5

Daoismus - Die Macht des Loslassens

Teacup
Liebe Forengemeinde,

Nach einiger Zeit hier bin ich immer wieder erstaunt ob der vielen hilfreichen Tipps, Ratschläge, Erfahrungsberichte, die man als Neuling oder auch Halb-Veteran bekommt. Vielleicht liegt es daran, dass wir alle in einem Netzwerk zusammengetreten sind, unbewusst erst, welches uns erlaubt, uns über das Thema auszutauschen, was ja in jedem Thread und in jedem Beitrag mitschwingt: Liebe.
Meist ist es das Scheitern von Liebe und der Schmerz, der daraus entsteht. Ich selbst bin gerade wieder in einer Phase, in der ich viel nach innen blicken muss, da ich mich selbst oft in Situationen manövriere, die mir nicht gut tun.

Aber das ist kein Thread über mich, zumindest nur indirekt. Im Zuge des letzten halben Jahres habe ich mich viel mit Philosophie auseinandergesetzt und es gibt wahnsinnig tolle Herangehensweisen, die einem helfen können, den Liebeskummer etwas besser zu ertragen und vor allem das Wichtigste zu erreichen: eine Verbindung mit sich selbst, Selbst-Liebe, Selbstwirksamkeit. Schon einige Tausend Jahre zuvor haben sich Menschen darüber Gedanken gemacht.
Ich bin keine Meisterin dieser Dinge, aber ich erkenne ihren Wert und wenn mein Text jemandem hilft, dann bin ich allemal froh, ihn geschrieben zu haben.

Es könnte eine kleine Reihe entstehen, wenn das jemand möchte.

Daoismus Die Macht des Loslassens

Was ist der Daoismus?
Der Daoismus (oder Taoismus) ist neben dem Buddhismus und Konfuzianismus eine der Drei Lehren aus China. Er wird als Philosophie, Weltanschauung aber auch als Religion bezeichnet. Den Daoismus kennzeichnen Meditation, Kampfsport aber auch dualistische Symbole wie Yin und Yang.
Der Begründer dieser Philosophie ist der Chinese Laotse, der im 6. Jahrhundert gelebt haben soll.


Die Macht des Loslassens und die Bedeutung für unser (Liebes)-Leben

In unserer Gesellschaft sind wir vielen Regeln unterworfen. Die Meisten von uns gehen einem Job nach, folgen den gleichen Tagesstrukturen. Doch sobald ein Problem auftaucht, z.B. in unserer Beziehung, fangen wir krampfhaft an nach Lösungen zu suchen. Dann nagt es an uns, beschäftigt unseren Kopf und unsere Gedanken werden zu unseren Gefühlen, die uns nicht zur Ruhe kommen lassen. Liebeskummer ist ein Beispiel, das mich z.B. auch in der Vergangenheit dazu bewogen hat, die daraus resultierenden Gefühle zu verdrängen, mich abzulenken, erneut zu daten. Alles Dinge, die mich nie vorangebracht haben.

Der Daoismus sagt, dass man loslassen muss, go with the flow - also nicht ankämpfen, sondern zulassen. Klingt im ersten Moment eventuell abstrus - wie soll ich etwas loslassen können, wenn ich es zulassen muss?
Die Daoisten glauben aber, dass man durch diese Herangehensweise intelligenter und effizienter durch das Leben geht. Die Kunst des Loslassens ist keine Schwäche, sie ist auch kein Zwang, sondern eher eine Stärke.

Aber wie funktioniert Loslassen? Wie können wir dadurch stärker werden? Hier hat der Daoismus ein paar Lektionen für uns.

1. Übe dich im Nichtstun

Hier geht es darum, dass wir wissen müssen, wann wir in der Lage sind durch unser Tun Dinge zu ändern, und wann nicht.
In unserer Gesellschaft ist es normal, dass wir das Gefühl der Kontrolle brauchen und ganz besonders dringend ist dieser Wunsch nach Kontrolle, wenn es um unsere Zukunft geht. Natürlich ist Kontrolle nicht immer etwas Schlechtes, Selbstkontrolle kann uns zum Beispiel zu neuen Höchstleistungen anspornen.
Aber wenn wir es damit übertreiben, bringt uns das nirgendwohin. Wir können nicht alles kontrollieren und viele (positive) Dinge passieren erst, wenn wir damit aufhören, also mehr zulassen. Ein Baum kann von uns gepflanzt, gedüngt und so platziert werden, dass er genügend Sonnenlicht bekommt. Aber alles weitere Tun würde die Natur daran hindern, ihre Aufgabe zu erfüllen. Wachsen muss der Baum allein.

Oder nehmen wir das Beispiel Anziehung. Hier müssen wir nichts weiter tun, als uns jemandem zu zeigen, den wir gut finden. Anziehung passiert allerdings von allein - oder eben leider auch nicht.
Sie ist ein natürliches Phänomen, wie das Heranwachsen des Baumes. Nichts davon liegt in unserer Kontrolle.

Es gibt ein Sprichwort, welches heißt: Durch die Ferne wächst die Liebe oder salopp: Willst du was gelten, mach dich selten
Das hat nichts mit irgendwelchen Spielchen zu tun. Wenn wir mit unserem Partner streiten, wächst Wut und wenn sogar Vertrauen missbraucht wird, dann muss es auf natürliche Weise wieder wachsen.
Manchmal müssen wir dazu eben … loslassen.

2. Begrüße Veränderungen und akzeptiere sie

Die Daoisten waren sich bewusst, dass sich das Leben immer wieder in einer konstanten Bewegung zwischen Gegenteilen entfaltet : Licht und Dunkelheit, Höhen und Tiefen, Yin und Yang.

Dagegen können wir nicht viel tun. Der einzige Weg ist, dass wir uns nach diesen Bewegungen richten und mit ihnen gehen, mit dem Strom schwimmen. Und doch halten sich viele Menschen krampfhaft an ihren Lebensumständen fest.
Nehmen wir die Metapher eines Flusses als Beispiel, so halten sich diese Menschen vielleicht an einem Ast oder an einem Stein fest, weil sie Angst haben loszulassen und so die vermeintliche Kontrolle zu verlieren.
Die Konsequenz dessen ist ein sehr starrer Lebensstil. Das Leben fließt an diesen Menschen vorbei, und damit auch viele Möglichkeit für positiven Wandel.

Dann sind da Andere, die gegen den Strom schwimmen wollen und so eine Art Stolz empfinden, eine sehr unnachgiebige Position im Leben einzunehmen. Aber wie können diese Menschen auf Dauer glücklich und effizient leben. Die Gefahr besteht, dass sie sich irgendwann ausgebrannt und elend fühlen.

Diese Nicht-Akzeptanz dessen, wie die Dinge sind, ist auch ein Grund für den Kampf vieler Menschen gegen sich selbst.
Wir können auch sagen: Folge deinen Stärken, anstatt deine Schwächen zu bekämpfen.

3. Konzentriere dich nicht auf das Ergebnis

Nach der Lehre des Daoismus hat das Fokussieren auf ein zukünftiges Ergebnis negative Folgen. Es macht uns ängstlich. Möglicherweise werden unsere gegenwärtigen Bemühungen durch den Wunsch nach einem unkontrollierbaren Resultat getrübt. Ein Beispiel aus der Beziehungswelt sind all diese zweifelhaften Ratgeber, mit Hilfe derer man angeblich seinen Expartner zurück bekommt. Fakt ist: Umso mehr wir uns darauf versteifen, desto weniger schätzen wir das wert, was wir im jetzigen Moment haben.
Die Daoisten gehen sogar so weit, zu behaupten, dass wir umso schlechter im Hier und Jetzt agieren, desto mehr wir uns auf etwas Äußeres, Unkontrollierbares fokussieren.
Das heißt natürlich nicht, dass Menschen, die nach Äußerlichkeiten streben, dumm sind. Aber wir behindern uns nur selbst, wenn unsere Gedanken in der Zukunft sind.

4. Lebe nicht im Übermaß

In unserer Gesellschaft, in der Status eine wichtige Rolle spielt, möchte jeder am Liebsten immer ganz oben sein. Nicht, weil es der beste Platz ist, sondern weil wir kollektiv entschieden haben, dass hoher Status erstrebenswert sei.
Aber die höchsten Bäume bekommen auch den meisten Wind ab. Und wenn wir uns ganz oben befinden, ist es unglaublich mühsam und anstrengend, dort zu bleiben. Schließlich möchten auch andere diese Position haben. Es ist viel stressiger als in den unteren Regionen, in welchen wir privater und mit weniger Wettbewerb leben.

Das andere Extrem wiederum ist es, ganz unten zu sein, in Armut zu leben. Nach den Daoisten ist dies eine asketische Lebensweise.

Die Frage, die wir uns also selbst stellen sollten ist: Was brauchen wir wirklich?
Die Daoisten beobachteten, dass ein Vogel im Wald nur einen Ast braucht oder eine Maus, die an einem Teich trinkt, immer nur so viel trinkt, wie sie zum Leben benötigt.

Wenn wir also nur erzielen wollen, was wir wirklich brauchen, lassen wir das Übermaß los und wappnen uns dagegen, dass Besitztümer unsere Gefängniszelle werden. So reisen wir nur mit leichtem Gepäck durchs Leben. Bescheidenheit ist der Weg zum Glück.
——————————————-
Die Daoisten glauben daran, dass wir dem Universum trauen müssen und auch, dass in den vielen Veränderungen im Leben die Möglichkeit liegt, sich vom Kummer zu befreien und zu lösen. Loslassen bedeutet, mit dem Strom zu schwimmen, ohne sich an Felsen und Ästen zu klammern. Wenn wir uns das mit den Menschen vorstellen, die uns verlassen haben und an denen wir immernoch hängen, wird klar, was zu tun ist.

21.07.2022 16:23 • x 5 #1


K
Wenn Du das Tao verstehen willst ist ausser dem ersten Satz im Tao Te King alles andere unwichtig.

Das Tao das benannt werden kann, ist nicht das Tao.

Was immer Du also schreibst oder glaubst verstanden zu haben, es ist eben nicht das Tao.

Alles nur Konzepte die entstehen wenn versucht wird mit dem Verstand zu verstehen was der Verstand nicht verstehen kann.

Wenn Du das Tao suchst, wirf alles weg was Du haben und welchem Du einen Namen geben kannst. Es ist nicht das Tao.

Alles Andere was Du hier geschrieben hast, ist nur ein anderer Versuch Kontrolle zu haben.

21.07.2022 17:29 • #2


A


Daoismus - Die Macht des Loslassens

x 3


ImBlindflug
Ich finde dennoch, dass das ein guter Ansatz ist. Der vieeeel Übung und Stärke und eine feste (Werte-?)Basis braucht.

Und ich finde es auch nicht verwerflich, zu versuchen etwas mit dem Verstand zu erfassen. Geht bei sowas natürlich nicht vollumfänglich.

21.07.2022 18:33 • #3


K
Was sollte verwerflich sein?

Es ging nur darum, ob hier Sinn war das Tao zu suchen oder zu begreifen oder ob man einfach ein bisschen Psychotherapie machen will. Beides ist in Ordnung.

Sucht man aber wirklich das Tao wird man es immer verfehlen wenn man glaubt etwas verstanden zu haben.

21.07.2022 18:50 • #4


J
Zitat von Knutuschi:
Sucht man aber wirklich das Tao wird man es immer verfehlen wenn man glaubt etwas verstanden zu haben.

Aber es wird doch einer erfunden haben, der es für sinnvoll hielt. Wie macht er das dann transparent?

21.07.2022 19:39 • #5


K
Das hat Niemand erfunden. Das Tao ist eine der Bezeichnungen für die Natur der Dinge (nicht die Dinge, sondern deren Natur).
Andere nennen es Brahman, Buddhanatur.

Es gibt endlos Namen dafür, die aber alle wiederum daran vorbei gehen.

Niemand braucht das transparent zu machen, da es sich nicht um ein geistiges Konzept handelt und deswegen auch mit dem Verstand nicht erfasst werden kann.

Tatsächlich ist es permanent da, wird aber wegen der Vorstellungen des Verstandes übersehen.

Daher die Aussage, das Tao das man benennen kann ist nicht das Tao.

Eben weil alles was der Verstand erfassen oder erklären kann, nicht das Tao sein kann.

21.07.2022 21:20 • #6




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag