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Wie innen - so aussen

Schwan
Mein Geliebter,

du sagtest mir bei unserem letzten Treffen als Liebespaar, dass in einer Beziehung immer einer mehr liebt und das du bei uns derjenige wärst.

Weißt du noch, was ich dir darauf sagte? Das es nicht immer so ist, wie es von aussen aussieht.
Nur 5 Tage später hast du diese Liebe aufgegeben.

Wie sieht unsere Situation nun von aussen aus? Bist du der Täter und ich das Opfer? Ja, so habe ich mich gefühlt. Und der unerträgliche Schmerz brannte in mir und all deine Worte, all deine Zärtlichkeiten hat das Messer in meinem Herz noch tiefer stechen lassen. Ich hatte das Gefühl an den Erinnerungen zu ersticken, ich hatte das Gefühl, dass du mein Licht ausgemacht hast, ich hatte das Gefühl, verloren zu sein. Ich habe monatelang jeden Tag um dich geweint, doch keine Träne brachte mir Erleichterung. Kein Tag der verstrich, hat mich gefühlsmässig von dir entfernt. Meine Gedanken kreisten immer um dich und ich habe gehofft, dass alles nur ein böser Alptraum war. Doch es war Realität. Und ich habe ab dem Zeitpunkt, wo du dich von mir verabschiedet hast nur noch funktioniert - irgendwie.

Heute bin ich auch eine andere Frau, als du in Erinnerung hast. Meine Augen leuchten nicht mehr, mein fröhliches Lachen ist verstummt. Ich bin ruhiger geworden, kann mich gut das ganze Wochenende zu Hause verkriechen und verspüre nicht mehr den unbändigen Drang, nach draussen zu gehen um mich zu bewegen. Nachdenklicher bin ich geworden und das Leben ist nur noch schwarz und weiss. Auch mein Glauben an die Liebe ist gebrochen, so wie auch mein Körper. Denn dieser zwingt mich nun in die Knie, da meine Seele so wie mein Herz wohl beschlossen haben, dass sie nicht weiterhin in einer funktionierenden Frau leben möchten. Und was mache ich? Renne ich weiter mit dem Kopf durch die Wand? Verstand vs Herz, ist das die Frage die ich mir nun stellen muss?

Soll ich meinen Emotionen folgen und zu dir rennen? DAS ist das, was ich möchte. Doch ich kann nicht, denn mein Leben im aussen hat sich nicht geändert. Ich bin fast an unserer Trennung zerbrochen und hab die Hand genommen, welche mir helfen wollte. Wie stehe ich also vor dir da, wenn im aussen alles noch so ist, wie es einmal war? Nein, ich kann nicht zu dir. Erst müsste ich meine Situation ändern.
Sowieso weiss ich auch nicht mehr, wie es in dir aussieht. Ich habe dich weder gesehen, noch gehört in all diesen Monaten. Und in all dieser Zeit hat sich sicherlich auch in deinem Leben einiges verändert. Und dieses neue Leben respektiere ich. Weil ich einfach nur dein Wohl möchte.

Denn mittlerweile weiss ich, es gibt bei uns keine Täter und Opfer-Rolle. Wir beide haben verloren und versagt. Wir haben uns verloren und unsere Liebe und damit alle unsere Träume von einer gemeinsamen Zukunft. Ich weiss, dass auch du deinen Kampf ausfechten musstest und es auch für dich ein schmerzhafter Weg war.

Ja, von aussen warst du zuletzt der Böse – besonders für mich. Weil du uns aufgegeben hast. Aber auch ich habe uns aufgegeben, ich habe das nicht vergessen. Ja, manchmal reicht Liebe allein womöglich nicht, auch wenn ich heute alles dafür tun würde, alles stehen und liegen lassen würde um nur dich bei mir zu haben. Den ich fühle mich nicht mehr vollständig, seitdem zu fort bist. Aber es ist zu spät – ich komme zu spät.

Meine Wunden im Herzen werden nie heilen, die Erinnerungen an dich nie verblassen, die Sehnsucht nach dir nie vergehen und meine Liebe zu dir wird nie erlöschen, aber ich muss mich nun entscheiden, ob ich wieder aufstehen will und heilen oder ob ich weiterhin renne und funktioniere. Soll ich deinen letzten Satz an mich verinnerlichen und als Motto leben? Ich weiss es noch nicht, weil ich auch noch keine Kraft habe. Ich brauche noch etwas Zeit…

In meinen Gedanken lege ich nun meinen Kopf wieder auf deine Brust, wie damals im Auto, wo es nur dich und mich gab und unsere Körper eins wurden und wir fühlten, dass wir nun zu Hause angekommen sind.

Schlaf gut mein Schatz und hab ein schönes Wochenende

20.11.2015 23:00 • x 2 #1