4

Ambivalenz

W
Heute ist mal wieder einer dieser Tage...Du bist mein erster Gedanke am Morgen, mein letzter am Abend. Wie meistens. Sicher - es gab auch andere Tage in den Jahren seit unserer Trennung. Sogar einige dieser kostbaren Momente, in denen ich in mir ruhte. Mir nichts und niemand fehlte. Aber das ist sooo selten.

Und was habe ich nicht alles dafür getan, um jetzt wenigstens dazu fähig zu sein. Diese Mühen waren auch richtig, keine Frage. Mein Selbstwertgefühl ist wieder etwas besser geworden, ich habe neue/alte Interessen, ich habe wertvolle Freundschaften, ich kann wieder allein sein ohne ständig die Wände raufzugehen, aber, aber ... Du gehst mir nicht aus dem Sinn.

Du sagst, daß Du mich auch vermißt. Mich einfach nicht loswerden kannst. Berichtest von dem Schmerz und der Sehnsucht mit der Du zu kämpfen hast. Aber letztlich sind das nur Worte, immer wieder nur honigsüße Worte, die mich binden (sagt der mißtrauische Teil von mir).

Denn Du - Du lebst mit der Anderen. Mit der Frau, wegen derer Du Dich stark genug fühltest, mich zu verlassen. Du hast Dich in dieser furchtbaren Trennung verhalten wie ein pubertierender Jugendlicher. Hast Dein rabenschwarzes Gewissen gnadenlos auf mich projiziert, mich niedergemacht.

Und wozu das alles ? Nur um Dich in einer Wiederholungsschleife wieder zu finden. Und jetzt vor mir zu stehen, wie ein ratloser kleiner Junge, dem Mama aus der Patsche helfen soll. Aber Mama ist dafür echt nicht zuständig, nun auch noch die Beziehungsratgeberin zu machen. Sie ist auch nicht dafür zuständig, Dir Deine unausgesprochene Bitte zu erfüllen und Dich zurück zu nehmen, um Dich zu retten.

Dennoch - Es ist bestürzend zu sehen, wie sehr die Problem-Szenarien Deiner neuen Beziehung den unseren gleichen. Es ist auch bestürzend, zu hören, was und wie Du über sie sprichst.

Hätten wir weitergemacht, hättest Du mich nicht verlassen, dann würden diese oft so abwertenden Gefühle auf mich zielen. Unausgesprochen. Wie willst Du ihr auch mitteilen, daß sie Dich oft genug nur deshalb als (heimlich gelangweilten) Zuhörer hat, weil Du grad nichts besseres zu tun hast. Herrjeh, wer will denn so einen Partner ?

Aber ich bin so ambivalent. Der Teil von mir, der Dich so schmerzlich vermißt, der ist fähig zu Neid und Eifersucht (... auf diese völlig kaputte Beziehung, die sie mit Dir führen darf). Der schöpft Hoffnung, wenn Du schlecht über sie sprichst (... aber was wohl erzählst Du ihr über mich ?). Der wünscht sich ein Comeback für uns (... wie sollte denn das bitteschön funktionieren ?)

Du bist einfach stehen geblieben. Spielst nahtlos weiter die gleichen Spielchen wie früher, nur mit anderer Rollenbesetzung. Und die einzige Weiterentwicklung besteht darin, daß Du feststellt, daß es wohl irgendwas mit Dir zu tun hat. Naja, immerhin. Und ich ? Habe ich mich wirklich weiter entwickelt ?
Nur weil ich immer noch alleine bin ? Mich dem Alleinsein ausgesetzt habe ?

Ich bin ratlos ohne Ende. Weil Kopf und Herz nicht im Gleichklang sind. Weil sogar mein Herz in sich zerstritten ist.

Ohje. Ich sitze hier. Habe den Tag noch immer nicht begonnen, weil ich wie gelähmt bin. Mache mir Vorwürfe. Bin so verloren. Und doch werde ich mich gleich aufraffen. Krönchen zurecht rücken. Erledigen, was dringend erledigt werden muss. Der Welt meine Zähne zeigen. Doch hinter der Maske werde ich wohl wie immer nur halb bei der Sache sein, wie immer halb bei Dir.

12.12.2014 18:29 • x 3 #1


VictoriaSiempre
Lol, Wirbelsturm - Entschuldige bitte mein Lachen.

Ich habe mich nur gerade gefragt, ob ich heute einen Glühwein zu viel hatte und mich evtl. mit einem Zweitnick angemeldet und geschrieben habe.

Deine Geschichte/Gedanken könnten von mir sein!

12.12.2014 20:31 • x 1 #2


A


Ambivalenz

x 3


M
und deine geschichte/gedanken könnten auch von mir sein, nur hätte ich sie so gut nicht ausdrücken können...

13.12.2014 10:01 • #3


P
Du hast mir aus der Seele geschrieben

13.12.2014 10:10 • #4


W
Muss mir erstmal die Augen reiben und mich ein wenig verdutzt umschauen hier. Ihr Lieben, ich hatte in dieser Ecke des Forums nicht mit Reaktionen gerechnet und freue mich umso mehr von Euch zu lesen.

VictoriaSiempre - Dein Lachen hat mir gut getan und ein breites Lächeln auf mein Gesicht gezaubert. Ich habe grad fest entschieden dieses Jahr nun doch auf den Weihnachtsmarkt zu gehen. Da wartet jetzt nämlich eine Tasse Glühwein auf mich, die ich in Gedanken an diesen Austausch genießen werde. Danke!

Ach, ich würde grad gern weiterschreiben, aber ich muss los. Bis bald

13.12.2014 15:44 • #5


F
Wirbelsturm, du sprichst mir auch aus tiefstem Herzen. Ich könnte deinen Text nahtlos übernehmen...vor allem die letzten beiden Abschnitte...been there, done that...

13.12.2014 22:56 • #6


W
Hallo ihr Lieben,

da bin ich wieder. Es ist tröstlich zu wissen, daß ich nicht alleine bin. Ich habe mir vorgenommen, Silvester um Punkt 12 mit Euch allen in Gedanken anzustoßen. Darauf, daß 2015 für uns alle ein großartiges Jahr wird

Gerade habe ich auf den Seiten von ein paar Datingportalen herumgeklickt. Dachte, ich könnte mich ja vielleicht anmelden. Aber diese seitenweisen Auflistungen potentieller Partner sind deprimierend. Die Vorstellung, mich in so einen Katalog einzureihen, gefällt mir noch viel weniger. Nicht schlimm.

Bin ja ohnehin nicht soweit, daß mein Herz frei ist. Warum auch immer. Mit meiner Vernunft werde ich das nie begreifen.

Jeder in der Partnerparade dieser Single-Börsen hat seine eigene Geschichte. Wer von denen hat wohl seine Frau betrogen ? Wer von denen wurde betrogen ? Da werden Angeschlagene drunter sein, die sich in irgendwelche Arme flüchten wollen ...

Will ich diese Geschichten wirklich hören ? So groß das Risiko mir irgendwen einzuhandeln, der sich letztlich nur nach Mamas Brust sehnt und dann wegrennt, weil er sich selbst in seiner Bedürftigkeit nicht erträgt. Hab keinen Bock mehr auf angeschlagene kleine Jungs.

Und wäre da einer, der sein Herz aufgeräumt hat - was sollte der denn mit mir ? Der verdient dann doch eine, die ebenfalls aufgeräumt hat und in der Lage ist nach vorne zu sehen.

Tja mein lieber Ex. So sieht es aus. Letzte Tage haben wir miteinander gesprochen. Ein gutes Gespräch. Ich habe mich wohl gefühlt. Wollte auch gar nicht mehr daraus machen. Dann trennten sich unsere Wege wieder. Du bist nach Hause gefahren, zu ihr. Da sitzt der Schmerz. Den kannst Du mir auch nicht nehmen, indem Du deine derzeitige Beziehung klein redest. Das ist eben der Unterschied zwischen Worten und Handeln. Wenn alles mit ihr so schlimm ist, dann trenn' Dich doch und zeig' Dir mal, daß Du auch alleine im Leben klar kommst. (Ich weiß, wenn ich Dir das so sagte wärest Du tödlich beleidigt, Du großer Held)

Ich fürchte, früher oder später werde ich nicht drum herum kommen, den Kontakt zu Dir auszutrocknen. Ist ja allerorten und immer wieder zu lesen, daß keine Freundschaft möglich ist, wenn da noch andere Gefühle im Spiel sind. Ich habe Angst davor. Warum auch immer. Ist ja nicht so, daß es keine anderen Freunde gäbe. In dem Punkt bin ich nun wirklich nicht auf Dich angewiesen.

Doch bei dem Gedanken unsere Gespräche aus meinem Leben zu verbannen habe ich trotzdem das Gefühl, ich würde etwas Wertvolles verlieren. Einen Teil von mir. Ich weiß nicht genau, was das sein soll, da Du in meinem Alltag ja keine Rolle mehr spielst. Es sind wohl alle diese Jahre der Verbundenheit, all das, was wir miteinander durchgestanden haben. Dieses wortlose Verstehen.

Das, was ich mir Dir teile, werde ich mit keinem anderen teilen können. Was ich haben könnte wäre etwas Neues. Und ich bin nicht bereit dazu. Habe Angst mich einzulassen. Kann nicht glauben, daß in diesem Neuen irgendwo die Sonne scheint. Mir fehlt die Hoffnung, die ich bräuchte, um diesen Weg zu gehen.

Lieber trickse ich mich selber aus. Ich lass Dich nicht los, weil ich ja ohnehin nicht bereit für etwas Neues bin und ich bin nicht bereit für etwas Neues, weil ich Dich nicht loslasse ...

Nun, ich hoffe 2015 bringt mich da weiter. Mal schauen.

18.12.2014 14:25 • #7


Katisque
Du besitzt die Gabe, deine Gefühle wunderbar in Worte zu fassen. Bewahr dir diese. Mag dir dafür ein großes Kompliment aussprechen.

18.12.2014 15:38 • #8


W
Danke Katisque,

mir wird gerade klar, daß ich nicht aus Zufall in diesem Forum gelandet bin. Ich habe wohl nach einem Ort für den Abschied gesucht, der vor mir liegt.

Abschiede sind immer schwer. Ich sehe, mein lieber Ex, daß die Angebote, die Du mir derzeit machen kannst für mich zu schlecht sind. Wie könnte ich Dir erlauben nahtlos von ihrem Bett in das meine zu wechseln? Da müsstest Du schon mehr Bewegung zeigen, um mich zurück zu bekommen. Du müsstest Dich von ihr trennen, weil Dir die Beziehung nicht gefällt. Nicht wegen der Fluchtoption.

Das mit der Fluchtoption, das hatten wir jetzt nämlich schon als Du von meinem in ihr Bett gehüpft bist. Was bei so einer Hüpferei rauskommt weißt Du. Die Beziehung wird zu einer Fortsetzung der vorherigen. Und außerdem - schüttel - ich möchte nicht ihre Next sein. Das fühlt sich an wie abgetragene Kleidung.

Wir brauchen jetzt beide eine Phase, um uns zu sortieren. Und du vermeidest das weitgehend. Damit enttäuscht Du mich erneut sehr. Der Mann, der hinter dieser Enttäuschung zu sehen ist, nun, das ist einer mit ein paar recht großen Schwächen.

Ich versuche, Dich trotz alledem nicht fallen zu lassen. Das fällt mir enorm schwer. Doch ich habe so einen Traum, daß wir vielleicht irgendwann befreundet sein könnten. Es gibt sowas. Ich kenne Menschen, die das geschafft haben. Reicht es nicht, daß ich den Mann verloren habe. Muß ich denn auch noch den Freund verlieren ? Gibt es denn gar nichts, was für uns paßt ?

Um das wirklich klar zu kriegen, müsste ich erstmal diese dumme SehnSUCHT loswerden, die in mir brennt. Wem gilt sie nur ? Warte ich darauf, daß der Frosch sich endlich in den Prinzen verwandelt ? Hab ich als Kind etwa zuviel Märchen gelesen ? Wie schaffe ich es aufzuwachen ?

Du warst lange Zeit ein wunderbarer Ehemann. Solange Du mich gebraucht hast. Irgendwann kam der Punkt, an dem Du es beruflich geschafft hattest. Ich war so glücklich. Ich dachte wir haben es geschafft . Jetzt können wir das endlich gemeinsam genießen. Du dachtest - Hey, ich habe es geschafft und hast Dir nach und nach ein paar teils zeitraubende, teils kostspielige Hobbys zugelegt. Für Dich alleine. Gemeinsame Projekte - dafür warst Du immer weniger zu haben.

Alles kam so schleichend, so tröpfchenweise. Jedes Tröpfchen für sich ja nicht so riesengroß. Und Du hast mir ja immerzu Deine Liebe beteuert. Worte eben, die ich gerne glauben wollte, weil ich glaubte, das ist jetzt nur eine Phase. Der braucht mal eine Auszeit. Gönn ihm das. Pustekuchen Phase !

Stück für Stück hast Du Dich immer weiter zurück gezogen. Dir sogar 'ne Depression zugelegt. Ja, ok - Du hast das nicht extra gemacht. Aber das ändert nichts daran, daß ich nicht mehr unterscheiden konnte, ob Dein Verhalten Deiner Depression geschuldet war oder Deinen wahren Gefühlen für mich.

Deine honigsüßen Worte haben währenddessen meine Erinnerung an den Traummann von einst wach gehalten. Hattest auch immer wieder mal Zückerchen für mich. Lange Phasen, in denen es gut zu lief. Obwohl ich unterschwellig Angst hatte. Dann wieder ein neuer Nackenschlag für mich.

Ja gemein. Ich weiß. Du wirst behaupten, daß das alles so nicht stimmt. Du hast mich wirklich geliebt und wir hatten doch auch tolle Zeiten miteinander. Und Du wusstest auch nicht, warum die Liebe aufgehört hatte. Und Du bist nicht gerade stolz darauf, mir solange etwas vorgemacht zu haben.

Tja, das ist wirklich nichts, worauf Du stolz sein könntest. Ich habe Deiner Inszenierung geglaubt. Da war dieses naive Vertrauen zu Dir, das der Traummann der ersten Jahre geweckt hatte. Aber die gleichzeitige Botschaft auf der nonverbalen Ebene war, daß meine Bedürfnisse und Gefühle im Zweifelsfall keine große Rolle spielen, weil es ja hier schließlich um Dich geht. Die Wahrnehmung dieser Botschaft habe ich unterdrückt. Sie war einfach zu schmerzhaft für mich, in den Konsequenzen so bedrohlich und existenziell.

Da, genau da liegt natürlich mein Anteil. Es wäre mein Job gewesen hinzusehen, meiner Wahrnehmung zu trauen und mich trotz meiner großen Angst zu beschützen. Ich habe das nicht getan. Nun, hinterher ist man immer schlauer. Ich kenne jetzt zumindest den Preis dafür, wenn man sich selbst verrät.

Zwickt mich!
Warum bin ich denn noch immer nicht wach ?
Warum bin ich denn noch immer sehnsüchtig und hoffnungsvoll ?
Wie finde ich die Kraft für mich selber zu sorgen, meine Grenzen zu fühlen und sie mit aller Konsequenz zu verteidigen ?
Wie schaffe ich es, darauf zu vertrauen, daß ich es von nun an tun werde ?

19.12.2014 01:26 • #9


I
Wirbelsturm, das ist einfach wunderschön, was du geschrieben hast. Es spricht mir so sehr aus der Seele.
sehr sehr schön...

19.12.2014 03:01 • #10


L
liebe wirbelsturm,
kennst du mich? schreibst du fuer mich? liest du meine gedanken? ich danke dir...so klar konnte ich es bis jetzt nicht ausdruecken...danke, du hast mich sortiert heute.
liebe gruesse
luchadora

19.12.2014 03:27 • #11


A


x 4




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag