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Alk. geht mit Kurschatten fremd

L
Hallo zusammen,
ich bin neu hier im Forum, da ich in mich in den letzten Tagen und Wochen etwas durch das Internet gelesen habe und dann hier gelandet bin. Mein Lebensgefährte und ich haben uns vor einiger Zeit getrennt. Vielleicht habe ich ihn rausgeworfen, so ganz sicher bin ich mir da nicht. Da ich nicht im gemeinsamen Freundeskreis darüber sprechen möchte, hoffe ich, dass ich hier richtig bin.

Zu unserer Vorgeschichte: Wir waren seit mehr als 10 Jahren ein Paar. Ich bin 40 Jahre alt, er ist 12 Jahre älter als ich. In den ersten Jahren lief es sehr gut, wir hatten eine schöne Zeit und viele gemeinsame tolle Erlebnisse mit gemeinsamen Interessen und tollen Reisen. Mein Freund beichtete mir schon in der Anfangszeit, dass er trockener Alk. sei. Das war für mich kein Problem, da Alk. in meinem Leben keine Rolle spielt. Nach 1-2 Jahren war er der Meinung, dass er seine Alk. überwunden hat und verantwortungsbewusst damit umgehen kann. Wusste gar nicht, dass man davon geheilt werden kann.

Das ging auch ein knappes Jahr halbwegs gut. Es folgten dann in den nächsten Jahren etliche Alk. bis hin zum Komasaufen und viele Entgiftungen. Ich selbst lebe nahezu abstinent und habe dieses Verhalten mehr als kritisch gesehen. In seinen Phasen kam es auch immer wieder zu Ausrutschern, die ich auf das Schärfste verurteilt habe. Beispielsweise betrunken Auto fahren (manchmal wurde auch was angeeckt, andere Menschen kamen glücklicherweise aber nicht zu Schaden. Aber erwischt wurde er nie - leider, vielleicht hätte es das mal gebraucht).

Er hat im Suff mich und meine Familie angepöbelt. Einmal hat er betrunken mit einem riesigen Fleischermesser hantiert. Ich dachte erst, dass er mich umbringen will, allerdings hat er es dann gegen sich gerichtet und damit gedroht, es sich in den Bauch zu rammen, wenn ich ihn nicht weitertrinken lasse. Das war vor 2 Jahren im Urlaub. Ich habe dann eine Woche allein in Portugal am Strand verbracht und er betrunken auf dem Zimmer. An eine vorzeitige Abreise war nicht zu denken, da wir im Urlaubsland festsaßen Die letzten 2 Tage waren dann wieder akzeptabel.
Er wollte nicht, dass ich ihm sage, dass er mit seinem Verhalten unseren Urlaub durchtrieben und ist da erstmals so richtig ausgerastet. Es kam dann ein halbes Jahr später nochmal zu einer ähnlichen Situation, in der er wieder mit Suizid gedroht hat.

In seinen nüchternen Phasen war er immernoch der superliebe und hilfsbereite Mensch, den ich kennengelernt hatte, von dem man alles haben konnte. Wenn er betrunken war, war er das krasse Gegenteil. Da er sich immer wieder bei mir entschuldigte und Besserung gelobte, habe ich immer zu ihm gehalten und stets auf eine Verbesserung der Situation gehofft.

Also die guten Phasen wurden mit der Zeit immer kürzer und die Phasen, die vom Alk. geprägt waren, immer länger und öfter. Man kann sagen, dass er sich 2x im Monat so richtig zugerichtet hat. Wobei eine Phase des Betrinkens sich über mehrere Tage hingezogen hat, bis wirklich gar nichts mehr ging oft waren es 5 oder 6 Tage im Delirium. Er konnte nichts mehr essen, nichts mehr bei sich behalten und hat dann nach erst nach einigen Tagen nichts mehr getrunken, weil sein Kopper gestreikt hat. Das ging dann eine Woche gut, er hat sich regeneriert und dann gings von vorne weiter. Zur Arbeit hat er sich teilweise noch irgendwie hingeschleppt oder sich eben krankgemeldet.

Letztes Jahr war er dann letztmalig zur Entgiftung und im Anschluss zu einer 10-wöchigen Therapie. Es war meine Bedingung, da es so nicht weitergehen konnte. Ich bin eigentlich ein äußerst geduldiger Mensch, aber irgendwann war meine Toleranzschwelle tatsächlich auf dem Nullpunkt angelangt und ich habe eine Veränderung zur Bedingung gemacht. Aus der Therapie hat er mir immer Briefe und Whatsapps geschrieben, dass er sich auf zu Hause freut und dass er auf dem richtigen Weg ist. Ich hatte die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wendet. Nach der Therapie kam er völlig verändert zurück. Total auf dem Ego-Trip und ständig gereizt und mies gelaunt, was er aber komplett abgestritten hat. Er hat mir erklärt, dass er nur noch an sich denken darf, das hat er in der Therapie gelernt. Er steht jetzt an erster Stelle und alle anderen kommen nach ihm. Ich ließ ihn also in Ruhe und dachte, dass er sich irgendwann schon wieder einkriegt und sich die Situation normalisiert.

Die Therapie ist jetzt seit 9 Monaten rum. Eigentlich wollten wir im November einen gemeinsamen Urlaub buchen, aber irgendwie hatte ich so das Gefühl, dass er sich nicht beteiligen will. Er meinte, ich soll einfach aussuchen und buchen, ihm ist egal wohin und wie teuer. Ich habe dann eine Nacht drüber geschlafen bzw. eher wachgelegen und darüber gegrübelt und am nächsten Tag konkret nachgehakt, was los ist und ob er vielleicht was anderes am Laufen hat. Er reagierte sehr aggressiv und patzig und stritt es ab. Alles dummes Zeug und wirre Unterstellungen! Die Frage beantwortete er dann eine Stunde später aus heiterem Himmel: Er hat sich in der Therapie in eine andere Patientin verliebt, mit der er sich heimlich treffen wollte. Deswegen hat er keine Zeit für den gemeinsamen Urlaub.

Ich war dann doch etwas überrascht bzw. geschockt und fragte dann: dann war's das wohl mit uns und mit dem Urlaub? er meinte nur ja. Ich bin auf den Schock erstmal ins Bad und habe etwas länger geduscht, um ihm nichts unüberlegtes an den Kopf zu werfen. Als sich zurückkam, war er nicht mehr da.
Inzwischen ist das ganze schon über drei Monate her. Ich habe die wenigen Sachen, die er zurückgelassen hat inzwischen entsorgt bzw. im Keller weggepackt. Ich habe seit dem Tag, an dem er unsere Wohnung verlassen hat, nie wieder etwas von ihm gehört.

Gibts hier jemanden, dem / der auch schon mal so was passiert ist? Für mich ist die Situation noch immer eigenartig und es sind noch so einige Fragen offen.

Wenn ich meinen eigenen Text so lese, habe ich das Gefühl, dass ich gerade das Drehbuch für den schlechtesten Film der Welt geschrieben habe

Liebe Grüße

08.03.2023 21:31 • x 6 #1


Wollie
Zitat von Likata:
Wenn ich meinen eigenen Text so lese, habe ich das Gefühl, dass ich gerade das Drehbuch für den schlechtesten Film der Welt geschrieben habe

wäre auf jeden Fall unter den ersten drei Plätzen Wahnsinn....ich frage mich bei so Geschichten immer, warum und wieso Jemand (also du) dies so lange mitgemacht hast. Gegen eine Suchterkrankung kommst du nicht an und wie du siehst, hat kein Entzug langfristig etwas gebracht. Und am Ende brennt er mit einer Anderen aus der Suchtklinik durch......im Grunde für dich ein Happy End, wahrscheinlich geben sich die zwei jetzt jeden Tag die Kante... Sei froh, dass er weg ist, er würde dich mit in den Abgrund ziehen.
Noch ein Tipp: Augen auf bei der Partnerwahl und auf Red Flags achten.

08.03.2023 22:01 • x 6 #2


A


Alk. geht mit Kurschatten fremd

x 3


S
@Likata
Zitat von Likata:
Ich habe seit dem Tag, an dem er unsere Wohnung verlassen hat, nie wieder etwas von ihm gehört.


und ich kann Dir, auch wenn ich mir gut vorstellen kann, dass es Dir im Moment nicht so gut geht,
nur wünschen, dass das auch für immer so bleibt.

Der Mann ist voller Probleme, suchtkrank, zur Gewalt neigend und hat sich nicht unter Kontrolle- sei froh,
dass Du aus diesem Albtraum einigermaßen unversehrt raus gekommen bist und nun ohne diese Last Dir ein schönes Leben, mit irgendwann einem besseren Partner, machen kannst.

Zu deiner Frage : ja, also nicht selbst passiert, aber bei einer Bekannten war es ähnlich, nur ohne Sucht.
EM ( 15j verheiratet, 2 Kinder, bis dahin gute Ehe) kam nach der Kur heim, verkündete ihr, er hätte nun gelernt nur noch an sich zu denken und weg war er.....keine Ahnung was da so im Wasser ist.... aber wie gesagt, in Deinem Fall
sehr wahrscheinlich zu Deinem Besten.

Was ich allerdings nicht verstehe ist, warum Du in Eurem gemeinsamen Freundeskreis darüber nicht sprechen kannst?
Denken die ihr seid noch zusammen? Und v.a. Du hast dir doch nichts vorzuwerfen?

08.03.2023 22:21 • x 6 #3


Susanna
Oh man...

und Du hast DREI Monate nichts von ihm gehört? Arbeitet er nicht?
Und hat er nur einen Koffer mitgenommen, er bekommt doch Post usw.?

Was soll ich sagen - Eure Liebesbeziehung war schon Jahre nicht mehr existent, oder? Schon die Überschrift... Alk. ...
Du konntest ihn (verständlich) schon nicht mehr anders sehen, und Liebe lese ich nirgends raus. WIE lange ging das - 8 JAHRE?!

Zitat von Wollie:
im Grunde für dich ein Happy End, wahrscheinlich geben sich die zwei jetzt jeden Tag die Kante.

Kann aber auch gut sein, dass sie sich stützen und verstehen. . --- Sorry...

08.03.2023 22:24 • x 2 #4


Scheol
Zitat von Likata:
Hallo zusammen, ich bin neu hier im Forum, da ich in mich in den letzten Tagen und Wochen etwas durch das Internet gelesen habe und dann hier ...

Welche Fragen hast du den die offen sind ?

Du berichtest davon das er „Trockner alki“ gewesen ist und dann zeitnah angefangen hat zu trinken. Also war das wohl eher kein Trockner Alk..

Das mit dem hoffen hast du nun 10 Jahre mitgemacht. Wie lange hätte das noch gehen sollen , du noch warten sollen ?

08.03.2023 22:38 • x 2 #5


L
Hey, ich nochmal
Erstmal vielen Dank für eure Antworten und lieben Worte!
Im Freundeskreis ist es kein Geheimnis, dass wir nicht mehr zusammen sind. Ich möchte nur nicht alle Einzelheiten breittreten. Er ist ja jetzt nicht mehr da und kann seine Seite nicht schildern. (er hat auch hier kommentarlos alle Kontakte abgebrochen und wir haben eigentlich keinen gemeinsamen Freundeskreis mehr).
Und es ist wirklich so, er war innerhalb kürzester Zeit weg. Da in der Wohnung fast alles von mir angeschafft wurde, musste er nur seine Klamotten und seine Zahnbürste schnappen und gehen. Post kommt keine mehr hier an. Ob er noch arbeitet, weiß ich nicht.
Nach so einer langen Zeit hätte ich eigentlich erwartet, dass man nicht wortlos verschwindet.

08.03.2023 22:52 • x 1 #6


I
Zitat von Likata:
Er ist ja jetzt nicht mehr da und kann seine Seite nicht schildern.

Du bist ein ganz warmer und empathischer und fairer Mensch, glaube ich. Ich kann dir zwar nichts raten, aber bitte behalte dir dad, trotz der Erfahrungen bei. Hut ab, dass du ihm so lange und trotz solcher Vorfälle die Stange gehalten hast. Irgendwie schön hier auch mal zu lesen, dass es noch so treue Menschen gibt.

Ich fürchte über ihn wirst du dir keine Gedanken mehr machen dürfen. Entweder hat er die vermeintliche große Liebe gefunden und die saufen jetzt zusammen, oder er ist abgestürzt, würde ich vermuten. Ich denke da hat die Sucht und das einfache Leben mit einer Leidensgenossin gesiegt, gegenüber deinen Bemühungen ihm zu helfen

08.03.2023 23:00 • x 6 #7


CanisaWuff
Zitat von Susanna:
Kann aber auch gut sein, dass sie sich stützen und verstehen. . --- Sorry...

Das glaube ich eher weniger.
Ich bin so froh, dass ich mit meinem Alk. schon lange getrennt bin.

08.03.2023 23:05 • x 4 #8


S
@Likata
Zitat von Likata:
Nach so einer langen Zeit hätte ich eigentlich erwartet, dass man nicht wortlos verschwindet.


Verständlich. Aber andrerseits sagt Dir dieser Abgang und das
Zitat von Likata:
Er hat sich in der Therapie in eine andere Patientin verliebt, mit der er sich heimlich treffen wollte. Deswegen hat er keine Zeit für den gemeinsamen Urlaub.


alles, was Du wissen musst.....und ich würde ihn jetzt auch nicht schlechtreden vor Euren Freunden, und sie müssen sicher nicht alle Details wissen, dennoch kannst Du doch die Fakten benennen und Dich unterstützen lassen .

08.03.2023 23:25 • x 1 #9


LaLeLu_
@Likata tut mir sehr leid. Zwar bist du ohne ihn sicher besser dran, aber jemanden so plötzlich und ohne Aussprache, Worte, Erklärungen aus dem Leben zu verlieren, ist einfach hart. Natürlich bleibt da vieles offen und kreist im Kopf.

Verhängnisvoll ist eben, dass man ja auch den anderen Menschen kennt, den „ohne Alk.“.

@lunderstand hat dir so liebe und kluge Worte geschrieben. Ich hoffe, das und alle anderen helfen dir ein bisschen durch die schwere Zeit.

Alles gute!

08.03.2023 23:35 • x 5 #10


B
Ich würde abchecken ob er ok ist, in seinem Zustand weiss man ja nie.
Ansonsten wäre ich froh ihn los zu sein. Das ist untragbar so zu leben.

09.03.2023 13:46 • x 3 #11


aquarius2
Das tut mir leid für dich, aber ein Alk. kann auf Dauer nur nüchtern überleben! As er sich in der Reha in eine Leidensgenossin verliebt hat ist auch so ein Klassiker!
Sein wortloser Abgang in meinen Augen schlechter Stil, aber für dich langfristig wohl das Beste!

10.03.2023 19:56 • x 4 #12


JessesMädchen
Ich bin bei uns in der Firma seit 18 Jahren als Suchtkrankenhelferin tätig. Deine Situation ist nicht so selten.
Du hast offenbar alles getan, damit er aus seiner Sucht herausfindet. In der Regel kann das nur eine gute Therapie: die hat er offensichtlich gemacht, aber daraus offenbar merkwürdige Schlüsse gezogen. Insofern kann ich nicht ganz glauben, dass er langfristig trocken bleibt. Aber ich wünsche ihm das natürlich.
Das Fatale ist: Du hast die schlimmen Phasen erlebt und begleitet. Für viele ehemalige Suchterkrankte ist sehr viel Scham besonders im Nachhinein im Spiel und das Bewusstsein, dass Du ihn in seiner schlimmsten Verfassung gesehen hast. Dies ist dann schon lange nicht mehr Augenhöhe: das macht Dir nichts aus, aber ihm möglicherweise. Ich kenne viele Beziehungen, die nach so einer Therapie nicht mehr weitergingen. Ihm wird (wenn er trocken bleibt) irgendwann bewusst, was Du geleistet hast-so weit ist er aber offenbar noch nicht. Die Sucht macht langfristig etwas mit dem Menschen, auch wenn es eine erfolgreiche Therapie gab. Oft findet der nichterkrankte Partner auch nicht aus der Rolle der vermeintlichen Verantwortung raus, auch das ist menschlich, aber macht weiterhin ein Ungleichgewicht in der Beziehung.

Fang ein neues Leben an. Eure Beziehung hatte sicher auch sehr schöne Seiten, versuche Dir das zu bewahren. Und: fühl Dich bitte nicht mehr verantwortlich für ihn, denn das bist Du nicht. Du bist eine sehr gute Partnerin gewesen, ich hoffe, dass Du das weißt.

10.03.2023 20:42 • x 9 #13


Hamsterblaster
Sorry ich sehe dein Problem nicht.

Klar tut mir dein Leidensweg eben nun ....duh...Leid.

Aber was hast du verloren? Ausser zeit ?

Gewalt gegen dich. Abwertung gegen dich.

Dem würde ich nicht hinterher trauern.

Jeder ist für seine Süchte verantwortlich wenn er nicht gerade zu Dro. gezwungen wurde.

Und bei aller Liebe die Nadel mit B. gibt's na nun wirklich nicht.

11.03.2023 00:50 • x 2 #14


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