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Von dir geträumt

A
Ich habe von dir geträumt.
Es war anders als sonst. Wenn ich sonst von dir geträumt habe, warst du abgewandt ich konnte dir nicht ins Gesicht sehen - oder du warst gar nicht da. Ich spürte deine Ablehnung und dein absolutes Desinteresse. Oder Du warst abwesend, zusammen mit ihr, und man wartete auf dich und sprach über dich, aber du kamst nicht und ich war froh darüber, weil sie dann auch nicht kam und ich sie nicht sehen musste. Außerdem waren diesen Träume so wage, so verschwommen, so realitätsfern.
Aber diesmal war es wie wirklich, wir saßen uns gegenüber und hatten etwas zu trinken bestellt. Man brachte ein Glas, in dem sich noch Orangensaft befand, es war nicht ganz halbvoll. Und man brachte eine große Flasche Wasser. Wie sollten nun wir, zwei Menschen, die sich emotional so fern waren, das Wasser untereinander aufteilen mit nur einem Glas? Die Bedienung murmelte irgendetwas von ihr gehört doch zusammen und dass man Orangensaft mit Wasser vermischt gut trinken könne. Irgendsowas, ich weiß es nicht mehr genau.
Ich weiß nur, dass wir uns unterhielten, aber nicht mehr über was. So sind diese wagen Träume, man weiß nicht mehr genau. Ich weiß nicht mal mehr ob wir in dieser Phase des Traums einander ansahen.
Aber dann, auf einmal wurde es wirklich, so real: Ich sah auf deine Hände, sie waren nicht ganz so, wie sie wirklich sind, ein wenig wie Kinderhände, an den Fingerspitzen und Nägeln, und gepflegter als früher. Und ich überlegte unwillkürlich, ob Du ihretwegen das Nägelkauen aufgegeben hättest. Aber der Hauptgedanke war, dass ich so gern deine Hände nehmen würde, so gern, dass ich das aber nicht dürfte. Ein Finger war ganz dünn, viel zu dünn, er glich dem Zweig eines Baumes. Ich dachte, dass das doch nicht schlimm sei, das macht doch nichts, keiner ist vollkommen. Und vielleicht weil sie so unvollkommen sind, habe ich mich doch getraut oder hast du dich getraut. Wir nahmen auf einmal unsere Hände gegenseitig. Oder nahm ich nur deine? Ich weiß es nicht mehr.
Dann sahen wir einander in die Augen und das weiß ich jetzt genau. Es war ganz klar und gar nicht verschwommen: Deine stahlblauen Augen, die mich groß anstrahlen, so strahlten, wie ich sie nie gesehen hatte. Ich tauchte in sie ein, diese blauen Augen. Wir schauten uns an, eine ganze Weile und deine Augen strahlten auf diese wunderbare Weise. Dann küssten wir uns, über den Tisch mit dem Orangensaft-Wassergemisch hinweg, so warm und innig, wie ich nicht mehr kenne seitdem, seit wann? - mit dir? Wir küssten und es war so wunderbar, so eine Innigkeit, du und ich, Glück für einen Augenblick, einen langen, aber doch nur Augenblick, bis ich aufwachte.

Ich wachte auf wie in der letzten Zeit immer, ein kurzer neutraler Moment, dieser Moment, in dem man nach dem Aufwachen noch nicht weiß, ob sich der nächste Moment, die nächsten Stunden, der Tag, das Leben positiv oder negativ anfühlen werden. Dieser Moment könnte, sollte länger dauern, meine ich. Tut er aber nicht und dann kommt er erste Gedanke und eine geballte Ladung Adrenalin schießt durch den Körper. Ich frage mich oft, ob das schädlich ist, für den Körper, dieses viele Adrenalin, dass ich mit einem Kribbeln in meinem Körper spüre, wenn ich aufwache und nach dem kurzen neutralen Moment meine Trauer darüber, dass du nicht mehr bei mir bist, und das, was in meinem Leben Realität ist, spüre. Diese Ladung kam wieder, als klar wurde, dass es ein Traum war. Aber da der Traum so schön war, wurde ich etwas ruhiger und spürte trotz des Stroms eine Art von Glücksgefühl, ein ganz klein wenig, ein Hauch. Der Strom fühlte sich fast wohlig an und ich versuchte, diesen Moment zu genießen, in dem die Trauer, das Gefühl des Verlusts, des Verlassen-Seins durch eigene Schuld und der Reue nicht ganz so stark war. In dem ich etwas Frieden spürte und Freiheit von quälenden Gedanken.

26.08.2018 12:44 • #1


Femira
Das bringt mich zum Weinen.
Du hast vielleicht deinen Abschied gehabt und hast dich mit der Geschichte versöhnt...wünsche ich dir auf jeden Fall.

26.08.2018 13:05 • #2


A


Von dir geträumt

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A
Danke dir, liebe Femira. Ich versuche es so zu sehen, Aber leider fühlt es sich anders an und ich beschäftige mich gedanklich intensiver als je mit ihm. Vielleicht deshalb der Traum. Ich brauche wohl noch eine Weile, die Hoffnung aufzugeben.

26.08.2018 16:27 • x 1 #3


S
Ich mag auch blaue Augen

26.08.2018 21:57 • #4




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