Hallo Anul,
danke für deine Antwort. Echt, auch so viele Jahre bei dir? Es tut so entsetzlich weh. Wie lange ist die Trennung her und wie kommst du zurecht?
Ich versuche mal, ein bisschen was auf die Reihe zu bekommen:
Wir sind vor gut 15 Jahren zusammen gekommen, ich habe zwei Kinder aus meiner ersten Ehe mit gebracht. Unser Streitschema war schon immer schwierig, er hat bei unendlich vielen Streitereien Schluss gemacht. Meistens hielt dieses Schluss ein paar Stunden, selten mehr als zwei Tage.
Nun sind es drei Tage und ich weiß und spüre: Dieses mal ist es ernst. Dieses mal ist es wahr. Er ist sehr zornig.
Natürlich stelle ich mir die Frage nach dem Warum. Hintergrund vieler Streitereien waren meine Kinder. Wir konnten uns nie über die Art und Weise der Erziehung einig werden. Und so ist es auch dieses mal der Auslöser. Ich betone: Der Auslöser. Die wahren Gründe sind wahrscheinlich vielfältig.
Hinzu gesellt sich, dass er vor einigen Wochen seinen Job verloren hat. Vor etwa 3 Jahren hatte er eine Depression und ich bin mir sicher, dass er wieder in einer Depression steckt. Er ist seit einiger Zeit mir, aber insbesondere den Kindern gegenüber feindselig. Nichts konnte man richtig machen. Er hat hier rumgebrüllt und beleidigt, meine Kinder abgewertet. Die ganze Karre ist komplett vor die Wand gefahren.
Ich habe versucht, mich irgendwie richtig zu verhalten. Es hat mich innerlich fast zerrissen. Es gab Tage, an denen hatte ich Angst nach Hause zu kommen, weil ich Angst vor Eskalationen hatte. Ich hatte Angst, dass er ausrastet, wenn er auf meine Kinder trifft. Also habe ich angstgesteuert reagiert. Keine gute Idee, aber jeder Gesprächsversuch endete mit Vorwürfen oder Streit oder Tränen- oder ich hatte das Gefühl, meinen Kindern nicht gerecht zu werden. Ich hatte ein schlechtes Gewissen und konnte nicht mehr einschätzen, ob ich mich richtig oder falsch verhalte.
Ich habe einen Job, den ich liebe und der mich ausfüllt. Er kann seit etwa 2 Jahren nicht mehr richtig Fuß fassen, wurde oft an Arbeitsplätzen enttäuscht. Natürlich hat ihn das fertig gemacht, ich habe versucht, ihn zu unterstützen. Vor etwa 6 Wochen hat er wieder seine Arbeit verloren. Seit dem ging es sichtbar bergab. Er wurde immer gereizter, war den Kindern aber auch mir gegenüber immer feindseliger. Ich war immer öfter damit beschäftigt, ihn ruhig zu halten. Erholung habe ich bei meiner Arbeit gefunden. Da war also schon eine erhebliche Schieflage.
Dennoch haben wir uns aneinander gehalten. Es gab in unserer Beziehung aus meiner Sicht immer eine ganz besondere Nähe, ein ganz besonderes Vertrauen.
Und dann, am Donnerstag (heute ist Sonntag), haben wir uns in der Stadt getroffen, lieb mit Kuss und Umarmung begrüßt, haben einen gemeinsamen Termin wahrgenommen, sind dann einkaufen gewesen und als wir nach Hause gekommen sind, hatte unser Hund den gelben Sack zerrissen und in der Küche stand ein Berg schmutziges Geschirr auf der Spüle. Und dann hat er gebrüllt, weil die Kinder wieder nichts weg geräumt haben (aktuell DAS Streitthema). Ich habe alles weggeräumt und zurück gebrüllt, er hat mich aus der Wohnung geworfen, mir schreckliche SMS geschrieben und mir da die endgültige Trennung mitgeteilt- mal wieder, aber dieses mal ist es anders. Ganz anders. Er will morgen zu einem Anwalt und sich eine neue Unterkunft suchen.
Seitdem ist er im Wohnzimmer, ich im Schlafzimmer. Meine Kinder sind 17 und 22 und ich weiß, dass sie nicht wirklich verstehen können, warum ich mich nicht längst getrennt habe. Insbesondere mein Sohn fühlt sich von ihm verletzt und ich habe mir in den letzten Wochen oft vorgestellt, ob es nicht besser wäre, sich zu trennen. Aber wenn ich es mir vorgestellt habe, war es nicht schön und ich hatte gedacht, gut, wir haben eine Ehekrise, aber wir schaffen das. Wir haben bislang immer alles zusammen geschafft.
Und jetzt sitze ich hier in meinem Elend. Wir ignorieren uns, laufen uns erst gar nicht über den Weg. Mein Mann hat sich im Wohnzimmer verbarrikadiert, gestern hat er bis etwa 17:30 Uhr durchgeschlafen, ich hatte schon Angst, er sei tot. Ich kann seinen Zorn, vielleicht ist es sogar Hass, durch die Wände spüren und ich weiß: Das war´s.
Morgen muss ich wieder arbeiten. Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll. Ich bin Freitag schon fast kaputt gegangen bei der Arbeit.
Im Moment schwanken meine Gefühle minütlich zwischen tiefster Verzweifelung, kurzem Aufblitzen von dem Gedanken, dass es vielleicht gut so ist und panischen Gefühlen. Die ersten beiden Nächte konnte ich halbwegs schlafen, die letzte Nacht ging es nicht mehr.