Der Traum von Kanada wurde unser Ende!

J
Hallo .... ich weiss gar nicht wo ich Anfangen soll und warum ich hier bin!

Vielleicht um es einfach mal alles los zu weden und unabhaenige Meinungen zu hoeren. Oder in der Hoffnung die Antwort zu hoeren die ich mir innerlich wuensche. .. egal, ich leg einfach mal los.

Mein Mann und ich sind mit unseren Kids letztes Jahr im Sommer nach Kanada audgewandert. Ueber zwei Jahre haben wir alles in Bewegung gesetzt um an das grosse Ziel zu kommen. Er muste viel lernen, da er eine Pruefung fuer seinen Job machen musste damit dieser anerkannt wird und ist auch zweimal nach Kanada geflogen, waehrend ich zu Hause immer die Stellung hielt.

Er hat auch feste an seinen Englischkenntnisen gepaukt und ich hab ihm den Weg immer schoen freigehalten. Naiv dachte ich, dass wir zusammen alles schaffen koennten....die Zeit der Vorbereitung war die schoenste in unserer Ehe (12Jahre ), denn soviel gemeinsam hatten wir zuvor noch nie. Zu spaet habe ich erkannt, das genau das es war, was ich brauchte.

Nicht Kanada, sondern der Weg dorthin war mein Ziel! Wir haben alles aufgegeben, sind mit 10 Koffern und 26 Umzugskartons auf ins neue Leben ..... Als wir in Kanada gelandet waren, da hab ich irgendwie gespuert, dass mein Mann und ich ab da ganz weit voneinander entfernt waren.....er war angekommen und ich hatte nichts mehr! Es begann eine schrecklich, schmerzhafte Zeit fuer mich. Immer hab ich gekaempft, immer stark gewesen und jetzt ein haufchen Elend!

Tag und Nacht liefen die Traenen und er hatte nicht wirklich Verstaendnis, wie auch. Es war ja unser Traum! Alles ging so schnell, ein Haus wollte man kaufen,und alles muste neu angeschafft werden. Dabei viel es mir noch so schwer das alte, vertraute los zu lassen.....Im Feb. hat ich eine Bauch-OP, im Maerz bekamen wir alle Papiere, ab da hab ich ein ganzes Haus leergeraeumt und entruempelt...unser ganzes Leben! Gepackt und mich von allen Lieben verabschiedet, und im Juni begann der neue Abschnitt .....

Ich konnte nicht mehr, Aku leer und mein Mann soweit weg von mir wie noch nie! Wir lebten sehr auserhalb in einem kleinen Dorf (200 Einwohner,ca. 30min bis zum naechsten Ort) und die Weite war fuer mich manchmal unertraeglich. Er arbeitete viel, die Kids waren den ganzen Tag in der Schule und ich war allein. Das Land ist sehr schoen, die Menschen nett, aber ich fuehlte mich so fehl am Platz! Ich spuerte, dass er sehr entaeuscht und wuetend auf mich war, er verstand mich ueberhaupt nicht. Er meinte ich solle eine Therapie machen und vielleicht noch Tabletten nehmen ...

Klar, ich war eh immer klein neben ihm. Dankbar, dass er mich damals mit Kind und ohne Ausbildung genommen hat, habe ich versucht immer alles zu geben fuer die Familie und mich hinten angestellt.Doch ploetzlich war etwas anders, es tat so weh, als er sagte ich sei eh schon immer psychisch krank und das wuerde halt auch so bleiben, da ist was in mir aufgewacht und wollte kaempfen! Und ich habs gemacht! Ich bin jetzt seit drei Monaten wieder in Deutschland, habe eine eigene Wohnung und im Herbst beginnt meine AUsbildung wo ich ein Praktikum gemacht habe. Ich hab mein erstes eigenes Auto, klein aber fein. Und das erstemal in meinem Leben steh ich auf eigenen Beinen, denn frueher hat er alles organisiert und geregelt.

Es geht mir gut, und ich hab soviel Selbstbewustsein wie noch nie zu vor! Unsere Kleinste ist hier bei mir und die anderen Beiden kommen wenn das Schuljahr zu Ende ist. Und unsere Ehe? Ich weiss es nicht! Ich weiss, er ist unendlich tief von mir verletzt, aber er ist mein Mann und ich kann die Tueren noch nicht ganz schliessen. Wir haben Kinder und auch so viel schoene Zeiten....aber jetzt bin ich mir wichtig und dann meine Kinder und es ist seine Entscheidung was mit ihm ist. Seh ich das falsch?Ich lebe, ich spuer mich, und ich weiss ich kann die Ausbildung schaffen...ich will es! Ich will nicht fuer krank gehaltet werden! Ja, meine Vergangenheit war nicht immer einfach und ich war bestimmt nicht immer einfach durch meine Minderwertigkeit. Ich weiss nicht, warum gerade Kanada mir die Augen geoeffnet hat, aber ich hab dadurch viel gelernt. Weh tut, dass meine Familie daran zerbrochen ist. Ich vermisse ihn sehr...er ist mein Mann, seit ueber 12 Jahren....und meine Kinder die ich erst im Juni wieder sehe......und dennoch muste ich diesen Weg gehen und bin froh wieder in Deutschland zu sein.

Das schlimmste ist, das er immernoch nichts versteht, oder es versucht. Er sieht, ich habe aufgegeben, die Familie zerbrochen und nicht gekaempft! Dabei habe ich versucht alles von mir zu gegeben und bin kaputt gegangen. Mein Fehler war nicht stop zu rufen, einmal zugeben ich kann nicht mehr.....so ist es jetzt halt. Schade, dass er mich immer noch so sieht! Denn ich, ich liebe ihn noch......Ich weiss, ich kann nichts verlangen, ich bin gegangen und muss die Folgen tragen. Aber ich lass alles offen und die Hoffnung stirbt ja zuletzt.....ich geh weiter auf meinem Weg und schaue viel zurueck....es hat sich soviel veraendert...ich weine oft und fuehle mich doch lebendiger als je zuvor auch wenn ich erlich gesagt angst habe vor dem was kommt.

Ich bin soweit gekommen, das habe ich und viele andere mir nicht zugetraut.Mein Problem ist nur der Kampf zwischen Kopf und Herz und die Naechte wo die Traenen unkontroliert laufen.......das nennt man wohl verarbeiten und los lassen........

16.02.2011 22:37 • #1


A
Woow! Das war ein Laaanger Brief bzw., Beitrag!

Und was ist jetzt die Frage?

Ach so, ob Du loss lassen von ihm solltest? Na, was meinst Du? Wenn er dich schon drüben so anfing zu behandeln, so hat er sein Wahres gesicht gezeigt, so wird er dich genauso hier in Deutschland behandeln, wenn er zurück kommt!

Wir, bzw ich und meine Eltern sind auch mal nach Kanada ausgewandert,... war sein Traum, das war in 1982 und die Economie war nicht sehr Gut dorten! Psychisch hat es mich dorten auch evt., runter gezogen, weil er so war. Ich bin jetzt 44! Die schönen Vorteile waren, man sah das Land, lernte seine Sprache und genoß die netten menschen aber das bindete uns nicht sehr zusammen, Mich und meinen Vater ganz im gegenteil.

Wie geht es jetzt bei dir weiter?

lg,...

16.02.2011 23:08 • #2


A


Der Traum von Kanada wurde unser Ende!

x 3


C
Hallo Jeanchen,

deine Lebensgeschichte, zumindest der Auszug hier, hat mich sehr beeindruckt und fasziniert.
So wie du dich und deinen Lebensweg beschreibst empfinde ich dich alles andere als schwach o.ä.
Ich denke, ich würde mir von dir sogar ein Scheibchen abschneiden. Mein Noch Mann hat ebenfalls alles für mich geregelt, er hat mich nie klein gemacht, ich habe es einfach so hingenommen. Vielleicht auch Bequemlichkeit. Ich muss jetzt zum ersten mal in meinem Leben ganz für mich allein sorgen und dazu noch um ein Kind. Das macht Angst, aber man darf den Glauben an sich nicht verlieren. Das hast du nicht getan, oder du hast zumindest angefangen an dich selbst zu glauben und so wie du schreibst bekommst du das auch wunderbar hin, Klasse! Du kannst zu recht stolz auf dich sein.

Das dies alles einen sehr bitteren Beigeschmack hat glaube ich dir. Du hast zwei deiner drei Kinder nicht bei dir und den Partner den du liebst wohnt auch meilenweit entfernt.

Du hast es richtig erkannt, deine Tränen am Abend. Ein Zeichen vom Prozess der Loslösung und der Trauer. Was sagt dein Mann? Will er in Kanada bleiben? Ist er nicht auf ein wenig Stolz auf dich, wenn er dies zulassen kann? Wie siehst du deine Zukunft? Allein oder mit ihm? Hier in Deutschland oder Kanada? Werden dann alle Kinder bei dir leben hier in Deutschland?

Viele, viele Fragen. Vielleicht magst du ja nochmal schreiben!

LG

16.02.2011 23:10 • #3


B
Guten Morgen Jeanchen...

WOW was für eine geschichte... eine die das leben schrieb!

also ehrlich: ich finde dich seeeehr mutig! allein zurück, die kinder nicht alle bei dir... da hast du doch sooo viel schon geleistet...

aber ich weiß, das das aus deiner verzweiflung passiert ist..und die muß sehr groß gewesen sein um das alles letztendlich zu schaffen! ... gibt einem dann doch auch kraft u energie...

dein mann ist natürlich auch verzweifelt..war das doch euer traum u jetzt versteht er nix mehr... ist ihm natürlich auch erstmal nicht zu verübeln... muß er auch erstmal verarbeiten..aus seiner sicht hat er auch viel auf sich genommen um das alles zu ermöglichen und nun war es wohl doch nicht das richtige...nicht für dich...

ABER: du hast gehandelt weil du unglücklich gewesen bist.. erstmal zur ruhe kommen? beide meine ich..

schon heftig deine story und mutig...
lg

17.02.2011 09:20 • #4


wolfsherz
Liebes Jeanchen,

ganz großartiger Beitrag! Also, dass Du nix können sollst, weil Du (noch) keine Ausbildung hast, ist eine absolute Fehleinschätzung. Du könntest ja sogar ein Buch schreiben!

Hoffe Du bekommst hier in Deutschland erst mal den Rückhalt von Deinen Landsfrauen und Männern und fühlst Dich auch einfach mal wohl (wenn Du mal nicht traurig bist.) Ich kenne auch das Gefühl, wie man sich als Europäer (oder soll ich sagen Deutscher) auf anderen Kontinenten manchmal fühlt. Klar ist die Landschaft und alles unglaublich beeindruckend. Aber die Menschen dort sind ganz andere Lebensumstände gewöhnt, als die in denen wir aufgewachsen sind. Keiner kann sich das vorher als Trockenübung vorstellen, wie sich das anfühlt. Dein Mann kommt damit eben nur leichter klar. Du brauchst Dir aber keine Vorwürfe deswegen machen, dass Du es erst gespürt hast, als es so war. Kein bisschen hast Du deswegen eine wie auch immer geartete Störung. (Stichwort: Kulturschock) Dein Mann kann es nicht verstehen und versucht es sich halt so zu erklären.
Wenn man sich das mal genau durch den Kopf gehen läßt, von welchen Vorfahren die meisten Kanadier abstammen, im Vergleich zu unseren, dann kann man vielleicht auch alles etwas anders einschätzen lernen. (Im Kern sind wir alle Menschen gleich, aber wir werden geprägt von unserer Umwelt. )Wenn Du allerdings mit der Einsamkeit (bedingt durch das weite auseinanderliegen der Orte und Häuser) an sich ein Problem hast, würde es für Dich bestimmt dort immer schwierig bleiben.
Das die Bedingungen, Deine neuentdeckte Selbständigkeit zu entfalten in Kanada vielleicht schwieriger sein werden als hier, kann schon ein bischen wahr sein. Aber ich denke schon, dass Du auch beides haben könntest, wenn Du es nochmal probieren willst, dort! Er wird zumindestens so lange auf Dich warten müssen, bis Du hier Deine Mitte wiedererlangt hast (Ausbildung, willst Du fertig machen. Wenn er das quasi verhindern will, ist das nicht gut für Dich.) und wirklich weißt, wie Du Dir Dein weiteres Leben vorstellst.

Fühl´Dich mal gedrückt!

LG wolfsherz

17.02.2011 11:15 • #5


N
Hallo Jeanchen,

das Du stark und selbstbewußt bist hast Du doch schon bewiesen, bleib auf diesem Weg.
Drücke Dir ganz fest die Daumen.

LG Niky

18.02.2011 10:04 • #6


J
Hallo an alle, die mir geschrieben haben!
Ich moechte mich ganz herzlich bei euch allen bedanken fuer eure erlichen Meinungen. Es ist fuer mich sehr hilfreich, mal die Sicht von Ausenstehenden zu hoeren, denn manchmal verrenne ich mich in all dem was war und ist!
bea 68, du hast recht! Ich war sehr verzweifelt....und allein! Ich haette nie gedacht, dass ich so einen Weg meistern wuerde....wenn mir dass jemand vor einem Jahr voraus gesagt haette, ich haette ihn fuer verrueckt erklaert! Ausgerechchnet ich Mauerbluemchen und Angsthase! Aber wenn man muss, dann waechst man wohl ueber sich selbst hinaus! Ich bin froh ueber die Erfahrungen, denn sie haben mich viel gelehrt, aber es ist auch die groesste Herausvorderung meines Lebens! Es bleibt spannend, und wer weiss was noch so kommt!
Mein Mann will auf jedenfall in Kanada bleiben, er will sich dort sogar ein Haus kaufen.(weiss zwar nicht von was, aber egal) Die Kids haben langsam und immer oefter Heimweh und ich denke die Zeit wird bald kommen wo die Beiden auch kommen werden. Bis dahin muss ich noch viel Kraft tanken, denn ich glaube da wird dann viel aufzuarbeiten sein.....aber ich freu mich schon sehr auf sie und was dann mit meinem Mann ist, keine Ahnung...ich weiss nichtmal ob es ueberhaupt noch eine Chance fuer uns gebe....es ist so viel pasiert! Und ich bin ganz anders geworden als er mich kennt, ich erkenn mich ja kaum selbst wieder
Ein Buch schreiben! Wer weiss vielleicht irgendwann.....noch steck ich mittendrin! Jetzt tanke ich erstmal noch auf und verarbeite, dann kommen die Kids und dann startet die Ausbildung.....und mit jedem Schritt werde ich selbststaendiger und sicherer. Schade, dass ich erst nach Kanada muste, um zu erkennen das ich ich bin! Aber um sonst ist nie was im Leben, ich denke entscheident ist, was man daraus macht....
Was das schlimmste fuer mich halt ist, dass unsere Familie daran zerbrochen ist......aber all die Fragen warum und wiso bringen mich nicht weiter, bremsen mich nur. Und es gehoeren halt auch immer Zwei dazu....
Also, wie gesagt, euch allen ein dickes Danke und wer weiss, vielleicht berichte ich ja irgendwann wie es so weitergeht......
Ich wuensche euch allen, dass ihr euch immer selbst treu bleibt und das Leben geniesst in vollen Zuegen, denn es kann sich so schnell, soviel aendern! Alles, alles Liebe Euer Jeanchen

22.02.2011 17:33 • #7


wolfsherz
Danke für´s feedback, Jeanchen! Und, ja, bitte melde Dich auf jeden Fall wieder mal! Wünsche Dir viel Kraft und Glück!

LG wolfsherz

22.02.2011 18:31 • #8




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag