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Depressive Ex-Partnerin unterstützen oder besser nicht?

U
Hallo zusammen,
im Moment weiß ich einfach nicht mehr weiter und ich erhoffe mir vielleicht ein paar Tipps oder Meinungen zu meinem Problem.

Ich versuche zuerst kurz meine Situaition zu erklären.

Ich (m,20) und meine Exfreundin (21) haben uns vor etwa zweieinhalb Jahren durch den teils gemeinsamen Freundeskreis kennengelernt und sind dann Anfang 2018 langsam zusammen gekommen.
Das gesamte Jahr hatten wir eine sehr schöne Zeit zusammen, in der wir uns sehr nahe standen, viel zusammen erlebt haben (Urlaub, Konzerte, etc.) und bis auf ein paar wenige Kleinigkeiten nie gestritten haben.

Sie hat mir trotz dessen schon zu Beginn manchmal gesagt, dass sie mich zwar sehr mag aber ihr immer wieder die Angst käme mich zu enttäuschen und nicht gut genug für mich zu sein oder wie sie es nannte: Ein Klotz an meinem Bein zu sein.
Sie hat diese Angst auf ihre, für mich damals noch nicht wirklich stark erkennbaren, Depressionen geschoben.
Ich sah zwar Narben auf ihrem Unterarm, jedoch versprach sie mir, dass diese Jahre zuvor entstanden waren und sie die Depression zumindest in dieser Hinsicht unter Kontrolle habe.
Für mich war das Thema Depression bis dahin relativ unbekannt, wodurch ich irgendwie davon überzeugt WAR, dass man diese durch Therapien einfach loswerden kann.

Gegen Herbst an denen die Tage dunkler und verregneter wurden habe ich dann immer mehr ihre Depression und Traurigkeit wahrgenommen und gemerkt wie sehr sie sich zurückzieht.
Dazu kam noch dass bei uns beiden die Ausbildung anfing und sie sich häufig nach Feierabend nur noch hinlegen und nichts mehr machen wollte. Sie war in ihren Augen die Versagerin die nichts auf die Kette bekommen hat und auch niemals wird.
Diese Person habe ich in ihr niemals gesehen.
Mich hat ihre Einstellung daher sehr verwundert und ich habe ihr immer wieder versucht zu zeigen wie schön das Leben sein kann.
Davon wollte sie irgendwann nichts mehr wissen und sagte immer wieder sie könne nicht mehr, warum ausgerechnet sie das alles durchmachen muss.
Mir tat sie in diesen Momenten immer Leid aber durch meine, mir damals als richtig erscheinende, Auffassung von Depression kam ich mir verarscht vor, dass sie sich nicht ändern und keine Hilfe in Anspruch nehmen wollte - von niemandem.
Dadurch folgten immermehr Streitigkeiten und wir haben uns immer weniger gesehen bis sie schließlich im Februar 2019 unter Tränen mit mir Schluss machte und mir sagte ich fände eine bessere, sie kann das alles einfach nicht mehr.

Ich stand zuerst vollkommen unter Schock bis ich mich nach ein paar Tagen wieder halbwegs gefangen hatte und mir meine Fehler irgendwie auf einmal einleuchteten.
Ich begann darüber nachzudenken wie es wohl mit einer Depression sein müsste zu leben und ich machte mir Vorwürfe, dass ich sie so habe hängen lassen, wobei sie mich, soviel sie konnte, unterstützte als es mir nicht gut ging.
In der nächsten Zeit habe ich viel mit einer guten Freundin darüber geredet und habe meine Exfreundin nach ca. 2 Monaten vollkommener Kontaktsperre durch Zufall abends getroffen.
Sie war mit Freunden unterwegs und während diese weitergelaufen sind hat sie mich zur Seite gezogen und mir einiges erzählt, unteranderem wie sie sich wieder selbst verletzt hatte.
Aus Angewohnheit habe ich sie in den Arm genommen und zu meiner eigenen Verwunderung wie ein Automatismus auf den Kopf geküsst. Sie hat mich daraufhin angesehen, mir einen Kuss auf die Wange gegeben und ist hinter ihren Freunden her.
Wir haben uns daraufhin mehrmals getroffen bis sie in den, für sich zuvor geplanten, Urlaub gefahren ist um über alles in Ruhe nachzudenken.
Long speech short: Wir kamen schlussendlich, zur Freude beider, auch wieder im April 2019 zusammen.

Von da an war zunächst alles wieder wie vorher und einfach schön (für beide), bis sie erneut nach kurzer Zeit anfing mich zu ignorieren.
Mir war dies egal und ich ging trotzdem zu ihr um sie zu unterstützen bis es mir letztendlich zu viel wurde und ich es ihr genauso sagte, da ich wirklich gar nicht mehr wahrgenommen wurde als ich bei ihr war.
Zumindest aus meiner Perspektive.
Sie sah ihre Fehler dann zwar, aber es half nichts. Ich erklärte ihr mein Problem mehrere Male ohne Erfolg.
Ich dachte erneut es läge an mir, da sie zu anderen Menschen anders war; nicht traurig und nicht so lethargisch wie mir und ihrer Familie gegenüber.
Sie sagte dies sei wie eine Schutzfunktion, dass sie anderen gegenüber sehr verschlossen ist und eine Rolle zu ihrem eigenen Schutz spielte um nicht auf ihre Traurigkeit angesprochen zu werden.
Sie sagte mir wieder es läge nicht an mir sondern an den Depressionen.
Nach 3 einhalb Monaten in denen wir gegen Ende sehr starke Streitigkeiten hatten, die sich durch Kleinigkeiten hochgeschaukelt hatten und einem Urlaub in dem wir uns fast schon ignoriert hatten, beendete erneut sie die Beziehung nach einem Streit.

In diesem Moment war ich irgendwie Froh den ganzen Streit los zu sein und zeitgleich unglaublich traurig, dass sie weg war.
Die erste Woche war sehr kräftezehrend für mich.
Wieder nach einiger Zeit in der ich mich beruhigt hatte, nicht mehr sauer auf ihre Ignoranz war und mich solangsam selbst reflektierte, kam ich immermehr auf das Thema Depression und recherchierte was es damit wirklich auf sich hat und inwiefern ich mit meiner Auffassung falsch lag.
Desto mehr ich im Thema war überlegte ich was ich hätte besser machen können.
Worin genau meine, aber auch worin ihre Fehler lagen, wie es wieder dazu kommen konnte das wir uns ignorierten und trennten.
Durch diese Selbstreflektion kam ich zwar zu wichtigen Erkenntnissen, jedoch wollte ich für mich zunächst wieder eine Kontaktsperre und entschied mich in Ruhe über alles nachzudenken.
Nach ca. 3 Monaten fühlte ich mich zwar schon um einiges besser jedoch habe ich mich nicht getraut ihr nochmal zu schreiben und hatte für mich beschlossen es vorerst sein zu lassen, da ich Angst hatte ein weiteres Mal verletzt zu werden. Sie hat mir auch nie geschrieben.

Jetzt vor einigen Tagen an Silvester kam dann das erste mal eine Nachricht nach 4 einhalb Monaten von IHR, in der sie mir ein Frohes Neues Jahr wünschte und mich kurz danach (um 01.00 Uhr an Silvester) bat zu ihr zu kommen (10 Minuten Fußweg zwischen beiden Silvesterpartys).
Im Endeffekt ist sie dann doch extra zu mir gekommen, da ich bis dahin für mich beschlossen hatte, dass sie mir nur aufgrund des Alk. geschrieben hatte und ich mir nicht sicher war, ob ich jetzt wirklich zu ihr sollte.
Sie hat mir im übrigen noch nie (betrunken) eine Nachricht geschickt in der Zeit in der wir kein Kontakt hatten.
Mal wieder long speech short: Wir haben uns sofort umarmt und uns wenig später sehr lange geküsst.
Es hatte sich von ihrer Seite sehr echt und ernst gemeint angefühlt und es kam nicht so rüber als täte sie dies nur des Alk. wegen.
Ich habe ihr als sie weg ging noch gesagt, sie solle mir morgen doch bitte schreiben.
Das tat sie auch.
Auf die Frage was das alles zu bedeuten hatte kam in etwa die Nachricht: Ich weiß es nicht, keine Ahnung. Ich mag dich aber ich weiß das hätte ich nicht machen dürfen, weil ich für mich eigentlich abgeschlossen hatte. Ich wollte dich nicht durcheinander bringen. tut mir leid.

Ich weiß jetzt nicht mehr weiter.
Ich dachte zwar ich hätte angefangen alles zu verarbeiten aber anscheinend habe ich das nichtmal ansatzweise.
Ich kann seit Silvester nur an sie denken.

Ich frage mich die ganze Zeit ob da nicht doch noch etwas ist oder ich mich irgendwo reinsteigere?
Ob sie das nur macht um mit mir zu spielen, ob es der Alk. war oder ob da doch noch etwas sein könnte.
Außerdem habe ich, auch wenn es mir vielleicht egal werden sollte, Angst, dass sie sich eines Tages etwas antut oder sich umbringt.
Sie sagt zwar dafür sei sie zu feige aber naja darauf möchte ich es einfach nicht beruhen lassen.
Ich fühle mich irgendwie verantwortlich.
Ihre Freunde sehen in ihren depressiven Sätzen (in der Rolle die sie oft spielt) wohl eher so etwas wie sarkastische Randbemerkungen und nicht, dass sie eine ernsthafte Krankheit hat.
Ihre Familie versteht ihre Probleme ebenfalls nicht wirklich, außer ihre Mutter, welche selbst ein psychotisches Krankheitsbild hat (soweit ich mitbekommen habe auch Depressionen), dieses aber lieber mit Antidepressiva zu bekämpfen versucht.
In guten Momenten in denen ich mit ihr viel über Lösungen redete sah sie ein, dass ihr nur professionelle Hilfe bei einer solchen Krankheit helfen könne.
In den überwiegend schlechten Momenten möchte sie natürlich nichts davon hören.
Dadurch, dass ihr niemand in ihrem Umfeld konstruktiv hilft, etwas gegen diese Krankheit zu machen meint sie immer nur man könne ja eh nichts ändern. Das wird es also auch nicht.

Sollte ich meiner Exfreundin in dieser Situation helfen? Was kann ich machen? Soll ich sie einfach vergessen?
Ich vermisse sie einfach und will nicht das ihr etwas passiert.
Vielleicht kann mir hier ja jemand weiterhelfen.

Danke schonmal

04.01.2020 16:32 • #1


B
Zitat von UnknownF:
Ihre Familie versteht ihre Probleme ebenfalls nicht wirklich, außer ihre Mutter, welche selbst ein psychotisches Krankheitsbild hat (soweit ich mitbekommen habe auch Depressionen), dieses aber lieber mit Antidepressiva zu bekämpfen versucht.

Menschen mit Depressionen ziehen sich oft zurück weil sie sich mit vielem überfordert fühlen und sich oft nicht anmerken lassen wollen wie es ihnen geht, das strengt diese Menschen sehr an, äusserlich freundlich zu bleiben und sich dabei innerlich leer und ausgebrannt zu fühlen. Es gibt auch depressive Menschen mit gegenteiligen Verhalten.
Sofern ihre Mutter ein pschotisches Krankheitsbild hat bekommt sie wahrscheinlich Neurorleptika und deine Freundin kann vorbelastet sein.
Du kannst deiner Freundin anbieten für sie da zu sein und ein offenes Ohr für sie zu haben, sofern du dich selbst damit nicht überfordert fühlst. Es gibt Selbsthilfegruppen für Angehörige und Partner/Freunde depressiver Menschen, die könnten dir Verhaltentipps geben, du kannst deine Freundin auch anbieten sie zum Arzt/Therapeut zu begleiten.
Hier ist ein Video in dem Menschen beschreiben wie sie Depressionen erleben und was sie getan haben um damit besser leben zu können, vielleicht bekommst du dadurch Anregungen und mehr Verständnis für deine Freundin.

Du kannst nur jemanden helfen, der bereit ist Hilfe anzunehmen und vergiss dich bei all deiner Sorge um sie nicht, wenn es dir nicht gut gehen kann, tut es ihr auch nicht gut.

04.01.2020 18:08 • x 1 #2


A


Depressive Ex-Partnerin unterstützen oder besser nicht?

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Mienchen
Zitat von Benita:
Du kannst nur jemanden helfen, der bereit ist Hilfe anzunehmen und vergiss dich bei all deiner Sorge um sie nicht, wenn es dir nicht gut gehen kann, tut es ihr auch nicht gut.

Dem ist gar nichts hinzu zu fügen. Außer, daß Leben mit einem depressiven Partner erfordert eine starke Persönlichkeit. Wenn dich ihre Rückzüge schon fertig machen, dann hast du noch nie einen Menschen erlebt, der eine richtig schlimme Phase erlebt.
Diese Menschen schauen dann ins Leere, sprechen nicht, sind absolut in ihrer Welt gefangen. Du kannst in diesem Moment gar nichts tun.

Überlege es dir wirklich gut, ob du bereit dafür bist. Wenn du schon wegen ihrer Traurigkeit so fertig bist, dann wird es für dich ein harter Weg.

Das sie in akuten Phasen allerdings normal mit anderen Menschen spricht, nur mit dir nicht und dir dann beiläufig erzählt, daß sie sich geritzt hat.. Ich weiß nicht, irgendwie klingt das für mich seltsam, das muß ich auch ehrlich zugeben.

Schlag ihr doch mal eine Therapie vor. Frag sie danach. Hatte sie eine?

04.01.2020 18:36 • x 2 #3


U
Danke erstmal für die Antwort.

Also eine solche Situation gab es nicht in der sie über einen längeren Zeitraum vollkommen anteilnahmslos da gesessen hat.
Sie hat oft ins leere gestarrt aber sobald ich dann anfing mit ihr darüber zu reden ging es ihr ein wenig besser, so zeigte sie mir das zumindest äußerlich und sagte das auch ein paar Mal.
Bei ihren (mir bekannten) schlimmsten Phasen saß sie einfach nur da, hat in die Luft gestarrt und mir (manchmal) versucht zu erklären wie sie sich fühle, wenn sie denn etwas fühle.
Daraufhin fing sie mal sehr stark an zu weinen, mal schlug sie Kissen durchs Zimmer oder wollte einfach nicht mehr.

Diese Momente haben mich wirklich fertig gemacht, bei denen man nichts machen konnte bis sie irgendwann ein wenig aus ihrer Welt herauskam und man auch wieder zusammen lachen konnte.

Eine Therapie habe ich ihr zu einem Zeitpunkt vorgeschlagen an dem sie sehr offen darüber reden wollte und für sich selbst gesehen hat das es eine gute Chance sei.
Sie wollte einen geeigneten Therapeuten mit Hilfe ihrer Mutter (da diese sich in ihren Augen besser mit dem Thema der Findung auskennt) finden jedoch folgte wieder eine schlechtere Phase in der sie es nicht mehr einsah sich darum zu kümmern und einige Zeit später machte sie mit mir Schluss.
Danach sagte sie mir auf meine Nachfrage sie hätte einen Termin zu einem späteren Zeitpunkt bekommen, ob daraus jedoch etwas geworden ist versuche ich mal herauszufinden.

Vor diesem Zeitpunkt hatte sie nur eine Therapie im Kindesalter, bei der sie mir erzählte, sie hätte ihre Antworten bewusst manipuliert um ihr wahres Inneres nicht zu zeigen.
Ergebnis dadurch ist eben, dass sie immer daran denkt und sagt eine Therapie bringt bei ihr nichts es hätte ja schonmal nicht geklappt und die Therapeuten würden sowieso nicht merken wenn man ihnen etwas vorspielt.

04.01.2020 20:08 • #4


B
Zitat von UnknownF:
Vor diesem Zeitpunkt hatte sie nur eine Therapie im Kindesalter, bei der sie mir erzählte, sie hätte ihre Antworten bewusst manipuliert um ihr wahres Inneres nicht zu zeigen.
Ergebnis dadurch ist eben, dass sie immer daran denkt und sagt eine Therapie bringt bei ihr nichts es hätte ja schonmal nicht geklappt und die Therapeuten würden sowieso nicht merken wenn man ihnen etwas vorspielt.

Wenn sie sich dagegen wehrt und Therapeuten manipuliert will sie sich nicht wirklich helfen lassen, sondern sie spielt ein Spiel in dem sie die Verliererin ist weil sie sich selbst schadet.
Wenn sie sich so schon im Kindesalter verhalten hat wird es schwierig sein sie zu unterstützen.

Überlege dir gut ob du weiter den Kontakt halten willst, sie hat ja ihre Mutter, die ihr zur Seite stehen kann und die sich wahrscheinlich wegen ihrer eigenen Erkrankung damit auskennen wird an wen sie sich in Krisensituationen wenden kann.

04.01.2020 20:31 • #5


Mienchen
Leider gibt es manchmal auch Menschen, die unbewusst lieber den Seelenschmerz auf sich laden, statt zu lernen, damit umzugehen.
Sie leben für sich mit der Opferrolle ganz gut und wollen sich mit sich selber ungern beschäftigen, weil Leid und Mitleid doch ganz gut funktionieren..

Ich möchte deiner Freundin nichts unterstellen, ich kenne sie nicht. Aber weiß eben, daß es so einen Typus Mensch auch gibt

04.01.2020 20:53 • #6