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Beziehung, Freundschaft+, Depression

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Hallo liebe Forumsgemeinde!

Nach längerer Zeit des stillen Mitlesens habe ich das Gefühl, dass es nun an der Zeit ist, mal meine eigene Geschichte kundzutun. Und sei es nur, um mir selbst ein Bisschen Luft zu verschaffen. Es wird wahrscheinlich ein längerer Text, deswegen an dieser Stelle schon mal vielen Dank an alle, die bis zum Schluss durchhalten.

Zur besseren Einordnung sei noch erwähnt, dass ich seit vielen Jahren an einer chronischen Depression mit mildem Verlauf (Dysthymie) leide. Diese hat sich aktuell zu einer schweren depressiven Episode ausgeweitet, insgesamt zum dritten Mal in meinem Leben. Alle drei Male war das Verlassenwerden der Auslöser.

Meine jetzige Ex kenne ich seit ungefähr 20 Jahren. Wir waren lange Zeit sehr eng befreundet (paradoxerweise hat sie mir damals maßgeblich dabei geholfen, meine letzte Trennung/Depression zu überwinden), bevor wir schlussendlich 2004 zusammen gekommen sind. Zu der Zeit war ich 28 und sie 23.

Unsere Beziehung war von Anfang an mit Problemen behaftet. Ich habe schnell Eigenschaften an ihr kennengelernt, von denen ich vorher nichts geahnt habe. Wenn ihr etwas nicht gepasst hat, konnte sie, selbst bei Nichtigkeiten, plötzlich extrem jähzornig und verletztend werden (ähnlich wie bei meinen psychischen Problemen spielte auch bei ihr die frühkindliche Prägung durch das Elternhaus dabei eine maßgebliche Rolle). Da es aber auch viele schöne Momente gab und wir trotz des häufigen Streits tiefe Gefühle füreinander hatten, habe ich das Spielchen erstmal einige Jahre ohne größeres Murren über mich ergehen lassen.

Im Laufe der Zeit kamen aber auch immer größere Diskrepanzen zu Tage, was die gemeinsame Zukunftsplanung anging. Während meine höchste Priorität immer das Gründen einer Familie war, war es bei Ihr die berufliche Karriere. Zunächst mal das Studium, welches (inklusive Auslandjahr) knapp zehn Jahre in Anspruch genommen hat. Auch nahm in dieser Zeit ihre Dünnhäutigkeit mir gegenüber weiter zu, und mittlerweile konnte ich damit nicht mehr so gut umgehen wie anfangs. Auch ich wurde zunehmend aggressiver, und wir haben immer mehr gestritten. Und zwar heftig und oft unter der Gürtellinie (wobei es glücklicherweise jedoch NIE zu Handgreiflichkeiten kam!). Zu dem Zeitpunkt konnte man schon von einer klassischen Hassliebe sprechen.

Wir haben oft darüber gesprochen, wie es mit uns weiter gehen könnte. Letztenendes haben wir uns darauf verständigt, dass wir nach Beendigung ihres Studiums in das Haus, welches sie von Ihrer Tante geerbt hatte, ziehen und uns dann der Familienplanung widmen würden. Vorraussetzung meinerseits war, dass sie im Job etwas kürzer treten würde als im Studium und wir mehr Zeit für uns hätten. Im Gegenzug wäre ich in Elternzeit gegangen und hätte den den Hausmann gemacht (wäre für mich kein Problem gewesen!).

Als sie dann endlich in Lohn und Brot stand, sind wir im Sommer 2014 tatsächlich zusammengezogen. Haben das Haus aufwendig renoviert, den Garten hergerichtet, und uns eingelebt. Auch das lief alles Andere als reibungslos. Ich hatte im Grunde kaum Mitspracherecht und habe mich daher auch nur bedingt wohl gefühlt. Leider hat sie sich auch nicht an die Absprache gehalten, sich im Beruf zurückzunehmen, sondern hat im Gegenteil immer mehr Zeit auf der Arbeit verbracht. Kam häufig erst nachts nach Hause, hat sich dann noch in ihr Arbeitszimmer verkrümelt und ist nur noch totmüde ins Bett gefallen. Das Kinderkriegen wurde immer weiter aufgeschoben und ich somit hingehalten. Ich wurde spätestens in dieser Phase immer depressiver und hatte keine Kraft mehr, selbst noch irgendwelche positiven Impulse zu setzen. Das ewige Gestreite wurde natürlich auch nicht weniger. Es wurde alles immer schlimmer.

Nach der letzten Deadline meinerseits hat sie dann den Job gewechselt und die Familiengründung abermals nach hinten verschoben. Das war dann zu viel für mich. Ich habe in dieser Zeit mehrmals meine Sachen gepackt und stand schon auf der Türschwelle, habe aber immer wieder nachgegeben, weil sie mich in Tränen aufgelöst angefleht hat, nicht zu gehen, und Besserung gelobt hat. Natürlich hat sich nichts geändert, sodass ich sie eines Tages ganz nüchtern mit einer Auflistung zur Gütertrennung konfrontiert habe (dieser Tropfen hat das Fass scheinbar zum Überlaufen gebracht). Rückblickend muss ich zugeben, mich in dieser Situation wie ein A. benommen habe. Kalt, distanziert, pragmatisch. Ich konnte aber einfach nicht mehr anders.

Es gab daraufhin noch einen allerletzten Versuch. Wir haben einander nochmals die Dinge aufgezeigt, die uns am Anderen stören. Auch ich hatte meine Fehler und Eigenheiten (Lethargie, Gefühlsarmut, kaum Motivation zu irgendwas), und fing tatsächlich an, an den Punkten zu arbeiten. In dieser Phase war ich wirklich guter Dinge, dass wir das hinbekommen, aber für sie war der Point of no Return bereits überschritten. Es gab dann nochmal Streit (natürlich wegen einer Kleinigkeit), und als ich sie einen Tag später zur Aussprache gebeten habe, hat sie mir eröffnet, dass sie sich trennen wird. Endgültig.

Das war im Mai/Juni 2016. Es war der Horror. Obwohl diese Entscheidung objektiv betrachtet natürlich mehr als überfällig war, hat es mir komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. Mittlerweile fast zwölf Jahre hatten wir uns in dieser Beziehung aufgerieben, gekämpft, uns geliebt, uns gehasst, und mit einem Mal war jegliche Hoffnung weg.

Ich bin dann direkt für zwei Wochen zu einem Freund gezogen. Da sich jedoch abzeichnete, dass ich nicht sofort eine neue Wohnung finden würde, bin ich nach diesen zwei Wochen gegen alle Widerstände erstmal wieder zurück zur Ex gegangen, um von dort aus alles Weitere zu organisieren. Die Situation war anfangs für uns beide sehr belastend, und wir sind uns so gut wie möglich aus dem Weg gegangen. Mit der Zeit wurde unser Umgang miteinander aber wieder lockerer. Leider etwas zu locker. Wir haben recht schnell wieder im selben Bett geschlafen, kurz darauf auch wieder miteinander, haben zusammen eingekauft, gegessen, unsere Freizeit verbracht. Obwohl wir offiziel getrennt waren (worauf sie großen Wert gelegt hat), haben wir im Grunde schon wieder fast wie ein Paar zusammengelebt.

Trotzdem bin ich zum 1.10.2016 ausgezogen, und zu dieser Zeit bin ich damit besser klar gekommen als sie. In mir hatte sich eine gewisse Aufbruchstimmung breit gemacht, während sie im alten Haus blieb und täglich mit den Scherben unserer Beziehung konfrontiert wurde. Wir hatten jedoch nicht alle Brücken eingerissen, so habe ich z.B. meinen Hausschlüssel behalten und ihr den Ersatzschlüssel zu meiner neuen Wohnung gegeben. Auch hatten wir noch regelmäßig Kontakt, und es entwickelte sich eine Phase der Freundschaft+, in der wir viel (und endlich mal vernünftig) miteinander geredet haben und regelmäßig tollen 6 hatten. In mir machte sich das Gefühl breit, dass wir wieder vollständig zueienander finden würden. Sie verneinte das zwar mehrmals, hat mit ihrem Verhalten mir gegenüber aber immer wieder deutlich signalisiert, dass auch sie nach wie vor tiefe Gefühle für mich hegt.

Das Ganze lief so weiter bis zum Juli diesen Jahres. Da fuhr sie mit einer Reisegruppe in den Urlaub und eröffnete mir nach ihrer Rückkehr, dass sie dort jemanden kennen gelernt hätte, mit dem sie es nun mal probieren möchte. Und da hat es mich dann wirklich umgehauen.

Trotz des Neuen wollte sie den Kontakt zu mir nicht einstellen, ich aber sehr wohl, weil ich damit überhaupt nicht klar kam. Es gab noch ein bisschen hin und her, bis ich dann endgültig eine strikte Kontaktsperre ausgesprochen habe. Diese musste ich aus organisatorischen Gründen noch mal aussetzten, und erfuhr dann von ihr, dass sie sich mit dem Neuen ein paar mal getroffen hat und die beiden im Bett (in meinem Bett!) gelandet sind. Was sie nicht davon abgehalten hat, noch ein letztes Mal bei mir zu übernachten.

Spätestens nach dieser Nachricht (das war so Anfang September) bin ich ganz tief in die Depression gerutscht. Stimmung, Selbstwertgefühl, Zukunftspläne, alles weg. Ich konnte nicht mehr aus dem Bett aufstehen und hab den Tag überhaupt nur mit Benzos (- ziemlich heftige Beruhigungsmittel) überstanden. Hab mir schleunigst nen Therapieplatz gesucht und den Kontakt zu ihr komplett eingestellt. Leider hat sie sich zwischendurch immer mal wieder gemeldet mit mehrdeutigen Nachrichten, die je nach Interpretation alles Mögliche hätten bedeuten können. Das hat es mir natürlich nicht einfacher gemacht.

Ein paar Wochen später ging es wieder ein Stück aufwärts. Ich war gut eingestellt mit Antidepressiva und bin in einen für mich sehr speziellen Urlaub gefahren, den ich schon lange geplant hatte und der mir wirklich gut tat. Seit ich Mitte Oktober zurück kam, haben wir uns noch zweimal gesehen, weil ich meine letzten Sachen rausholen musste. War soweit auch ok.

Seit ungefähr drei Wochen geht es mir leider wieder zunehmend schlechter. Momentan vermute ich, es liegt daran, dass ich die Antidepressiva vorschnell abgesetzt habe. Aber auch Weihnachten und Silvester sind in so einer Situation natürlich kein Zuckerschlecken. Wahrscheinlich kommen da einfach mehrere Faktoren zusammen - die Trennung, der Verlust des geliebten Menschen, aber gerade im Bezug auf die Depression natürlich auch das nicht mehr vorhandene Selbstwertgefühl, die Perspektivlosigkeit, Midlife Crisis (bin mittleweile 41) und das damit einhergehende Begraben des primären Lebensziels der Familiengründung. Im Moment ist das alles wirklich ziemlich deprimierend.

Objektiv gesehen war unsere Beziehung natürlich schon viele Jahre nicht mehr tragbar, die Trennung also folgerichtig. Auch ihr Verhalten mir gegenüber nach der Trennung, dass sie trotzdem immer noch meine Nähe gesucht hat, ist ja durchaus erklärbar und normal. Ebenso wie die Tatsache, dass da irgendwann mal jemand neues kommen musste (der Typ war soweit ich weiß allerdings sofort wieder Geschichte, bis auf 'nen kurzen Egopush hatte der scheinbar nichts zu bedeuten). Alles in Allem könnte man also sagen, dass unsere Trennung recht glimpflich über die Bühne ging, vorallem verglichen mit dem, was man in diesem Forum sonst so liest (an vielen der hier geschilderten Situationen wäre ich mit Sicherheit komplett zerbrochen). Aufgrund meiner Persönlichkeitsstruktur beeinträchtigt es mich jedoch immer noch mehr als mir lieb ist.

Momentan herrscht seit ca. vier Wochen totale Funkstille, und das wird auch erstmal so bleiben, da alle organisatorischen Sachen mittlerweile erledigt sind. Verblieben sind wir so, dass wir irgendwann in ferner Zukunft mal schauen wollen, ob genug Gras über die Sache gewachsen ist, dass wir wieder einen freundschaftlichen Kontakt aufbauen können. Es wäre schön wenn es so käme, aber Voraussetzung dafür ist unbedingt, dass ich erstmal mit mir selbst ins Reine komme.

Das war also meine Geschichte (natürlich rein subjektiv, SIE würde sie vermutlich ganz anders erzählen ). Vielen Dank für's Lesen, und haltet weiterhin die Ohren steif!

EsNervt

15.12.2017 17:05 • x 1 #1


E
Ich drücke dich fest.
Es ist schlimm zu sehen, dass man so lange auf eine Person gewartet und um sie gekämpft hat und es letztlich erfolglos war.
Mir ist ähnliches passiert.....und es tut nach drei Jahren immer noch weh...

Wie habt ihr die finanziellen Dinge regeln können? Ohne verheiratet zu sein und ohne gesetzliche Ansprüche?

15.12.2017 18:48 • x 1 #2


E
Hallo Eidechse!

Du sagst es, das jahrelange Kämpfen kostet so viel kostbare Kraft und Zeit, die man im Nachhinein besser in andere Dinge investiert hätte.

Finanziell haben wir uns relativ stressfrei geeinigt. Was ich in die Bude gesteckt habe, hat sie mir zum Großteil erstattet. Zumindest nach der Trennung sind wir wirklich ziemlich fair miteinander umgegangen.

Auch dir weiterhin alles Gute mit deinem Aufarbeitungsprozess!

LG

15.12.2017 23:23 • #3




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