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Freund verbaut seine Zukunft - unterstützen oder gehen?

A
Hallo zusammen,

ich bin schon länger stille Mitleserin und finde toll, dass in diesem Forum so gute Ratschläge gegeben werden. Daher hoffe ich, dass ihr mir auch helfen könnt. Danke für eure Zeit.

Mein Freund (36) und ich (33) sind seit 3 Jahren zusammen. Er ist der erste Mann, mit dem ich mir eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann. Wir haben ähnliche Interessen und Ansichten, können miteinander lachen und uns auch gut über ernste Themen austauschen. Da wir miteinander sehr glücklich sind, haben wir schon häufig über das Thema Eigentum gesprochen und hatten geplant, uns im nächsten Jahr eine Eigentumswohnung zu kaufen. Wir sind beide berufstätig, er ist Lehrer, ich arbeite als Chemikerin in einem großen Unternehmen. Insofern verdienen wir gut und verfügen auch über ausreichende Ersparnisse.

Nun zum eigentlichen Problem: Während mein Freundeskreis überwiegend aus ruhigen Paaren und Akademikern besteht, sind seine Freunde etwas sprunghafter. Viele arbeiten gar nicht, andere sind Musiker und schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch. Sie träumen von der ganz großen Karriere, tun aber auch nicht wirklich etwas dafür und leben nur in den Tag hinein. Einer dieser Typen ist der beste Freund meines Freundes. Er ist täglich betrunken, stapelt in der Wohnung Pizza-Kartons und Bierdosen und zieht nach dem Besuch der Toilette nicht mal ab, weil er das besonders lustig findet. Trotzdem ist dieser Typ das große Vorbild meines Freundes, weil er als Musiker arbeitet. Er verdient 300 bis 400 Euro im Monat und kommt kaum über die Runden, aber mein Freund ist von seinem Leben fasziniert. Und leider lässt sich mein Freund davon anstecken, denn er möchte jetzt seinen Job hinwerfen und Berufsmusiker werden.

Ich bin davon gar nicht begeistert, denn ich wünsche mir ein stabiles Umfeld und möchte mit Mitte 30 langsam sesshaft werden und vielleicht auch Kinder haben. Ein Partner, der kein festes Einkommen hat und sich die Nächte um die Ohren schlägt, passt da absolut nicht rein. Als ich meinen Freund kennengelernt habe, hat mir seine Intelligenz imponiert. Er ist belesen und absolut super in seinem Job. Vor einigen Wochen hat man ihm sogar die Stelle als stellvertretender Rektor angeboten. Er hat sich damals so darüber gefreut und ich verstehe nicht, warum er nun alles hinwerfen möchte.

Mein Freund wirft mir vor, dass ich ihn nicht genug unterstütze. Das würde ich ja gerne, aber ich halte seine Entscheidung für unüberlegt. Seine Eltern sind ebenfalls schockiert und verstehen die Welt nicht mehr. Er hat jahrelang studiert und war so stolz, als er seinen ersten Job hatte. Mit dem neuen Job hätte er kein festes Einkommen, könnte sich seine Wohnung und sein Auto nicht mehr leisten. Er argumentiert, dass ich ihn ja fahren könnte und er dann viel mehr Zeit für mich hätte. Mich überzeugt das nicht wirklich.

Ich stecke nun in einer Zwickmühle. Ich liebe diesen Mann und habe ihn als tollen, vernünftigen und intelligenten Menschen mit großen Zielen kennengelernt. Er war das krasse Gegenteil von den unzuverlässigen Jungs, die ich während meines Studiums getroffen habe. Und das hat mir imponiert. Vielleicht klingt das egoistisch, aber ich möchte mir mit meinem Partner eine Zukunft aufbauen, reisen, vielleicht eine Familie gründen. Und mein Freund hatte diesen Traum auch.

Was soll ich jetzt tun? Ich habe mit ihm schon gesprochen und er redet vom großen Geld, von Auftritten vor 50.000 Leuten dabei spielt er nicht mal ein Instrument. Er ist plötzlich so naiv. Soll ich mich trennen, obwohl ich ihn eigentlich liebe? Oder soll ich die Situation akzeptieren und mich von meinen Vorstellungen verabschieden?

11.08.2020 11:29 • #1


Kummerkasten007
Tja Zwickmühle.

Da gibt es einen Menschen, der seine Sicherheit aufgibt, um so zu Leben wie er es sich wünscht. Mit 36.

Und da gibt es Dich, seine Eltern, sein Umfeld, die entsetzt darüber sind.

Kann es sein, dass dieser Wunsch stärker geworden ist, als es ans Eingemachte - sprich ETW - ging? Oder auch um Kinderplanung?

11.08.2020 11:37 • x 2 #2


A


Freund verbaut seine Zukunft - unterstützen oder gehen?

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Gorch_Fock
Klare Antwort: Mit Deiner Sozialisation funktioniert sowas nicht. Du bist jetzt mit 33 im Alter wo Kinderwunsch, Nestbau und Co. ansteht. Wenn er jetzt meint eine verfrühte Midlife Crisis durchzuleben sollte er das alleine tun.
Die meisten Frauen wollen das Thema Kinder bis max. 38-39 durch haben. Das heisst Du hast noch 5-6 Jahre. Klingt lang, aber rechne mal mit 2-3 Jahren Beziehungsaufbau mit Kinderwunsch. Ich würde hier eine saubere Trennung empfehlen. Er kann dann von ALG 2 leben und wird coronabedingt eh keine Anstellung in dem Metier bekommen.

11.08.2020 11:39 • x 2 #3


Campanula
Es gibt jede Menge professioneller Bands, die Musiker haben trotzdem fast immer! einen Hauptberuf. Er spielt nicht mal ein Instrument?

Ich an Deiner Stelle würde mich mal ein halbes Jahr lang zurücklehnen und ihm gutmütig beim Üben zuschauen. - In den Lehrerberuf kann er IMMER zurück (er kann sich ja ein Jahr Urlaub nehmen, geht doch)

11.08.2020 11:40 • x 2 #4


A
Zitat von Kummerkasten007:
Tja Zwickmühle.

Da gibt es einen Menschen, der seine Sicherheit aufgibt, um so zu Leben wie er es sich wünscht. Mit 36.

Und da gibt es Dich, seine Eltern, sein Umfeld, die entsetzt darüber sind.

Kann es sein, dass dieser Wunsch stärker geworden ist, als es ans Eingemachte - sprich ETW - ging? Oder auch um Kinderplanung?


Kinderplanung war noch nie ein großes Thema. Ich könnte es mir vorstellen, aber ich habe keinen akuten Kinderwunsch. Ein Leben ohne Kinder ist für mich nicht weniger erfüllend. Das Thema ETW kam von ihm vor zirka einem Jahr. Ich bin mit meiner Wohnsituation sehr zufrieden, er wohnt in einer WG. Je länger ich mich mit dem Thema befasst habe, umso schöner fand ich den Gedanken. Aber ich habe ihn da nicht bedrängt.

Sein Wunsch, Musiker zu werden, stand nie im Raum. Er spielt kein Instrument und hatte bisher auch wenig Interesse daran. Vor einigen Monaten gründeten einige seiner Kumpels aber eine Band und schenkten ihm eine Gitarre. Sie luden ihn zu Bandproben ein und motivierten ihn dazu, Unterricht zu nehmen. Und plötzlich hockte er 3 x die Woche in diesem Proberaum, betrank sich und kam zu spät zur Arbeit. Ich habe ihn anfangs noch unterstützt, weil ich mich gefreut habe, dass er ein neues Hobby gefunden hat. Aber irgendwann entwickelte sich das Thema allmählich zu einem Problem.

11.08.2020 11:43 • #5


Catalina
Puh, schwierige Situation. Wäre dein Freund etwas älter, hätte ich auf Midlife-Crisis getippt, aber dafür ist er eigentlich noch zu jung. Hat er den Lehrerberuf denn auf eigenen Wunsch hin ergriffen oder haben seine Eltern das von ihm erwartet?

Von der großen Musikerkarriere zu träumen und nicht mal ein Instrument zu spielen, ist natürlich total naiv und blauäugig. Ich könnte mir aber vorstellen, dass deinen Freund mehr der Lebensstil seiner Freunde imponiert, die ohne Verpflichtungen in den Tag hinein leben. Dass er dafür dann auch auf vieles verzichten müsste, sieht er wohl momentan nicht.

Zitat von ankerherz:
Vielleicht klingt das egoistisch, aber ich möchte mir mit meinem Partner eine Zukunft aufbauen, reisen, vielleicht eine Familie gründen. Und mein Freund hatte diesen Traum auch.

Ich finde das gar nicht egoistisch, sondern sehr verständlich. Ihr hattet gemeinsame Pläne, die er jetzt plötzlich über den Haufen schmeißen will. Kein Wunder, dass du irritiert bist und überlegst, wie es jetzt weitergehen soll.

Zitat von Campanula:
Ich an Deiner Stelle würde mich mal ein halbes Jahr lang zurücklehnen und ihm gutmütig beim Üben zuschauen. - In den Lehrerberuf kann er IMMER zurück (er kann sich ja ein Jahr Urlaub nehmen, geht doch)

Das finde ich einen guten Tipp.

11.08.2020 11:43 • x 1 #6


A
@Catalina Seine Eltern fanden toll, dass er studiert hat, hätten ihn aber auch bei einer Ausbildung unterstützt. Das Studium hat er gewählt, weil sein damals bester Freund ebenfalls LA studiert hat. Er hat sich also schon damals beeinflussen lassen. Trotzdem war er sehr zufrieden, ging in seinem Beruf auf und hat sich in der Schule stark engagiert. Er wollte mehr Verantwortung übernehmen und war sehr stolz auf die Beförderung.

Der besagte Freund ist heute nicht mehr Teil seines Lebens. Er hat eine Frau und zwei Kinder und lebt einen ganz anderen Alltag. Deshalb umgibt sich mein Freund mittlerweile nur noch mit Leuten, die nicht so richtig wissen, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Ich hingegen habe lange studiert und möchte jetzt etwas davon haben. Ich verdiene gut und möchte mir ein schönes Leben an der Seite eines tollen Mannes aufbauen. Und ich dachte eigentlich, dass ich den gefunden hätte...

11.08.2020 11:49 • #7


Catalina
Hm, ok, das ist natürlich schwierig, wenn jemand sich so beeinflussen lässt. Klingt ja fast so, als hätte er keine eigenen Ideen...

Ich fürchte, wenn er momentan so begeistert von der Idee ist, wirst du ihn kaum davon abbringen können. Er muss das wohl ausprobieren um zu sehen, dass das unrealistisch ist.

Ich würde an deiner Stelle erstmal ein bisschen auf Abstand gehen und jegliche Zukunftsplanung auf Eis legen. Und dann schauen, wie es sich entwickelt.

11.08.2020 11:58 • #8


A
Mein Problem ist, dass ich schon mal 5 Jahre mit einem Traumtänzer verschwendet habe. Ich bin 33 und möchte meinem Freund nicht noch 2 Jahre dabei zuschauen, wie er sein Leben vor die Wand fährt. Meine Angst ist, dass ich irgendwann 40 bin und dann meine besten Jahre mit so etwas verschwendet habe. Und dann sind alle anderen Männer verheiratet und ich ende als Katzenlady. Ich möchte mich einfach nicht mehr auf etwas einlassen, was auf lange Sicht scheitern wird.

Meine Vernunft rät mir zur sofortigen Trennung, mein Herz verdrängt jegliche Bedenken und will weitermachen.

Und ja, mein Freund hat keine eigenen Ideen. Er macht immer das, was seine besten Kumpels machen. Würden die morgen eine KFZ-Werkstatt eröffnen, würde er vermutlich Mechaniker werden wollen. Seine Freunde sind teilweise jünger als er, treffen sich abends im Park und betrinken sich und er zieht da mit. Mich finden sie spießig und langweilig. Hätte ich das alles gewusst, hätte ich mich nie auf eine Beziehung eingelassen.

11.08.2020 12:03 • x 1 #9


K
Ein Berufsmusiker, der davon sehr gut leben kann, war mal hinter mir her. Für mich kam das aus verschiedenen Gründen nicht in Frage, aber u.a. auch deswegen, weil ich mit meinem Bürojob einen vollkommen anderen Tagesrhythmus hatte als er. Wochenenden kannte er nicht, wenn ich schlief, war er wach und umgekehrt. Unsere Paarzeit fand irgendwann nachts statt, bevor ich hundemüde ins Bett fiel, weil er da gerade von seinen Engagements gekommen war. An Feiertagen waren Konzerte etc. und die besten Urlaubsbrücken waren ebenfalls mit irgendwelchen Auftritten belegt. Hier Musik einspielen für ne CD, da Orchesterauftritte usw. Er hatte im Übrigen Musik studiert und lehrte an einer Uni.

Nee, nicht meins. Ich denke, Deins wäre es selbst dann nicht, wenn der instrumentenlose Musiker tatsächlich ähnlichen Erfolg hätte. Ich schätze, Dein Weg ist relativ klar, wenn er sich nicht bald besinnt.

11.08.2020 12:12 • #10


W
Ok, jetzt klingt es schon anders als im ersten Beitrag.

Zitat von ankerherz:
er wohnt in einer WG


Das finde ich interessant. Du wusstest also quasi worauf Du Dich einlässt? Ihr seid seit 3 Jahren ein Paar und er hat das WG Leben?

Zitat von ankerherz:
Ich verdiene gut und möchte mir ein schönes Leben an der Seite eines tollen Mannes aufbauen.


Wie wichtig ist der Mann? Geh Deinen Weg.

Zitat von ankerherz:
Mein Problem ist, dass ich schon mal 5 Jahre mit einem Traumtänzer verschwendet habe. Ich bin 33 und möchte meinem Freund nicht noch 2 Jahre dabei zuschauen, wie er sein Leben vor die Wand fährt.


An die Wand fährt ist Deine Interpretation. Muss aber nicht seine sein. Die Frage ist: warum ziehst Du es wieder?

Zitat von ankerherz:
Hätte ich das alles gewusst, hätte ich mich nie auf eine Beziehung eingelassen.


Hättest Du was gewusst?

11.08.2020 12:19 • #11


A
Als wir uns kennengelernt haben, hatte er eine eigene Wohnung. Nachdem bei einer Renovierung Asbest in den Wänden festgestellt wurde, zog er zu einem Kumpel in die WG. Das war eigentlich als Übergangslösung gedacht, bis wir uns zusammen Eigentum kaufen. Ich habe bei unserem Kennenlernen also nicht davon gewusst.

Hätte ich gewusst, was für ein Lebensentwurf ihm vorschwebt, hätte ich mich auf die Beziehung nicht eingelassen. Bei unseren ersten Dates sprach er von Stabilität, arbeitete an einer Beförderung und schwärmte von seinem Job. Er war stolz darauf, was er sich erarbeitet hatte und ich fand das sehr inspirierend.

Die Erzählung von KBR kenne ich aus dem Bekanntenkreis und solch ein Leben möchte ich nicht mitleben. Wäre das Thema von Anfang an auf den Tisch gekommen, hätten wir uns beide eine Enttäuschung erspart.

11.08.2020 12:25 • #12


W
Ok, verstehe.

Der Lebensentwurf ist ihm ja vielleicht auch mal vorgeschwebt und jetzt hat er seine Meinung geändert. Was er scheinbar immer wieder tun wird, je nach Kumpel.

Ganz ehrlich: ich würde mich vermutlich trennen. Vor allem weil Du es ja scheinbar schonmal so erlebt hast.

Andererseits würde ich meine Träume nicht von einem Mann abhängig machen. Du verdienst gut, weist was Du willst, Kinder nicht unbedingt, kauf Dir Eigentum, leb das schöne Leben das Dir vorschwebt. Und schau was passiert.
Durchfüttern würde ich seine Versuche jedenfalls nicht.

Fände es ehrlich gesagt, nicht ganz so schlimm, wenn da nicht diese grenzenlose Naivität, wäre. Beurlauben lassen, Sabbatjahr, ausprobieren, Hobbyband, alles gut. Aber vor allem dieses alles den Kumpels nachmachen ist grässlich. Menschen die mutig sind und was wagen sind ja toll, auch diejenigen die normale Strukturen einfach mal aufbrechen, finde ich mega. Aber so klingt es einfach nur nach einem sehr unreifen Mann.

11.08.2020 12:34 • x 1 #13


monchichi_82
Es gibt viele Menschen die mit diesem engen Gesellschaftskorsett nicht viel anfangen können und auch nicht mit einem starren Weg in dem altersgestaffelt der Lebensweg vorgegeben ist.
Den Freundeskreis sucht man sich aus und ist oft ein Spiegel von dem was in einem selbst vorgeht. Wärst du selbst so ein Aussteigertyp der mit ihm und mit Rucksack um die halbe Welt reist, dann würde er das sicherlich begrüßen aber deine Vorstellungen gehen mit den seinen nicht konform.

Wenn das was du schreibst sein Wunsch ist, lass ihn ziehen und beende die Beziehung. Aufhalten und festhalten kannst du ihn nicht.

11.08.2020 12:45 • #14


L
Meine liebe TE,

ich kann Deine Bedenken verstehen. Aber nicht, weil er eine andere Richtung einschlagen will, sondern weil er das ohne Plan oder aktive Arbeit in die Richtung macht.

Für mich riecht das alles was Du beschreibst nach Flucht. Und da wirst Du mit rationalen Argumenten nicht gegen ankommen. Offenbar gehts nur drum, aus dem Alltag, wie er jetzt herrscht, auszusteigen. Veranwortung etc. abzugeben, loszulassen....

Kann es sein, dass er in seinem aktuellen Beruf übrfordert ist?

Allerdings würde ICH ihm den Zahn gleich ziehen, dass Du ihn rumfährst etc.

Lass Dir mal genau seine Pläne, sein weiteres Vorgehen darlegen. Und höre ihm zu.

Wie will er zu Engagements kommen?
Wer wartet auf einen Musiker, der keiner ist?

Danach würde ich mir überlegen, aus diesem ich-bin-wieder-15-und-hab-keinen-Bock-auf-geregeltes-Leben rausnehmen.

11.08.2020 12:50 • x 2 #15


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