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Wie mit ungewisser Trennung umgehen und wo anfangen?

H
Seit einiger Zeit lese ich hier mit. da ich das Gefühl habe, meine Freunde langsam zu sehr in Anspruch zu nehmen.

Meine Geschichte:

Ich (41) bin seit 16 Jahren mit meinem Mann zusammen, 10 Jahre davon verheiratet. Unsere Beziehung war gerade am Anfang sehr schwierig, da er mich einerseits bewunderte und sehr liebte, sich aber immer kleiner fühlte als ich. ich lernte ihn kennen, als er 600 km weit weg wohnte. Er zog sehr schnell in meine Stadt.
Er brachte Schulden mit in die Beziehung, log in vielen Bereichen und floh aus den verschiedensten Gründen immer wieder. Das lief teilweise recht dramatisch ab, denn er flüchtete auch Hals über Kopf ins Ausland und trieb damit seine Schulden weiter in die Höhe. Auch als meine Mutter während meines Studiums überrasched verstarb oder als ich mein Diplom machte, war er nicht an meiner Seite. Nachdem meine Mutter starb, nahm ihn mein Vater beiseite und erklärte ihm, dass er nie in der Lage sein würde, der Mann an meiner Seite zu sein, da er mir den Lebensstandard nicht bieten könne, den ich brauchte. Auch einen bescheuerten Vater habe ich! Daraufhin ist mein Mann abgehauen.

Ich habe ihn immer und überall auf der Welt wieder kontaktiert und überzeugt, zu mir zurückzukommen.

Er wuchs an mir, ging in eine andere Stadt, um auch eine Art Studium zu absolvieren. Wir führten eine Fernbeziehung und er lebte sich während dieser zeit so richtig aus. Als ich mein Diplom machte, Karneval, unterstützte er mich nicht, sondern feierte lieber und beendete mal wieder die Beziehung. Da gab es auch eine andere Frau, die der Meinung war mit ihm liiert zu sein.

Wir überstanden auch diese Zeit und das Ende unser beiden Studiums stand bevor. Wir vereinbarten, dass derjenige, der den Job findet, der uns ernährt, bestimmt, wo wir leben werden. Es war sein Job und ich zog mit ihm. Da ich keine Anstellung in meinem Studienberuf fand, nahm ich, nach langer und verzweifelter Suche, eine andere Stelle an und arbeitete 3 Jahre dort. unser Leben beruhigte sich und wir wurden erwachsener. Wir heirateten und ich tat das aus vollster Überzeugung, denn trotz all der Wirrungen und Probleme liebte und liebe ich meinen Mann sehr. Er ist mein Gegenstück und hat tatsächlich so viele positive Eigenschaften, die mir auch sehr gut getan haben.
Mit Kindern hat es nicht geklappt bei uns und wir haben nie richtig verfolgt, warum. Ich hatte irgendwie Angst vor dem ganzen Weg, der bei ungewollter Kinderlosigkeit im Raum stand. Er beteuerte ebenfalls, dass er ohne Kinder glücklich sei.
Irgendwann ging seine Firma insolvent und wir nutzten diese Tatsache um ein neues Leben an einem anderen Ort zu beginnen, da wir dort nicht glücklich waren. Umzug, ich eine neue Stelle, er Selbständigkeit. Meine Stelle erwies sich nach wenigen Wochen als volle Pleite und er sprach mir Mut zu, zu kündigen. Er arbeitete hart für uns und war oft über Tage unterwegs. Die Unsicherheit mit meiner Arbeitslosigkeit und seiner Selbständigkeit belastete mich sehr und er fand eine Anstellung bei einem sehr großen Top-Unternehmen. Leider wieder mit Reisetätigkeit unter der Woche. Es sollte jedoch nur für die ersten paar Jahre so sein. Ich war immer allein und konnte mir schon damals irgendwie keinen richtigen Freundeskreis aufbauen. Habe keine Hobbys und kann mich immer gut allein beschäftigen.
Sein Gehalt war gut genug, so dass wir beide davon Leben konnten. Er lies mir immer meine Freiheit und hoffte, dass auch ich irgendwann den passenden Job finden würde, der mich erfüllte. Ich arbeitete inzwischen Möbel zuhause auf und verkaufte diese. Natürlich bekam ich von meiner Umwelt da keine Lobeshymnen mit einem Architekturdiplom in der Tasche... Wir liebten uns und lebten ein schönes Leben. Ich hielt ihm den Rücken frei und lebte von Wochenende zu Wochenende, wo er bei mir war. Unsere Urlaube mit unserem Hund waren wunderschön und wir freuten uns auf unsere weitere Zukunft. Wir waren uns selbst genug.
Vor 5 Jahren kauften wir ein Haus, zogen wieder um. Ich brachte einen Großteil des Eigenkapitals mit, er konnte durch sein Gehalt die Schulden tilgen. Er arbeitete weiter, ich organisierte den Umzug, renovierte die Mietwohnung und bereits auch das neue Haus. Tag für Tag stand ich über ca. 15 Monate wie ein Bauarbeiter im Dreck. Während dieser Zeit erkrankte sein Vater an Krebs und aus meiner Familie drohte so großer Ärger, dass dieser unsere Existenz bedrohte und ich mich vollkommen zurückzog von anderen Menschen. Wir hielten fest zusammen und arbeiteten beide an unserem Traum. Ich am Haus, er im Job.
Mittlerweile ist das Haus eine Perle geworden und wir wußten das sehr zu genießen und zu schätzen. Es war unser zuhause. Freunde fanden wir aber auch hier nicht wirklich. Sein Vater, zu dem er nie eine wirklich enge Verbindung hatte, starb vor 2 Jahren.
Seit diesem Zeitpunkt veränderte mein Mann sich zunächst unmerklich. Er war immer wieder verbal aggressiv mit mir und schien unausgeglichen. Dies steigerte sich über die Zeit immer mehr. Er sprach seine Sätze nicht mehr zu Ende, beantwortetet meine Fragen häufig nicht mehr und war irgendwann nur noch genervt. Zeitgleich zum Tod seines Vaters stand eine Beförderung bei ihm an, die sich jedoch ewig hinzog und ihn auch vor berufliche Schwierigkeiten stellte.

Er wuchs in dieser Position unheimlich und ich bewundere ihn sehr dafür. Zuhause war er nur noch müde. Wir waren nur noch am Streiten, fanden aus sinnlosen Diskussionen nicht mehr heraus. S. hatten wir schon seit Jahren für ihn nicht mehr genug. Da gebe ich ihm sogar recht, weiß aber nicht, warum. Eine Stunde gingen wir zur Paartherapie. Die Therapeutin beurteilte unsere Situation aber nicht als schlimm. Wir hatten nie Geheimnisse voreinander, nutzten einen Computer und eine Cloud, so dass alles für beide einsehbar war. Eines Tages erhielt er über Facebook eine Nachricht von einer Kollegin, die alles oder nichts bedeuten kann. Ich fragte nach und er sagte, da wäre nichts. Trotzdem kontrollierte ich ihn ab da und bekam mein Mißtrauen nicht in den Griff.

Am 11.12. verbrachten wir Zeit vorm Kamin und sprachen sehr viel. Er sagte Dinge wie: Ich bin ein A...loch oder Ich hoffe, dass du immer noch an meiner Seite bist, wenn das hier vorbei ist und weinte zwischenzeitlich auch. Er sagte aber auch, dass er diesen Streit auch nicht mehr aushalte und er meinen überhöhten Ansprüchen nicht mehr gerecht werden könne. Er möchte ohne schlechtes Gewissen arbeiten, so viel er möchte und auch seinem Hobby, Laufen, mehr nachgehen, als mir das lieb ist. Ich konnte vieles nicht einordnen in diesem Gespräch.

Am 13.12. beschloss ich dann, uns Raum und Zeit zu geben und fuhr in die Ferienwohnung meines Bruders.Mein Mann war für einen Tag beruflich unterwegs.Ich hinterließ ihm einen Zettel, wo ich war. Meine beste Freundin war so schockiert über den Zustand unserer Ehe, dass sie ihn ohne mein Wissen anrief, noch bevor er zuhause war. Er sagte ihr, dass er schon seit Monaten zweifelte und in den letzten 2 Tagen eine Entscheidung getroffen hatte. Mich fragte er lediglich per WA, ob ich ihm etwas zu sagen hätte und ob ich die Hunde bei mir hätte. Am Tag darauf hatte ich eine Autopanne und musste mit ihm sprechen, sagte ihm, dass eigentlich am Liebsten wieder nach Hause kommen würde. Er sagte nur: Wenn du nach hause kommst, bin ich weg. Ich glaube, ich liebe dich nicht mehr.
Schock! Und nun wohin? Also zu besagter Freundin. (Habe zuhause keine Freunde, sondern über ganz Deutschland verteilt). Da bin ich ein paar Tage geblieben und habe mir den Kopf zerbrochen, auch über den Status unserer Beziehung. Er meldete sich nicht. Da ich Angst hatte, über Weihnachten allein zuhause zu sein, schloss ich mich meiner Bruder an, der über die Feiertage nach Malta flog. Ich musste vorher nochmal nach hause. Meinem Mann habe ich mitgeteilt, dass ich komme und wieder gehe. Er war weg als ich kam und ich ging nicht, wie ich es ihm mitgeteilt habe, sondern wartete auf seine Rückkehr. Er kam und war total aufgewühlt, als er mich sah. Ich bat um ein Gespräch, da ich nicht wußte, wo wir stehen. Ich wollte, dass er nicht mehr vor mir davonläuft und nicht nur ohne mich, in fremder Umgebung, über uns nachdenkt. Er blieb und wir führten ein tolles Gespräch. Er meinte, dass ich nach wie vor die Frau bin, die er im Alter an seiner Seite sieht, seine beste Freundin. Dass er mit mir zusammen sein will, es aber im Moment nicht könne, da er sich sonst selbst verlieren würde. Ich flog nach Malta und kam das erste mal raus aus meiner Welt. Das öffnete mir die Augen. Ich sah tatsächlich, wie falsch wir gelebt haben. Isoliert und zurückgezogen. Ich erkannte, wie oft er mir schon gesagt hat, was ihn belastete und ich es einfach nicht gehört oder zugelassen habe. (Wenn er z.B. müde war, habe ich gewettert wie eine Furie, statt ihm auch Ruhe zu gönnen.) Fehler habe ich fast ausschließlich bei ihm gesehen. Ich hatte kein eigenes Leben, habe nur für uns gelebt und geschuftet. Alltäglich Dinge, wie z.B. Kalkflecken auf Armaturen (!), ärgerten mich unangemessen und lösten bei ihm das Gefühl von Zwängen aus. Er fühlt sich nur noch eingezwängt.

Als ich zurückkam war er da. Wir führten wieder die besten Gespräche unseres Lebens. Er kochte und ich nahm dies das erste Mal an ohne zu kritisieren. Ich konnte aber sehr deutlich spüren, dass in ihm ganz heftig zwei Herzen schlugen und er nicht einfach bleiben konnte.

Ich wußte, dass ich an diesem Punkt loslassen musste und ich sagte ihm das. Er schien erleichtert.

Wir verbrachten noch eine innige Nacht vor dem Kamin. Wir sprachen nur noch über die Stärken unserer Beziehung und waren sehr zärtlich miteinander. Wir schliefen auch miteinander.

Am nächsten Tag ist er gegangen. Er kann erstmal bei einem Kollegen unterkommen. Silvester ohne ihn hat mir das Herz gebrochen. Außer oberflächlichen Wünschen per WA kein Kontakt zwischen uns. Gestern bat er am Donnerstag vorbeikommen zu dürfen, um mehr Sachen zu holen. Ich bin am Ende. Habe es so gelöst, dass er am Wochenende hier sein und packen kann und ich zu Freunden fahre. Das ist schrecklich für mich...

Ich weiß, dass wir so nicht einfach weiter machen können. Ich weiß, dass ich ihm Zeit geben muss. Ich merke aber auch, dass ich immer mehr an den Punkt komme, wo ich nicht weiß, ob diese Ehe überhaupt noch wiederbelebt werden kann. Ich frage mich auch, ob seine Kollegin hierbei doch eine Rolle spielt.
Er hat die Beziehung beendet, lässt aber große Hoffnung zurück.

Ich muss mein Leben derzeit komplett neu ordnen und weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ohne ihn will ich nicht hier an diesem Ort bleiben. Ich brauche einen Job. Aber wo suchen. Wenn er zurückkommt und ich finde woanders eine Stelle, was soll ich machen. Wieder alles nach ihm ausrichten. Wenn ich hier eine Arbeit finde und er nicht zurückkommt, bin ich auch unglücklich. Was ist mit unserem Haus und unseren zwei Hunden? Wenn ich Vollzeit arbeiten gehen muss, werde ich sie nicht behalten können und das ist für mich unvorstellbar.

Sitze hier ganz allein und dieser Zustand ist kaum noch zu ertragen. Esse wenig und trinke viel. Meine Freunde sind nur telefonisch erreichbar und teilweise auch schon recht angestrengt von mir. Finanzen sehen schlecht aus, so dass ich auch nicht wirklich wegfahren kann.
Morgen habe ich wenigstens einen Termin bei einer Psychotherapeutin, denn ich finde, dass ich auch mein Leben vor der Trennung einmal gut durchleuchten sollte. Mein Verhalten war ja nicht wirklich gut für mich und auch für ihn.

Weiß auch gar nicht, ob ich noch hoffen soll, dass er es sich überlegt. Er sagt, das Vertrauen; dass es sich zwischen uns ändern könnte, ist (noch) nicht da und er weiß nicht, ob es wiederkommt. grundsätzlich will er aber mit mir zusammen sein und überlegt, ob er sich einfach nullen müsste.

So ein Durcheinander und so viel Kummer kann man keinem vermitteln, der es nicht selbst erlebt hat. Und das hat keiner in meinem Freundeskreis. Umso einsamer fühle ich mich eigentlich auch in den Gesprächen.

Gibt es praktische Erfahrungen hier, die mir einen Weg aufzeigen könnten? Welchen Schritt muss ich zuerst gehen? Wie soll ich mit meinen Gefühlen umgehen?

Ich glaube auch, dass er noch nicht bis zur letzten Konsequenz die Trennung durchdacht hat. Er will am Liebsten, dass ich erstmal im Haus bleibe und über Scheidung auch nicht reden. Er will mir finanziell nicht schaden und mich unterstützen. Aber ein neues Leben kann ich so nicht beginnen. Wie lange soll das denn so ungewiss weitergehen?

Geld für einen Neustart ist ohne Hausverkauf nicht vorhanden. Nicht einmal für eine eigene Wohnung.

04.01.2017 09:21 • x 1 #1


Wulf
Hallo,
deine Geschichte liest sich wie eine durchwachsene Beziehungsgeschichte ohne HappyEnd.
Zitat:
Seit diesem Zeitpunkt veränderte mein Mann sich zunächst unmerklich.

Ab da hat er sich von dir emotional angefangen zu entfernen. Wahrscheinlich ist er traurig/entsetzt darüber das er sich mittlerweile in eine andere verliebt/verguckt hat. Er kann sich auch nicht einfach nullen, er müsste sich ja auch erneut in dich verlieben, wie soll das auf Abstand gehen? Ihr habt anscheinend zuletzt eine sehr nüchterne/pragmatische Beziehung geführt.

Zu deiner Person: Welche Ansprüche stellst du dir selbst?
Beim Haus könnte er dich auszahlen, zieht ihr eine gütliche Trennung durch oder könnte es schmutzig werden?
Also von deiner Seite aus solltest du den Trennungsprozess einleiten, von seiner Seite wirst du als FallbackOption benutzt. Willst du das? Deine eigene Hoffnung auf seine Rückkehr wird dich daran hindern das zu erkennen.
Du wärst für ihn nach seiner Trennung immer die Frau 2ter Wahl!
Was machst du beruflich?
Welche Stadt interessiert dich?
Würdest du in einer WG wohnen können/wollen als Übergang?
Deinen jetzigen Lebensstandard würdest du sehr wahrscheinlich nicht 1 zu 1 übernehmen können.
Musst hier nicht antworten, das sind Fragen deren Antworten Du dir auf deinen Zettel schreibst.
Bestenfalls mit ganz viel Glück käme er zurück, wenn er merkt das du dich auf die Socken machst, aber selbst das ist schon Wunschdenken.

04.01.2017 11:43 • #2


aquarius2
Ich fürchte die Ehe ist kaputt. Interessant finde ich, dass ihr schienbar beide Kinder wolltet, aber den Ursachen der Kinderlosigkeit nicht auf den Grund gegangen seid. Gesundheitlich geht es euch beiden gut oder eher nicht?
Wie sieht es mit Dir aus? Ich habe mal gelesen, du trinkst mehr, als du ißt, wie lange geht das schon? Kannst Du auch mal einige Tage komplett auf Alk. verzichten, oder sehe ich Gespenster?
Wie gesagt, die Antworten musst du dir selbst geben und nicht zwingend hier einstellen. Wenn Du willst kannst Du mir eine private Nachricht schicken.
Auch die Familienseite ist nicht außer acht zu lassen, aber wie gesagt, ihr habt auch das damals überstanden. Komisch fand ich nur, dass dein Mann auf die Intervention deines Vater gegangen ist, ohne mit dir zu reden. Entweder hat er generell ein geringes Selbstvertrauen oder er war sich sicher, du denkst wie er.
Auch dass er, der eigentlich immer in Geldschwierigkeiten war dann beruflich durchgestartet ist und euch ein Haus und einen hohen Lebensstandard garantieren konnte, während du beruflich eher unter deinen Verhältnissen geblieben bist. Da ist er sicher auch an seine Grenzen gekommen, hat sich quasi Prost. beruflich.
Sowas verändert Menschen. Mein jetziger Lebenspartner musste auch jede Menge Sachen machen beruflich die eigentlich nicht seinen Neigungen entsprachen und kann jetzt wo er im Ruhestand ist das tun, wozu er Lust hat.

04.01.2017 12:10 • #3




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