommen und gut für Dich zu sorgen. Aber da gibt ´s ja noch die Liebe ... :-/

- - - - - - - - - - - - - - - - -

Zu der Sache mit dem Freund von mir denke ich im Moment:

Ich hoffe es auch, dass wir wieder aufeinander zugehen können, nach ein bisschen Zeit. Ich fänd es auch eine sehr schräge Reaktion von ihm, wenn er jeden Kontakt verweigern würde. ER war derjenige, der gesagt hat: Solange wir miteinander reden können, gibt es immer einen Weg. Jetzt sagt er (nach zwei Tagen), er hätte damit abgeschlossen. Ich glaube, wir sind beide verletzt im Moment.

Sollte er wirklich dabei bleiben ... dann denke ich jetzt, wäre es wahrscheinlich auch nicht das Richtige. Wir kennen uns noch nicht so lange, so dass ich nicht alle seine Reaktionen so gut einschätzen kann. Aber mir käme es wie eine sehr unreife Reaktion vor, einfach den Kontakt ganz abzubrechen. Er ist schon ziemlich alt (geht schon bald auf die 60 zu) und in dem Alter sollte man doch ein bisschen mehr Lebensweisheit haben, oder?

Ich wünsche Dir, dass Du einen Menschen in Deinem Umfeld findest, mit dem Du Dich austauschen kannst .. auch in dem Dorf ;)

Liebe Grüße
Jazz

03.08.2004 17:42 • #9


H
Liebe Jazz,

es tut wirklich gut, jemanden gefunden zu haben, der auch diese Probleme durchgemacht hat, denn nur so eine Person kann einen richtig und wirklich verstehen.

Klar, ich bin trotzdem durch den Wind. Ich moechte ja, das ich anders darueber denke, damit es mir leichter wird und ich sage mir, dass eigentlich auch er mich dazu gedraegt hat, dass ich gehe und ich eigentlich ja bloed bin ihm hinterher zu weinen. Momentan ueberwiegen meine Gefuehle, die kann man nicht eben so abstellen.

Es hilft mir darueber zu schreiben, aber mein Herzschmerz ist sehr gross. Da muss man leider durch.

Genug jetzt mit der Jammerei.

Dein Freund ist zwar alt oder schon in einem ALTER, wo man meinen koennte, dass diese Menschen Lebenserfahrung haben oder 'ERWACHSENER' reagieren etc., aber das ist nicht so.
Mein Vater war 24 Jahre aelter als meine Mutter und er war 46 Jahre alt, als ich zur Welt gekommen bin, also schon auch in einem Alter, vor allem wo ich dann auch aelter war. Ich muss sagen er hatte auch kindische Verhaltensweisen (zumindest manchmal und dann auch wieder oefters). Das ist keine Frage des Alters. Wir alle tragen ein Teil von unserer Kindheit und kindheitliches Verhalten in uns. Einige koennen das ablegen und andere nicht, dass ist vom Idividuum abhaengig. Auf der einen Seite macht das auch den Menschen sympatisch, denn das Leben ist manchmal schon ernst genug.

Aelter Menschen reagieren auch oft trotzig, vor allem wenn man juenger ist, denn sie haben das Gefuehl 'ich bin aelter, der juengere muss auf mich zukommen'. Gib deinem Freund etwas Zeit, ich denke auch ihm wird eurere lange Freundschaft etwas wert sein.

Ich freue mich dich kennengelernt zu haben und hoffe wieder von dir zu hoeren.
Jetzt muss ich arbeiten.
Viele Gruesse
HOME

04.08.2004 09:18 • #10


J
Hallo Home,

wie geht es Dir im Moment?

Ich bin leider die letzten Tage nicht zum Schreiben gekommen und muss auch gleich wieder los. Vielleicht schaffe ich es heute Abend mal.

Wie geht es Dir? Wie kommst Du im Moment allein bei Deiner Cousine klar?

Ich habe Deinen Beitrag in dem anderen Forum gelesen.
Hoffentlich schaffst Du es, das so durchzuziehen, wie Du es dort geschrieben hast.

Ich wünsche Dir viel Kraft !!!

Liebe Grüße
Jazz

07.08.2004 09:56 • #11


H
Hallo liebe Jazz,

mir geht es 'so la la'. In mir tut alles so weh und ich muss hin und wieder losheulen, was vielleicht schon manche nervt, aber ich kann das nicht zurueckhalten.
Ich war das Wochenende alleine, denn meine Cousine ist ueberraschend ans Meer gefahren. Es kam dann ihre Freundin, mit der ich 'Gott sei Dank' etwas Zeit verbringen konnte, ansonsten waere ich wahrscheinlich absolut in ein Loch gefallen.
Er hat mir eine SMS geschrieben, denn ich hatte mein Handy ueber seine Firma laufen, aber ich habe diese bezahlt und jetzt ist eben eine neue Rechnung bei ihm eingetrudelt und er hat nachgefragt, wohin er diese bringe koenne. Irgendwie tat es gut von ihm zu hoeren, aber ich werde ihm nicht antworten, denn diese Genugtuung werde ich ihm nicht geben, denn ich erwarte etwas anderes und zwar eine Entschuldigung ueber sein verhalten mir gegenueber. Das mit dem Telefon werde ich schon regeln, keine Sorge, aber ich lasse mich auf seine Spielchen nicht ein, nur weil am Sonntag nachmittag langweilig war und er wieder etwas Kontakt sucht, da bleibe ich HART, obwohl es weh tut, aber das er wieder anfaengt mich um den Finger zu wickeln durch so einen VORWAND - sicher nicht. Ich kenne ihn ja nicht seit gestern.

Fuer ihn wird das eine harte NUSS, die er nicht mehr oder gar nicht mehr knacken wird. Auch daran sieht man, ob der andere ueberhaupt genuegend Energie in einen wieder stecken will, um diesen evtl. zurueck zu gewinnen.
Vielleicht ist das ja kindisch und gemein, aber ich sehe das eben so.
Er hat mich Jahre zum Narren gehalten oder ich habe mich halten lassen und wenn er da einmal schnippt oder etwas versucht, werde ich nicht gleich dahinschmelzen, dafuer ist das alles zu weit gegangen. Ich habe auch meinen Stolz und ich bin nicht der Deck unter seinen Fingernaegeln, deshalb sitze ich jetzt auf dem hohen Ross und ernierige ihn durch Missachtung (falls er das so empfindet?!?). Vielleicht ist er ja auch froh darueber und hat das ohne hintergedanken gemacht, doch ich schaetze ihn so ein, wie ich ihn zuerst beschrieben habe.
Die Zeit wird seines ZEIGEN. Wenn man jemanden abgoettisch liebt und dann realisiert diesen Menschen verloren zu haben, tut man doch alles was moeglich ist, um diesen wieder fuer sich intersieren, wenn nicht, dann waren auch nicht so grosse Gefuehle im Spiel, dann ist es sowie so besser so.
Ich denke vielleicht zu romantisch oder erwarte zu viel, aber hierbei ist das eben meine Erwartung und auch meine Vorstellung, denn ich wuerde das von mir aus so machen, wenn ich in dieser Situation waere. Ich gehe eben von mir aus und erwarte dann in dem Rahmen auch so etwas.
Deshalb darf man manchmal nicht zu frueh aufgeben, ausser man merkt wirklich, da ist der OFEN aus.

Ich hoffe, dass es dir gut geht und du etwas durch Abstand auch Hoffnung zu dem Fortbestand deiner Freundschaft hast.

Ich kaempfe mich von Tag zu Tag und ich will stark bleiben, denn es kann nur besser werden.
Nur meine Mutter macht es ordentlich Druck, dass ich mir so schnell wie moeglich eine Arbeit in Dtl. suchen soll und so schnell wie moeglich zu ihr ziehen soll.
Fuer mich ist das total stressig. Ich wollte den Schritt auf der einen Seite schon vor 3 Jahren machen, doch ich wollte nicht getrennt von meinem Freund sein, deshalb habe ich hier in Slowenien eine Arbeit (sehr schlecht bezahlt, aber...). Es faellt mir nur verdammt schwer, dass ich jetzt mein ganzes Leben ueber Nacht umkrempeln soll. Ich benoetige etwas Zeit und meine Mutter will das nicht verstehen. Sie meint es sei besser in ein anderes Umfeld zu kommen und eine neue Aufgabe zu haben, damit man das besser bewaeltigen kann.

Meine Meinung ist, dass auch dieser Schritt nicht das bewirkt, denn egal ob ich jetzt ans Ende dieser Erde gehen wuerde, da waeren meine Probleme mit mir. Ich kann diese nicht einfach hier ablegen und diese vergessen. Mir geht das zu schnell und innerlich habe ich die Blockade, was ist wenn wir doch wieder zusammen finden, weil die Gefuehle (zumindest jetzt auf meiner Seite noch vorhanden sind) - da sind (und ich auch meine bei ihm). Vielleicht ist das auch nicht so und ich erschwere mir wirklich das Fortkommen, aber ich habe einfach das Gefuehl, dass ich hier nicht einfach ueber Nacht alle Zelte abbrechen kann.
Ich haette gerne noch ein paar Gespraeche mit ihm, um zu sehen, wie die Situation ist. Nicht, um sofort wieder zu ihm zu ziehen, aber vielleicht zarte Baende knueften.
Vielleicht ist das alles DUMM und ich sollte nur an mich denken, doch leider bin ich nicht der Typ dazu. Vielleicht muss ich das lernen, so zu sein!
Na, ich hoffe bei dir ist die Situation positiver oder hat sich etwas gelegt. Obwohl manche Menschen sehr sturr sein koennen und damit alles unnoetig in die Laenge ziehen, anstatt sich wieder zu vertragen.
Meine Situation ist eben etwas anders gelagert und ich habe viel zu oft diesen Weg gesucht, das alles wieder in Ordnung ist und am Ende es eben nicht in Ordnung ist. Auch fuer ihn Entschuldigungen gesucht und vergessen und vergeben, doch so einfach ist das nicht, wenn das mehrmals die Woche ist.
Man ist ja auch nur ein Mensch!
Ich hoffe bald wieder von Dir zu hoeren,
bis bald
GRUESSE HOME

09.08.2004 16:27 • #12


J
Hallo HOME,

habe mich gefreut, wieder von Dir zu lesen. Dachte schon, Du bist sauer, dass ich so wenig von mir hab lesen lassen. Das Leben hat mich wohl wieder. War auf Achse und genieße die Sonne wieder - freu :)

Ehrlich gesagt klingt das für mich etwas nach Machtspielchen, was Du schreibst (wer hält länger durch?). Vielleicht habe ich aber inzwischen auch einfach einen total nüchternen Blick auf die Dinge. Was ich verstehen kann ist, dass Du eine Entschuldigung für sein Verhalten erwartest. Das finde ich auch absolut angemessen. Es würde nämlich auch bedeuten, dass er Verantwortung für sein Verhalten auch im Rauschzustand übernimmt und das ist ein Schritt in die richtige Richtung meines Erachtens.

Ansonsten sehe ich das glaub ich wirklich sehr nüchtern: Selbst wenn er sich entschuldigt heißt das noch lange nicht, dass sich etwas ändern muss. Ich war fast 2 1/2 Jahre mit dem Spieler zusammen und es ist immer wieder in dieselbe Sackgasse gelaufen. Er hat selbst sichtlich unter seinem Verhalten gelitten. Er saß irgendwann mit Tränen in den Augen vor mir und hat gesagt, dass er es am schlimmsten findet zu sehen, dass er genauso, wie er für Geld spielen geht, auch mit meinen Gefühlen spielt. Trotzdem konnte er es nicht ändern. Im nächsten Moment hat er wieder versucht, mich in seinen Kreislauf mit reinzuziehen und auszutesten: Mal sehen, wie sie reagiert. Es war auch wie ein Auszocken: Wie weit kann ich gehen? Wann verliere ich sie ganz? Die Parallele zum Glücksspiel drängt sich mir auf: Alles verlieren (die sporadischen Trennungen), verzweifelt sein über den Verlust, wieder spielen gehen, um den Verlust auszugleichen (wieder ankommen: Ich lieb dich doch und will mit dir zusammen sein!!) bis man wieder das bekommen hat, was man wollte (sie ist wieder da) und es dann wieder verspielen (wieder plötzliche Trennung auf unbestimmte Zeit). Bis er mich wirklich verloren hat. Vielleicht hat er sich in gewisser Weise in der Beziehung denselben Kick geholt wie beim Spielen. Auf jeden Fall war es immer extrem. Ich bin emotional durch die totale Berg- und Talfahrt gegangen und die leise Frage in mir: Will ich mir das wirklich alles antun? wurde immer lauter. Ist ja auch tierisch kräftezehrend und die Kräfte braucht man ja eigentlich auch für ´s Leben selbst.

Ich habe mich nach der Trennung ganz nüchtern gefragt: Selbst wenn er sich wünscht, sein Verhalten zu durchbrechen - warum sollte es sich plötzlich ändern? Ich habe die Strukturen, die da ablaufen, mit der Zeit immer besser durchschaut und immer mehr realisiert, wie tief die sitzen und dass sich so was nicht von heute auf morgen ändern lässt. Das bedeutet harte Arbeit und wenn man das aus eigener Kraft nicht schafft, braucht man Therapie. Bei ihm hab´ ich nicht mal gesehen, dass er sich dem stellen will. Ich habe ihm sämtliche Hilfsadressen hier in der Stadt besorgt und mich da voll reingehängt. Er hatte immer irgendwelche Gründe, warum das alles nicht die richtigen Angebote waren. Tja sorry. Da kann ich dann leider auch nichts machen. Ich kann nicht mehr, als ihm den Rolls Royce vor die Tür zu stellen. Runtergehen, reinsteigen und losfahren muss er schon selber. Aber er war einfach noch nicht so weit. Die Angst war wahrscheinlich größer. Er dachte, er könnte sein Symptom besiegen, ohne auf die Ursachen zu gucken. Warum hätte sich etwas ändern sollen? Er hat nicht mal durchschaut, warum er sich so verhält. Wie soll er es dann ändern?

Das heißt überhaupt nicht, dass die betroffene Person nicht selber darunter leidet. Aber ich glaube, man sollte sich da als Partner keiner Illusion hingeben. Ich möchte Dich nicht entmutigen. Selbst wenn er ankommt und Dich anfleht, dass Du zurückkommen sollst ... er wird sicher selbst dran glauben, dass er sich ändern will. Ich glaube nur, dass wirkliche Verhaltensänderung nur passieren kann, wenn man durchschaut, warum man sich so verhält und lernt, anders mit den Situationen umzugehen, die einem Probleme machen und für die man Alk. als Lösungsmittel wählt. Ich glaube nicht an diese romantische Verklärtheit. Dazu sitzen diese Strukturen zu tief. Wer weiß, wann die Grundsteine in seiner Entwicklung dafür gelegt wurden. Vielleicht hatte schon sein Vater oder seine Mutter ein Alk.? ...

Ich stimme Dir zu darin, dass man, wenn man jemanden wirklich liebt, um ihn kämpfen sollte. Trotzdem kann gerade das auch wieder ein Spiel sein, wenn er so drauf ist ... bis er Dich wieder hat, sich Deiner wieder sicher sein kann und dann wird alles von vorne anfangen.

Gib Dir die Zeit, die Du brauchst, um innerlich eine Entscheidung zu treffen. Lass Dich von Deiner Mutter nicht unter Druck setzen wenn Du das Gefühl hast, noch etwas Zeit zu brauchen. Sie meint es sicher nur gut mit Dir und will Dir nur helfen. Aber Du hast Dein eigenes Tempo. Das kann ich sehr gut verstehen: Egal wohin Du gehst, die Probleme gehen mit wenn Du sie nicht innerlich wirklich gelöst hast. Das ist ja auch etwas Liebenswertes, dass Du nicht egoistisch nur an Dich denkst - auch wenn Du es dann vielleicht leichter hättest.

Vielleicht gehe ich da im Moment auch einen ähnlichen Weg. Mein Freund hat sich ja vor zwei Monaten von mir getrennt. Ich habe das (auch) überhaupt noch nicht losgelassen. Ich möchte auch gucken, was wirklich da ist. Ihn sehen und reden, wenn die Zeit gekommen ist. Meine Gefühle überprüfen. Wir haben jetzt wieder Kontakt und werden uns auch demnächst treffen. Mal sehen.

Von dem anderen Freund (der nicht mit dem Tod meines Vaters umgehen konnte und mich verletzt hat) habe ich noch nichts gehört. Ich habe mir Deinen Rat angenommen, ihm etwas Zeit zu lassen. Vielleicht werde ich dann mal vorsichtig auf ihn zugehen und gucken, ob er wieder etwas offen ist und wir vielleicht anfangen können, darüber zu reden. Ich hoffe es.

Im Moment geht es mir GANZ gut. Die Arbeit trägt mich sehr, macht mir sehr viel Spaß und gibt mir Kraft. Zum Glück habe ich in meinem Job auch sehr viel mit Menschen zu tun, so dass ich da genug Kontakte habe, auch wenn ich mich zu Hause mal verkrieche.

Ach HOME, warum muss das immer alles so kompliziert sein? :-/
Aber letztlich lernen wir ja aus all dem .. und haben dann auch etwas weiterzugeben.

Ich wünsch Dir alles Gute
wir mailen uns

Jazz

09.08.2004 21:40 • #13


H
Hallo liebe Jazz,

ich habe mich sehr gefreut wieder von dir zu hoeren. Ich bin nicht sauer, aber ich kann nur in der Arbeit dir antworten (privat habe ich keinen Anschluss).
Du hast ja RECHT mit deinen Erlaeuterungen und ich sehe das ja eigentlich auch so und sicher habe ich das nicht erwartet, dass er sich von HEUTE auf MORGEN aendert. Diese Spielchen habe ich schon durchgemacht, wie du schon beschrieben hast, dass ich in verlassen habe fuer ein paar Tage oder max. 3 Wochen und dann bin ich zurueck und eigentlich ist es dann immer schlechter geworden.
Ich habe etwas laengerfristig gedacht, denn irgendwie habe ich insgeheim noch Hoffnung, vielleicht aendert sich das ja, wenn ich, so wie du darauf gekommen bist, auch das mehr negativer sehe fuer meine Zukunft und ich mehr Abstand habe, denn meine Gefuehle sind sehr stark (jetzt noch), aber das kann sich ja auch aendern.
Mit ihm nicht reden zu koennen tut halt doch sehr weh, aber ich habe eben die Angst, dass er mich wieder einlullt und ich wieder nachgeben und deshalb diese Art von Machtspiel, auch um ihn zu zeigen, dass ich nicht so einfach wieder zu bekommen bin oder er eben das Gefuehl hat, mich verloren zu haben.
Er hat eigentlich immer solche Machtspiele mit mir durchgefuehrt, die mir auch weh getan haben.
Er hat schon oft versprochen mit dem Spielen aufzuhoeren und einige Zeit hat das auch gehalten (max. 6 Monate), aber wenn er dann wieder zuviel intus hatte und ein paar (fuer ihn zu grosse Probleme hatte), dann ist er halt wieder spielen gegangen. Dann hat er halt eine solche Phasen gehabt (aber nie nuechtern, soviel ich weiss). Auch bestimmte Freunde haben ihn dann mitgezogen und diese sind auch totales Gift fuer ihn.
Ich versuche mich zu schlagen, aber es tut so weh. Ich hoffe, dass wir durchhalten und wir die Kraft haben zu einem schoeneren Leben und schoenere Zukunft.
Momentan kann ich mich nicht so konzentrieren und vielleicht schaffe ich das am Nachmittag noch etwas zu schreiben, also bis dann und Kopf hoch!
Alles liebe und GUTE
bis dann
HOME

10.08.2004 09:37 • #14


J
Liebe HOME,

es tut mir sehr Leid, in welcher Zwickmühle Du steckst ... gegen Deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse handeln zu müssen, um die Chance einer Veränderung herbeizuführen. Ich kann Dich darin nur unterstützen. Ich denke, nur wenn er sieht, dass Du konsequent bleibst, kann ihn das wachrütteln und wirklich zum Nachdenken bringen. Alle Androhungen von Konsequenzen ohne sie durchzuziehen verfestigen nur das Problem .. das hast Du ja auch selbst geschrieben, dass es danach immer nur noch schlimmer geworden ist.

Aber es ist schwer, das durchzuziehen. Das kann ich mir vorstellen. Bei mir war das wahrscheinlich etwas anders: Ich habe das Spiel ganz lange mitgemacht und gelitten OHNE mich abzugrenzen bis eine Situation das Fass zum Überlaufen gebracht hat und dann gar nix mehr ging. Aber ich kann das nachvollziehen, wie das ist, wenn man jemanden verzweifelt liebt obwohl man merkt, dass das einem nicht gut tut.

Und letztlich weiß man ja auch nie, wann nicht doch eine Veränderung bei dem Süchtigen passiert, er sich für Heilung entscheidet. Ich glaube, der Wendepunkt, wo es Klick im Kopf macht und man sich entscheidet: So kann es nicht mehr weitergehen. Ich muss jetzt etwas tun, ist individuell sehr verschieden. Der eine muss vielleicht alles verloren haben, seinen Job, seine Wohnung ... bei dem anderen reicht es, wenn der/die PartnerIn geht oder die Kinder weggenommen werden. Ein Dritter wacht auf, wenn er sich schon 2/3 seiner Leber weggesoffen hat und der Arzt ihm ganz klar sagt: Wissen Sie was? Wenn Sie so weitermachen, werden Sie bald sterben. Das kann man nicht vorhersehen.

Es bedeutet ja auch eine große Veränderung. Wenn er wirklich etwas tun will, müsste er sich wahrscheinlich erst mal einen neuen Job suchen. Er müsste sich von seinen Freunde trennen, weil die ihm nicht gut tun. Das macht ja auch Angst. Das Alte ist ihm vertraut.

Hast Du Dir schon mal Gedanken darüber gemacht, warum Du Dir gerade so einen Partner ausgesucht hast? Du hast geschrieben, dass Du ein Helfersyndrom hast. Oft hat das ja auch was mit der Lebensgeschichte zu tun, warum man sich gerade SOLCHE Menschen aussucht - dass man das aus der Kindheit schon kennt etc.. Ich kann das bei mir schon zurückführen.

Mit welchem Suchtmittel er sich wegmacht, ob er trinkt oder spielt, ist letztlich egal. Es ist alles eine Form von Betäubung und Weglaufen vor Problemen.

Ich wünsche Dir von ganzem Herzen die Kraft, die Du brauchst, um stark zu bleiben. Du hilfst Euch beiden damit!

Liebe Grüße
Jazz

11.08.2004 13:41 • #15


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