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Brief an meinen Mann - Kann ich ihm den so geben?

S
Lieber .!

35 Jahre kennen wir uns. 23 Jahre davon sind wir jetzt verheiratet. Vor 5 Jahren wäre fast alles vorbei gewesen. Ich gestand dir unter Tränen, dass ich mich fremdverliebt hatte und verlangte die Trennung. Du und unsere Familie waren fassungslos und wir alle zusammen waren völlig überfordert. Also ließt du mich erstmal gehen.


Viel hatten wir bis dahin zusammen ertragen und durchgestanden. Ein gutes Team waren wir von Anfang an. Trotz aller Schwierigkeiten, die von außen an uns heran getragen wurden. Meine Familie lehnte dich ab, ich litt sehr aber schwieg. Immer mehr entfremdete ich mich von ihnen bis zum totalen Kontaktabbruch. Unser Großer wurde krank geboren. Eine Kiefer-Gaumen-Spalte, die aufwendig und immerwieder über Jahre operiert werden musste. Ich gab dafür meinen Beruf auf, um ihn bei seinen Krankenhausterminen begleiten zu können und um ihn aus dem Kindergarten fern zu halten, damit er keine Infektionen bekam. Dennoch bekamen wir auf meinen Wunsch unsere Tochter. Ein gesundes Kind, aber ihr Aufwachsen war überschattet von den Erkrankungen unserer Eltern, zu denen ich dann doch wieder den Kontakt aufnahm. Irgendwie bekamen wir alles hin, bauten unser Häuschen auf dem Lande und waren zufrieden. Ich jedoch litt unter meiner Arbeitslosigkeit und suchte mir einen neuen Job in einem völlig neuen beruflichen Umfeld. Wie froh war ich, als es endlich klappte.


Und dann begegnete ich ihm, .! Ein netter Kollege zuerst, der mir viel beibrachte und mit dem ich mich gut verstand. Dann wurden seine Komplimente persönlicher, bezogen sich nicht mehr nur auf den Beruf und ich spürte, wie wohl ich mich in seiner Gegenwart fühlte. Auch äußerlich veränderte ich mich. Ich blühte förmlich auf, so dass es sogar Nachbarn und Freunden auffiel. Nur du bemerktest es nicht. Als seine Frau starb, war ich schon sehr verliebt, hatte aber nicht zu hoffen gewagt, dass er wirklich an mir Interesse haben könnte. Als auch das dann nicht mehr zu übersehen war, war ich verloren. Ich verliebte mich mit Haut und Haaren, gestand es dir sofort und wir trennten uns, noch ehe irgend etwas körperliches mit ihm gelaufen war. Das aber folgte leider wenig später. Als er jedoch merkte, wie ernst es mir mit ihm war, zog er sich reflexartig zurück und kam erst ein halbes Jahr später wieder, als wir beide uns versöhnt hatten und ich wieder nach Hause zurück gezogen war. Du weißt auch davon. Ich erzählte es dir sofort und wir beschlossen, dass ich kündigen muss. Du weißt von meiner inneren Zerissenheit, die mich danach über Jahre quälte, auch wenn ich mich längst für dich und unser Leben entschieden hatte.


Ich habe ihn nach meiner Kündigung nie wieder gesehen. Als er mir aber Anfang letzten Jahres plötzlich wieder schrieb, konnte ich nicht widerstehen und antwortete ihm. Und das obwohl er mich so sehr belogen und von Anfang an betrogen hatte. Ich war nicht die einzige. Er ließ es als frisch gebackener Witwer so richtig krachen. Das wusste ich und doch geriet ich durch die Schreiberei wieder in ein Gedankenkarussel, dass mich zumindest emotional von dir weg trieb. Ich stellte mir viele Fragen auf die ich bis heute keine Antworten finde und ich hasse mich selbst dafür.


Mein Selbstbild hat durch diese Geschichte sowieso sehr gelitten, ich hielt mich ja für moralisch unfehlbar. Gefestigt im Glauben. Dabei fehlte es mir einfach nur an der Gelegenheit. Ich war ein Mauerblümchen, als wir uns kennen lernten. Du warst mein erster Freund und ich deine erste Freundin. Freunde hatten uns zusammen gebracht. Verkuppelt, wie man so schön sagt. Wie von der Resterampe, so fühlte ich mich ein bisschen, wenn im Bekanntenkreis darüber gescherzt wurde. Dennoch liebte ich dich und wir genossen die gemeinsame Zeit trotz aller Schwierigkeiten. Dein Zögern, mich zu heiraten und eine Familie zu gründen, verstand ich lange nicht. Es hat mich sehr verletzt und es verstärkte mein inneres Bild von mir selbst, dass ich eben nicht begehrenswert bin. Das hält sich bis heute und erst recht nach dieser Affäre. Erst kürzlich habe ich dir erklärt, dass ich mich mehr über eine einzige Rose als über einen Buchsbaum freuen würde, den du mir geschenkt hattest. Ich versuchte auch, dir zu erklären, dass ich lieber einen Tanzkurs als einen Walkingkurs machen würde. Und wenn ich dich frage, ob dir meine neue Frisur gefällt, will ich nicht hören, dass 56 Euro dafür nun wirklich zu teuer wären.


Nein, du bist kein Charmeur. Das warst du noch nie. Und ich denke, dass war der wesentliche Grund, warum der andere so leichtes Spiel bei mir hatte. Du bist zuverlässig, treu und fürsorglich. Ich bin dir zutiefst dankbar, für das was du für mich getan hast. Und ich bin unendlich froh, dass wir trotz meines Fehltrittes wieder zusammen gefunden haben. Ich werde dich nicht verlassen und ich werde sicher nie mehr auf einen Womanizer und Lügner wie ihn hereinfallen. Ich habe auch nicht ihn geliebt, sondern das Bild von mir selbst, dass er durch seine geschickten Reden in mir erzeugt hat. Er hat es tatsächlich geschafft, dass ich hässliches und dickes Entlein mich eine Zeit lang wie eine begehrenswerte Frau fühlte. Dieses Gefühl fehlt mir bei dir bis heute und darum kann ich dir trotz meiner Entscheidung für dich nicht unbeschwert sagen, dass ich dich liebe. Ich wünschte es wäre anders!


Wie können wir damit umgehen? Ich weiß es nicht. Ich denke, ich muss mir dieses Selbstwertgefühl irgendwie selbst erarbeiten. Ich will einen Sport finden, der mich wirklich interessiert. Ich will eine Ernährung einüben, die mich nicht überfordert. Aber bitte verbiete mir nie wieder ein Stückchen Schokolade. Auch das hilft mir keineswegs. Und noch eine Bitte habe ich an dich, vertrau mir und lass mich ein Stück weit wieder frei. Kontrolliere mich nicht mehr. Lass mich wieder mit Freundinnen treffen und lass mich vielleicht sogar am Wochenende mit ihnen verreisen. Oder noch besser, lass mich ein paar Tage mal alleine verreisen. Eine Woche alleine am Meer. Davon träume ich schon viele Jahre. Ich brauche diesen Freiraum nicht, um dich zu betrügen. Ich brauche ihn dringend für mich. Nur so habe ich vielleicht eine Chance, mich wieder wie eine Frau zu fühlen, die gerne an deiner Seite lebt. Ich kann dir nicht versprechen, dass alles wieder wird wie früher. Auch wenn ich dir versprochen habe, dich nie wieder zu verlassen. Bitte lass mich dennoch ein Stück weit frei, damit ich atmen kann. Sonst kann es sein, dass ich zugrunde gehe. Sieh mich an! Ich bin doch nur noch ein Haufen Elend. Ich werde immer dicker und die Antidepressiva haben einen Zombie aus mir gemacht. Willst du wirklich solch eine Frau neben dir? Bitte tue uns das nicht an!


Deine Shedia

04.06.2019 18:58 • x 4 #1


Luto
Der Brief klingt zumindest sehr aufrichtig und klar.
Wie er ihn aufnimmt, kann ich nicht einschätzen....
Weiß er, dass Du jenem Mann noch geschrieben hast?

04.06.2019 19:29 • #2


A


Brief an meinen Mann - Kann ich ihm den so geben?

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F
Kannst du ihm so geben denke ich. Was glaubst du, wird er zu dem Wunsch nach mehr Freiraum sagen?

04.06.2019 19:36 • #3


E
Zitat von Shedia2:
Sieh mich an! Ich bin doch nur noch ein Haufen Elend. Ich werde immer dicker und die Antidepressiva haben einen Zombie aus mir gemacht. Willst du wirklich solch eine Frau neben dir? Bitte tue uns das nicht an!
Guten Abend!
Abwertungen würde ich komplett weglassen.
Mach' Dich doch bitte nicht wieder und wieder so runter.
Liebe Grüße

04.06.2019 19:39 • x 2 #4


G
Hallo

Ich würde ihm diesen Brief gar nicht geben.
Das reißt doch nur alte Wunden auf, nach 5 Jahren ist es höchste Zeit das Thema ruhen zu lassen.

Wäre ich in der Situation deines Mannes, ich wollte das nicht lesen.

04.06.2019 19:48 • x 3 #5


F
@guest2014

ich glaube ihr geht es eher um die Freiräume die sie gern wieder hätte

04.06.2019 19:54 • x 2 #6


B
Liebe Shedia,
ich finde diesen Brief sehr gut geschrieben. Die Notwendigkeit scheint ja wirklich gegeben, denn es geht dir nicht gut.
Ich wünsche dir, dass dein Mann daraufhin auf dich zukommt und ihr viele und gute Gespräche führen könnt um einen Weg für eine schöne gemeinsame Zukunft findet.

04.06.2019 20:14 • #7


Mayla
Zitat von Shedia2:
Bitte lass mich dennoch ein Stück weit frei, damit ich atmen kann. Sonst kann es sein, dass ich zugrunde gehe. Sieh mich an! Ich bin doch nur noch ein Haufen Elend. Ich werde immer dicker und die Antidepressiva haben einen Zombie aus mir gemacht. Willst du wirklich solch eine Frau neben dir? Bitte tue uns das nicht an!


Dieser Teil gefällt mir nicht, bzw. die Haltung, die du hier einnimmst. Du gibt deinem Mann indirekt die Schuld, dass du ein Haufen Elend bist und bittest ihn, Verantwortung für dich zu übernehmen als wäre er dein Vater und du sein Kind. Du bittest ihn darum, dass er dir Freiraum gibt. Du bittest ihn um Erlaubnis, mit deinen Freundinnen weggehen zu dürfen. Wenn nicht, würdest du weiterhin ein Haufen Elend sein. Welche Botschaft sendest du damit? Sorge für mich, denn ich kann es nicht? Gib mir die Erlaubnis zu tun, was mir gut tut? Du bist mir in diesem letzten Absatz viel zu unterwürfig. Jede Ehe hat ihre Funktionsmechanismen, aber fühlst du dich damit denn wohl? Eine Partnerschaft auf Augenhöhe ist das so nicht.

Es liegt alleine in deiner Verantwortung, die Frau zu sein, die du sein möchtest! Warum legst du dein Schicksal in die Hand deines Mannes?
Ich würde lieber so formulieren: Ich habe dir versprochen, dass ich bei dir bleiben möchte, aber ich merke, dass ich so, wie es derzeit läuft, zugrunde gehe. Ich möchte wieder Verantwortung für mein Leben und mein Wohlergehen übernehmen. Ich möchte zum Beispiel wieder mehr Zeit mit meinen Freundinnen verbringen, weil mir das sehr gut tut. Ich hoffe sehr, dass du mir inzwischen wieder Vertrauen entgegenbringen und mich in meinen Wünschen als mein Mann unterstützen kannst. Ich würde wieder gerne mit dir über unsere gemeinsamen Wünsche und Träume sprechen, damit wir unsere Basis wiederfinden.
...so in der Art...

Grüße

04.06.2019 20:34 • x 6 #8


G
Zitat von frechdachs1:
ich glaube ihr geht es eher um die Freiräume die sie gern wieder hätte


Ja, das ist ja auch ok- das zu kommunizieren, aber in dem Brief ist der Affärenmann ziemlich viel Thema

04.06.2019 20:39 • #9


E
Sehr treffend, Mayla..

04.06.2019 20:41 • #10


F
Zitat von guest2014:
Ja, das ist ja auch ok- das zu kommunizieren, aber in dem Brief ist der Affärenmann ziemlich viel Thema


Ich glaube selbst da, versucht sie ihrem Mann den Hinweis zu geben, das er vielleicht etwas mehr wie er sein könnte.. mit Komplimenten, Blumen.... Vielleicht sollte sie es ihm lieber so schreiben, als über den Hinfweis mit dem AM, da könntest du Recht haben Siehste und schon sind wir uns wieder fast einig

04.06.2019 20:45 • x 1 #11


N
Gott. Nein! Wozu? Inhalt dieses Briefes ist überwiegend deine Affäre, deine Situation, deine Gefühle.
Ganz wenig wir. Noch weniger Er.
M. M. zerstört er mehr als das er etwas heilt.

04.06.2019 20:59 • x 1 #12


T
Ohne abwertend klingen zu wollen, aber welche Antwort soll dir deinMann auf den Brief geben? Du hast mehrere Threads mit exakt diesen Worten hier im Forum x mal eingestellt und alles von oben, unten und seitwärts erklärt, beleuchtet und beantwortet bekommen. Was genau versprichst du dir davon, deinem Mann das alles vor den Latz zu knallen, wenn dir die hunderte Beiträge hier nicht weitergeholfen haben? Was genau wünscht du dir das er dir auf den Brief antwortet? Wie wünscht du dir seine Reaktion? Ist es nicht eher so, dass gerade eine manische Phase dir die Kontrolke über dein Leben abnehmen will?

04.06.2019 21:32 • #13


K
Zitat von Shedia2:
Nein, du bist kein Charmeur. Das warst du noch nie. Und ich denke, dass war der wesentliche Grund, warum der andere so leichtes Spiel bei mir hatte. Du bist zuverlässig, treu und fürsorglich


DAS ist eine Abwertung .

Dein Mann ist der verweichlichte Versorger aber laut Dir kein Charmeur und war es auch noch nie.
Deswegen hast du dich auf eine Affäre eingelassen.

Da dein Mann womöglich auch kein Charmeur werden wird- was wäre denn dann deine Konsequenz?

04.06.2019 21:40 • x 1 #14


F
Und was wäre des Mannes Konsequenz? Er ist kein Charmeur aber treu und fürsorglich und deshalb Schuld an der Affäre...Aha! Wäre ich der EM, würde mir nach dem Brief konsequent einfallen, wo die TE ihre Koffer stehen hat und diese ebenso konsequent packen und sie mitsamt der TE an einen Ort ihrer Wahl fahren. Treue und fürsorgliche Männer haben es verdient treue und fürsorgliche Frauen zu haben. Hat er leider nicht. Deswegen würde ich ihm den Brief geben, damit er schwarz auf weiß hat, dass die TE ihn nicht nur nicht achtet, sondern schon verachtet.

04.06.2019 22:08 • #15


A


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